Routine Activity Theory: Unterschied zwischen den Versionen

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Bei der '''Routine Activity Theory''' (oder auch Routine Activity Approach, nachfolgend RAT) handelt es sich um eine Kriminalitätstheorie, die auf der Makroebene argumentiert. Sie ist aus dem Umfeld der [[Chicago School]] (ökonomische Kriminalitätstheorien) entwickelt worden und versucht zu erklären, wie gesellschaftliche Erneuerungen die Zahl der Gelegenheiten verändern und somit die Kriminalitätsrate steigt oder fällt. Somit weisen der Routine Activity Approach und der Rational Choice im Ansatz Parallelen auf, da beide Konzepte davon ausgehen, dass [[Kriminalität]] abhängig von den Gelegenheiten ist. (Brandt, 2004)  
Bei der '''Routine Activity Theory''' (oder auch Routine Activity Approach, nachfolgend RAT) handelt es sich um eine Kriminalitätstheorie, die auf der Makroebene argumentiert. Sie ist aus dem Umfeld der [[Chicago School]] (ökonomische Kriminalitätstheorien) entwickelt worden und versucht zu erklären, wie gesellschaftliche Erneuerungen die Zahl der Gelegenheiten verändern und somit die Kriminalitätsrate steigt oder fällt. Somit weisen der Routine Activity Approach und der Rational Choice im Ansatz Parallelen auf, da beide Konzepte davon ausgehen, dass [[Kriminalität]] abhängig von den Gelegenheiten ist. (Brandt, 2004)  


Der ökonomische Aufschwung in den 50iger und 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts fördert ein Klima der sozialen Solidarität. Dies ändert sich in den 70iger Jahren. Mit der Wirtschaftskrise, dem Beginn der Massenarbeitslosigkeit und einer stark ansteigenden Kriminalitätsrate schwinden die Grundprinzipien des penal welfarism. (Garland, 2008)
Der ökonomische Aufschwung in den 50iger und 60iger Jahren des letzten Jahrhunderts fördert ein Klima der sozialen Solidarität. Dies ändert sich in den 70iger Jahren. Mit der Wirtschaftskrise, dem Beginn der Massenarbeitslosigkeit und einer stark ansteigenden Kriminalitätsrate schwinden die Grundprinzipien des penal welfarism (Garland, 2008).




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Die RAT wurde erstmals 1979 von [[Lawrence E. Cohen]] und [[Marcus Felson]] formuliert (Cohen/Felson 1979). Ziel der Autoren war es,  [[Kriminalitätsraten]] in den USA zu erklären und insbesondere die Bedingungen zu eruieren, unter denen ganze Bevölkerungsgruppen Opfer krimineller Aktivitäten werden. Damit ist der RAT ursprünglich ein viktimologischer Ansatz. (Eifler, 2002)
Die RAT wurde erstmals 1979 von [[Lawrence E. Cohen]] und [[Marcus Felson]] formuliert (Cohen/Felson 1979). Ziel der Autoren war es,  [[Kriminalitätsraten]] in den USA zu erklären und insbesondere die Bedingungen zu eruieren, unter denen ganze Bevölkerungsgruppen Opfer krimineller Aktivitäten werden. Damit ist der RAT ursprünglich ein viktimologischer Ansatz (Eifler, 2002).


Cohen und Felson (1979) analysierten mit der RAT räumliche und zeitliche Aspekte bzw. untersuchten, bei welchen Gelegenheiten es zu einem Kontakt von Tätern und Opfern bei Diebstahls- und Raubdelikten sowie Körperverletzungen kommt. Ihr Erklärungsmodell macht den gesellschaftlichen Wandel, der sich in einem veränderten Grad sozialer Verflechtungen und Interaktionen zeigt, für die steigende Kriminalität (hier stehen vor allem die [[Eigentumsdelikte]] im Fokus der Aufmerksamkeit) verantwortlich.  
Cohen und Felson (1979) analysierten mit der RAT räumliche und zeitliche Aspekte bzw. untersuchten, bei welchen Gelegenheiten es zu einem Kontakt von Tätern und Opfern bei Diebstahls- und Raubdelikten sowie Körperverletzungen kommt. Ihr Erklärungsmodell macht den gesellschaftlichen Wandel, der sich in einem veränderten Grad sozialer Verflechtungen und Interaktionen zeigt, für die steigende Kriminalität (hier stehen vor allem die [[Eigentumsdelikte]] im Fokus der Aufmerksamkeit) verantwortlich.  


Der Begriff der routine activities bezeichnet in Anlehnung an Amaos Hawley (1950) diejenigen Aktivitäten, die Menschen regelmäßig zum Zwecke der Existenzsicherung ausführen, wie z.B. die Ausübung eines Berufes, das Einkaufen von Lebensmitteln oder anderen Gütern des alltäglichen Bedarfs. Aus solchen Aktivitätsmustern großer Bevölkerungsgruppen ergeben sich der RAT zufolge jeweils spezifische Verteilungsmuster von Eigentumsdelikten. (Eifler, 2002)
Der Begriff der routine activities bezeichnet in Anlehnung an Amaos Hawley (1950) diejenigen Aktivitäten, die Menschen regelmäßig zum Zwecke der Existenzsicherung ausführen, wie z.B. die Ausübung eines Berufes, das Einkaufen von Lebensmitteln oder anderen Gütern des alltäglichen Bedarfs. Aus solchen Aktivitätsmustern großer Bevölkerungsgruppen ergeben sich der RAT zufolge jeweils spezifische Verteilungsmuster von Eigentumsdelikten (Eifler, 2002).


Eine gestiegene Mobilität der US-amerikanischen Bevölkerung führt zunächst zu einer Besiedelung der Vororte (suburbs) größerer Städte. Wohn- und Arbeitsstelle sind in der Regel klar räumlich voneinander getrennt. Zeitlich auf diese Entwicklung folgend, führt ein zunehmender Anteil von berufstätigen Frauen zur relativen Auflösung  [[informelle Kontrolle|informeller Kontrollsysteme]].
Eine gestiegene Mobilität der US-amerikanischen Bevölkerung führt zunächst zu einer Besiedelung der Vororte (suburbs) größerer Städte. Wohn- und Arbeitsstelle sind in der Regel klar räumlich voneinander getrennt. Zeitlich auf diese Entwicklung folgend, führt ein zunehmender Anteil von berufstätigen Frauen zur relativen Auflösung  [[informelle Kontrolle|informeller Kontrollsysteme]].
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Access: Auch der Zugang zu einem Tatziel spielt eine wichtige Rolle. Ein nicht
Access: Auch der Zugang zu einem Tatziel spielt eine wichtige Rolle. Ein nicht
oder nicht wesentlich erschwerter Zugang erhöht die Geeignetheit als Tatziel.
oder nicht wesentlich erschwerter Zugang erhöht die Geeignetheit als Tatziel
(Feltes, 2004 S. 49 ff)
(Feltes, 2004 S. 49 ff).




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'''3. „presence of motivated offender“'''  
'''3. „presence of motivated offender“'''  


Voraussetzung für die Straftat ist ein motivierter Täter. Die Motivation kann dabei aus einem Bedürfnis entspringen (Armut, Beschaffungskriminalität, Habgier), aber auch auf gesellschaftlichen bzw. Umweltfaktoren basieren (Gruppendruck, Erziehungsdefizite, Rebellion gegen Autoritäten, ärmliche Lebensverhältnisse, schlechte Beschäftigungsaussichten) oder ihre Grundlage in der Überzeugung des Einzelnen haben. (Feltes, 2004 S. 49 ff)
Voraussetzung für die Straftat ist ein motivierter Täter. Die Motivation kann dabei aus einem Bedürfnis entspringen (Armut, Beschaffungskriminalität, Habgier), aber auch auf gesellschaftlichen bzw. Umweltfaktoren basieren (Gruppendruck, Erziehungsdefizite, Rebellion gegen Autoritäten, ärmliche Lebensverhältnisse, schlechte Beschäftigungsaussichten) oder ihre Grundlage in der Überzeugung des Einzelnen haben (Feltes, 2004 S. 49 ff). Ob tatsächlich eine Straftat geschieht, hängt von der Bewertung der Situation durch den möglichen Straftäter ab.


Ob tatsächlich eine Straftat geschieht, hängt von der Bewertung der Situation durch den möglichen Straftäter ab. Je nachdem wie diese drei Elemente aufgrund des individuellen Lebensrhythmus verteilt sind, ergeben sich unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten für Straftaten zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten (vgl. Eisenberg 1995: § 7 Rn. 12).
Hier wird angenommen, dass die Begehung einer strafrechtlich relevanten Handlung eine rationale Wahlhandlung darstellt, bei der der Handelnde in einer Kosten-Nutzen-Rechnung seinen potentiellen Gewinn den vermeintlichen Kosten gegenüberstellt.


Solche Routinen spielen auch auf Seiten des Opfers eine große Rolle. Bei routinemäßig
Je nachdem wie diese drei Elemente aufgrund des individuellen Lebensrhythmus verteilt sind, ergeben sich unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten für Straftaten zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten (vgl. Eisenberg 1995: § 7 Rn. 12). Hier wird angenommen, dass die Begehung einer strafrechtlich relevanten Handlung eine rationale Wahlhandlung darstellt, bei der der Handelnde in einer Kosten-Nutzen-Rechnung seinen potentiellen Gewinn den vermeintlichen Kosten gegenüberstellt. Solche Routinen spielen auch auf Seiten des Opfers eine große Rolle. Bei routinemäßig ablaufenden Aktivitäten, wie Fahrten zur Arbeit, Schule, Einkäufe etc., bleiben mögliche Tatobjekte unbewacht und dadurch entstehen kriminalitätsbegünstigende Faktoren (Büttner/Spengler, 2003).
ablaufenden Aktivitäten, wie Fahrten zur Arbeit, Schule, Einkäufe etc., bleiben  
mögliche Tatobjekte unbewacht und dadurch entstehen kriminalitätsbegünstigende
Faktoren. (Büttner/Spengler, 2003).




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Seit den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts erleben die westlichen Gesellschaften einen ökonomischen, kulturellen und sozialen Transformationsprozess mit weit reichenden Veränderungen:
Seit den 70iger Jahren des letzten Jahrhunderts erleben die westlichen Gesellschaften einen ökonomischen, kulturellen und sozialen Transformationsprozess mit weit reichenden Veränderungen:


Als Folgen der Globalisierung und Internationalisierung der Produktions- und Marktbeziehungen sind eine erhöhte Arbeitslosigkeit, Deregulierung der Produktions- und Arbeitsverhältnisse als auch eine Flexibilisierung der Arbeits- und Sozialverhältnisse festzustellen. (Singelnstein/Stolle, 2008)
Als Folgen der Globalisierung und Internationalisierung der Produktions- und Marktbeziehungen sind eine erhöhte Arbeitslosigkeit, Deregulierung der Produktions- und Arbeitsverhältnisse als auch eine Flexibilisierung der Arbeits- und Sozialverhältnisse festzustellen (Singelnstein/Stolle, 2008).


Neoliberale Wirtschaftkonzepte (Chicagoer Schule um Milton Friedman) und ein moralisch–religiöser Konservatismus nehmen immer mehr Einfluss auf politisches Handeln. Es kommt zunehmend zu einer Ökonomisierung des Sozialen und zur Privatisierung vormaliger staatlicher Aufgaben. Neben der Individualisierung und dem Bedeutungsverlust traditioneller Institutionen, wie der Familie und sozialer Netzwerke verstärkt der ökonomische Zwang zur Flexibilität und Mobilität die soziale Desintegration. Garland beschreibt diesen Prozess als den Wechsel von ökonomischer Kontrolle und sozialer Befreiung hin zu ökonomischer Freiheit und sozialer Kontrolle (Garland, 2008).  
Neoliberale Wirtschaftkonzepte (Chicagoer Schule um Milton Friedman) und ein moralisch–religiöser Konservatismus nehmen immer mehr Einfluss auf politisches Handeln. Es kommt zunehmend zu einer Ökonomisierung des Sozialen und zur Privatisierung vormaliger staatlicher Aufgaben. Neben der Individualisierung und dem Bedeutungsverlust traditioneller Institutionen, wie der Familie und sozialer Netzwerke verstärkt der ökonomische Zwang zur Flexibilität und Mobilität die soziale Desintegration. Garland beschreibt diesen Prozess als den Wechsel von ökonomischer Kontrolle und sozialer Befreiung hin zu ökonomischer Freiheit und sozialer Kontrolle (Garland, 2008).  


Ökonomische Kriminalitätstheorien, mit dem Menschenbild des „homo oeconomicus“ (Becker), nehmen zunehmend Einfluss auf politisches Handeln. Die Übertragung ökonomischer Prinzipien auf menschliches Verhalten beruht auf der Vorstellung, der Mensch sei ein homo oeconomicus, der seine knappen Mittel kraft rationaler Wahl zur Erlangung des größten subjektiven Nutzens einsetzt. (Kunz, 2004)
Ökonomische Kriminalitätstheorien, mit dem Menschenbild des „homo oeconomicus“ (Becker) [beachte http://de.wikipedia.org/wiki/Homo_oeconomicus], nehmen zunehmend Einfluss auf politisches Handeln. Die Übertragung ökonomischer Prinzipien auf menschliches Verhalten beruht auf der Vorstellung, der Mensch sei ein homo oeconomicus, der seine knappen Mittel kraft rationaler Wahl zur Erlangung des größten subjektiven Nutzens einsetzt (Kunz, 2004).


Formal lässt sich die RAT den Kriminalitätstheorien sozialer Desorganisation (Social Disorganisation Therories of Crime) zuordnen. Diesen Theorien ist ihre makrotheoretische Perspektive mit zumeist orts- und nicht personenzentrierten Erklärungsansätzen für das Auftreten strafrechtlich relevanter Handlungen gemein (siehe: Environmental Criminology). Bekannte Vertreter dieser Theorierichtung sind aus der sog. Chicago School hervorgegangen, so z.B. der sozialökologische Ansatz von Robert E. Park oder das Zonenmodell der Stadtentwicklung von Ernest W. Burgess.
Formal lässt sich die RAT den Kriminalitätstheorien sozialer Desorganisation (Social Disorganisation Therories of Crime) zuordnen. Diesen Theorien ist ihre makrotheoretische Perspektive mit zumeist orts- und nicht personenzentrierten Erklärungsansätzen für das Auftreten strafrechtlich relevanter Handlungen gemein (siehe: Environmental Criminology). Bekannte Vertreter dieser Theorierichtung sind aus der sog. Chicago School hervorgegangen, so z.B. der sozialökologische Ansatz von Robert E. Park oder das Zonenmodell der Stadtentwicklung von Ernest W. Burgess.
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Die RAT gliedert sich insofern in diesen Theoriezweig ein, als sie akteurszentrierte und entwicklungspsychologische Erklärungsansätze ablehnt. Aus Sicht der RAT sind Akteure lediglich Objekte, deren mögliche Handlungsmotive und Dispositionen unberücksichtigt bleiben. Das zeigt sich bereits an den verwendeten Termini: Anstelle von Opfer (victim) wird das wertneutralere Wort Ziel (target) verwendet, statt vom Verbrechen (crime) wird von Verstoß / Übertretung (violation) gesprochen. Und schließlich zeugt die Tatsache, dass ein wesentliches Element der RAT durch seine Abwesenheit definiert wird (nämlich: Abwesenheit eines fähigen Wächters / absence of a capable guardian), vom Bemühen, einen entpersonalisierten Erklärungsansatz für kriminelles Verhalten zu formulieren, fernab biologischer, persönlichkeitsbezogener oder sozialstruktureller Modelle.  
Die RAT gliedert sich insofern in diesen Theoriezweig ein, als sie akteurszentrierte und entwicklungspsychologische Erklärungsansätze ablehnt. Aus Sicht der RAT sind Akteure lediglich Objekte, deren mögliche Handlungsmotive und Dispositionen unberücksichtigt bleiben. Das zeigt sich bereits an den verwendeten Termini: Anstelle von Opfer (victim) wird das wertneutralere Wort Ziel (target) verwendet, statt vom Verbrechen (crime) wird von Verstoß / Übertretung (violation) gesprochen. Und schließlich zeugt die Tatsache, dass ein wesentliches Element der RAT durch seine Abwesenheit definiert wird (nämlich: Abwesenheit eines fähigen Wächters / absence of a capable guardian), vom Bemühen, einen entpersonalisierten Erklärungsansatz für kriminelles Verhalten zu formulieren, fernab biologischer, persönlichkeitsbezogener oder sozialstruktureller Modelle.  


Gemeinsamkeiten sind auch mit der Theorie rationaler Wahlhandlungen (Rational Choice) gegeben. Die RAT geht implizit von einem rational agierenden Straftäter aus, der sich von situativen Momenten leiten lässt (Vorhandensein eines lohnenden Zielobjekts, Abwesenheit eines fähigen Wächters). Entscheidender Unterschied zwischen den beiden Theorien sind die unterschiedlichen Erklärungsebenen (RAT = Makroebene, Rational Choice = Mikroebene) und die unterschiedliche Einbeziehung akteursspezifischer Dispositionen in die Erklärung kriminellen Verhaltens.  
Gemeinsamkeiten sind auch mit der Theorie rationaler Wahlhandlungen (Rational Choice) (beachte http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_der_rationalen_Entscheidung) gegeben. Die RAT geht implizit von einem rational agierenden Straftäter aus, der sich von situativen Momenten leiten lässt (Vorhandensein eines lohnenden Zielobjekts, Abwesenheit eines fähigen Wächters). Entscheidender Unterschied zwischen den beiden Theorien sind die unterschiedlichen Erklärungsebenen (RAT = Makroebene, Rational Choice = Mikroebene) und die unterschiedliche Einbeziehung akteursspezifischer Dispositionen in die Erklärung kriminellen Verhaltens.  


Die RAT dient als theoretisches Fundament situativer Präventionsansätze. Hier ist vor allem die Situational Crime Prevention (Clarke 1993) zu nennen. Der Annahme der RAT folgend, dass ein Verbrechen ein zeitgleiches Aufeinandertreffen der drei Elemente (suitable target, absence of a capable guardian, likely offender) an einem Ort voraussetzt, werden bei situativen Präventionsmaßnahmen die Tatgelegenheiten erschwert. So kann beispielsweise durch den serienmäßigen Einbau von Wegfahrsperren in Kfz’s dem Autodiebstahl vorgebeugt werden oder durch ein zügiges Entfernen von Graffiti Sprühern der Anreiz genommen werden, erneut Sachbeschädigungen zu verursachen. Eine Übersicht von insgesamt 25 Techniken zur situativen Kriminalitäts-Prävention findet sich bei Cornish und Clarke (2003).
Die RAT dient als theoretisches Fundament situativer Präventionsansätze. Hier ist vor allem die Situational Crime Prevention (Clarke 1993) zu nennen. Der Annahme der RAT folgend, dass ein Verbrechen ein zeitgleiches Aufeinandertreffen der drei Elemente (suitable target, absence of a capable guardian, likely offender) an einem Ort voraussetzt, werden bei situativen Präventionsmaßnahmen die Tatgelegenheiten erschwert. So kann beispielsweise durch den serienmäßigen Einbau von Wegfahrsperren in Kfz’s dem Autodiebstahl vorgebeugt werden oder durch ein zügiges Entfernen von Graffiti Sprühern der Anreiz genommen werden, erneut Sachbeschädigungen zu verursachen. Eine Übersicht von insgesamt 25 Techniken zur situativen Kriminalitäts-Prävention findet sich bei Cornish und Clarke (2003).
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== Kritische Anmerkungen ==
== Kritische Anmerkungen ==


Das dem zugrunde liegende Menschenbild der Routine Activity Theory entspricht dem des „homo oeconomicus" (beachte http://de.wikipedia.org/wiki/Homo_oeconomicus]. Mögliche Motivationen, die einen potentiellen Straftäter zu einem tatsächlichen Straftäter werden lassen, werden dabei konsequent ausgeblendet. Auch finden entwicklungspsychologische Theorien zur Erklärung kriminellen Verhaltens keine Berücksichtigung. Die RAT geht von einer allgemeinen und allgegenwärtigen Neigung zum kriminellen Verhalten aus. Allerdings ist menschliches Verhalten grundsätzlich gekennzeichnet durch moralische Schwäche, Verführbarkeit und Provozierbarkeit; auch werden menschliche Handlungen durch situative Gegebenheiten als auch durch andere Personen erheblich beeinflusst.
Das dem zugrunde liegende Menschenbild der Routine Activity Theory entspricht dem des „homo oeconomicus". Mögliche Motivationen, die einen potentiellen Straftäter zu einem tatsächlichen Straftäter werden lassen, werden dabei konsequent ausgeblendet. Auch finden entwicklungspsychologische Theorien zur Erklärung kriminellen Verhaltens keine Berücksichtigung. Die RAT geht von einer allgemeinen und allgegenwärtigen Neigung zum kriminellen Verhalten aus. Allerdings ist menschliches Verhalten grundsätzlich gekennzeichnet durch moralische Schwäche, Verführbarkeit und Provozierbarkeit; auch werden menschliche Handlungen durch situative Gegebenheiten als auch durch andere Personen erheblich beeinflusst.


Nach Garland wiederbeleben die Theorien der rationalen Wahl eine schlichte utilitaristische Vorstellung von kriminellem Verhalten, die schon lange durch positivistische und soziologische Theorien ersetzt wurden. Dies bedeutet, dass die Straftäter als rationale Opportunisten betrachtet werden, deren Verhalten je nach Manipulation der Anreize entweder abgeschreckt oder befördert wird - ein theoretischer Ansatz, der abschreckende Strafen zu einem selbstverständlichen Mittel der Reduzierung von Straftaten macht. (Garland, 2008)
Nach Garland wiederbeleben die Theorien der rationalen Wahl eine schlichte utilitaristische Vorstellung von kriminellem Verhalten, die schon lange durch positivistische und soziologische Theorien ersetzt wurden. Dies bedeutet, dass die Straftäter als rationale Opportunisten betrachtet werden, deren Verhalten je nach Manipulation der Anreize entweder abgeschreckt oder befördert wird - ein theoretischer Ansatz, der abschreckende Strafen zu einem selbstverständlichen Mittel der Reduzierung von Straftaten macht (Garland, 2008).


== Literatur ==
== Literatur ==
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http://de.wikipedia.org/wiki/Homo_oeconomicus
http://de.wikipedia.org/wiki/Homo_oeconomicus
http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie_der_rationalen_Entscheidung
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