Definition und Rechtsfolgen

Definition

Gemäß § 1 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) ist eine Ordnungswidrigkeit eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zulässt.

Der weitaus größte Teil aller Ordnungswidrigkeiten wird im Bereich des Verkehrsrechtes begangen.


Rechtsfolgen

Geldbuße

Als Rechtsfolge sieht das Gesetz in § 1 Abs. 1 OWiG grundsätzlich eine Geldbuße vor. Die Höhe der möglichen Geldbuße bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesetz, dessen Tatbestand verwirklicht wurde, mindestens aber fünf Euro, § 17 Abs. 1 OWiG. Sieht der verwirklichte Tatbestand keine Obergrenze vor, so beträgt diese höchstens eintausend Euro.

Besonderheiten gelten für fahrlässig begangene Ordnungswidrigkeiten. Für diese gilt nach § 17 Abs. 2 OWiG, dass bei fehlender Differenzierung in der Höchstmaß für das fahrlässige Handeln nur maximal die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages verhängt werden kann.

Verwarnung

Für Fälle geringfügige Ordnungswidrigkeiten sieht § 56 OWiG die Möglichkeit der Verwarnung vor. Zusätzlich zur Verwarnung kann ein Verwarnungsgeld von fünf bis fünfunddreißig Euro erhoben werden.

Einziehung

Als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit kann zusätzlich die Einziehung von Gegenständen nach §§ 22 ff. OWiG in Betracht kommen. Dies kommt aber nur dann in Betracht, wenn es im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist.

Verfall

Gemäß § 29a OWiG besteht die Möglichkeit den Verfall eines Geldbetrages anzuordnen für den Fall, dass eine Geldbuße nicht festgesetzt wird.


Geschichte des OWiG

Gesetzgeberische Intention

Die Bestrebungnen, nicht strafwürdige Zuwiderhandlungen, die früher entweder dem Polizeirecht oder dem Verwaltungsrecht zugeordnet waren, lassen sich über Jahrhunderte zurückverfolgen. Als eigenständiger Rechtszweig hat sich das OWiG in Deutschland allerdings erst nach 1945 entwickelt. Gesetzgeberische Intention war es, den Kreis strafrechtlicher Tatbestände bei geringem Unrechtsgehalt einzuengen, um das Strafrecht auf die wirklich der Strafe würdigen und bedürftigen Fälle zu beschränken.


Entwicklung des OWiG

Das Reichsstrafgesetzbuch von 1871

Im Reichsstrafgesetzbuch vom 15. Mai 1871 war neben Verbrechen und Vergehen als dritte Stufe die so genannte "Übertretung" geschaffen worden. Erfasst werden sollte damit eine rechtswidrige und schuldhafte Verhaltensweise, deren Unrechtsgehalt gering war und deren Unrechtsqualität vor allem in der Zuwiderhandlung gegen behördliche Anordnungen bestand. Auf prozessualer Ebene bestand die Möglichkeit einer vereinfachten Behandlung, insbesondere die vorgerichtliche Ahndung durch Verwaltungsbehörden. Die Sanktion erfolgte in Form einer echten Kriminalstrafe, die jedoch zumeist nur sehr gering ausfiel.

Das Wirtschaftsstrafgesetz von 1949

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Wirtschaftsdelikte sprunghaft angestiegen. Dies führte zu einer enormen Ausdehnung des Nebenstrafrechts insbesondere im Bereich des Wirtschaftsstrafrechts. Daraus entstand die Gefahr, dass jeder Mitbürger wegen einer verhältnismäßig harmlosen und sachlich verständlichen Verfehlung gegen Bewirtschaftungsvorschriften mit einer Kriminalstrafe belegt wird, da ein völliges Absehen von Sanktionen ausgeschlossen schien. Um dies zu verhindern und zusätzlich eine einfachere Verfahrensregelung zu schaffen, wurden die Verwaltungsbehörden ermächtigt, in geringfügigen Fällen, eine Ordnungsstrafe festzusetzen. Erstmalig im "Gesetz zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts" vom 26. Juli 1949 wurde somit eine Trennung von Strafrecht im engeren Sinn und Ordnungswidrigkeitenrecht durchgeführt.

Das Ordnungswidrigkeitengesetz von 1952

Am 25. März 1952 wurde das "Gesetz über Ordnungswidrigkeiten" erlassen. Es sollte ganz allgemein als materiell- und verfahrensrechtliches Rahmengesetz für Ordnungswidrigkeiten auf allen Sachgebieten gelten. Als Vorbild dienten die Regelungen aus dem WiStGB von 1949. Mit diesem Gesetz wurde auch die formelle Abgrenzung der Ordnungswidrigkeit von der Straftat anhand der Geldbußandrohung eingeführt.

Das Ordnungswidrigkeitengesetz von 1968

Im Zuge der Strafechtsreform und im Zusammenhang mit der Entkriminalisierung des Verkehrsstrafrechts wurde am 24. Mai 1968 das OWiG von 1952 durch ein neues "Gesetz über Ordnungswidrigkeiten" ersetzt. Neue Regelungen betrafen insbesondere das Verfahrensrecht, welches einfacher und praxisorientierter gestaltet wurde.

Das zweite Strafreformgesetz von 1969 und das EGSTGB von 1974

Durch das "Zweite Gesetz zur Reform des Stafrechts" vom 4. Juli 1969 wurde die Deliktsform "Übertretung" abgeschafft. Die zahlreichen Übertretungstatbestände wurden entweder zu Ordnungswidrigkeiten umgewidmet, zu Vergehen aufgewertet oder ersatzlos gestrichen. Mit dem "Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch" vom 2. März 1972, durch das weitere Tatbestände des STGB in Ordnungswidrigkeiten umgewandelt wurden, hat sich das Ordnungswidrigkeitenrecht endgültig zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt.


Gesetzliche Grundlagen

OWiG

Welche Handlungen ordnungswidrig sind, ergibt sich nur teilweise aus dem OWiG. Jedoch regelt das OWiG die Grundzüge des Ordnungswidrigkeitengesetzes, also diejenigen Regelungen, die für alle Ordnungswidrigkeiten gelten.


andere gesetzliche Regelungen, insb. StVG

Die meisten der Ordnungswidrigkeiten befinden sich nicht im OWiG selbst, sondern in anderen gesetzlichen Regelungen. Die weitaus bedeutenste Gruppe von Ordnungswidrigkeiten ergibt sich aus der Straßenverkehrsordnung. Ordnungswidrigkeiten finden sich aber z. B. auch in § 22 UmweltHG, § 111a UrhG oder § 145 MarkenG.


Aufbau des OWiG

Das OWiG lässt sich in drei große Teile gliedern: Erster Teil: Allgemeine Vorschriften, §§ 1 - 34 Zweiter Teil: Bußgeldverfahren, §§ 35 - 110 Dritter Teil: Einzelne Ordnungswidrigkeiten, §§ 111 - 131

Jeder dieser Teile enthält wiederum einzelne Abschnitte, durch die eine weitere Untergliederung der Vorschriften erfolgt.

Der am Anfang stehende "Allgemeine Teil" des OWiG enthält Vorschriften, die quasi vor die Klammer gezogen für jeden einzelnen Ordnungswidrigkeitentatbestand gelten. Dies gilt sowohl für die Ordnungswidrigkeiten des OWiG als auch für diejenigen, die in anderen Gesetzen geregelt sind. Inhaltlich befasst sich dieser Allgemeine Teil mit den allgemeinen Regeln der Ahndungsvoraussetzungen wie z. B. Tatbestand, Rechtfertigung, Versuch und Beteiligung.

Der zweite Teil regelt in chronologischer Weise das Verfahrensrecht. Er untergliedert sich wiederum in das Erkenntnisverfahren und das Vollstreckungsverfahren. Im Erkenntnisverfahren wird festgestellt, ob eine Ordnungswidrigkeit begangen wurde. Das anschließende Vollstreckungsverfahren dient der Durchsetzung der getroffenen Entscheidung.

Im dritten Teil sind einige Tatbestände normiert. Im Vergleich zur Gesamtheit stellt dieser jedoch nur einen sehr kleinen Auszug aller Ordnungswidrigkeitentatbestände dar. Die Mehrheit aller Ordnungswidrigkeitentatbestände ist über eine Vielzahl von Nebengesetzen verstreut. Die im OWiG geregelten Tatbestände verdanken ihre Platzierung dem Umstand, dass sie sich keinem spezialgesetzich geregelten Bereich schwerpunktmäßig zuordnen lassen.


Verhältnis Strafe und Ordnungswidrigkeit § 21 OWiG

Das Ordnungswidrigkeitenrecht gehört rechtssystematisch zum Strafrecht. Bei den Ordnungswidrigkeiten liegt ein Fehlverhalten vor, dem im Gegensatz zum Strafrecht der ethische Unwert fehlt. Dennoch sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch diese Verhaltensweisen nicht folgenlos bleiben und daher mit einer Geldbuße sanktioniert werden.


Um zu verhindern, dass eine Person sowohl nach dem Strafgesetzbuch als auch nach dem OWiG sanktioniert wird, regelt § 21 OWiG den Fall, dass eine Handlung sowohl einen Straftatbestand als auch einen Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt.

Nach Absatz 1 von § 21 OWiG wird dann nur das Strafrecht angewandt. Dieser Vorrang des Strafrechts gilt nach Absatz 2 aber nur, wenn tatsächlich eine Strafe verhängt wird. Geschieht dies nicht, dann kann die Handlung doch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.


Literatur