Operative Fallanalyse: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff der „Operativen Fallanalyse“ dagegen spiegelt eher den Arbeitsprozess wider. Denn bei einer Fallanalyse wird im wahrsten Sinne des Wortes der zugrunde liegende Kriminalfall in seine einzelnen Bestandteile zergliedert und dann einer bestimmten methodischen bzw. systematischen Untersuchung unterzogen.
Der Begriff der „Operativen Fallanalyse“ dagegen spiegelt eher den Arbeitsprozess wider. Denn bei einer Fallanalyse wird im wahrsten Sinne des Wortes der zugrunde liegende Kriminalfall in seine einzelnen Bestandteile zergliedert und dann einer bestimmten methodischen bzw. systematischen Untersuchung unterzogen.
Im Gegensatz zu einer strategischen Auswertung ist die „Operative Fallanalyse“ aber unter kriminalistischen Gesichtspunkten auf den Einzelfall bezogen und entwickelt keine Allgemeingültigkeit (s.a. Definitionen).
Im Gegensatz zu einer strategischen Auswertung ist die „Operative Fallanalyse“ aber unter kriminalistischen Gesichtspunkten auf den Einzelfall bezogen und entwickelt keine Allgemeingültigkeit (s.a. Definitionen).


==Definitionen==
==Definitionen==
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„Täterprofilerstellung ist ein Verfahren, bei dem ein unbekannter Täter hinsichtlich seiner Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale so beschrieben wird, dass er von anderen Personen signifikant zu unterscheiden ist. Das Täterprofil ist eine fallanalytisch hergeleitete Tätertyp-Hypothese. Sie umreißt die Kategorie Mensch, die als Akteur für die Handlungen, die im Rahmen des Tatgeschehens gesetzt wurden, in Frage kommt.“ [Dern, S. 538]
„Täterprofilerstellung ist ein Verfahren, bei dem ein unbekannter Täter hinsichtlich seiner Persönlichkeits- und Verhaltensmerkmale so beschrieben wird, dass er von anderen Personen signifikant zu unterscheiden ist. Das Täterprofil ist eine fallanalytisch hergeleitete Tätertyp-Hypothese. Sie umreißt die Kategorie Mensch, die als Akteur für die Handlungen, die im Rahmen des Tatgeschehens gesetzt wurden, in Frage kommt.“ [Dern, S. 538]


==Verwendung des Begriffs in der Vergangenheit / Historie==
==Verwendung des Begriffs in der Vergangenheit / Historie==
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Erste Erfahrungen mit dem US-amerikanischen Modell des Profilings wurden in Deutschland seit den 1980er Jahren im BKA gesammelt. <br>
Erste Erfahrungen mit dem US-amerikanischen Modell des Profilings wurden in Deutschland seit den 1980er Jahren im BKA gesammelt. <br>
Am 05.02.1998 wurde dann offiziell beim BKA die OFA, so wie sie heute auch in jedem Bundesland existiert, gegründet und seit dem 07.06.2000 befindet sich <nowiki>ViCLAS</nowiki> im bundesweiten Wirkbetrieb.
Am 05.02.1998 wurde dann offiziell beim BKA die OFA, so wie sie heute auch in jedem Bundesland existiert, gegründet und seit dem 07.06.2000 befindet sich <nowiki>ViCLAS</nowiki> im bundesweiten Wirkbetrieb.


==Zusammenhänge mit anderen Begriffen==
==Zusammenhänge mit anderen Begriffen==
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Mit der Aufstellung von Versionen wurden auf diese Weise Wahrscheinlichkeitsaussagen insbesondere zur Tatbegehung und Täterpersönlichkeit getroffen [Hoffmann / Musolff  2000, S. 50].
Mit der Aufstellung von Versionen wurden auf diese Weise Wahrscheinlichkeitsaussagen insbesondere zur Tatbegehung und Täterpersönlichkeit getroffen [Hoffmann / Musolff  2000, S. 50].


==Zusammenhänge in der materiellen Realität==
==Zusammenhänge in der materiellen Realität==
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Die „Operative Fallanalyse“ versteht sich zudem als multidisziplinärer Arbeitsbereich, deshalb spielen gerade Disziplinen wie Medizin (Rechtsmedizin), Biologie (DNA, Bodenanalysen, Insektenkunde) oder die Psychologie eine bedeutende Rolle. Wenn es erforderlich ist, werden Experten aus diesen Bereichen an der Fallanalyse beteiligt.<br>
Die „Operative Fallanalyse“ versteht sich zudem als multidisziplinärer Arbeitsbereich, deshalb spielen gerade Disziplinen wie Medizin (Rechtsmedizin), Biologie (DNA, Bodenanalysen, Insektenkunde) oder die Psychologie eine bedeutende Rolle. Wenn es erforderlich ist, werden Experten aus diesen Bereichen an der Fallanalyse beteiligt.<br>
„Grundsätzlich ist die Durchführung einer Fallanalyse, also die Rekonstruktion des Einzelfalles auf Vortatphase, eigentliche Tatphase und Nachtatphase sowie die Analyse von Täter- und Opferverhalten anhand objektiver Befunde klassische kriminalistisch-kriminologische Arbeit und fällt somit in die Fachkompetenz erfahrener Kriminalbeamte/innen.“ [Danner, S. 129]
„Grundsätzlich ist die Durchführung einer Fallanalyse, also die Rekonstruktion des Einzelfalles auf Vortatphase, eigentliche Tatphase und Nachtatphase sowie die Analyse von Täter- und Opferverhalten anhand objektiver Befunde klassische kriminalistisch-kriminologische Arbeit und fällt somit in die Fachkompetenz erfahrener Kriminalbeamte/innen.“ [Danner, S. 129]


==Kriminologische Relevanz==
==Kriminologische Relevanz==
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Da diese beiden Erklärungsansätze auf den ersten Blick gegensätzlich erscheinen, ist es von Bedeutung, dass der Rational Choice Ansatz nicht so zu verstehen ist, dass sich der Täter vor Begehung einer Straftat zwingend mit den zu erwartenden Folgen, seien es beispielsweise eine mögliche Bestrafung oder Langzeitwirkungen von Drogen, auseinandersetzt. Vielmehr geht der Rational Choice Ansatz davon aus, dass ein Täter vor Begehung einer Straftat erst einmal nachdenkt, wenn auch nur für einen Moment. Allerdings muss man in diesem Fall auch von der Perspektive des Täters ausgehen und darf nicht seine eigenen Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten zugrunde legen. Entscheidungskriterien dürften sich somit eher aus der Situation heraus ergeben, in der der Täter sich zum Zeitpunkt des Tatentschluss befindet. (15)
Da diese beiden Erklärungsansätze auf den ersten Blick gegensätzlich erscheinen, ist es von Bedeutung, dass der Rational Choice Ansatz nicht so zu verstehen ist, dass sich der Täter vor Begehung einer Straftat zwingend mit den zu erwartenden Folgen, seien es beispielsweise eine mögliche Bestrafung oder Langzeitwirkungen von Drogen, auseinandersetzt. Vielmehr geht der Rational Choice Ansatz davon aus, dass ein Täter vor Begehung einer Straftat erst einmal nachdenkt, wenn auch nur für einen Moment. Allerdings muss man in diesem Fall auch von der Perspektive des Täters ausgehen und darf nicht seine eigenen Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten zugrunde legen. Entscheidungskriterien dürften sich somit eher aus der Situation heraus ergeben, in der der Täter sich zum Zeitpunkt des Tatentschluss befindet. (15)


==verwendete Literatur==
==verwendete Literatur==
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*(14) Da sich bei ungeklärten Taten auch immer die Frage stellt, wo nach dem Täter zu suchen ist, also wo wohnt er und wie ist sein geografisches Verhalten in Bezug auf Wohn- und Tatort einzuschätzen, hat sich die OFA-Einheit der BKA mit dem „Geografischen Verhalten fremder Täter bei sexuellen Gewaltdelikten“ auseinandergesetzt.
*(14) Da sich bei ungeklärten Taten auch immer die Frage stellt, wo nach dem Täter zu suchen ist, also wo wohnt er und wie ist sein geografisches Verhalten in Bezug auf Wohn- und Tatort einzuschätzen, hat sich die OFA-Einheit der BKA mit dem „Geografischen Verhalten fremder Täter bei sexuellen Gewaltdelikten“ auseinandergesetzt.
*(15) Ausführlich hierzu siehe [Felson / Clarke]
*(15) Ausführlich hierzu siehe [Felson / Clarke]


==weiterführende Literaturhinweise==
==weiterführende Literaturhinweise==
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*Musolff / Hoffmann (Hrsg.): Täterprofile bei Gewaltverbrechen. [[Myth | Mythos]], Theorie und Praxis des Profilings, Springerverlag 2002 [Musolff / Hoffmann 2002]
*Musolff / Hoffmann (Hrsg.): Täterprofile bei Gewaltverbrechen. [[Myth | Mythos]], Theorie und Praxis des Profilings, Springerverlag 2002 [Musolff / Hoffmann 2002]
*Rückert, Sabine: Tatort-Analyse; DIE ZEIT 16/2004 (http://zeus.zeit.de/text/2004/16/Tatort; so am 07.05.2004)  [Rückert]
*Rückert, Sabine: Tatort-Analyse; DIE ZEIT 16/2004 (http://zeus.zeit.de/text/2004/16/Tatort; so am 07.05.2004)  [Rückert]


==Weblinks==
==Weblinks==
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