Begriff

Die Promotion (= Beförderung) steht am Abschluss eines Verfahrens, zu dem neben der Erstellung einer schriftlichen Arbeit (Dissertation) auch eine mündliche Prüfung gehört (Rigorosum oder Disputation). Das Verfahren endet mit dem Empfang einer Urkunde (Doktorurkunde), die demjenigen, der das Verfahren erfolgreich durchlaufen hat, die Berechtigung zur Führung des Doktortitels (z.B. Dr. med., Dr. jur., Dr. phil., Dr. rer. nat., Dr. rer.pol.) bescheinigt. Bevor es dazu kommen kann, muss die Doktorarbeit veröffentlicht worden sein - z.B. als Buch oder im Internet.

Bedeutung

Der durch die Promotion erworbene Doktortitel ist ein immaterielles Gut, das zum einen die Leistung einer Person in der Wissenschaft beglaubigt. Die Promotion ist aber deshalb und darüber hinaus auch als Mittel zur Erhöhung des gesellschaftlichen Ansehens - des Prestiges einer Person - von Bedeutung. Sie ist ein Statussymbol, das diejenigen schmückt, die sich "Dr." nennen dürfen. Höherer Status öffnet auch die Türen zu beruflichen Karrierechancen und korreliert deshalb stark mit höherem Einkommen. Deshalb ist die Promotion auch ausgesprochen begehrt, weil sie indirekt zur finanziellen Besserstellung beizutragen pflegt.

Promotionen über Kriminalität

Wer im Bereich der Kriminologie promoviert werden will, kann dies entweder im Kontext der Rechtswissenschaften - so wie z.B. der bekannte SPD-Politiker Peter Struck (1970) mit einer Dissertation über "Jugenddelinquenz und Alkohol" bei Rudolf Sieverts an der Universität Hamburg - oder im Bereich der Sozialwissenschaften bewerkstelligen. Kriminologische Themen werden aber auch z.B. in den Erziehungs-, den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, in der Sexualwissenschaft und in der Psychologie sowie der Rechtsmedizin bearbeitet. Promotionen über Kriminalitätsfragen können deshalb zum Dr.jur., aber auch zum Dr.phil., zum Dr.med. oder Dr. rer.oec. usw. führen.

Promotionen durch Kriminalität

Der Doktortitel ist ein begehrtes, aber knappes Gut: nicht alle, die daran interessiert sind, verfügen über die intellektuellen und/oder finanziellen Mittel, ein aufwendiges Studium erfolgreich abzuschließen und ein Doktorarbeitsthema hinreichend qualifiziert und erfolgreich zu bearbeiten.

Wer gleichwohl einen Doktortitel führen will, kann das tun:

(1) Eine Möglichkeit besteht darin, sich ohne großen Aufwand einfach die entsprechenden Visitenkarten zu drucken und sich z.B. in öffentlichen Datensammlungen wie etwa dem örtlichen Telefonbuch als "Dr." eintragen zu lassen. Ein solches hochstaplerisches Vorgehen ist strafbar. In Deutschland droht § 132a StGB mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(2) Man kann einen Doktortitel auch kaufen, ohne eine Dissertation zu schreiben. Firmen, die auf das Geltungsbedürfnis von Personen spekulieren und selbstgemachte Zertifikate von obskuren Akademien oder Universitäten im Ausland verkaufen, findet man u.U. im Internet oder in Kleinanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften. Der Preis für solche Doktortitel ist meist recht hoch, aber dieser Weg erspart natürlich auch ein langwieriges und kostenintensives Studium sowie den beträchtlichen Aufwand an Zeit und Geld, den eine reguläre Doktorarbeit mit sich bringt. Auch das ist strafbar.

(3) Man kann auch eine Doktorarbeit schreiben und bei einem ordentlichen Professor an einer regulären Universität unterbringen. Unter Umständen kann auch das für Vermittler, Interessenten und/oder Professoren strafbar sein, wenn dabei Geld fließt und Regeln verletzt oder umgangen werden.

  • 2008 verurteilte das Landgericht Hildesheim erst den Professor Thomas A. (Lehrstuhl für bürgerliches und internationales Privatrecht an der Leibniz-Universität Hannover) und dann den Geschäftsführer einer Beratungsfirma zu drei, bzw. dreieinhalb Jahren Gefängnis ohne Bewährung. Prof. Dr. Thomas A. hatte sich für Geld bereit erklärt, Personen zum Doktortitel zu verhelfen, die zum Promotionsverfahren nicht hätten zugelassen werden dürfen. Das Gericht legte ihm Bestechlichkeit in 68 Fällen zur Last. Er wurde vom Dienst suspendiert und verlor seinen Beamtenstatus. Er behielt nur seine Schulden aus einem ruinösen Hauskauf. Gegen ca. 80 Promovenden wird in diesem Kontext ebenfalls ermittelt. - Susanne Dreisbach (2008) schreibt zur Bedeutung dieses Prozesses: "Mehrere Millionen, so schätzen Experten, haben windige Geschäftsleute in Deutschland mit der Be­stechung korrupter Doktorväter sowie dem Verkauf von falschen Doktortiteln verdient. - Dass es dieser Branche jetzt an den Kragen gehen könnte, glaubt auch der Hannoveraner Ober­staatsanwalt Rainer Gundlach. 'Nachdem in diesem Verfahren erstmals die rechtliche Bewer­tung dieser Geschäfte als Be­stechung ausgesprochen worden ist, werden sich auch andere Staatsanwaltschaften und Polizei­dienststellen ermutigt fühlen, genauer nachzuforschen', sagt der Strafverfolger, der sicher ist, dass der Fall um Thomas A. eine kleine Lawine losgetreten hat."
  • Im Juli 2008 verurteilte das Landgericht Hildesheim den Geschäftsführer des "Instituts für Wissenschaftsberatung" in Bergisch-Gladbach wegen des Handels mit Doktortiteln zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren und einer Geldstrafe von 75 000 Euro (gewerbsmäßige Bestechung). Er soll Prof. Dr. Thomas A. jeweils 2050 Euro gezahlt haben, damit dieser Kunden der „Wissenschaftsberatung“ zur Promotion zuließ, die in der Regel keine „voll­befrie­digende“ Note und vorweisen konnten und damit die Voraussetzungen zur Zulassung zur Promotion nicht erfüllten. Der Geschäftsführer, der nicht gewußt haben wollte, dass er sich mit seinem Verhalten strafbare machte (Verbotsirrtum) hatte von 853 000 Euro Einnahmen von den Promotionskandidaten im Fall des Professors in Hannover (Thomas A.) 131 000 Euro erhalten. Er machte geltend, dass ihn vier Juraprofessoren nicht auf die rechtliche Problematik hingewiesen hätten. Er hatte das Geld an die Ehefrau von A. überwiesen (seit der Änderung des Korruptionsparagraphen 1998 ist allerdings auch eine indirekte Zahlung strafbar).
  • Ermittelt wurde im Juli 2008 noch gegen weitere drei Juraprofessoren wegen "erleichterter Promotion" gegen Honorar. Der Dekan der Fakultät in Hannover und Dozenten aus Friedrichshafen und Freiburg standen ebenfalls im Verdacht der Vorteilsannahme. - In der FAZ (v. Lucius 2008) stand dazu: "Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte im März Aktenmaterial der Firma in Bergisch-Gladbach beschlagnahmen lassen. Die Polizei wertet es nun aus. Angeblich gibt es eine Liste mit vielen Namen von Hochschullehrern, die Geld für die Annahme von Doktoranden erhielten." Da auf der Internetseite des Instituts auch über die Rechtswissenschaften hinaus allerlei Angebote für andere Disziplinen zu finden sind, vermuten die Ermittler, dass die Angelegenheit noch weitere Kreise ziehen könnte. Immerhin wies das Institut selbst darauf hin, dass es seit 2000 bei der „legalen Realisierung“ von über 350 Promotionen geholfen habe und über mehr als 100 Kooperationspartner verfüge: "Wissenschaftler des Instituts seien als Gutachter an Promotionsverfahren beteiligt. Man helfe berufstätigen Promotionswilligen dabei, ein Thema auszuwählen sowie einen Doktorvater und Fakultäten ohne zusätzliche Eingangsprüfungen zu finden. Dazu kommt Hilfe bei der Materialbeschaffung und der 'Diskussion' von Entwürfen" (v. Lucius 2008).
  • Ermittlungen richteten sich im Juli 2008 auch noch gegen einen zweiten hannoverschen Juraprofessor, einen beliebten, befähigten und als integer geltenden Zivilrechtler, der Anfang Juli sein Amt als Dekan der Fakultät niederlegte.

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