Mord (Version 2): Unterschied zwischen den Versionen

349 Bytes hinzugefügt ,  14:42, 1. Jun. 2012
Zeile 3: Zeile 3:
Was den Mord angeht, so kann man sich als Grundregel merken: nur Menschen können morden. Erdbeben und Überschwemmungen können vieltausendfach pflanzliches, tierisches und menschliches Leben vernichten, aber nicht ermorden. Katzen bringen Vögel und Mäuse um, aber sie ermorden sie nicht. Jemanden ermorden zu können, ist sozusagen ein Monopol - ein negatives Privileg - einer einzigen, nämlich unserer eigenen Spezies: das Subjekt des Mordens ist der Mensch. Das heißt nicht, dass Menschen immer morden, wenn sie töten. Vielmehr tötet der Mensch weitaus mehr, als dass er mordet: er tötet pflanzliches Leben schon beim Unkrautjäten im Balkonkasten und er tötet tierisches Leben schon bei der Bekämpfung von Mücken, Motten und Silberfischen. Dass er das zielgerichtet, planvoll und mit voller Absicht tut, macht diese Tötungen noch nicht zu Morden. Denn nicht alle Lebewesen sind taugliche Objekte für einen Mord. Um als Opfer eines Mordes in Frage zu kommen, muss man "jemand" sein. Mit anderen Worten: der Mord erfordert einen Menschen als Subjekt und einen Menschen als Objekt.  
Was den Mord angeht, so kann man sich als Grundregel merken: nur Menschen können morden. Erdbeben und Überschwemmungen können vieltausendfach pflanzliches, tierisches und menschliches Leben vernichten, aber nicht ermorden. Katzen bringen Vögel und Mäuse um, aber sie ermorden sie nicht. Jemanden ermorden zu können, ist sozusagen ein Monopol - ein negatives Privileg - einer einzigen, nämlich unserer eigenen Spezies: das Subjekt des Mordens ist der Mensch. Das heißt nicht, dass Menschen immer morden, wenn sie töten. Vielmehr tötet der Mensch weitaus mehr, als dass er mordet: er tötet pflanzliches Leben schon beim Unkrautjäten im Balkonkasten und er tötet tierisches Leben schon bei der Bekämpfung von Mücken, Motten und Silberfischen. Dass er das zielgerichtet, planvoll und mit voller Absicht tut, macht diese Tötungen noch nicht zu Morden. Denn nicht alle Lebewesen sind taugliche Objekte für einen Mord. Um als Opfer eines Mordes in Frage zu kommen, muss man "jemand" sein. Mit anderen Worten: der Mord erfordert einen Menschen als Subjekt und einen Menschen als Objekt.  


Es sind allerdings Ausnahmen denkbar. Das hat damit zu tun, dass das entscheidende Kriterium, das aus der Tötung einen Mord macht, soziologisch gesehen nicht das Menschliche an Täter und Opfer ist, sondern die besondere Verwerflichkeit, die der Tötung sozial zugeschrieben wird. Regelmäßig ist es zwar die Menschen-Eigenschaft auf der Seite von Täter und Opfer, die diese Verwerflichkeit indiziert (weil ein schuldfähiges Subjekt dann ein nicht zur Tötung freigegebenes Objekt tötet), doch kann es Konstellationen geben, in denen die ''conscience collective'' auch bei Tier-Mensch- oder Mensch-Tier-Tötungen die besondere Verwerflichkeit des Tötens als gegeben ansieht. Man denke an die historischen Tierstrafen und Tierprozesse einerseits (Fischer 2005) und an die zunehmende gesellschaftliche Inklusion von Primaten in den Grundrechtsschutz andererseits (Cavalieri & Singer 1994).       
Ausnahmen von dieser Grundregel sind selten (Mordprozesse gegen Tiere; Diskurs über den Mord an Tieren; vgl. Fischer 2005, Cavalieri & Singer 1994). Man denke an die historisch verbürgten Mordprozesse gegen Tiere (Tiere wurden als Mörder hingerichtet) oder an den Diskurs über den Mord an Tieren (Fischer 2005; Cavalieri & Singer 1994) Verurteilung von Tieren als MördEs sind allerdings Ausnahmen denkbar. Das hat damit zu tun, dass das entscheidende Kriterium, das aus der Tötung einen Mord macht, soziologisch gesehen nicht das Menschliche an Täter und Opfer ist, sondern die besondere Verwerflichkeit, die der Tötung sozial zugeschrieben wird. Regelmäßig ist es zwar die Menschen-Eigenschaft auf der Seite von Täter und Opfer, die diese Verwerflichkeit indiziert (weil ein schuldfähiges Subjekt dann ein nicht zur Tötung freigegebenes Objekt tötet), doch kann es Konstellationen geben, in denen die ''conscience collective'' auch bei Tier-Mensch- oder Mensch-Tier-Tötungen die besondere Verwerflichkeit des Tötens als gegeben ansieht. Man denke an die historischen Tierstrafen und Tierprozesse einerseits (Fischer 2005) und an die zunehmende gesellschaftliche Inklusion von Primaten in den Grundrechtsschutz andererseits (.       


Der Mord ist also die exzeptionell verwerfliche Tötung. Generell erfordert die besondere Verwerflichkeit eine Tötung von Mensch gegen Mensch. Doch das ist meistens nur die notwendige und noch lange nicht die hinreichende Bedingung für das Vorliegen eines Mordes. Bei weitem nicht immer, wenn der Mensch einen Menschen tötet, mordet er. Weder die "Tötung auf Verlangen" noch die "fahrlässige Tötung" erreichen den für einen Mord erforderlichen Grad der Verwerflichkeit.
Der Mord ist also die exzeptionell verwerfliche Tötung. Generell erfordert die besondere Verwerflichkeit eine Tötung von Mensch gegen Mensch. Doch das ist meistens nur die notwendige und noch lange nicht die hinreichende Bedingung für das Vorliegen eines Mordes. Bei weitem nicht immer, wenn der Mensch einen Menschen tötet, mordet er. Weder die "Tötung auf Verlangen" noch die "fahrlässige Tötung" erreichen den für einen Mord erforderlichen Grad der Verwerflichkeit.
31.738

Bearbeitungen