Prostitution: Unterschied zwischen den Versionen

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== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die ersten Belege für Prostitution beziehen sich auf die sog. Tempelprostitution im alten Babylon, bei der Frauen in einem kultischen Zusammenhang sexuelle Handlungen gegen Tempelgaben vollzogen. Das Gilgamesch-Epos kritisierte Auswüchse (6. Tafel Verse 5-79; vgl. Schott 1988: 12), während das Alte Testament (Bibel) die sakrale Prostitution überhaupt ablehnt. Prostitution im heutigen Sinne fand sich u.a. in der griechischen Antike, wo man zwischen der gewöhnlichen „Hure“ (Porna) und der „Gesellin“ (Hetäre) unterschied. Die Dienste männlicher wie weiblicher Prostituierter wurden ausschließlich von Männern in Anspruch genommen. Für die christliche Tradition ist bemerkenswert, dass einerseits der im Zusammenhang mit Prostitution gezeugte Perez, Sohn der Tamar, im Stammbaum Jesu, der auch noch eine weitere Frau enthält, die üblicherweise als Prostituierte gedeutet wird (Rahab), als dessen Vorfahren erwähnt werden (Mt 1,3; Jos 2; Mt 1,5), dass Jesus selbst zudem mit Prostituierten einen respektvollen Umgang pflegte (Lk 7, 36-50), in den Paulusbriefen dann aber Prostitution verboten wurde (1 Kor 6, 15f.). - Im Rom der Renaissance (16. Jh.) wurden (hetärenähnliche) "Kurtisanen" (von „Cortigiana“ = Hofdame) zu gesellschaftlichen Anlässen eingeladen und gaben der kirchlichen wie der weltlichen Prachtentfaltung eine sinnliche Note. -
*Erste Belege für Prostitution beziehen sich auf die sog. Tempelprostitution im alten Babylon, bei der Frauen in einem kultischen Zusammenhang sexuelle Handlungen gegen Tempelgaben vollzogen. Das Gilgamesch-Epos kritisierte Auswüchse (6. Tafel Verse 5-79; vgl. Schott 1988: 12), während das Alte Testament (Bibel) die sakrale Prostitution überhaupt ablehnte.
Die Massenverelendung der weiblichen Bevölkerung im Zuge des Früh- und Hochkapitalismus führte zu massenhafter (Elends- und Armuts-) Prostitution. Dienstmädchen, Modistinnen, Blumenfrauen und Wäscherinnen besserten durch Gelegenheitsprostitution ihr Gehalt auf. Immer mehr Staaten gingen dazu über, die Prostitution gesetzlich zu regulieren. Eine solche Regulierung, gerechtfertigt durch eine beabsichtigte soziale, gesundheitspolitische oder auch moralische Kontrolle, machte es den Prostituierten praktisch unmöglich, ihrem Milieu zu entkommen. Die Reglementierung zementierte auch die sexuelle Doppelmoral, die Prostituierte gesellschaftlich ächtete, die Prostitution aber gleichzeitig als ein für Männer notwendiges Übel oder erwünschtes Erprobungsfeld ansah.
*Prostitution im heutigen Sinne fand sich u.a. in der griechischen Antike, wo man zwischen der gewöhnlichen „Hure“ (Porna) und der „Gesellin“ (Hetäre) unterschied. Die Dienste männlicher wie weiblicher Prostituierter wurden ausschließlich von Männern in Anspruch genommen.
 
*Für die christliche Tradition ist bemerkenswert, dass im Stammbaum Jesu zwei Prostituierte eine Rolle spielen (Mt 1,3; Jos 2; Mt 1,5), dass Jesus selbst ausgesprochen respektvollen Umgang mit Prostituierten pflegte (Lk 7, 36-50) - und dass Paulus dann aber die Prostitution strikt untersagte (1 Kor 6, 15f.). Zu einer späten Blüte gelangte die Prostitution im katholischen Christentum dann noch einmal in der römischen Renaissance im 16. Jahrhundert, als Päpste und Kardinäle zu ihren prunkvollen Festen regelmäßig auch Kurtisanen (von „Cortigiana“ = Hofdame) einluden, die der Prachtentfaltung eine sinnliche Note verliehen.
Viele Frauen der Mittelschicht wehrten sich gegen diese Doppelmoral. Josephine Butler war eine entschiedene Kämpferin Großbritanniens, die den Kampf der Ladies' National Organisation gegen die Contagious Diseases Acts anführte. Diese Kampagne, die in Prostituierten weniger ‚Schuldige‘ als Opfer männlicher Lüsternheit sah, „veränderte […] die politische Landschaft Großbritanniens der spätviktorianischen Zeit. Mit der Kampagne wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die nie zuvor öffentlich diskutiert wurden. Die Kampagne radikalisierte zahlreiche Frauen, härtete sie ab gegenüber öffentlichen Angriffen und Verleumdungen und schuf eine Infrastruktur des politischen Protests“. (Philipps, S. 86) Sie erreichte schließlich 1886 die Abschaffung der Erlasse, die Prostituierte zum Opfer staatlicher Willkür machte. Das Problem war dadurch aber nicht aus der Welt geschafft, da die Erlasse zur medizinischen Kontrolle zur Vermeidung der sich immer weiter ausbreitenden Geschlechtskrankheiten wichtig waren. Nachdem die Frauenbewegung ihr Ziel erreicht hatte, ließ das Interesse an den Rechten der Prostituierten nach. Eine große Verelendung war die Folge, da die Bordelle auf Antreiben der Frauenverbände geschlossen worden waren und die Prostituierten dazu gezwungen waren, auf die Straße zu gehen, wo sie polizeilicher Willkür und Gewalt durch Freier und konkurrierende Zuhälter erst recht schutzlos ausgeliefert waren. Folge war, dass die Prostitutionskriminalität in die Höhe schoss. Die Geschlechtskrankheiten breiteten sich durch die nun nicht mehr kontrollierbare und kontrollierte Prostitution ungehemmt aus und fingen an das Bürgertum zu durchsetzen, da die Hauptkunden ironischerweise zumeist die Söhne und Ehemänner der bürgerlichen Frauen waren, die sich in den Verbänden engagierten.
*Parallel zur Luxusprostitution der Kurtisanen gab es unter den verelendeten Massen eine zunehmende aus Not geborene Prostitution, die allerdings angesichts der sich rasch verbreitenden Syphilis zunehmend härteren gesellschaftlichen Sanktionen und Eindämmungsversuchen unterworfen wurde.
 
*Im Früh- und Hochkapitalismus öffnete sich die Schere zwischen zunehmender Elends-und Armuts-Prostitution (etwa auch durch Dienstmädchen, Modistinnen, Blumenfrauen und Wäscherinnen, die ihr Gehalt aufbesserten) einerseits und abnehmender gesellschaftlicher Toleranz immer weiter und führte damit zur Etablierung einer in der Folgezeit immer selbstverständlicheren, gleichzeitig aber auch von Schriftstellern und Sozialreformern vielbeklagten Doppelmoral.
In der Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts war ein deutlicher Bewertungswandel der Prostitution zu beobachten. Aus politischen Gründen wurde dies oft abgetan: „Vertreter der naturalistischen Schule wie Richard Dehmel, Max Dauthendey, Otto Erich Hartleben, Otto Julius Bierbaum und Karl Bleibtreu widmeten sich der Befreiung der Frau von moralischen Konventionen, der freien Liebe und der Erhöhung der Prostituierten zur 'venus vulgivaga' in einer Weise, die eher lüstern als politisch zu nennen war“ (Gordon A. Craig).- Im Zweiten Weltkrieg wurde Prostitution in die Kriegsanstrengungen integriert ("Trostfrauen" für japanische Soldaten in Ostasien; deutsche Lager- und Wehrmachtsbordelle). Im Bereich der Wehrmacht wurden Frauen, die bei dieser Form der Zwangsarbeit mit Geschlechtskrankheiten angesteckt wurden, in Vernichtungslager verbracht oder exekutiert.
*Immer mehr Staaten gingen dazu über, die Prostitution gesetzlich zu regulieren. Eine solche Regulierung, gerechtfertigt durch eine beabsichtigte soziale, gesundheitspolitische oder auch moralische Kontrolle, machte es den Prostituierten praktisch unmöglich, ihrem Milieu zu entkommen. Die Reglementierung zementierte auch die sexuelle Doppelmoral, die Prostituierte gesellschaftlich ächtete, die Prostitution aber gleichzeitig als ein für Männer notwendiges Übel oder erwünschtes Erprobungsfeld ansah.
 
*Viele Frauen der Mittelschicht wehrten sich gegen diese Doppelmoral. Josephine Butler war eine entschiedene Kämpferin Großbritanniens, die den Kampf der Ladies' National Organisation gegen die Contagious Diseases Acts anführte. Diese Kampagne, die in Prostituierten weniger ‚Schuldige‘ als Opfer männlicher Lüsternheit sah, „veränderte […] die politische Landschaft Großbritanniens der spätviktorianischen Zeit. Mit der Kampagne wurden soziale und sexuelle Konventionen hinterfragt, die nie zuvor öffentlich diskutiert wurden. Die Kampagne radikalisierte zahlreiche Frauen, härtete sie ab gegenüber öffentlichen Angriffen und Verleumdungen und schuf eine Infrastruktur des politischen Protests“. (Philipps, S. 86) Sie erreichte schließlich 1886 die Abschaffung der Erlasse, die Prostituierte zum Opfer staatlicher Willkür machte. Das Problem war dadurch aber nicht aus der Welt geschafft, da die Erlasse zur medizinischen Kontrolle zur Vermeidung der sich immer weiter ausbreitenden Geschlechtskrankheiten wichtig waren. Nachdem die Frauenbewegung ihr Ziel erreicht hatte, ließ das Interesse an den Rechten der Prostituierten nach. Eine große Verelendung war die Folge, da die Bordelle auf Antreiben der Frauenverbände geschlossen worden waren und die Prostituierten dazu gezwungen waren, auf die Straße zu gehen, wo sie polizeilicher Willkür und Gewalt durch Freier und konkurrierende Zuhälter erst recht schutzlos ausgeliefert waren. Folge war, dass die Prostitutionskriminalität in die Höhe schoss. Die Geschlechtskrankheiten breiteten sich durch die nun nicht mehr kontrollierbare und kontrollierte Prostitution ungehemmt aus und fingen an das Bürgertum zu durchsetzen, da die Hauptkunden ironischerweise zumeist die Söhne und Ehemänner der bürgerlichen Frauen waren, die sich in den Verbänden engagierten.
Im Zusammenhang mit der sexuellen Revolution ist die Prostitution von einem Tabuthema allmählich in den Rang eines gesellschaftlich zumindest hingenommenen Alltagsphänomens aufgerückt. Weite Teile der Frauenbewegung lehnten und lehnen die Prostitution scharf ab und fordern auch in Deutschland eine Regelung ähnlich wie in Schweden, wo nicht die Prostituierte, sondern der Freier strafbedroht ist. Andererseits gibt es feministische Strömungen, die die freiwillige Prostitution vorsichtig oder gar euphorisch positiv sehen.
*In der Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts war ein deutlicher Bewertungswandel der Prostitution zu beobachten. Aus politischen Gründen wurde dies oft abgetan: „Vertreter der naturalistischen Schule wie Richard Dehmel, Max Dauthendey, Otto Erich Hartleben, Otto Julius Bierbaum und Karl Bleibtreu widmeten sich der Befreiung der Frau von moralischen Konventionen, der freien Liebe und der Erhöhung der Prostituierten zur 'venus vulgivaga' in einer Weise, die eher lüstern als politisch zu nennen war“ (Gordon A. Craig).- Im Zweiten Weltkrieg wurde Prostitution in die Kriegsanstrengungen integriert ("Trostfrauen" für japanische Soldaten in Ostasien; deutsche Lager- und Wehrmachtsbordelle). Im Bereich der Wehrmacht wurden Frauen, die bei dieser Form der Zwangsarbeit mit Geschlechtskrankheiten angesteckt wurden, in Vernichtungslager verbracht oder exekutiert.
*Im Zusammenhang mit der sexuellen Revolution ist die Prostitution von einem Tabuthema allmählich in den Rang eines gesellschaftlich zumindest hingenommenen Alltagsphänomens aufgerückt. Weite Teile der Frauenbewegung lehnten und lehnen die Prostitution scharf ab und fordern auch in Deutschland eine Regelung ähnlich wie in Schweden, wo nicht die Prostituierte, sondern der Freier strafbedroht ist. Andererseits gibt es feministische Strömungen, die die freiwillige Prostitution vorsichtig oder gar euphorisch positiv sehen.


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