Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch: Unterschied zwischen den Versionen

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====Niedersachsen: [[K.U.R.S. Niedersachsen]], "'''K'''onzeption zum '''U'''mgang mit '''r'''ückfallgefährdeten '''S'''exualstraftätern/innen" (ab 01.10.2007)====  
====Niedersachsen: [[K.U.R.S. Niedersachsen]], "'''K'''onzeption zum '''U'''mgang mit '''r'''ückfallgefährdeten '''S'''exualstraftätern/innen" (ab 01.10.2007)====  
Als zweites Bundesland führte Niedersachsen KURS Niedersachsen ein. Das Ziel von KURS ist die Verhinderung von Rückfällen von Sexualstraftätern, die aus der Haft entlassen wurden und unter Führungsaufsicht stehen. Damit sollen der Überwachungsauftrag der Führungsaufsicht und die Gefahrenabwehraufgabe der Polizei vereint werden. In der Zentralstelle von KURS werden übermittelte Informationen der Justiz und des Maßregelvollzuges ausgewertet, mit Erkenntnissen aus den polizeilichen Datenquellen angereichert und in der neu eingerichteten Datei gespeichert. Das LKA leitet die Informationen an die örtlich zuständigen Polizeiinspektionen weiter. Dort entscheiden spezielle Sachbearbeiter über geeignete gefahrenabwehrende Maßnahmen, wie z. B. die Ansprache der betroffenen Person, um eine präventive Wirkung zu erzielen. (vgl. [http://www.mj.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=3745&article_id=10272&_psmand=13 Pressemitteilung] des Nds. Justizministeriums vom 21.11.2007).
Als zweites Bundesland führte Niedersachsen KURS Niedersachsen ein. Das Ziel von KURS ist die Verhinderung von Rückfällen von Sexualstraftätern, die aus der Haft entlassen wurden und unter Führungsaufsicht stehen. Damit sollen der Überwachungsauftrag der Führungsaufsicht und die Gefahrenabwehraufgabe der Polizei vereint werden. In der Zentralstelle von KURS werden übermittelte Informationen der Justiz und des Maßregelvollzuges ausgewertet, mit Erkenntnissen aus den polizeilichen Datenquellen angereichert und in der neu eingerichteten Datei gespeichert. Das LKA leitet die Informationen an die örtlich zuständigen Polizeiinspektionen weiter. Dort entscheiden spezielle Sachbearbeiter über geeignete gefahrenabwehrende Maßnahmen, wie z. B. die Ansprache der betroffenen Person, um eine präventive Wirkung zu erzielen.  




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==Kriminologischer Diskurs zu Konzeptionen zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern in Deutschland==
==Kriminologischer Diskurs zu Konzeptionen zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern in Deutschland==
* Kennzeichnend für die Konzeptionen sind vorrangig Risikomanagementprozesse, die eine Faktorisierung der Probanden zum Gegenstand haben und sich an die Rückfallgefahr anstatt an die soziale Integration orientieren. Dies wirkt sich auch auf die staatliche Straffälligenhilfe aus, innerhalb der eine risikoorientierte Kontrollbetreuung in den Vordergrund rückt und sozialpädagogische Hilfsprozesse eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Klug 2008: 167 ff.).
Die Konzeptionen begründen ihre Notwendigkeit mit steigender Probandenzahl, bisheriger Unwirksamkeit bezüglich der Rückfallprophylaxe sowie einem gesteigertem Sicherheitsbedürfnis in der Gesellschaft, während die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) im Verlauf der letzten 20 Jahre eher rückläufige, gleichbleibende oder kaum angestiegene registrierte Fallzahlen aufweist (vgl. PKS 2009).


* Die Konzeptionen zeigen z. T. verschiedene Schwerpunkte und Ansätze. Sie beziehen sich zunehmend auf eine reine Kontrollfunktion und entwickeln Systeme, in denen Täter in Täterkategorien klassifiziert und entsprechend ihrer Rückfallgefahr eingestuft werden. Im Vordergrund steht eine bessere Vernetzung der Justizorgane und die Verlängerung der Polizeigewalt.
* Die Schwerpunkte und Ansätze der Konzeptionen sind verschieden, während die Ausrichtung auf eine systematische Kontrollfunktion, die  Schaffung bzw. Verbesserung der Vernetzung der Justizorgane sowie eine Verlängerung bzw. Erweiterung polizeilicher Eingriffe sich gleichen.


* Der Focus der Konzeptionen liegt auf den Mikrobereich der jeweiligen Probanden, d. h. auf  Rückfallindikatoren der Sexualstraftäter. Der Makrobereich findet keine Berücksichtigung.
* Der Focus der Konzeptionen liegt auf den Mikrobereich der jeweiligen Probanden, d. h. auf  Rückfallindikatoren der Sexualstraftäter. Der Makrobereich findet keine Berücksichtigung.


* Im KURS-Modell soll der so genannte Sicherheitsmanager das Risikopotenzial seiner Probanden identifizieren, analysieren und bewerten ohne sozialpädagogische Methoden anzuwenden. Der sozialarbeiterische Hilfsprozess tritt dadurch in den Hintergrund, während im Gegenzug eine Konzentration auf die Kontroll- und Überwachungsfunktionen erfolgt. Der Bewährungshelfer kann damit einen Rückfall in eine erneute Sexualdelinquenz weder erkennen noch verhindern.
* Kennzeichnend  sind vorrangig Risikomanagementprozesse, die eine Faktorisierung der Probanden zum Gegenstand haben und sich an die Rückfallgefahr anstatt an die soziale Integration orientieren. Dies wirkt sich auch auf die staatliche Straffälligenhilfe aus, innerhalb der eine risikoorientierte Kontrollbetreuung in den Vordergrund rückt und sozialpädagogische Hilfsprozesse eine untergeordnete Rolle spielen (vgl. Klug 2008: 167 ff.).
 
* Im KURS-Modell soll der so genannte Sicherheitsmanager das Risikopotenzial seiner Probanden identifizieren, analysieren und bewerten ohne sozialpädagogische Methoden anzuwenden. Der sozialarbeiterische Hilfsprozess wird hierbei in den Hintergrund verlagert, während im Gegenzug eine Konzentration auf die Kontroll- und Überwachungsfunktionen erfolgt. Dabei wird der Verlust des Erkennens bzw. Verhinderns erneuter Sexualdelinquenz durch den Bewährungshelfer durch die dominante Kontrollfunktion in Kauf genommen.


* Der Zwangsrahmen einer Betreuung in der Bewährungshilfe grenzt eine Effektivität stark ein. Die staatlich angeordnete Betreuung im Rahmen einer Führungsaufsicht wird durch den Bewährungshelfer, der sonst eher Beratungs- und Unterstützerfunktion hat, bewerkstelligt. Im Gegensatz zu einer therapeutischen Einrichtung sind die Kontrollmaßnahmen des Bewährungshelfers immer gekoppelt an eine Mitteilung an das Gericht mit vermutlichen Sanktionsfolgen, wenn gegen die Bewährungsauflagen verstoßen wird. Dieser Umstand ist den Bewährungshelfern sowie Sexualstraftätern bewusst und determiniert die gesamte Vertrauensbeziehung.


==Literatur==
==Literatur==
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* Charité - Universitätsmedizin Berlin: [http://kein-taeter-werden-ppd.charite.de/ Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD)]
* Charité - Universitätsmedizin Berlin: [http://kein-taeter-werden-ppd.charite.de/ Präventionsprojekt Dunkelfeld (PPD)]
* [http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2010/Handreichung-zu-sexuellen-Missbrauchsfaellen-Gewalthandlungen.pdf Handlungsempfehlungen] der Kultusministerkonferenz zur Vorbeugung und Aufarbeitung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalthandlungen in Schulen und schulnahen Einrichtungen v. 20.04.2010
* [http://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2010/Handreichung-zu-sexuellen-Missbrauchsfaellen-Gewalthandlungen.pdf Handlungsempfehlungen] der Kultusministerkonferenz zur Vorbeugung und Aufarbeitung von sexuellen Missbrauchsfällen und Gewalthandlungen in Schulen und schulnahen Einrichtungen v. 20.04.2010
* Sack, Fritz (2006): [http://www.fritz-sack.com/ThesenArgumente.htm Einige Thesen und Argumente zur gegenwärtigen Kriminalpolitik]
* K.U.R.S. Niedersachsen - [http://www.mj.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=3745&article_id=10272&_psmand=13 Pressemitteilung] des Nds. Justizministeriums vom 21.11.2007).
* Sack, Fritz (2006): [http://www.fritz-sack.com/ThesenArgumente.htm Einige Thesen und Argumente zur gegenwärtigen Kriminalpolitik
* [http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/SexuellerMissbrauch.shtml Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen]
* [http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIEENTWICKLUNG/SexuellerMissbrauch.shtml Sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen]
* Informationsangebot der [http://www.polizei-beratung.de/rat_hilfe/opferinfo/sexueller_missbrauch_von_kindern/ Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes]
* Informationsangebot der [http://www.polizei-beratung.de/rat_hilfe/opferinfo/sexueller_missbrauch_von_kindern/ Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes]
* [http://www.psychologie.uni-freiburg.de/Members/wetzel/lehre/SexuellerMissbrauch/download Katalog der Risiko- und Schutzfaktoren bei Kindesmisshandlung und -missbrauch]
* [http://www.psychologie.uni-freiburg.de/Members/wetzel/lehre/SexuellerMissbrauch/download Katalog der Risiko- und Schutzfaktoren bei Kindesmisshandlung und -missbrauch]
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