New York: Unterschied zwischen den Versionen

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Der starke '''Kriminalitätsrückgang in New York''' in den 1990er Jahren brachte die herkoemmlichen Praeventions- und Kriminalitaetstheorien in Verlegenheit. Als fest stand, dass der Rueckgang wirklich stattgefunden hatte, und zwar auf breiter Front und nicht nur bei Gewaltdelikten oder in bestimmten Teilen der Stadt, entflammte eine kriminologische Kontroverse ueber die Ursachen dieses Erfolgs. Genannt wurden: die gute wirtschaftliche Entwicklung, die hohen Gefangenenzahlen, das Abflauen der Crack-Epidemie, die Liberalisierung der Abtreibung in den 1970er Jahren - und schliesslich und endlich auch die Reorganisation und Effizienzsteigerung der New Yorker Polizei.
Der starke '''Kriminalitätsrückgang in New York''' in den 1990er Jahren brachte die herkoemmlichen Praeventions- und Kriminalitaetstheorien in Verlegenheit. Als fest stand, dass der Rueckgang wirklich stattgefunden hatte, und zwar auf breiter Front und nicht nur bei Gewaltdelikten oder in bestimmten Teilen der Stadt, entflammte eine kriminologische Kontroverse ueber die Ursachen dieses Erfolgs. Genannt wurden: die gute wirtschaftliche Entwicklung, die hohen Gefangenenzahlen, das Abflauen der Crack-Epidemie, die Liberalisierung der Abtreibung in den 1970er Jahren - und schliesslich und endlich auch die Reorganisation und Effizienzsteigerung der New Yorker Polizei.


Sozialkritische Kriminologen wie Loic Wacquant widersprachen der Ansicht der Polizei, die den "Crime Drop" auf die Verbesserung ihrer Arbeit zurueckfuehrte. Wacquant (2006: 622) erklaerte, dass "die in den 1990er Jahren in New York angewandte Polizeistrategie weder notwendig noch ausreichend ist, um die Senkung der Kriminalität in dieser Stadt zu erklären" (2006: 622). Stattdessen verwies Wacquant (2006: 623 ff.) auf folgendes Ursachenbuendel:  
Sozialkritische Kriminologen wie [[Loic Wacquant]] widersprachen der Ansicht der Polizei, die den "Crime Drop" auf die Verbesserung ihrer Arbeit zurueckfuehrte. Wacquant (2006: 622) erklaerte, dass "die in den 1990er Jahren in New York angewandte Polizeistrategie weder notwendig noch ausreichend ist, um die Senkung der Kriminalität in dieser Stadt zu erklären" (2006: 622). Stattdessen verwies Wacquant (2006: 623 ff.) auf folgendes Ursachenbuendel:  
*1 Rueckgang der Arbeitslosigkeit in der fragelichen Zeit. Dessen direkte und indirekte Folgen machten rund 30% des Crime Drop aus.
*1 Rueckgang der Arbeitslosigkeit in der fraglichen Zeit. Dessen direkte und indirekte Folgen machten rund 30% des Crime Drop aus.
*2 Rueckgang der Crackepidemie. Die Stabilisierung des Drogenmarktes und der Trend zu weicheren Drogen machten noch einmal rund 30% aus.  
*2 Rueckgang der Crackepidemie. Die Stabilisierung des Drogenmarktes und der Trend zu weicheren Drogen machten noch einmal rund 30% aus.  
*3 Demographischer Wandel im Sinne der Abnahme des Anteils junger Leute in der New Yorker Bevoelkerung erklaert "mindestens ein Zehntel des Rückgangs der Angriffe auf Personen in diesem Zeitraum." Immerhin wurden im Laufe der 1990er Jahre nahezu 100.000 Unruhestifter aus der problematischen Altersgruppe der 18-24-Jährigen ausser Gefecht gesetzt, und zwar zur Haelfte durch Einsperrung und zur anderen Haelfte durch Aids (19.000 aids-tote Heroinkonsumenten von 1987 und 1997; 14.000 toedliche Überdosierungen; 4.150 Mordopfer durch Gangsterkollegen etc. ... summa summarum ca. 43.000 im Laufe eines Jahrzehnts, also ebenso viele wie jährlich aus New York City in die Gefängnisse eingewiesen werden.
*3 Demographischer Wandel im Sinne der Abnahme des Anteils junger Leute in der New Yorker Bevoelkerung erklaert "mindestens ein Zehntel des Rückgangs der Angriffe auf Personen in diesem Zeitraum." Immerhin wurden im Laufe der 1990er Jahre nahezu 100.000 Unruhestifter aus der problematischen Altersgruppe der 18-24-Jährigen ausser Gefecht gesetzt, und zwar zur Haelfte durch Einsperrung und zur anderen Haelfte durch Aids (19.000 aids-tote Heroinkonsumenten von 1987 und 1997; 14.000 toedliche Überdosierungen; 4.150 Mordopfer durch Gangsterkollegen etc. ... summa summarum ca. 43.000 im Laufe eines Jahrzehnts, also ebenso viele wie jährlich aus New York City in die Gefängnisse eingewiesen werden.
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*6 Statistisches Gesetz der Regression zum Durchschnitt hin: es war zu erwarten, dass die ungewöhnliche Faktorenkombination, die einen außergewöhnlichen Kriminalitätsanstieg hervorbrachte, früher oder später wieder in Richtung auf den Durchschnitt zurückgehen würde. Der atypischen Phase von 1975-1990 folgte der Rückgang auf ein Niveau, auf dem die Kriminalität schon ein Vierteljahrhundert früher war.
*6 Statistisches Gesetz der Regression zum Durchschnitt hin: es war zu erwarten, dass die ungewöhnliche Faktorenkombination, die einen außergewöhnlichen Kriminalitätsanstieg hervorbrachte, früher oder später wieder in Richtung auf den Durchschnitt zurückgehen würde. Der atypischen Phase von 1975-1990 folgte der Rückgang auf ein Niveau, auf dem die Kriminalität schon ein Vierteljahrhundert früher war.


Demgegenueber war Henner Hess (2004: 110) davon ueberzeugt, "dass dem Faktor Polizeistrategie ... eine herausragende Bedeutung zukommt" (2004: 110). Im Zentrum des Erfolgs steht nach Hess die Aktivierung der Polizei durch
Demgegenueber war [[Henner Hess]] (2004: 110) davon ueberzeugt, "dass dem Faktor Polizeistrategie ... eine herausragende Bedeutung zukommt" (2004: 110). Im Zentrum des Erfolgs steht nach Hess die Aktivierung der Polizei durch
*1 die Stärkung der Revierleiter (precinct commanders)
*1 die Stärkung der Revierleiter (precinct commanders)
*2 Definition von Problembereichen (Schusswaffengebrauch, Jugendgewalt in den Schulen und auf der Straße, Drogendealer, häusliche Gewalt, Unsicherheit im öffentlichen Raum und Kfz-bezogene Kriminalität) und Aktionsplänen mit konkreten Zielen in Bezug auf die Reduktion der Kriminalitätsbelastung
*2 Definition von Problembereichen (Schusswaffengebrauch, Jugendgewalt in den Schulen und auf der Straße, Drogendealer, häusliche Gewalt, Unsicherheit im öffentlichen Raum und Kfz-bezogene Kriminalität) und Aktionsplänen mit konkreten Zielen in Bezug auf die Reduktion der Kriminalitätsbelastung