Sexualdelinquenz: Unterschied zwischen den Versionen

8 Bytes hinzugefügt ,  17:11, 19. Okt. 2008
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
Bei '''Sexualdelinquenz''' handelt es sich um sexuelle/sexualisierte Handlungen, die als normwidrig gelten bzw. strafbedroht sind - häufig deshalb, weil sie ohne Einwillung des Gegenübers (d.h. des freiwilligen oder unfreiwilligen Sexualobjekts/Sexualpartners) vorgenommen werden. Die sexuellen Handlungen werden z.B. mit Gewalt erzwungen oder die Opfer sind auf Grund ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung nicht in der Lage sich zu wehren. Es gibt allerdings auch Sexualdelikte, die mit der Einwillung des Opfers geschehen. Zum Beispiel sexuelle Handlungen mit Unmündigen oder nahen Verwandten. In verschiedenen Kulturen und zu verschiedenen Zeiten werden die Sexualdelikte aber auch nicht unter Bezug auf die Sexualität, sondern - wie in der frühen Bundesrepublik Deutschland - z.B. als Sittlichkeitsdelikte oder als Delikte gegen die öffentliche Ordnung etc. bezeichnet. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die aktuelle Rechtslage in Deutschland und nur auf diejenigen Delikte, die gegen den Willen der Betroffenen ausgeführt werden.
Bei '''Sexualdelinquenz''' handelt es sich um sexuelle/sexualisierte Handlungen, die als normwidrig gelten bzw. strafbedroht sind - häufig deshalb, weil sie ohne Einwillung des Gegenübers (d.h. des freiwilligen oder unfreiwilligen Sexualobjekts/Sexualpartners) vorgenommen werden. Die sexuellen Handlungen werden z.B. mit Gewalt erzwungen oder die Opfer sind auf Grund ihrer körperlichen oder geistigen Verfassung nicht in der Lage sich zu wehren. Es gibt allerdings auch Sexualdelikte, die mit der Einwillung des Opfers geschehen. Zum Beispiel sexuelle Handlungen mit Unmündigen oder nahen Verwandten. In verschiedenen Kulturen und zu verschiedenen Zeiten werden die Sexualdelikte aber auch nicht unter Bezug auf die Sexualität, sondern - wie in der frühen Bundesrepublik Deutschland - z.B. als Sittlichkeitsdelikte oder als Delikte gegen die öffentliche Ordnung etc. bezeichnet. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die aktuelle Rechtslage in Deutschland und nur auf diejenigen Delikte, die gegen den Willen der Betroffenen ausgeführt werden.


==Formen der Sexualdelinquenz==
==Formen der Sexualdelinquenz==
Zeile 8: Zeile 9:
===Homosexualität===
===Homosexualität===
Der betreffende § 175 StGB wurde am 10.März 1994 nach vorhergehenden Milderungen vollständig aufgehoben. Demnach stellen seitdem homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen keinen Straftatbestand mehr dar, weshalb der Begriff hier nicht weiter erläutert werden muss.
Der betreffende § 175 StGB wurde am 10.März 1994 nach vorhergehenden Milderungen vollständig aufgehoben. Demnach stellen seitdem homosexuelle Handlungen unter Erwachsenen keinen Straftatbestand mehr dar, weshalb der Begriff hier nicht weiter erläutert werden muss.


===Exhibitionismus===
===Exhibitionismus===
Der Exhibitionismus stellt das harmloseste aller Sexualdelikte dar, auch wenn er etwa ein Drittel aller zur Anzeige gebrachten Sexualdelikte ausmacht. Nur sehr selten gibt es atypische Übergänge in manifeste Aggressionen. Im Großen und Ganzen ist Exhibition heute nicht viel mehr als eine unschickliche Belästigung. Dementsprechend wird dieses Vergehen auch nur auf Antrag verfolgt und meist mit einer Geldstrafe beendet.
Der Exhibitionismus stellt das harmloseste aller Sexualdelikte dar, auch wenn er etwa ein Drittel aller zur Anzeige gebrachten Sexualdelikte ausmacht. Nur sehr selten gibt es atypische Übergänge in manifeste Aggressionen. Im Großen und Ganzen ist Exhibition heute nicht viel mehr als eine unschickliche Belästigung. Dementsprechend wird dieses Vergehen auch nur auf Antrag verfolgt und meist mit einer Geldstrafe beendet.


===Sexuelle Gewalt gegen Frauen===
===Sexuelle Gewalt gegen Frauen===
Zeile 40: Zeile 43:


Innerhalb der ''sexuell motivierten Tötungsdelikte'' findet sich schließlich die massivste Aggressivität. Allerdings muss der Tod des Opfers nicht unbedingt von vorneherein geplant gewesen sein, wie bei der Vergewaltigung mit Todesfolge, § 178 StGB. Die Situation kann im Laufe der Tat eskalieren, oder dem Täter wird plötzlich klar, dass die Gefahr entdeckt zu werden größer ist, wenn das Opfer aussagen kann.
Innerhalb der ''sexuell motivierten Tötungsdelikte'' findet sich schließlich die massivste Aggressivität. Allerdings muss der Tod des Opfers nicht unbedingt von vorneherein geplant gewesen sein, wie bei der Vergewaltigung mit Todesfolge, § 178 StGB. Die Situation kann im Laufe der Tat eskalieren, oder dem Täter wird plötzlich klar, dass die Gefahr entdeckt zu werden größer ist, wenn das Opfer aussagen kann.


===Sexuelle Gewalt gegen Männer===
===Sexuelle Gewalt gegen Männer===
In diesem Fall ist eine Unterscheidung zwischen Frauen und Männern als Tätern sehr wichtig. Sexuelle Gewalt von Frauen an Männern wird nur sehr selten berichtet. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie auch nur selten vorkommt. Zwar kann man allein auf Grund der körperlichen Begebenheiten davon ausgehen, dass die umgekehrte Variante häufiger vorkommt, doch viele Annahmen sprechen für eine hohe Dunkelziffer in diesem Feld. Vermutlich liegt die Ursache dafür ähnlich wie in Fällen körperlicher Gewalt gegen Männer. Den Opfern ist das Geschehene peinlich und daher zeigen sie den Vorfall nicht an. Im Fall der sexuellen Delikte ist die Hemmschwelle zur Anzeige generell sehr hoch, was das Schamgefühl bei Männern zusätzlich erhöht.  
In diesem Fall ist eine Unterscheidung zwischen Frauen und Männern als Tätern sehr wichtig. Sexuelle Gewalt von Frauen an Männern wird nur sehr selten berichtet. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie auch nur selten vorkommt. Zwar kann man allein auf Grund der körperlichen Begebenheiten davon ausgehen, dass die umgekehrte Variante häufiger vorkommt, doch viele Annahmen sprechen für eine hohe Dunkelziffer in diesem Feld. Vermutlich liegt die Ursache dafür ähnlich wie in Fällen körperlicher Gewalt gegen Männer. Den Opfern ist das Geschehene peinlich und daher zeigen sie den Vorfall nicht an. Im Fall der sexuellen Delikte ist die Hemmschwelle zur Anzeige generell sehr hoch, was das Schamgefühl bei Männern zusätzlich erhöht.  
Es gibt jedoch auch Fälle sexueller Gewalt von Männern an Männern. Besonders häufig wird das im Rahmen des Strafvollzugs angenommen. In diesen Fällen geht es weniger um die sexuelle Befriedigung, sondern um eine Demonstration der Macht gegenüber dem Opfer.  
Es gibt jedoch auch Fälle sexueller Gewalt von Männern an Männern. Besonders häufig wird das im Rahmen des Strafvollzugs angenommen. In diesen Fällen geht es weniger um die sexuelle Befriedigung, sondern um eine Demonstration der Macht gegenüber dem Opfer.  


===Sexuelle Delikte an Kindern - Pädophilie===
===Sexuelle Delikte an Kindern - Pädophilie===
Zeile 60: Zeile 65:


Eine weitere Typologie von pädophilen Straftätern ist anhand der MTC:CM3 Typologie von Knight und Prentky möglich. Allerdings gibt es einige Voraussetzungen zur Anwendung, so lassen z.B. nur extrafamiliäre Täter mit ihr kategorisieren. Die Kriterien dieser Typologie sind das Ausmaß der Fixierung, die soziale Kompetenz, die Kontaktsuche zu Kindern sowie die Art des Kontaktes (interpersonell vs. narzisstisch), das Gewaltausmaß und die Sadismuszeichen. Diese Kriterien machen deutlich, dass diese Typologie mehr abdecken kann, als es einzig die Unterscheidung zwischen regressiv und fixiert vermag.
Eine weitere Typologie von pädophilen Straftätern ist anhand der MTC:CM3 Typologie von Knight und Prentky möglich. Allerdings gibt es einige Voraussetzungen zur Anwendung, so lassen z.B. nur extrafamiliäre Täter mit ihr kategorisieren. Die Kriterien dieser Typologie sind das Ausmaß der Fixierung, die soziale Kompetenz, die Kontaktsuche zu Kindern sowie die Art des Kontaktes (interpersonell vs. narzisstisch), das Gewaltausmaß und die Sadismuszeichen. Diese Kriterien machen deutlich, dass diese Typologie mehr abdecken kann, als es einzig die Unterscheidung zwischen regressiv und fixiert vermag.


===Sexuelle Gewalt gegen Behinderte, chronisch Kranke und Andere===
===Sexuelle Gewalt gegen Behinderte, chronisch Kranke und Andere===
Zeile 71: Zeile 77:
Das Risiko, Opfer von sexueller Gewalt zu werden, besteht dort, wo Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen BetreuerInnen und zu Betreuenden herrschen. Die TäterInnen, die aus dem alltäglichen Nahraum kommen, nutzen hierbei ihre Machtposition und Vertrauensbeziehung aus, zum einen um ihre Opfer gefügig zu machen und um die Geheimhaltung zu erzwingen.  
Das Risiko, Opfer von sexueller Gewalt zu werden, besteht dort, wo Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen BetreuerInnen und zu Betreuenden herrschen. Die TäterInnen, die aus dem alltäglichen Nahraum kommen, nutzen hierbei ihre Machtposition und Vertrauensbeziehung aus, zum einen um ihre Opfer gefügig zu machen und um die Geheimhaltung zu erzwingen.  
Besonders bei behinderten Kindern und Jugendlichen ist die Gefahr solcher Übergriffe hoch, da sie  in einem noch größeren Abhängigkeitsverhältnis zu Erwachsenen stehen, sie noch machtloser und ohnmächtiger als nicht Behinderte sind. Vor allem geistig behinderte Kinder und Jugendliche sind aufgrund ihrer nicht altersgemäßen intellektuellen Entwicklung noch viel weniger als ihre Altersgenossen in der Lage, sich gegen sexuelle Gewalt und Missbrauch zu wehr zu setzten bzw. die Straftat zu erkennen. Behinderte Mädchen, die bereits im Jugendalter sterilisiert werden, können leicht zu Opfern sexueller Gewalt werden, bei der sich die Spuren eines Übergriffs nicht mehr erkennen lassen. Viel verwerflicher ist die Tatsache, dass wenn Behinderte über den Missbrauch berichten oder nonverbale Zeichen geben, ihnen noch weniger geglaubt wird als Nichtbehinderten (Enders, 1990, S. 52).
Besonders bei behinderten Kindern und Jugendlichen ist die Gefahr solcher Übergriffe hoch, da sie  in einem noch größeren Abhängigkeitsverhältnis zu Erwachsenen stehen, sie noch machtloser und ohnmächtiger als nicht Behinderte sind. Vor allem geistig behinderte Kinder und Jugendliche sind aufgrund ihrer nicht altersgemäßen intellektuellen Entwicklung noch viel weniger als ihre Altersgenossen in der Lage, sich gegen sexuelle Gewalt und Missbrauch zu wehr zu setzten bzw. die Straftat zu erkennen. Behinderte Mädchen, die bereits im Jugendalter sterilisiert werden, können leicht zu Opfern sexueller Gewalt werden, bei der sich die Spuren eines Übergriffs nicht mehr erkennen lassen. Viel verwerflicher ist die Tatsache, dass wenn Behinderte über den Missbrauch berichten oder nonverbale Zeichen geben, ihnen noch weniger geglaubt wird als Nichtbehinderten (Enders, 1990, S. 52).


==Folgen von Sexualdelikten==
==Folgen von Sexualdelikten==
Zeile 78: Zeile 85:


Im schlimmsten Fall kann ein Sexualdelikt für das Opfer tödlich ausgehen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind allein 2-7% der Tötungsdelikte sexuelle Tötungsdelikte. In dieser Zahl sind jedoch nur die Fälle enthalten, die geplant als Tötung durchgeführt wurden. Es sind noch nicht die Fälle enthalten, bei denen der Täter den Tod des Opfers ursprünglich nicht geplant hat. (Wenn zum Beispiel bei einer Vergewaltigung die Situation eskaliert.)
Im schlimmsten Fall kann ein Sexualdelikt für das Opfer tödlich ausgehen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind allein 2-7% der Tötungsdelikte sexuelle Tötungsdelikte. In dieser Zahl sind jedoch nur die Fälle enthalten, die geplant als Tötung durchgeführt wurden. Es sind noch nicht die Fälle enthalten, bei denen der Täter den Tod des Opfers ursprünglich nicht geplant hat. (Wenn zum Beispiel bei einer Vergewaltigung die Situation eskaliert.)


===Folgen für den Täter===
===Folgen für den Täter===
76

Bearbeitungen