Selbstbestimmungsrecht der Völker

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Das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" war gegen Ende des Ersten Welkriegs in aller Munde (Woodrow Wilson) und erlebte dann wieder in der Phase der Dekolonialisierung eine neue Blüte. Aber schon unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg sprach auch die UN-Charta wieder vom "Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker" - und die beiden UN-Menschenrechtspakte von 1966 stellten gleich zu Beginn fest: "Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung."

Das heißt allerdings nicht, dass alle Völker auch das Recht auf einen eigenen Staat haben. Denn mit dem Recht auf Selbstbestimmung kollidiert die Garantie der Unversehrtheit des Staates - also das Recht auf die territoriale Integrität eines jeden Staates. Dieses Prinzip ist die Grundbedingung eines (halbwegs) funktionierenden Völkerrechts. Der Staat hat grundsätzlich das Recht, separatistischen Bestrebungen entgegenzutreten.

Im Allgemeinen gibt es deshalb trotz des Selbstbestimmungsrechts der Völker kein Sezessionsrecht für Völker, die sich in dem Staat, in dem sie leben, ungerecht behandelt fühlen. Wenn jedoch im Extremfall einer Volksgruppe die Ausrottung droht, dann schlägt das (normalerweise nur interne) Selbstbestimmungsrecht - das sonst nur ein Anspruch auf Minderheitenschutz und eine relative Autonomie innerhalb des Staates gibt - in ein Sezessionsrecht um.

Grundsätzlich kann deshalb ein Staat gegen eine abtrünnige Provinz (im Rahmen des Notwendigen und des humanitären Völkerrechts) auch mit Gewalt vorgehen. Andere Staaten haben nach der UN-Charta die Pflicht, "jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete ... Androhung oder Anwendung von Gewalt" zu unterlassen.

Wenn andererseits ein Staat seine Minderheiten schwer unterdrückt, könnte eine (im Rahmen des Notwendigen bleibende) sog. humanitäre Intervention anderer Staaten gerechtfertigt sein.