Sexualdelinquenz: Unterschied zwischen den Versionen

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===Sexuelle Gewalt gegen Behinderte, chronisch Kranke und Andere===
===Sexuelle Gewalt gegen Behinderte, chronisch Kranke und Andere===


In den seltesten Fällen werden Behinderte, chronische Kranke und Andere von Fremden verführt, sexuell missbraucht oder gar vergewaltigt. Dieses Vergehen wird eher von Familienmitglieder (ältere Brüder, Väter), Bekannten oder Personen aus der unmittelbaren Umgebung der behinderten Menschen (Nachbarn, manchmal Mitarbeiter in Einrichtungen) begangen.
In den seltesten Fällen werden Behinderte, chronische Kranke und Andere von Fremden verführt, sexuell missbraucht oder gar vergewaltigt. Dieses Vergehen wird eher von Familienmitgliedern (ältere Brüder, Väter), Bekannten oder Personen aus der unmittelbaren Umgebung der Betroffenen (Nachbarn, manchmal Mitarbeiter in Einrichtungen) begangen.


Da der Missbrauch von Macht gegenüber behinderten Kindern und Jugendliche nichts untypisches ist, sind viele Behinderte bereits daran gewöhnt, sodass die sexuelle Gewalt als Form der Machtausübung meist zu einem zusätzlichen Aspekt ihres Lebens wird.  
Da der Missbrauch von Macht gegenüber behinderten Kindern und Jugendliche nichts untypisches ist, sind viele Behinderte bereits daran gewöhnt. Dadurch wird die sexuelle Gewalt als Form der Machtausübung meist zu einem zusätzlichen Aspekt ihres Lebens.  
Aufgrund der strukturellen Macht von Einrichtungen, der Entmündigung von vielen alltäglichen Gegebenheiten und der strikten Regelung ihres Lebens, welche intime Abläufe wie Körperpflege und Sexualität miteinschließt ist es für Behinderte und Kranke schwierig, "nein" zu sagen, sich gegen jegliche Form der Gewaltanwendung und des Missbrauchs zu wehren oder dies überhaupt als solche zu erkennen und zu benennen.  
Aufgrund der strukturellen Macht von Einrichtungen, der Entmündigung von vielen alltäglichen Gegebenheiten und der strikten Regelung ihres Lebens, welche intime Abläufe wie Körperpflege und Sexualität miteinschließt, ist es für Behinderte und Kranke schwierig, "Nein" zu sagen, sich gegen jegliche Form der Gewaltanwendung und des Missbrauchs zu wehren oder dies überhaupt als solche zu erkennen und zu benennen.  
Leider zählt Sexuelle Gewalt gegenüber Menschen mit Behinderungen zu den vielen Tabuthemen unserer Gesellschaft, oft bleibt es ein gut gehütetes Geheimnis von Betroffenen, Verwandten, BetreuerInnen und der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund existieren auch nur wenige Untersuchungen, die das Ausmaß an sexueller Gewalt gegen Behinderte beleuchten. Innerhalb der Einrichtungen werden Fragen über sexuelle Gewalt meist nur im Anlassfall, am Rande oder gar nicht gestellt. Zu vermuten ist, dass der Grund für die zögernde Auseinandersetzung mit sexueller Gewalt gegenüber Behinderten in der allgemeinen Tabuisierung des Themas 'Sexualität im Leben von Behinderten' liegt.  
 
Leider zählt sexuelle Gewalt gegenüber Menschen mit Behinderungen zu den vielen Tabuthemen unserer Gesellschaft und bleibt oft ein gut gehütetes Geheimnis von Betroffenen, Verwandten, BetreuerInnen und der Öffentlichkeit. Aus diesem Grund existieren auch nur wenige Untersuchungen, die das Ausmaß sexueller Gewalt gegen Behinderte beleuchten. Innerhalb der Einrichtungen werden Fragen über sexuelle Gewalt meist nur im Anlassfall, am Rande oder gar nicht gestellt. Zu vermuten ist, dass der Grund für die zögernde Auseinandersetzung mit sexueller Gewalt gegenüber Behinderten in der allgemeinen Tabuisierung des Themas 'Sexualität im Leben von Behinderten' liegt.  
Schätzungsweise ist die Zahl der Übergriffe gegen Behinderte ähnlich wie bei der restlichen Bevölkerung.  
Schätzungsweise ist die Zahl der Übergriffe gegen Behinderte ähnlich wie bei der restlichen Bevölkerung.  
Das Risiko, Opfer von sexueller Gewalt zu werden, besteht dort, wo Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen BetreuerInnen und zu Betreuenden herrschen. Die TäterInnen, die aus dem alltäglichen Nahraum kommen, nutzen hierbei ihre Machtposition und Vertrauensbeziehung aus, zum einen um ihre Opfer gefügig zu machen und um die Geheimhaltung zu erzwingen.  
Das Risiko, Opfer von sexueller Gewalt zu werden, besteht dort, wo Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen BetreuerInnen und Betreuten herrschen. Die TäterInnen, die aus dem alltäglichen Nahraum kommen, nutzen hierbei ihre Machtposition und Vertrauensbeziehung aus um ihre Opfer gefügig zu machen sowie die Geheimhaltung zu erzwingen.  
Besonders bei behinderten Kindern und Jugendlichen ist die Gefahr solcher Übergriffe hoch, da sie in einem noch größeren Abhängigkeitsverhältnis zu Erwachsenen stehen, sie noch machtloser und ohnmächtiger als nicht Behinderte sind. Vor allem geistig behinderte Kinder und Jugendliche sind aufgrund ihrer nicht altersgemäßen intellektuellen Entwicklung noch viel weniger als ihre Altersgenossen in der Lage, sich gegen sexuelle Gewalt und Missbrauch zu wehr zu setzten bzw. die Straftat zu erkennen. Behinderte Mädchen, die bereits im Jugendalter sterilisiert werden, können leicht zu Opfern sexueller Gewalt werden, bei der sich die Spuren eines Übergriffs nicht mehr erkennen lassen. Viel verwerflicher ist die Tatsache, dass wenn Behinderte über den Missbrauch berichten oder nonverbale Zeichen geben, ihnen noch weniger geglaubt wird als Nichtbehinderten (Enders, 1990, S. 52).
 
Besonders bei behinderten Kindern und Jugendlichen ist die Gefahr solcher Übergriffe hoch, da sie in einem noch größeren Abhängigkeitsverhältnis zu Erwachsenen stehen und noch machtloser und ohnmächtiger als nicht Behinderte sind. Vor allem geistig behinderte Kinder und Jugendliche sind aufgrund ihrer nicht altersgemäßen intellektuellen Entwicklung noch viel weniger als ihre Altersgenossen in der Lage, sich gegen sexuelle Gewalt und Missbrauch zur Wehr zu setzen bzw. die Straftat überhaupt zu erkennen. Behinderte Mädchen, die bereits im Jugendalter sterilisiert werden, können leicht zu Opfern sexueller Gewalt werden, bei der sich die Spuren eines Übergriffs nicht mehr erkennen lassen.  
Viel verwerflicher ist jedoch die Tatsache, dass wenn Behinderte über den Missbrauch berichten oder nonverbale Zeichen geben, ihnen noch weniger geglaubt wird als Nichtbehinderten (Enders, 1990, S.52).




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Die Aufklärungsrate bei sexuellen Tötungsdelikten liegt bei immerhin 72%, allerdings besteht eine sehr hohe Wiederholungsgefahr. Daher sind die Folgen für die Täter immer häufiger eine [[Sicherungsverwahrung]] im [[Maßregelvollzug]].
Die Aufklärungsrate bei sexuellen Tötungsdelikten liegt bei immerhin 72%, allerdings besteht eine sehr hohe Wiederholungsgefahr. Daher sind die Folgen für die Täter immer häufiger eine [[Sicherungsverwahrung]] im [[Maßregelvollzug]].


'''Therapie'''
'''Therapie'''
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Am bedeutendsten erscheint die psychotherapeutische Behandlung, in der direkt auf die spezielle Persönlichkeitsstruktur des Täters eingegangen werden kann und so die eigentlichen Ursachen aufgedeckt werden können. Es sollte keine Rolle spielen, welche Schule im Einzelnen angewandt wird, solange die Deviation der Persönlichkeitsstruktur in der Therapie berücksichtigt wird.
Am bedeutendsten erscheint die psychotherapeutische Behandlung, in der direkt auf die spezielle Persönlichkeitsstruktur des Täters eingegangen werden kann und so die eigentlichen Ursachen aufgedeckt werden können. Es sollte keine Rolle spielen, welche Schule im Einzelnen angewandt wird, solange die Deviation der Persönlichkeitsstruktur in der Therapie berücksichtigt wird.
Auch die chirurgisch irreversible Kastration wird in einigen Ländern eingesetzt. Psychochirurgische Eingriffe am Hypothalamus werden hingegen nur mehr äußerst selten angewandt.
Auch die chirurgisch irreversible Kastration wird in einigen Ländern eingesetzt. Psychochirurgische Eingriffe am Hypothalamus werden hingegen nur mehr äußerst selten angewandt.


==Literatur==
==Literatur==
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