Ordnungswidrigkeit: Unterschied zwischen den Versionen

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==== Das zweite Strafreformgesetz von 1969 und das EGStGB von 1974 ====
==== Das zweite Strafreformgesetz von 1969 und das EGStGB von 1974 ====
Durch das "Zweite Gesetz zur Reform des Stafrechts" vom 4. Juli 1969 wurde die Deliktsform "Übertretung" abgeschafft. Die zahlreichen Übertretungstatbestände wurden entweder zu Ordnungswidrigkeiten umgewidmet, zu Vergehen aufgewertet oder ersatzlos gestrichen. Mit dem "Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch" vom 2. März 1972, durch das weitere Tatbestände des StGB in Ordnungswidrigkeiten umgewandelt wurden, hat sich das Ordnungswidrigkeitenrecht endgültig zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt.
Durch das "Zweite Gesetz zur Reform des Stafrechts" vom 4. Juli 1969 wurde die Deliktsform "Übertretung" abgeschafft. Die zahlreichen Übertretungstatbestände wurden entweder zu Ordnungswidrigkeiten umgewidmet, zu Vergehen aufgewertet oder ersatzlos gestrichen. Mit dem "Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch" vom 2. März 1972, durch das weitere Tatbestände des StGB in Ordnungswidrigkeiten umgewandelt wurden, hat sich das Ordnungswidrigkeitenrecht endgültig zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt.


== Gesetzliche Grundlagen ==
== Gesetzliche Grundlagen ==
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Im dritten Teil sind einige Tatbestände normiert. Im Vergleich zur Gesamtheit stellen diese jedoch nur einen sehr kleinen Auszug aller Ordnungswidrigkeitentatbestände dar.
Im dritten Teil sind einige Tatbestände normiert. Im Vergleich zur Gesamtheit stellen diese jedoch nur einen sehr kleinen Auszug aller Ordnungswidrigkeitentatbestände dar.
Die Mehrheit aller Ordnungswidrigkeitentatbestände ist über eine Vielzahl von Nebengesetzen verstreut.
Die Mehrheit aller Ordnungswidrigkeitentatbestände ist über eine Vielzahl von Nebengesetzen verstreut.
Die im OWiG geregelten Tatbestände verdanken ihre Platzierung dem Umstand, dass sie sich keinem spezialgesetzich geregelten Bereich schwerpunktmäßig zuordnen lassen.
Die im OWiG geregelten Tatbestände verdanken ihre Platzierung dem Umstand, dass sie sich keinem spezialgesetzlich geregelten Bereich schwerpunktmäßig zuordnen lassen.
 
 


== Rechtsfolgen ==
== Rechtsfolgen ==
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==== Verfall ====
==== Verfall ====
Gemäß § 29a OWiG besteht die Möglichkeit den Verfall eines Geldbetrages anzuordnen für den Fall, dass eine Geldbuße nicht festgesetzt wird.
Gemäß § 29a OWiG besteht die Möglichkeit, den Verfall eines Geldbetrages anzuordnen und zwar für den Fall, dass eine Geldbuße nicht festgesetzt wird.
 




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Die Frage, ob seine Handlung den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit oder den einer Straftat erfüllt, spielt für den Handelnden ein wichtige Rolle. Bei Ordnungswidrigkeiten sind die Sanktionen des Strafrechts ausgeschlossen. Auch das Verfahren richtet sich im Falle einer Ordnungswidrigkeit nach dem OWiG und nicht nach der StPO.
Die Frage, ob seine Handlung den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit oder den einer Straftat erfüllt, spielt für den Handelnden ein wichtige Rolle. Bei Ordnungswidrigkeiten sind die Sanktionen des Strafrechts ausgeschlossen. Auch das Verfahren richtet sich im Falle einer Ordnungswidrigkeit nach dem OWiG und nicht nach der StPO.


Die Abgrenzung von Stratat und Ordnungswidrigkeit lässt sich am einfachsten anhand eines formalen Merkmales fest machen, nämlich der Sanktionsart.
Die Abgrenzung von Straftat und Ordnungswidrigkeit lässt sich am einfachsten anhand eines formalen Merkmales fest machen, nämlich der Sanktionsart.
Die Straftat sanktioniert menschliches Verhalten mit einer '''Kriminalstrafe''', wenn die entsprechenden Voraussetzungen eines Straftatbestandes erfüllt sind.
Die Straftat sanktioniert menschliches Verhalten mit einer '''Kriminalstrafe''', wenn die entsprechenden Voraussetzungen eines Straftatbestandes erfüllt sind.
Auch die Ordnungswidrigkeit reagiert auf normverletztendes menschliches Verhalten, zieht jedoch keine Kriminalstrafe nach sich, sondern eine '''Geldbuße'''. Da es Geldbußen nur bei Ordnungswidrigkeiten gibt, ist somit ein eindeutiges Abgrenzungskriterium vorhanden.
Auch die Ordnungswidrigkeit reagiert auf normverletztendes menschliches Verhalten, zieht jedoch keine Kriminalstrafe nach sich, sondern eine '''Geldbuße'''. Da es Geldbußen nur bei Ordnungswidrigkeiten gibt, ist somit ein eindeutiges Abgrenzungskriterium vorhanden.


Als weiteres Abgrenzungsmerkmal kann die Formulierung der Tatbeständes des Ordnungswidrigkeitenrechts herangezogen werden. Diese beginnen zumeist mit folgenden Worten: "Ordnungswidrig handelt, wer ..." oder "Mit Geldbuße kann belegt werden, wer ...".
Als weiteres Abgrenzungsmerkmal kann die Formulierung der Tatbestände des Ordnungswidrigkeitenrechts herangezogen werden. Diese beginnen zumeist mit folgenden Worten: "Ordnungswidrig handelt, wer ..." oder "Mit Geldbuße kann belegt werden, wer ...".




=== Ordnungswidrigkeit oder Straftat - kriminalpolitische Aspekte===
=== Ordnungswidrigkeit oder Straftat - kriminalpolitische Aspekte===
Die Unterscheidung zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit spielt für den Gesetzgeber und die Kriminalpolitik immer dann eine wichtige Rolle, wenn ein bisher nicht sanktioniertes/bußgeldbewehrtes Verhalten gesetzlich erfasst werden soll und die Entscheidung getroffen werden muss, ob es als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet werden soll.
Die Unterscheidung zwischen Straftat und Ordnungswidrigkeit spielt für den Gesetzgeber und die Kriminalpolitik immer dann eine wichtige Rolle, wenn ein bisher nicht sanktioniertes/bußgeldbewehrtes Verhalten gesetzlich erfasst werden soll und die Entscheidung getroffen werden muss, ob es als Straftat oder als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet werden soll.
Um hier eine Entscheidung treffen zu können, muss es bestimmte Kriterien geben aus denen sich ein Maßstab bilden lässt anhand dessen die Beurteilung erfolgen kann.
Um hier zu einer Entscheidung zu gelangen, muss es bestimmte Kriterien geben, aus denen sich ein Maßstab bilden lässt anhand dessen die Beurteilung erfolgen kann.


Diese Kriterien werden teilweise auf qualitativer Ebene, teilweise auf quantiativer Ebene angesiedelt.
Diese Kriterien werden teilweise auf qualitativer Ebene, teilweise auf quantitativer Ebene angesiedelt.
Nach der qualitative Differenzen betonenden Auffassung ist die Ordnungswidrigkeit im Verhältnis zur Straftat ein "aliud". Die Straftat nimmt Bezug auf eine Rechtsgutsverletzung wohingegen die Ordnungswidrigkeit bloßes "Verwaltungsunrecht" oder "Ungehorsam" betrifft; eine Sozialschädlichkeit liegt bei ihr nicht vor.
Nach der die qualitativen Differenzen betonenden Auffassung ist die Ordnungswidrigkeit im Verhältnis zur Straftat ein '''"aliud"'''. Die Straftat nimmt Bezug auf eine Rechtsgutsverletzung wohingegen die Ordnungswidrigkeit bloßes "Verwaltungsunrecht" oder "Ungehorsam" betrifft; eine Sozialschädlichkeit liegt bei ihr nicht vor.
Für Vertreter des quantitativen Ansatzes steht die Ordnungswidrigkeit zur Straftat in einem plus-minus-Verhältnis; die Ordnungswidrigkeit als die leichtere Deliktsart mit geringerem Unrechts- und Schuldgehalt.
Für Vertreter des quantitativen Ansatzes steht die Ordnungswidrigkeit zur Straftat in einem '''plus-minus-Verhältnis'''; die Ordnungswidrigkeit als die leichtere Deliktsart mit geringerem Unrechts- und Schuldgehalt.


Während in der Anfangszeit der Geltung des OWiG die qualitative Betrachtungsweise durchaus eine gewisse Berechtigung hatte, so wird sie heute als alleiniger Maßstab für die Entscheidung abgelehnt.
Während in der Anfangszeit der Geltung des OWiG die qualitative Betrachtungsweise durchaus eine gewisse Berechtigung hatte, so wird sie heute als alleiniger Maßstab für die Entscheidung abgelehnt.
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Umgekehrt wird die Strafgewalt verfassungsrechtich durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Strafe nur dort verhängt werden darf, wo diese geeignet, erforderlich und angemessen ist.
Umgekehrt wird die Strafgewalt verfassungsrechtich durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Strafe nur dort verhängt werden darf, wo diese geeignet, erforderlich und angemessen ist.


Im Übrigen verbleibt dem Gesetzgeber immer ein gewisser Ermessensspielraum, innerhalb dessen es seine Entscheidung treffen kann.
Im Übrigen verbleibt dem Gesetzgeber immer ein gewisser Ermessensspielraum, innerhalb dessen er seine Entscheidung zu treffen hat.
 




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Dennoch sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch diese Verhaltensweisen nicht folgenlos bleiben und daher mit einer Geldbuße sanktioniert werden.
Dennoch sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch diese Verhaltensweisen nicht folgenlos bleiben und daher mit einer Geldbuße sanktioniert werden.


Um zu verhindern, dass eine Person wegen einer Handlung sowohl nach dem Strafgesetzbuch als auch nach dem OWiG sanktioniert wird (vorausgesetzt beide Tatbestände sind erfüllt), regelt § 21 OWiG den Fall, dass eine Handlung sowohl einen Straftatbestand als auch einen Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt.
Nach Absatz 1 des § 21 OWiG wird dann nur das Strafrecht angewandt. Dieser Vorrang des Strafrechts gilt nach Absatz 2 aber nur, wenn tatsächlich eine Strafe verhängt wird. Geschieht dies nicht, dann kann die Handlung doch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.


Um zu verhindern, dass eine Person sowohl nach dem Strafgesetzbuch als auch nach dem OWiG sanktioniert wird, regelt § 21 OWiG den Fall, dass eine Handlung sowohl einen Straftatbestand als auch einen Ordnungswidrigkeitentatbestand erfüllt.
Nach Absatz 1 von § 21 OWiG wird dann nur das Strafrecht angewandt. Dieser Vorrang des Strafrechts gilt nach Absatz 2 aber nur, wenn tatsächlich eine Strafe verhängt wird. Geschieht dies nicht, dann kann die Handlung doch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.


== Ordnungswidrigkeiten in der Praxis - einige Zahlen ==




== Literatur ==
== Literatur ==
Mitsch, Wolfgang: Recht der Ordnungswidrigkeiten, 2. Auflage, 2005.
*Mitsch, Wolfgang: Recht der Ordnungswidrigkeiten, 2. Auflage, 2005.
Joachim Bohnert: Ordnungswidrigkeitenrecht, 2. Auflage 2004.
 
Erich Göhler: Ordnungswidrigkeitengesetz, 14. Auflage, 2006.
*Joachim Bohnert: Ordnungswidrigkeitenrecht, 2. Auflage 2004
Lothar Senge: Karlsruher Kommentar Ordnungswidrigkeitengesetz, 3. Auflage, 2006.
 
*Erich Göhler: Ordnungswidrigkeitengesetz, 14. Auflage, 2006.
 
*Lothar Senge: Karlsruher Kommentar Ordnungswidrigkeitengesetz, 3. Auflage, 2006.
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