Sicherungsverwahrung im Jugendstrafrecht: Unterschied zwischen den Versionen

keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:


Während Jugendliche und Heranwachsende, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, bis zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung im Jahre 2008 maximal für zehn Jahre eingesperrt werden konnten, wurde die potentielle Haftzeit mit diesem Gesetz auch für Jugendliche auf lebenslänglich ausgedehnt, sofern sie wegen "schwerster Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder sie sexuelle Selbstbestimmung" zu wenigstens sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Das Gericht muss dabei das Verhalten während der Haftzeit würdigen und sich auf zwei Sachverständigenprognosen stützen, die besagen, dass der Täter oder die Täterin auch in Zukunft sehr gefährlich sein wird.
Während Jugendliche und Heranwachsende, die nach Jugendstrafrecht verurteilt wurden, bis zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung im Jahre 2008 maximal für zehn Jahre eingesperrt werden konnten, wurde die potentielle Haftzeit mit diesem Gesetz auch für Jugendliche auf lebenslänglich ausgedehnt, sofern sie wegen "schwerster Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder sie sexuelle Selbstbestimmung" zu wenigstens sieben Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Das Gericht muss dabei das Verhalten während der Haftzeit würdigen und sich auf zwei Sachverständigenprognosen stützen, die besagen, dass der Täter oder die Täterin auch in Zukunft sehr gefährlich sein wird.
Zeile 5: Zeile 4:
==Definitionen==
==Definitionen==
===Jugendstrafrecht===
===Jugendstrafrecht===
Das Jugendstrafrecht ist im Jugendgerichtsgesetz (JGG) geregelt. Hinsichtlich der Frage, welche Verhaltensweisen strafbar sind, verweist das JGG auf die Vorschriften des allgemeinen Strafrechts, z.B. Strafgesetzbuch, Betäubungsmittelgesetz, Waffengesetz, Ausländergesetz, Straßenverkehrsgesetz usw. Allgemeine Vorschriften in Gesetzen außerhalb des JGG gelten nur, wenn im JGG nichts anderes bestimmt ist.
Unter Jugendstrafrecht versteht man die Normen, vor allem die des JGG, welche die Anwendung des Strafrechts auf Jugendliche (14 bis 18 Jährige) und unter Umständen auf Heranwachsende (18 bis 21 Jährige) regeln. Das deutsche Jugendstrafrecht baut auf dem Erziehungsgedanken auf. Für Einzelheiten vgl. [[Jugendstrafrecht]]und [[Maßregeln]]
 
Das seit den 20 er Jahren in Deutschland bestehende JGG baut im Wesentlichen auf den Erziehungsgedanken auf, wendet sich also gegen eine Vergeltung der Tatschuld durch Übelszufügung. Dieses Rechtsverständnis stützt sich auf die Einsicht, dass ein Jugendlicher nicht in dem Umfang für eine Straftat verantwortlich gemacht werden kann wie ein Erwachsener, da er sich noch in einem Sozialisationsprozess befindet. Vielmehr wurde ein am Gedanken der Besserungsspezialprävention orientiertes Strafrecht geschaffen, das Sanktionsauswahl und -bemessung entsprechend ihrer Eignung und Erforderlichkeit bestimmt, um so den jungen Täter von weiteren Straftaten abzuhalten. Das 1.JGGÄNdG von 1990 möchte diesen präventiven Charakter noch verstärken, indem es den Erziehungsgedanken noch besser zum Tragen bringt und dadurch Effizienz im Hinblick auf die Rückfallvermeidung steigert.
Konkret findet sich der Erziehungsgedanke im Rechtsfolgesystem wieder. Hier wird zwischen drei Kategorien, Erziehungsregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafe, unterschieden.
Erziehungsmaßregeln sind die nicht wegen, sondern die aus Anlass der Straftat anzuordnenden Maßnahmen. Sie dienen nicht dem Zweck der Ahndung der Tat, sondern ausschließlich der Erziehung des Täters zu einem „rechtschaffenen Lebenswandel“. Sie setzen Erziehungsbedürftigkeit und -fähigkeit voraus. Als solche Maßregel kennt das JGG Weisungen und die Verpflichtung zur Inanspruchnahme von Hilfe zur Erziehung im Sinne des §§ 30, 34 KJHG.
Als Folge mit ahnendem Charakter kennt das JGG Zuchtmittel, bestehend aus Verwarnung, der Erteilung von Auflagen sowie Jugendarrest. Zuchtmittel haben nicht die Rechtswirkung einer Strafe, sie sollen dem Jugendlichen jedoch zu Bewusstsein bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Der Jugendarrest kann in Form einer Freizeit- (z.B. an Wochenenden), in Form eines Kurz- (höchstens 4 Tage) oder eines Dauerarrestes (mindestens 1 höchstens 4 Wochen) abgegolten werden. Er soll als eine Art Denkzettel dienen. Jedoch wird aus wissenschaftlicher Sicht häufig angemerkt, dass er wohl mehr Schaden als Nutzen stiftet (Heinz, 2008). Die Jugendstrafe ist die einzige echte Kriminalstrafe des JGG. Sie kann verhängt werden, wenn wegen der schädlichen Neigung eines Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten ist, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen. Des Weiteren muss eine sich wiederholende nicht unerhebliche Delinquenz wahrscheinlich sein, um eine so genannte Gesamterziehung über einen längeren Zeitraum rechtfertigen zu können. Jugendstrafe kann zum anderen verhängt werden, wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist. Die Dauer der Jugendstrafe beträgt mindestens 6 Monate und höchstens 5 Jahre, jedoch 10 Jahre, wenn nach allgemeinem Erwachsenenstrafrecht eine Höchststrafe von mehr als 10 Jahren angedroht ist. Bei Verhängung dieser Kriminalstrafe soll der Erziehungsgedanke eines wesentliche, bei dem Vollzug sogar eine dominierende Rolle spielen. Die beschriebenen Reaktionsmittel stehen nicht mehr in Abhängigkeit vom allgemeinen Strafrecht. Dies bedeutet, dass das materielle Jugendstrafrecht vom Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts losgelöst ist und spezielle Sanktionszumessungregeln entwickelt hat.
 
Als ein erzieherisches Grundprinzip des Jugendrechts, das sich wie ein roter Faden durch das JGG zieht, gilt, die Möglichkeit des Richters, in jedem Verfahrensstand nach den erzieherischen Bedürfnissen des betroffenen Jugendlichen pädagogisch zu reagieren. Im Erwachsenenstrafrecht orientiert sich die Reaktion regelmäßig an der Straftat und der Schuld, die der Täter bei Begehen der Tat auf sich geladen hat. Beim Jugendstrafrecht kommt es daggegen nicht auf die Schuld in diesem Sinne an, sondern vorrangig auf die Erfolg versprechende Behandlung des Täters, also auf die mögliche Erziehung. Der maßgebende Zeitpunkt für die Feststellung, was aus diesem Grunde erforderlich ist, ist nicht die Tat, sondern der Augenblick, in dem sich der Jugendrichter mit dem Jugendlichen befasst. So besteht die Möglichkeit, bei Vorliegen des Tatverdachts Anordnungen zur Erziehung zu treffen. Diese vermittelten Angebote und Hilfen könne dazu führen, dass zum Zeitpunkt des Urteils die Entwicklung des jungen Menschen soweit stabilisiert ist, dass von Strafen oder erzieherischen Maßnahmen abgesehen werden kann.


===Sicherungsverwahrung===
===Sicherungsverwahrung===
117

Bearbeitungen