Moralunternehmer: Unterschied zwischen den Versionen

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==Typische und atypische Moralunternehmer==
==Typische und atypische Moralunternehmer==


Beckers Beispiel für Moralunternehmer ist deren Wirken im Zusammenhang mit dem Verbot von Marihuana in den USA (Becker 1973). Weitere Beispiele finden sich aber auch im moralischen Kreuzzug für die Alkoholprohibition in den USA (Sinclair 1963). Aktuelle Beispiele könnten in den Kampagnen gegen die Homosexuellen-Ehe, für das Verbot der Abtreibung ("Pro-Life") und ähnlichen Bewegungen gesehen werden.
===Typische Moralunternehmer===


Beckers Beispiel für Moralunternehmer ist deren Wirken im Zusammenhang mit dem Verbot von Marihuana in den USA (Becker 1973). Weitere Beispiele finden sich aber auch im moralischen Kreuzzug für die Alkoholprohibition in den USA (Sinclair 1963). Aktuelle Beispiele könnten in den Kampagnen gegen die Homosexuellen-Ehe, für das Verbot der Abtreibung ("Pro-Life") und ähnlichen Bewegungen gesehen werden.
Typischerweise geht es also bei denjenigen, die von der Kriminalsoziologie als Moralunternehmer analysiert werden, um Angehörige der (unteren?) Mittelschicht, die bestimmte Vorstellungen von der richtigen Lebensweise - bzw. ihren eigenen Lebensstil - für alle anderen Angehörigen der Gesellschaft verbindlich machen wollen. Man selbst ist "gegen Rauschgift" - also will man es auch von allen anderen Menschen fernhalten. Man selbst würde nie eine gleichgeschlichtliche Verbindung eingehen - deshalb sollen auch Schwule nicht heiraten dürfen. Die repressive Verallgemeinerung der eigenen Wertorientierung wird von Liberalen als kleinbürgerliche Bevormundung angesehen, doch die Moralunternehmer lassen sich davon nicht beirren: verfügen sie doch im Zweifel über "wissenschaftliche Beweise" für die "unbestreitbaren Gefahren", die von dem bekämpften Verhalten ausgehen.
Die Moralunternehmerforschung wahrt eine gewisse ironische Distanz zu ihrem Gegenstand. Sie wirkt gelegentlich etwas herablassend, wenn nicht von leichtem Spott gekennzeichnet. Das mag mit der sozialen Distanz zwischen dem liberalen Establishment der Soziologie einerseits und den (kleinbürgerlichen) Milieus der gesellschaftspolitisch häufig eher rückwärtsgewandten Moralunternehmer selbst zu tun haben.
===Atypische Moralunternehmer===
Nicht alle Moralunternehmer sind allerdings "rückwärtsgewandt". Manche - wie die Moralunternehmer im 19. Jahrhundert, die die Welt zur Abkehr von der Sklaverei bewegen wollten - sind durchaus progressiv gesonnen. Zwischen ihnen und den liberalen Kriminalsoziologen besteht keine so große soziale Distanz. Dasselbe gilt für die heutigen Kämpferinnen gegen sexuelle Ausbeutung und sexualisierte Männergewalt, von der PorNo-Kampagne einer Alice Schwarzer bis zu den Kriminalisierungskampagnen im Verlaufe der Entstehungsgeschichte des Anti-Diskriminierungsgesetzes (vgl. Scheerer 1986).


==Literatur==
==Literatur==
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