Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch: Unterschied zwischen den Versionen

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==Sexueller Missbrauch==
==Sexueller Missbrauch==
Unter sexuellem Missbrauch werden rechtswidrig sexuelle Handlungen an Menschen verstanden. Das deutsche Strafrecht unterscheidet Missbrauch an vier Personengruppen (siehe Tabelle). ''Schutzbefohlene'' sind Personen unter 16 Jahren, die zur "Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut" (§ 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB) sind, Personen unter 18 Jahren, die "zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet" (§ 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB) sind und "noch nicht achtzehn Jahre (...) leibliche (...) oder angenommen (...) Kind(er)" (§174 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Unter "Abhängige" werden einerseits Gefangene, behördlich Verwahrte oder Kranke und Hilfsbedürftige in Einrichtungen (§ 174 a StGB) verstanden und andererseits Personen, die durch Ausnutzung einer Amtsstellung (§ 174 b StGB) sowie eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses (§ 174 c StGB) missbraucht werden. Jugendliche bzw. Minderjährige sind Personen unter 18 Jahren; im Missbrauchsfall sind aber meist Personen unter 16 Jahren gemeint.  
Im '''strafrechtlichen Sinn''' wird unter sexuellem Missbrauch rechtswidrige sexuelle Handlungen an Menschen verstanden. Das deutsche Strafrecht unterscheidet Missbrauch an vier Personengruppen (siehe Tabelle). ''Schutzbefohlene'' sind Personen unter 16 Jahren, die zur "Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut" (§ 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB) sind, Personen unter 18 Jahren, die "zur Erziehung, zur Ausbildung oder zur Betreuung in der Lebensführung anvertraut oder im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet" (§ 174 Abs. 1 Nr. 2 StGB) sind und "noch nicht achtzehn Jahre (...) leibliche (...) oder angenommen (...) Kind(er)" (§174 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Unter "Abhängige" werden einerseits Gefangene, behördlich Verwahrte oder Kranke und Hilfsbedürftige in Einrichtungen (§ 174 a StGB) verstanden und andererseits Personen, die durch Ausnutzung einer Amtsstellung (§ 174 b StGB) sowie eines Beratungs-, Behandlungs- oder Betreuungsverhältnisses (§ 174 c StGB) missbraucht werden. Jugendliche bzw. Minderjährige sind Personen unter 18 Jahren; im Missbrauchsfall sind aber meist Personen unter 16 Jahren gemeint.
 
Das Strafrecht präzisiert sexuelle Handlungen explizit und implizit. Eine explizite Konkretisierung erfolgt in § 184 f StGB: Danach sind sexuelle Handlungen nur solche, die von einiger Erheblichkeit sind (Abs. 1), sexuelle Handlungen vor einem anderen nur solche, die vor einem anderen vorgenommen werden, der den Vorgang wahrnimmt. In der Rechtspraxis sind danach sexuelle Handlungen mit "einiger Erheblichkeit" nicht nur Geschlechtsverkehr mit Penetration, sondern z. B. das Streicheln des Geschlechtsteils über der Kleidung, den "Schenkelverkehr", das Berühren des nackten Geschlechtsteils eines Kindes oder ein Zungenkuss. Zudem wird das "Einwirken" auf ein Kind "durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhaltes oder durch entsprechendes Reden" (§ 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB) als sexueller Missbrauch verstanden. Diese Form knüpft an sozialwissenschaftliche Auffassungen an, wonach der Begriff auch auf Handlungen ausgedehnt wird, die nicht zwingend strafbar sind.
 
Schneider definiert den sexuellen Missbrauch an Kindern als ,,Kontakte und Interaktionen zwischen einem Kind und einem Erwachsenen, bei denen das Kind als Objekt zur sexuellen Stimulation des Täter bzw. der Täterin oder einer anderen Person missbraucht wird" (2001 91ff.).


Das Strafrecht präzisiert sexuelle Handlungen explizit und implizit. Eine explizite Konkretisierung erfolgt in § 184 f StGB: Danach sind sexuelle Handlungen nur solche, die von einiger Erheblichkeit sind (Abs. 1), sexuelle Handlungen vor einem anderen nur solche, die vor einem anderen vorgenommen werden, der den Vorgang wahrnimmt. In der Rechtspraxis sind danach sexuelle Handlungen mit "einiger Erheblichkeit" nicht nur Geschlechtsverkehr mit Penetration, sondern z. B. das Streicheln des Geschlechtsteils über der Kleidung, den "Schenkelverkehr", das Berühren des nackten Geschlechtsteils eines Kindes oder ein Zungenkuss. Zudem wird das "Einwirken" auf ein Kind "durch Abspielen von Tonträgern pornographischen Inhaltes oder durch entsprechendes Reden" (§ 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB) als sexueller Missbrauch verstanden.


Dies deckt sich mit sozialwissenschaftlichen Auffassungen ...




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==== Zielgruppe: Schulen====
==== Zielgruppe: Schulen====
Obwohl die schulischen Präventionsmaterialien und Bemühungen nicht in der Lage sein werden, Kinder vor dem Leid sexueller Misshandlungen zu beschützen, können sie helfen, Leid zu minimieren. Ein Unterlassen schulischer Präventionsbemühungen wird als schlechte Alternative betrachtet (Marquardt-Mau 1995: 23), da
* schulische Prävention offensichtlich in der Lage ist, relevantes Wissen (Arten der sexuellen Misshandlung, Hilfe zu holen) zu vermitteln,
* schulische Prävention offenbar dazu beitragen kann, dass misshandelte Kinder sich LehrerInnen anvertrauen,
* Schule bei einem Versagen des ersten pädagogischen Milieus der "sichere Hafen" für Kinder werden könnte, der ihnen positive zwischenmenschliche Beziehungen ermöglicht.


Die Kultusministerkonferenz hat zur Vorbeugung und Aufarbeitung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalthandlungen in Schulen und schulnahen Einrichtungen im Zusammenhang mit den Vorfällen sexuellen Missbrauchs u. a. in Bildungseinrichtungen 28 Punkte umfassende [http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2010/Handreichung-zu-sexuellen-Missbrauchsfaellen-Gewalthandlungen.pdf Handlungsempfehlungen] beschlossen.


====Städte und Gemeinden====
====Städte und Gemeinden====
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* Schetsche, Michael, (1996): Die Karriere sozialer Probleme, München
* Schetsche, Michael, (1996): Die Karriere sozialer Probleme, München
* Scheufele (2005): Sexueller Missbrauch - Mediendarstellung und Medienwirkung, Wiesbaden
* Scheufele (2005): Sexueller Missbrauch - Mediendarstellung und Medienwirkung, Wiesbaden
* Marquardt-Mau, B. (1995): Schulische Prävention gegen sexuelle Misshandlung, Weinheim, München
* Thomas, Jürgen et al. (2006): Freie Straffälligenhilfe unter Veränderungsdruck. In: Neue Praxis. Heft 1/2006, S. 80-98
* Thomas, Jürgen et al. (2006): Freie Straffälligenhilfe unter Veränderungsdruck. In: Neue Praxis. Heft 1/2006, S. 80-98


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==Weblinks==
==Weblinks==
* Charité - Universitätsmedizin Berlin: [http://kein-taeter-werden-ppd.charite.de/ Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD)]
* Charité - Universitätsmedizin Berlin: [http://kein-taeter-werden-ppd.charite.de/ Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD)]
* [http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2010/Handreichung-zu-sexuellen-Missbrauchsfaellen-Gewalthandlungen.pdf Handlungsempfehlungen] der Kultusministerkonferenz zur Vorbeugung und Aufarbeitung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalthandlungen in Schulen und schulnahen Einrichtungen v. 20.04.2010
* Sack, Fritz (2006): [http://www.fritz-sack.com/ThesenArgumente.htm Einige Thesen und Argumente zur gegenwärtigen Kriminalpolitik]
* Sack, Fritz (2006): [http://www.fritz-sack.com/ThesenArgumente.htm Einige Thesen und Argumente zur gegenwärtigen Kriminalpolitik]
* Informationsangebot der [http://www.polizei-beratung.de/rat_hilfe/opferinfo/sexueller_missbrauch_von_kindern/ Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes]
* Informationsangebot der [http://www.polizei-beratung.de/rat_hilfe/opferinfo/sexueller_missbrauch_von_kindern/ Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes]
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