Polizeiliche Kriminalstatistik: Unterschied zwischen den Versionen

Zeile 46: Zeile 46:
Das Zahlenmaterial der PKS unterliegt vorangegangenen Filterprozessen und kann deshalb nicht mit der Kriminalitätswirklichkeit korrespondieren. Der erste Filter-prozess ergibt sich bereits daraus, dass ein Teil der Kriminalität unentdeckt bleibt.  
Das Zahlenmaterial der PKS unterliegt vorangegangenen Filterprozessen und kann deshalb nicht mit der Kriminalitätswirklichkeit korrespondieren. Der erste Filter-prozess ergibt sich bereits daraus, dass ein Teil der Kriminalität unentdeckt bleibt.  


Ein Teil der wiederum entdeckten Kriminalität wird gar nicht oder bei anderen Behörden zur Anzeige gebracht. Der bei der Polizei registrierte Teil unterliegt dann vorgegebenen Erfassungsmodalitäten wie bsp. der strafrechtlichen Konkurrenzlehre. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die polizeiliche Selektionspraxis. Da die Polizei primär im öffentlichen Raum tätig ist, führt dies zwangsläufig zu vermehrten Registrierungen von Straßenkriminalität (vgl. Lüchow-Dannenberg-Syndrom) und zur Vernachlässigung anderer Kriminalitätsarten, z.B.  Wirtschaftskriminalität. Außerdem ist die PKS für die Polizei ein Nachweis für Arbeitsquantität und –qualität, so dass aus ihrem Bewertungsspielraum (20 aufeinander folgend abgetretene Pkw-Rückspiegel können eine Tat oder 20 Einzelfälle sein) eine Erhöhung der Aufklärungsquote resultieren wird.
Ein Teil der wiederum entdeckten Kriminalität wird gar nicht oder bei anderen Behörden zur Anzeige gebracht. Der bei der Polizei registrierte Teil unterliegt dann vorgegebenen Erfassungsmodalitäten wie beispielsweise der strafrechtlichen Konkurrenzlehre. Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die polizeiliche Selektionspraxis. Da die Polizei primär im öffentlichen Raum tätig ist, führt dies zwangsläufig zu vermehrten Registrierungen von Straßenkriminalität (vgl. Lüchow-Dannenberg-Syndrom) und zur Vernachlässigung anderer Kriminalitätsarten, z.B.  Wirtschaftskriminalität. Außerdem ist die PKS für die Polizei ein Nachweis für Arbeitsquantität und –qualität, so dass aus ihrem Bewertungsspielraum (20 aufeinander folgend abgetretene Pkw-Rückspiegel können eine Tat oder 20 Einzelfälle sein) eine Erhöhung der Aufklärungsquote resultieren wird.


Weitere Verzerrungen können sich aus demographischen Aspekten ergeben. Die Anzahl der ausländischen TV an der Gesamtzahl muss relativiert werden, da Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz und Asylrecht ausschließlich von Ausländern begangen werden können. Auch kann vermutet werden, dass ein Teil der TV in der BRD nicht registriert ist und sich daraus ungenaue Kriminalitätsquotienten ergeben.
Weitere Verzerrungen können sich aus demographischen Aspekten ergeben. Die Anzahl der ausländischen TV an der Gesamtzahl muss relativiert werden, da bestimmte Straftaten nach dem Aufenthaltsgesetz und Asylrecht ausschließlich von Ausländern begangen werden können. Auch kann vermutet werden, dass ein Teil der TV in der BRD nicht registriert ist und sich daraus ungenaue Kriminalitätsquotienten ergeben.


Die PKS enthält keine Angaben über nachgewiesene Täterschaften. Zahlen belegen, dass es in weit weniger als der Hälfte der registrierten Fälle überhaupt, aus Mangel an Beweisen o. ä. Gründen, zu einer Anklage der Staatsanwaltschaft kommt. In noch weniger Fällen kommt es zu einer Verurteilung vor Gericht.  
Die PKS enthält keine Angaben über nachgewiesene Täterschaften. Zahlen belegen, dass es in weit weniger als der Hälfte der registrierten Fälle überhaupt, aus Mangel an Beweisen o. ä. Gründen, zu einer Anklage der Staatsanwaltschaft kommt. In noch weniger Fällen kommt es zu einer Verurteilung vor Gericht.  
Eine Relativierung der Datenaktualität kann, gerade bei langwierigen Verfahren, sich aus dem Erfassungszeitpunkt ergeben.  
Eine Relativierung der Datenaktualität kann sich, gerade bei langwierigen Verfahren, aus dem Erfassungszeitpunkt ergeben.  


Die PKS bildet insgesamt somit nur das sog. [[Hellfeld]] der durch die Polizei selektierten Delikte ab. [[Dunkelfeldforschungen]] ergaben, dass (Variationen zwischen den einzelnen Deliktgruppen vorbehalten) die nicht registrierte Kriminalität – als Faustformel – für die Gesamtheit aller Straftaten als zwei Mal höher angenommen werden kann.(vgl. Kerner) Demnach kann man von der PKS als ein Indiz für die Kriminalitätswirklichkeit sprechen.  
Die PKS bildet insgesamt somit nur das sog. [[Hellfeld]] der durch die Polizei selektierten Delikte ab. [[Dunkelfeldforschungen]] ergaben, dass (Variationen zwischen den einzelnen Deliktgruppen vorbehalten) die nicht registrierte Kriminalität – als Faustformel – für die Gesamtheit aller Straftaten als zwei Mal höher angenommen werden kann.(vgl. Kerner) Demnach kann man von der PKS als ein Indiz für die Kriminalitätswirklichkeit sprechen.  


=== PKS als Vergleichsstatistik ===
=== PKS als Vergleichsstatistik ===
Die Zahlen der PKS lassen sich durch einen Längsschnitt vergleichen und lassen damit Rückschlüsse auf Entwicklungen von Kriminalität, Täter- und Opferstrukturen etc. zu. Insbesondere bei Delikten, für die ein vergleichsweise kleines Dunkelfeld angenommen werden kann (Straftaten, die persönliche Schutzgüter erheblich verletzen, das soziale Miteinander stören oder sich gegen die Staatsgewalt richten), lassen sich Tendenzen erkennen.  
Die Zahlen der PKS lassen sich durch eine Längsschnittuntersuchung vergleichen und damit Rückschlüsse auf Entwicklungen von Kriminalität, Täter- und Opferstrukturen etc. zu. Insbesondere bei Delikten, für die ein vergleichsweise kleines Dunkelfeld angenommen werden kann (Straftaten, die persönliche Schutzgüter erheblich verletzen, das soziale Miteinander stören oder sich gegen die Staatsgewalt richten), lassen sich Tendenzen erkennen.  


Die Vergleichsmöglichkeiten können jedoch durch Gesetzesänderungen, bei Schaffung neuer Straftatbestände(z.B. als zum 01.01.1975 der Versuch der Gefährliche Körperverletzung unter Strafe gestellt wurde und daraufhin die Zahlen sprunghaft stiegen) oder deren Abschaffung (Legalisierung der Prostitution), eingeschränkt werden. Außerdem können Änderungen der Erfassungsmodalitäten die Vergleichbarkeit einschränken.  
Die Vergleichsmöglichkeiten können jedoch durch Gesetzesänderungen, bei Schaffung neuer Straftatbestände(z.B. als zum 01.01.1975 der Versuch der Gefährliche Körperverletzung unter Strafe gestellt wurde und daraufhin die Zahlen sprunghaft stiegen) oder deren Abschaffung (Legalisierung der Prostitution) eingeschränkt werden. Außerdem können Änderungen der Erfassungsmodalitäten die Vergleichbarkeit reduzieren.  


Ein Vergleich mit anderen Kriminalstatistiken ist grundsätzlich schwierig, da die Erfassungszeiträume nicht übereinstimmen und die Erfassungsgrundsätze, sowie die Sachverhaltsbewertungen divergieren.
Ein Vergleich mit anderen Kriminalstatistiken ist grundsätzlich schwierig, da die Erfassungszeiträume nicht übereinstimmen und die Erfassungsgrundsätze, sowie die Sachverhaltsbewertungen divergieren.
20

Bearbeitungen