Prisonisierung: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Möglichkeiten der Gegensteuerung ===
=== Möglichkeiten der Gegensteuerung ===
Im Rahmen des im deutschen Strafvollzugsrecht normierten Gegensteuerungsprinzipes (§ 3 Abs. 2 StVollzG, § 2 Abs. 3 S.1 JVollzGB III, Art. 5 Abs. 2 BayStVollzG, § 3 Abs. 1 S.2 HmbStVollzG, § 3 Abs. 2 HStVollzG, § 2 Abs. 2 NJVollzG) soll den schädigenden Wirkungen des Freiheitsentzuges entgegen gewirkt werden (Laubenthal: 2011, 129). Entsprechende Regelungen finden sich auch im Schweizerischen Strafgesetzbuch sowie dem Italienischen und Liechtensteiner Strafvollzugsgesetz. In der wissenschaftlichen Diskussion äußerten jedoch die deutschen Kriminologen und Soziologen Fritz Sack (1968, 488) und Sebastian Scheerer (2001, 70 f.) sowie Irwin (1988) erhebliche Zweifel an der erreichbaren Effizienz, der immanenten Härte und den Wirkungen staatlicher Strafe im Rahmen des bestehenden Schuldstrafrechts. Zu berücksichtigen ist zudem die partielle Abkehr von der Behandlungsideologie und die Suche nach problemlösenden Alternativen und gesetzlichen Neuerungen wie den "Three Strikes Laws", “Bootcamp“- Programmen und Privatisierungstendenzen, vornehmlich in den USA. Ausgehend von den empirischen Ergebnissen zur Prisonisierung setzt die Inhaftierung selbst der Perspektive einer Resozialisierung enge Grenzen. Die Inhaftierung fördert direkt Einstellungen und Verhaltensweisen, die das Rückfallrisiko erhöhen. Sie prägt zudem das Klima zwischen Inhaftierten und Anstaltspersonal in feindlicher Weise, sodass die Variablen "Resozialisierung" und "therapeutisches Klima" stark negativ beeinflusst werden (Ortmann: 1987, 355 ff.). Resozialisierung könne nur dann erfolgen, wenn in der weiteren Diskussion eine Konzentration nicht nur auf die Behandlungsforschung, sondern auch auf die Prisionierungsforschung erfolge. Daher müsse der Effekt des gesamten Strafvollzugs auf Resozialisierung und Rückfall langfristig und bezogen auf gleiche Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten sowohl in der Anstalt als auch nach der Entlassung untersucht werden (Harbordt: 1972, 94). In Ermangelung eindeutiger empirischer Ergebnisse auch für deutsche Anstaltsverhältnisse gilt dies ebenso für den Prisonisierungsprozess und die These, Gefängnisse erwiesen sich als reine “Schulen des Verbrechens“. Führten Untersuchungen dazu, strafrechtlichen Sanktionen keinen eigenen positiven Wert mehr beizumessen, könne den schädigenden Wirkungen dieser Interventionen, also maßgeblich Stigmatisierungs- und Prisonisierungsprozessen, nur mit einer Kriminalpolitik der weitgehenden Entkriminalisierung und Reduzierung der Eingriffsintensität der strafrechtlichen Praxis begegnet werden (Sack: 1968, 435ff.; Kaiser u.a.: 1993, 404 f.)
Im Rahmen des im deutschen [[Strafvollzugsrecht]] normierten Gegensteuerungsprinzipes (§ 3 Abs. 2 StVollzG, § 2 Abs. 3 S.1 JVollzGB III, Art. 5 Abs. 2 BayStVollzG, § 3 Abs. 1 S.2 HmbStVollzG, § 3 Abs. 2 HStVollzG, § 2 Abs. 2 NJVollzG) soll den schädigenden Wirkungen des Freiheitsentzuges entgegen gewirkt werden (Laubenthal: 2011, 129). Entsprechende Regelungen finden sich auch im Schweizerischen Strafgesetzbuch[http://www.admin.ch/ch/d/sr/311_0/a75.html] sowie dem Italienischen und Liechtensteiner[http://www.apt.ch/npm/eca/Liechtenstein1.pdf] Strafvollzugsgesetz. In der wissenschaftlichen Diskussion äußerten jedoch die deutschen Kriminologen und Soziologen [[Fritz Sack]] (1968, 488) und [[Sebastian Scheerer]] (2001, 70 f.) sowie Irwin[http://en.wikipedia.org/wiki/John_Keith_Irwin] (1988) erhebliche Zweifel an der erreichbaren Effizienz, der immanenten Härte und den Wirkungen staatlicher [[Strafe]] im Rahmen des bestehenden Schuldstrafrechts. Zu berücksichtigen ist zudem die partielle Abkehr von der Behandlungsideologie und die Suche nach problemlösenden Alternativen und gesetzlichen Neuerungen wie den "[[Three Strikes]] Laws", “[[Bootcamp]]“- Programmen und Privatisierungstendenzen, vornehmlich in den [[Strafvollzug in den USA|USA]]. Ausgehend von den empirischen Ergebnissen zur Prisonisierung setzt die [[Haft|Inhaftierung]] selbst der Perspektive einer [[Resozialisierung]] enge Grenzen. Die [[Haft|Inhaftierung]] fördert direkt Einstellungen und Verhaltensweisen, die das Rückfallrisiko erhöhen. Sie prägt zudem das Klima zwischen Inhaftierten und Anstaltspersonal in feindlicher Weise, sodass die Variablen "Resozialisierung" und "therapeutisches Klima" stark negativ beeinflusst werden (Ortmann: 1987, 355 ff.). [[Resozialisierung]] könne nur dann erfolgen, wenn in der weiteren Diskussion eine Konzentration nicht nur auf die Behandlungsforschung, sondern auch auf die Prisionierungsforschung erfolge. Daher müsse der Effekt des gesamten [[Strafvollzug]]s auf [[Resozialisierung]] und Rückfall langfristig und bezogen auf gleiche Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten sowohl in der Anstalt als auch nach der Entlassung untersucht werden (Harbordt: 1972, 94). In Ermangelung eindeutiger empirischer Ergebnisse auch für deutsche Anstaltsverhältnisse gilt dies ebenso für den Prisonisierungsprozess und die These, [[Gefängnis]]se erwiesen sich als reine “Schulen des Verbrechens“. Führten Untersuchungen dazu, strafrechtlichen Sanktionen keinen eigenen positiven Wert mehr beizumessen, könne den schädigenden Wirkungen dieser Interventionen, also maßgeblich Stigmatisierungs- und Prisonisierungsprozessen, nur mit einer [[Kriminalpolitik]] der weitgehenden [[Kriminalisierung|Entkriminalisierung]] und Reduzierung der Eingriffsintensität der strafrechtlichen Praxis begegnet werden (Sack: 1968, 435ff.; Kaiser u.a.: 1993, 404 f.)


== Literatur ==
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*http://bjc.oxfordjournals.org/
*http://bjc.oxfordjournals.org/
*http://www.fritz-sack.com/ThesenArgumente.htm
*http://www.fritz-sack.com/ThesenArgumente.htm
*http://www.apt.ch/npm/eca/Liechtenstein1.pdf
*http://www.nytimes.com/2007/12/11/nyregion/11wheeler.html
*http://www.nytimes.com/2007/12/11/nyregion/11wheeler.html
*http://en.wikipedia.org/wiki/Main_Page
*http://en.wikipedia.org/wiki/Main_Page
*http://www.sage-ereference.com/abstract/prisons/n54.xml
*http://www.sage-ereference.com/abstract/prisons/n54.xml
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