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Strafbare Handlungen können allerdings auch vorliegen, wenn tatsächlich schriftliche Arbeiten angefertigt und bei ordentlichen Professoren anerkannter Universitäten als Dissertationen eingereicht werden. Wer sich dann strafbar machen kann, sind (vor allem) die Vermittler zwischen Interessenten und Professoren sowie die Hochschullehrer selbst.
Strafbare Handlungen können allerdings auch vorliegen, wenn tatsächlich schriftliche Arbeiten angefertigt und bei ordentlichen Professoren anerkannter Universitäten als Dissertationen eingereicht werden. Wer sich dann strafbar machen kann, sind (vor allem) die Vermittler zwischen Interessenten und Professoren sowie die Hochschullehrer selbst.


Im Juli 2008 verurteilte das Landgericht Hildesheim den Geschäftsführer einer Wissenschafts-Beratungsgesellschaft wegen des Handels mit Doktortiteln zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren. Der Verurteilte hatte Juristen an einen hannoverschen Juraprofessor, der wegen desselben Tatkomplexes schon vorher zu drei Jahren Haft verurteilt worden war, zur Promotion vermittelt. Ermittelt wurde zu der Zeit noch gegen weitere drei Juraprofessoren wegen "erleichterter Promotion" gegen Honorar. Der Dekan der Fakultät in Hannover und Dozenten aus Friedrichshafen und Freiburg standen ebenfalls im Verdacht der Vorteilsannahme. In der FAZ (v. Lucius 2008) stand dazu: "Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte im März Aktenmaterial der Firma in Bergisch-Gladbach beschlagnahmen lassen. Die Polizei wertet es nun aus. Angeblich gibt es eine Liste mit vielen Namen von Hochschullehrern, die Geld für die Annahme von Doktoranden erhielten." Da auf der Internetseite des „Instituts für Wissenschaftsberatung“ auch über die Rechtswissenschaften hinaus allerlei Angebote für andere Disziplinen macht, vermuten die Ermittler, dass die Angelegenheit noch weitere Kreise ziehen könnte. Immerhin wies das Institut selbst darauf hin, dass es mehr als 1000 Promotionsprojekte beratend begleiten wolle; seit 2000 habe es bei der „legalen Realisierung“ von über 350 Promotionen geholfen und verfüge über mehr als 100 Kooperationspartner: "Wissenschaftler des Instituts seien als Gutachter an Promotionsverfahren beteiligt. Man helfe berufstätigen Promotionswilligen dabei, ein Thema auszuwählen sowie einen Doktorvater und Fakultäten ohne zusätzliche Eingangsprüfungen zu finden. Dazu kommt Hilfe bei der Materialbeschaffung und der „Diskussion“ von Entwürfen" (v. Lucius 2008).
Im Juli 2008 verurteilte das Landgericht Hildesheim den Geschäftsführer des "Instituts für Wissenschaftsberatung" in Bergisch-Gladbach wegen des Handels mit Doktortiteln zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren und einer Geldstrafe von 75 000 Euro (gewerbsmäßige Bestechung). Der Verurteilte hatte Juristen an einen hannoverschen Juraprofessor, der wegen desselben Tatkomplexes schon vorher zu drei Jahren Haft verurteilt worden war, zur Promotion vermittelt. Der Geschäftsführer, der nicht gewußt haben wollte, dass er sich mit seinem Verhalten strafbare machte (Verbotsirrtum) hatte von 853 000 Euro Einnahmen von den Promotionskandidaten im Fall des Professors in Hannover (Thomas A.) 131 000 Euro erhalten. Er machte geltend, dass ihn vier Juraprofessoren nicht auf die rechtliche Problematik hingewiesen hätten. Er hatte das Geld an die Ehefrau von A. überwiesen (seit der Änderung des Korruptionsparagraphen 1998 ist allerdings auch eine indirekte Zahlung strafbar).


Hätte Geschäftsführer D. gestanden, wäre er vermutlich mit zwei Jahren Haft auf Bewährung davongekommen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm gewerbsmäßige Bestechung vor. Von 853 000 Euro Einnahmen von den Promotionskandidaten im Fall Thomas A. hatte dieser 131 000 Euro erhalten. D. wurde nun neben der Haft zu einer Geldstrafe von 75 000 Euro verurteilt. Der 52 Jahre alte Geschäftsführer will nicht gewusst haben, dass er sich strafbar gemacht habe. Vier Juraprofessoren hätten ihn darauf nicht hingewiesen. D. hatte das Geld an die Ehefrau von A. überwiesen und nicht gewusst, dass auch eine indirekte Zahlung seit einer Änderung des Korruptionsparagraphen im Jahr 1998 strafbar sei. Der Verteidiger, der auf Verbotsirrtum plädierte, forderte daher Freispruch.
Ermittelt wurde im Juli 2008 noch gegen weitere drei Juraprofessoren wegen "erleichterter Promotion" gegen Honorar. Der Dekan der Fakultät in Hannover und Dozenten aus Friedrichshafen und Freiburg standen ebenfalls im Verdacht der Vorteilsannahme.


Weitere Professoren verstrickt?
In der FAZ (v. Lucius 2008) stand dazu: "Die Kölner Staatsanwaltschaft hatte im März Aktenmaterial der Firma in Bergisch-Gladbach beschlagnahmen lassen. Die Polizei wertet es nun aus. Angeblich gibt es eine Liste mit vielen Namen von Hochschullehrern, die Geld für die Annahme von Doktoranden erhielten." Da auf der Internetseite des Instituts auch über die Rechtswissenschaften hinaus allerlei Angebote für andere Disziplinen zu finden sind, vermuten die Ermittler, dass die Angelegenheit noch weitere Kreise ziehen könnte. Immerhin wies das Institut selbst darauf hin, dass es seit 2000 bei der „legalen Realisierung“ von über 350 Promotionen geholfen habe und über mehr als 100 Kooperationspartner verfüge: "Wissenschaftler des Instituts seien als Gutachter an Promotionsverfahren beteiligt. Man helfe berufstätigen Promotionswilligen dabei, ein Thema auszuwählen sowie einen Doktorvater und Fakultäten ohne zusätzliche Eingangsprüfungen zu finden. Dazu kommt Hilfe bei der Materialbeschaffung und der 'Diskussion' von Entwürfen" (v. Lucius 2008).


Der Präsident der Universität Hannover, Erich Barke, bat die Staatsanwaltschaft Köln um Auskunft, ob ein weiterer Professor der Leibniz-Universität mit Bergisch-Gladbach zusammengearbeitet habe. Der Schaden für das Ansehen der Universität Hannover sei „immens“. Der zweite Fall traf die Fakultät noch mehr als der erste: Thomas A. galt als Ausnahmeerscheinung. Anfang August sollen Ermittlungen abgeschlossen werden gegen einen zweiten hannoverschen Juraprofessor, der als beliebt, fachlich befähigt und integer galt. Stephan M. übernahm sein Amt als Dekan der Juristen, als die Vorwürfe gegen Thomas A. bereits bekannt waren. Der Zivilrechtler M., der sein Amt als Dekan Anfang Juli niederlegte, hatte nach eigenen Angaben „vor etwa zehn Jahren in Randbereichen“ Kontakt zum Vermittlungsinstitut, als er noch in Frankfurt (Oder) lehrte. Die Vorwürfe könnten nun nach fünf Jahren verjährt sein.
Ermittlungen richteten sich im Juli 2008 auch noch gegen einen zweiten hannoverschen Juraprofessor, einen beliebten, befähigten und als integer geltenden Zivilrechtler, der Anfang Juli sein Amt als Dekan der Fakultät niederlegte.


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