Moralische Panik: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Inhaltsverzeichnis'''
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== '''Geschichte und Bedeutung''' ==
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Auf das Phänomen ''Moral Panic'' wurde erstmalig durch den britischen Soziologen [[Jock Young]] im Jahr 1971 Bezug genommen.<ref name="Thomson8"/> Dieser stellte einen Zusammenhang zwischen der, unter Befürchtungen geführten Diskussion über einen Anstieg der statistischen Daten zum Missbrauch von Drogen und dem verstärkten Aufgebot von Polizeieinsätzen sowie dem Anstieg von gerichtlichen Verurteilungen in diesem Zusammenhang her. <ref> Young, Jock: ''The role of the Police as Amplifiers of Deviancy, Negotiators of Reality and Translators of Fantasy'' In: Some consequences of our present system of drug control as seen in Notting Hill, In: Cohen, Stanley: ''Images of Deviance'', Penguin Books, Harmondsoworth'', 1971 S.27-62 </ref> Systematisch führte [[Stanley Cohen]], in seinem 1972 veröffentlichten Werk ''"[[Folk devils and Moral Panics]]"'', in das Konzept der moralischen Panik ein. Darin fokussiert er hauptsächlich die Reaktion der [[Medien]] und das Verhalten der politischen sowie öffentlichen Akteure von Jugendlichen, sogenannten [[''Mods and Rockers'']], in den 1960-er Jahren in Großbritannien.<ref Name= "Thomson8"/> <ref> Cohen Stanley, ''Folk Devils and Moral Panics'', 2002, 3. Auflage, Routledge, London </ref>
Auf das Phänomen ''Moral Panic'' wurde erstmalig durch den britischen Soziologen [[Jock Young]] im Jahr 1971 Bezug genommen.<ref name="Thomson8"/> Dieser stellte einen Zusammenhang zwischen der, unter Befürchtungen geführten Diskussion über einen Anstieg der statistischen Daten zum Missbrauch von Drogen und dem verstärkten Aufgebot von Polizeieinsätzen sowie dem Anstieg von gerichtlichen Verurteilungen in diesem Zusammenhang her. <ref> Young, Jock: ''The role of the Police as Amplifiers of Deviancy, Negotiators of Reality and Translators of Fantasy'' In: Some consequences of our present system of drug control as seen in Notting Hill, In: Cohen, Stanley: ''Images of Deviance'', Penguin Books, Harmondsoworth'', 1971 S.27-62 </ref> Systematisch führte [[Stanley Cohen]], in seinem 1972 veröffentlichten Werk ''"[[Folk devils and Moral Panics]]"'', in das Konzept der moralischen Panik ein. Darin fokussiert er hauptsächlich die Reaktion der [[Medien]] und das Verhalten der politischen sowie öffentlichen Akteure von Jugendlichen, sogenannten [[''Mods and Rockers'']], in den 1960-er Jahren in Großbritannien.<ref Name= "Thomson8"/> <ref> Cohen Stanley, ''Folk Devils and Moral Panics'', 2002, 3. Auflage, Routledge, London </ref>


=== Stanley Cohen: ''"Folk Devils and Morals Panics"'' ===
=== Stanley Cohen: ''"Folk Devils and Morals Panics"'' ===
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In ''"Folk Devils and Moral Panics"'' analysierte Stanley Cohen den Ausbruch einer moralischen Panik, ausgelöst durch das [[deviant]]e Verhalten jugendlicher Gruppen in britischen Kleinstädten. Auslöser der Panik war ein aufsehenerregender Straßenkampf in ''Clacton'', einem Küstenort in Großbritannien. Am Karsamstag im Jahr 1964 wurde ''Clacton'' Schauplatz einer Aufruhr von Jugendlichen. Es fand ein Streit darüber statt, dass ein Barbesitzer die Bedienung einer Gruppe Jugendlicher verweigerte. Daraufhin entwickelte sich ein Handgemenge, ein Pistolenschuss wurde abgegeben und eine Scheibe im Wert von 500 Pfund zerbrach. Die Polizei inhaftierte infolgedessen circa 100 Jugendliche aufgrund missbräuchlichen Verhaltens gegenüber der Polizei.<ref name=''The Inventory''> Cohen Stanley, ''The Inventory'' In: Folk Devils and Moral Panics, 2002, Routledge, London, S.16-34 </ref> Die Reaktion der britischen Medien auf diesen Vorfall war enorm. Bis auf die britische ''"[[Times]]"'' befand sich das Ereignis auf allen Titelseiten bedeutungsvoller, britischer Tageszeitungen. Darüber hinaus entwickelten sich in der Bevölkerung Bezeichnungen der jugendlichen Gruppen, als ''"Mods and Rockers"'' und deren Deklaration als gefährliche ''"Folk Devils"''.<ref> Thompson, Kenneth: ''The Classic Moral Panic - Mods and Rockers'' In: Moral Panics, 1998, Routledge, New York S. 31 f.</ref>  
In ''"Folk Devils and Moral Panics"'' analysierte Stanley Cohen den Ausbruch einer moralischen Panik, ausgelöst durch das [[deviant]]e Verhalten jugendlicher Gruppen in britischen Kleinstädten. Auslöser der Panik war ein aufsehenerregender Straßenkampf in ''Clacton'', einem Küstenort in Großbritannien. Am Karsamstag im Jahr 1964 wurde ''Clacton'' Schauplatz einer Aufruhr von Jugendlichen. Es fand ein Streit darüber statt, dass ein Barbesitzer die Bedienung einer Gruppe Jugendlicher verweigerte. Daraufhin entwickelte sich ein Handgemenge, ein Pistolenschuss wurde abgegeben und eine Scheibe im Wert von 500 Pfund zerbrach. Die Polizei inhaftierte infolgedessen circa 100 Jugendliche aufgrund missbräuchlichen Verhaltens gegenüber der Polizei.<ref name=''The Inventory''> Cohen Stanley, ''The Inventory'' In: Folk Devils and Moral Panics, 2002, Routledge, London, S.16-34 </ref> Die Reaktion der britischen Medien auf diesen Vorfall war enorm. Bis auf die britische ''"[[Times]]"'' befand sich das Ereignis auf allen Titelseiten bedeutungsvoller, britischer Tageszeitungen. Darüber hinaus entwickelten sich in der Bevölkerung Bezeichnungen der jugendlichen Gruppen, als ''"Mods and Rockers"'' und deren Deklaration als gefährliche ''"Folk Devils"''.<ref> Thompson, Kenneth: ''The Classic Moral Panic - Mods and Rockers'' In: Moral Panics, 1998, Routledge, New York S. 31 f.</ref>  


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===Bedeutung im Kontext aktueller Forschung und neue Entwicklungen===
===Bedeutung im Kontext aktueller Forschung und neue Entwicklungen===
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Das Konzept der ''Moral Panic'' entstand in den 1960-er Jahren aus der Verbindung von Theorieströmungen aus den Bereichen der [[kritischen Soziologie]], der [[Labeling Theorie]] und den [["cultural politics"]] <ref name="Einleitung"> Cohen, Stanley: ''Introduction to the Third Edition'' In: Folk Devils and Moral Panics, 2002, Routledge, London, S. vii-xxxv </ref>  
Das Konzept der ''Moral Panic'' entstand in den 1960-er Jahren aus der Verbindung von Theorieströmungen aus den Bereichen der [[kritischen Soziologie]], der [[Labeling Theorie]] und den [["cultural politics"]] <ref name="Einleitung"> Cohen, Stanley: ''Introduction to the Third Edition'' In: Folk Devils and Moral Panics, 2002, Routledge, London, S. vii-xxxv </ref>  
Stanley Cohen zeichnet in der Einleitung zu ''"Folk Devils and Moral Panics"'' in der dritten Auflage aus dem Jahr 2002 einen aktualisierten Forschungskontext auf. Gegenwärtig ist das Konzept der moralischen Panik in den [[Media and Cultural Studies]], in der [[Diskursanalyse]] sowie in der [[Soziologie über deviantes Verhalten]] präsent.
Stanley Cohen zeichnet in der Einleitung zu ''"Folk Devils and Moral Panics"'' in der dritten Auflage aus dem Jahr 2002 einen aktualisierten Forschungskontext auf. Gegenwärtig ist das Konzept der moralischen Panik in den [[Media and Cultural Studies]], in der [[Diskursanalyse]] sowie in der [[Soziologie über deviantes Verhalten]] präsent.
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== Merkmale ==
== Merkmale ==
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Ein zentrales Merkmal besteht in der als [[Spiraleffekt]]<ref name= "Thomson8"/> bezeichneten Verlaufsform einer moralischen Panik.
Ein zentrales Merkmal besteht in der als [[Spiraleffekt]]<ref name= "Thomson8"/> bezeichneten Verlaufsform einer moralischen Panik.
Dieser Spiraleffekt zieht sich folgendermaßen hin: Zunächst entstehen Befürchtungen über das Verhalten einer sozialen Gruppe oder Klasse, welche von Teilen der Bevölkerung als Bedrohung der gesellschaftlichen Werte bzw. der moralischen Ordnung eingeordnet wird. Diese Bedrohung wird daraufhin in einer sensationslüsternen Berichterstattung von den Medien rezipiert und unterstützt dadurch das Ausmaß und die Intensität der gesellschaftlichen Befürchtung. An diesem Punkt folgt eine Reaktion von Autoritäten oder einflussreichen Meinungsmachern, welche zur Unterbindung des Verhaltens aufrufen.<ref name= "Thomson8"/>
Dieser Spiraleffekt zieht sich folgendermaßen hin: Zunächst entstehen Befürchtungen über das Verhalten einer sozialen Gruppe oder Klasse, welche von Teilen der Bevölkerung als Bedrohung der gesellschaftlichen Werte bzw. der moralischen Ordnung eingeordnet wird. Diese Bedrohung wird daraufhin in einer sensationslüsternen Berichterstattung von den Medien rezipiert und unterstützt dadurch das Ausmaß und die Intensität der gesellschaftlichen Befürchtung. An diesem Punkt folgt eine Reaktion von Autoritäten oder einflussreichen Meinungsmachern, welche zur Unterbindung des Verhaltens aufrufen.<ref name= "Thomson8"/>
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=== Besorgnis ===
=== Besorgnis ===
(''Concern'')  
(''Concern'')  
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Innerhalb der Gesellschaft entstehen Befürchtungen über das spezifische Verhalten einer Gruppe. Dieses wird von den einzelnen Gesellschaftsmitgliedern als abweichend und bedrohlich empfunden. Die Befürchtungen kommen in Form [[öffentlicher Umfragen]], [[Medienkommentaren]], [[Gesetzgebungen]] oder [[sozialen Bewegungen]] zum Ausdruck. <ref name="Indicators of the Moral Panic"/>
Innerhalb der Gesellschaft entstehen Befürchtungen über das spezifische Verhalten einer Gruppe. Dieses wird von den einzelnen Gesellschaftsmitgliedern als abweichend und bedrohlich empfunden. Die Befürchtungen kommen in Form [[öffentlicher Umfragen]], [[Medienkommentaren]], [[Gesetzgebungen]] oder [[sozialen Bewegungen]] zum Ausdruck. <ref name="Indicators of the Moral Panic"/>
=== Feindesligkeit ===
=== Feindesligkeit ===
(''Hostility'')'''
(''Hostility'')
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Es liegt eine kollektiv geteilte Feindseligkeit gegenüber der als Bedrohungen und als grundsätzlich bösartig empfundenen, gesellschaftlichen Gruppe oder Klasse vor. Dabei entsteht eine Dichotomie zwischen ''"Wir"'' und ''"Denen"'', welche durch die Bildung von [[Stereotypen]] verstärkt wird. Diese [[Stereotypenbildung]] weist in ihrer Struktur Ähnlichkeiten zu der Bildung von Stereotypen, welche im Rahmen von Verdächtigungen gegenüber [[Kriminellen]] durch die Polizei verwendet werden, auf. <ref name="Indicators of the Moral Panic"/>
Es liegt eine kollektiv geteilte Feindseligkeit gegenüber der als Bedrohungen und als grundsätzlich bösartig empfundenen, gesellschaftlichen Gruppe oder Klasse vor. Dabei entsteht eine Dichotomie zwischen ''"Wir"'' und ''"Denen"'', welche durch die Bildung von [[Stereotypen]] verstärkt wird. Diese [[Stereotypenbildung]] weist in ihrer Struktur Ähnlichkeiten zu der Bildung von Stereotypen, welche im Rahmen von Verdächtigungen gegenüber [[Kriminellen]] durch die Polizei verwendet werden, auf. <ref name="Indicators of the Moral Panic"/>
=== Übereinstimmung ===
=== Übereinstimmung ===
(''Consensus'')
(''Consensus'')
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Um von einer moralischen Panik zu sprechen besteht keine Voraussetzung darin, dass die gesamte Gesellschaft die Besorgnis über das Verhalten einer Gruppe teilen muss. Da Gefahr eine subjektiv wahrgenommene Größe darstellt, kann es  keine klare Definition darüber geben, wann deren Ausmaß grundlegende, moralische Werte ernsthaft bedroht. Zu welchem Zeitpunkt von einer Gefahrensituation gesprochen werden kann ist relativ. Demzufolge gilt für das Auftreten einer moralischen Panik, dass ein substantieller Teil der Bevölkerung Besorgnis über das Verhalten einer gesellschaftlichen Gruppe zeigt und diese Sorge von spezifischen Aktueren <ref>siehe dazu Punkt 3</ref>zum Ausdruck gebracht wird.<ref name="Indicators of the Moral Panic" />
Um von einer moralischen Panik zu sprechen besteht keine Voraussetzung darin, dass die gesamte Gesellschaft die Besorgnis über das Verhalten einer Gruppe teilen muss. Da Gefahr eine subjektiv wahrgenommene Größe darstellt, kann es  keine klare Definition darüber geben, wann deren Ausmaß grundlegende, moralische Werte ernsthaft bedroht. Zu welchem Zeitpunkt von einer Gefahrensituation gesprochen werden kann ist relativ. Demzufolge gilt für das Auftreten einer moralischen Panik, dass ein substantieller Teil der Bevölkerung Besorgnis über das Verhalten einer gesellschaftlichen Gruppe zeigt und diese Sorge von spezifischen Aktueren <ref>siehe dazu Punkt 3</ref>zum Ausdruck gebracht wird.<ref name="Indicators of the Moral Panic" />
=== Disproportionalität ===
=== Disproportionalität ===
(''Disproportionality'')
(''Disproportionality'')
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Disproportionalität beschreibt die Unverhältnismäßigkeit zwischen dem in der Gesellschaft subjektiv wahrgenommenen und objektiven Ausmaß der Gefahr. Folgendes Zitat benennt diese Unverhältnismäßigkeit in ihrem Kern: ''"Objective molehills have been made into subjective mountains."'' <ref>Jones, Brian J./Gallagher Bernard J./III/ and Mc. Falls Jr., Joseph A.: ''Toward a unified model for social problems theory'', In: Journal for the Theory of Social Behaviour ,Nr. 19, 1989, S. 337 -56 </ref> Der [[Aspekt der Disproportionalität]] ist umstritten, da es sich hierbei um eine Größe handelt, die praktisch nicht messbar ist. Kritiker, vor allem Vertreter des Konstruktivismus <ref> Für ausführliche Informationen siehe: Joseph Schneider and John. J. Kitsuse: ''Studies in the Sociology of Social Problems'', 1989, Norwood, NJ oder Woolgar, Steve/ Pawluch, Dorothy:''Ontological gerrymandering: the anatomy of social problems explanations'', Social Problems, 32, 1985, S. 213 -27, http://epl.scu.edu/~stsvalues/readings/OntologicalGerrymandering.pdf, aufgerufen am 16.07.12, aus Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman: ''Indicators of the Moral Panic'' In: ''Moral Panics: the social construction of deviance'', 1994, Blackwell Publishing, Malden S. 37 </ref>  gehen davon aus, dass Disproportionalität sozial konstruiert ist und objektiv gesehen eine leere Hülle darstellt.<ref name="Indicators of the Moral Panic" /> Die empirische Validität ist folglich fragwürdig. Yehuda und Goode zufolge kann ein gewisses Ausmaß an Disproportionalität allerdings mittels einer Gegenüberstellung von empirischen Datenmaterial und den im öffentlichen Diskurs geführten Aussagen festgestellt werden. Beispielsweise konnten die Wissenschaftler anhand eines Vorfalls im israelischen Parlament von 1982 die Vorlegung übertriebener Zahlen, welche zur Entwicklung einer moralischen Panik beitrugen, aufzeigen. In diesem Zusammenhang legten ein Parlamentsmitglied und Repräsentanten der Polizei Zahlen vor, denen zufolge die Hälfte aller israelischen Gymnasiasten [[Haschisch]] konsumieren würden. Daten aus systematischen Erhebungen belegten demgegenüber einen Haschischkonsum von 3-5 % der Schüler. <ref name="Criteria of Diproportionality"> Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman: ''Criteria of Disproportionality'' In: Moral Panics: the social construction of deviance, 1994, Blackwell Publishing, Malden S. 43 f. </ref> Dieser Vergleich deutet darauf hin, dass im Kontext von Diskursen über abweichendes Verhalten Daten verwendet werden, welche eine besorgte Stimmung unterstützen oder auch intensivieren können. Des Weiteren weisen Goode und Yehuda auf das Vorliegen einer Disproportionalität hin, sobald extreme Besorgnis über eine Problematik besteht, welche im Vergleich zu anderen Problematiken einen wesentlich größeren Umfang aufweist.<ref name="Criteria of Diproportionality"/>  In der Feststellung von Disproportionalität ist es außerdem sinnvoll zwischen aktuellen ([[z.B. Drogenmissbrauch]]) und zukünftigen (z.B. Klimawandel) Bedrohungen zu unterscheiden,<ref name="Indicators of the Moral Panic"/> da empirische Daten über zukünftige Bedrohungen im Wesentlichen auf Hypothesen basieren, was wiederum zu einer erschwerten Aussage über Proportionalität führt.
Disproportionalität beschreibt die Unverhältnismäßigkeit zwischen dem in der Gesellschaft subjektiv wahrgenommenen und objektiven Ausmaß der Gefahr. Folgendes Zitat benennt diese Unverhältnismäßigkeit in ihrem Kern: ''"Objective molehills have been made into subjective mountains."'' <ref>Jones, Brian J./Gallagher Bernard J./III/ and Mc. Falls Jr., Joseph A.: ''Toward a unified model for social problems theory'', In: Journal for the Theory of Social Behaviour ,Nr. 19, 1989, S. 337 -56 </ref> Der [[Aspekt der Disproportionalität]] ist umstritten, da es sich hierbei um eine Größe handelt, die praktisch nicht messbar ist. Kritiker, vor allem Vertreter des Konstruktivismus <ref> Für ausführliche Informationen siehe: Joseph Schneider and John. J. Kitsuse: ''Studies in the Sociology of Social Problems'', 1989, Norwood, NJ oder Woolgar, Steve/ Pawluch, Dorothy:''Ontological gerrymandering: the anatomy of social problems explanations'', Social Problems, 32, 1985, S. 213 -27, http://epl.scu.edu/~stsvalues/readings/OntologicalGerrymandering.pdf, aufgerufen am 16.07.12, aus Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman: ''Indicators of the Moral Panic'' In: ''Moral Panics: the social construction of deviance'', 1994, Blackwell Publishing, Malden S. 37 </ref>  gehen davon aus, dass Disproportionalität sozial konstruiert ist und objektiv gesehen eine leere Hülle darstellt.<ref name="Indicators of the Moral Panic" /> Die empirische Validität ist folglich fragwürdig. Yehuda und Goode zufolge kann ein gewisses Ausmaß an Disproportionalität allerdings mittels einer Gegenüberstellung von empirischen Datenmaterial und den im öffentlichen Diskurs geführten Aussagen festgestellt werden. Beispielsweise konnten die Wissenschaftler anhand eines Vorfalls im israelischen Parlament von 1982 die Vorlegung übertriebener Zahlen, welche zur Entwicklung einer moralischen Panik beitrugen, aufzeigen. In diesem Zusammenhang legten ein Parlamentsmitglied und Repräsentanten der Polizei Zahlen vor, denen zufolge die Hälfte aller israelischen Gymnasiasten [[Haschisch]] konsumieren würden. Daten aus systematischen Erhebungen belegten demgegenüber einen Haschischkonsum von 3-5 % der Schüler. <ref name="Criteria of Diproportionality"> Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman: ''Criteria of Disproportionality'' In: Moral Panics: the social construction of deviance, 1994, Blackwell Publishing, Malden S. 43 f. </ref> Dieser Vergleich deutet darauf hin, dass im Kontext von Diskursen über abweichendes Verhalten Daten verwendet werden, welche eine besorgte Stimmung unterstützen oder auch intensivieren können. Des Weiteren weisen Goode und Yehuda auf das Vorliegen einer Disproportionalität hin, sobald extreme Besorgnis über eine Problematik besteht, welche im Vergleich zu anderen Problematiken einen wesentlich größeren Umfang aufweist.<ref name="Criteria of Diproportionality"/>  In der Feststellung von Disproportionalität ist es außerdem sinnvoll zwischen aktuellen ([[z.B. Drogenmissbrauch]]) und zukünftigen (z.B. Klimawandel) Bedrohungen zu unterscheiden,<ref name="Indicators of the Moral Panic"/> da empirische Daten über zukünftige Bedrohungen im Wesentlichen auf Hypothesen basieren, was wiederum zu einer erschwerten Aussage über Proportionalität führt.


=== Votalität ===
=== Votalität ===
(''Volatility'')  
(''Volatility'')  
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Das Ausmaß einer moralische Panik ist temporär begrenzt und von schwankender Intensität gekennzeichnet. Die dabei aufkommende, extreme Feindseligkeit von Bevölkerungsteilen gegenüber sozialen Gruppen ist nur über einen begrenzten Zeitraum tragfähig. Oftmals tritt eine moralische Panik erruptiv ein und kann anschließend wieder zügig verschwinden oder, nachdem sie ihren Lauf genommen hat, institutionalisiert werden. In Zeiträumen bei denen die Besorgnis anhält können Phasen moralischer Panik hintereinander auftreten.<ref name="Indicators of the Moral Panic" /> Anhand der Charakteristika: Dauer und Schwankungen kann eine moralische Panik von anderen, öffentlichen Befürchtungen über mögliche Gefahren unterschieden werden.<ref name="Indicators of the Moral Panic"/>     
Das Ausmaß einer moralische Panik ist temporär begrenzt und von schwankender Intensität gekennzeichnet. Die dabei aufkommende, extreme Feindseligkeit von Bevölkerungsteilen gegenüber sozialen Gruppen ist nur über einen begrenzten Zeitraum tragfähig. Oftmals tritt eine moralische Panik erruptiv ein und kann anschließend wieder zügig verschwinden oder, nachdem sie ihren Lauf genommen hat, institutionalisiert werden. In Zeiträumen bei denen die Besorgnis anhält können Phasen moralischer Panik hintereinander auftreten.<ref name="Indicators of the Moral Panic" /> Anhand der Charakteristika: Dauer und Schwankungen kann eine moralische Panik von anderen, öffentlichen Befürchtungen über mögliche Gefahren unterschieden werden.<ref name="Indicators of the Moral Panic"/>     


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== Akteure ==
== Akteure ==
'''Ausdrucksform'''
'''Ausdrucksform'''
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Anhand der Untersuchung von Akteuren versucht Stanley Cohen die praktische Ausdrucksform einer moralischen Panik zu skizzieren und fasst diese in fünf Segmenten zusammen.
Anhand der Untersuchung von Akteuren versucht Stanley Cohen die praktische Ausdrucksform einer moralischen Panik zu skizzieren und fasst diese in fünf Segmenten zusammen.
=== Medien ===
=== Medien ===
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Medien stellen in der Verbreitung von öffentlicher, moralischer Erregung eine Kernposition dar. Dabei funktionieren sie nach ihren eigenen Spielregeln. Zunächst ist wichtig zu beachten, dass die Informationsgewinnung in modernen Gesellschaften über den zweiten Weg verläuft. Dies bedeutet, dass die Informationen von politischen und kommerziellen Beschränkungen geformt werden, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen. Ein Zitat von Cohen benennt diesen Umstand: ''"(…) this means that the information has been subject to alternative definitions of what constitutes news and how it should be gathered and presented."'' <ref name="Mass Media">Cohen Stanley: ''Deviance and Moral Panics'' In: Folk Devils and Moral Panics , 2002, Routledge, London, S.1-16 </ref>. Die [[Medienberichterstattung]] weist zudem hohe Auswirkungen auf die emotionale Gefühlslage ihrer Leserschaft auf. Meist hinterlässt sie in der Darstellung ihrer Geschichten bei den Lesern unklare Gefühlslagen, welche für den weiteren Verlauf einer moralischen Panik wesentlich sind. Darüber hinaus sind Medienberichten von der Herstellung von Mythen ([[''myth-making'']]) gekennzeichnet und folgen einem stereotypen Muster. <ref> Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman: ''Enter Stanley Cohen'' In: ''Moral Panics: the social construction of deviance'', 1994, Blackwell Publishing, Malden S. 24 f. </ref>
Medien stellen in der Verbreitung von öffentlicher, moralischer Erregung eine Kernposition dar. Dabei funktionieren sie nach ihren eigenen Spielregeln. Zunächst ist wichtig zu beachten, dass die Informationsgewinnung in modernen Gesellschaften über den zweiten Weg verläuft. Dies bedeutet, dass die Informationen von politischen und kommerziellen Beschränkungen geformt werden, bevor sie an die Öffentlichkeit gelangen. Ein Zitat von Cohen benennt diesen Umstand: ''"(…) this means that the information has been subject to alternative definitions of what constitutes news and how it should be gathered and presented."'' <ref name="Mass Media">Cohen Stanley: ''Deviance and Moral Panics'' In: Folk Devils and Moral Panics , 2002, Routledge, London, S.1-16 </ref>. Die [[Medienberichterstattung]] weist zudem hohe Auswirkungen auf die emotionale Gefühlslage ihrer Leserschaft auf. Meist hinterlässt sie in der Darstellung ihrer Geschichten bei den Lesern unklare Gefühlslagen, welche für den weiteren Verlauf einer moralischen Panik wesentlich sind. Darüber hinaus sind Medienberichten von der Herstellung von Mythen ([[''myth-making'']]) gekennzeichnet und folgen einem stereotypen Muster. <ref> Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman: ''Enter Stanley Cohen'' In: ''Moral Panics: the social construction of deviance'', 1994, Blackwell Publishing, Malden S. 24 f. </ref>
Die mediale Berichterstattung steht auch in Verbindung zu einem statistisch, erfassten Anstieg über deviantes Verhalten in der Gesellschaft. Hierbei stellt [[''Leslie T. Wilkins'']] in seinem Buch: ''"Social deviance: social policy, action and research"'' eine Reaktionsverkettung zwischen der medialen Berichterstattung, der gesellschaftlichen Reaktion und dem Anstieg von Devianz her. <ref> Wilkins, Leslie T.:'' A general Theory of Deviance'' In: Social deviance: social policy, action and research, 1964, London Travistock, Kap.4, S.45-104 </ref>
Die mediale Berichterstattung steht auch in Verbindung zu einem statistisch, erfassten Anstieg über deviantes Verhalten in der Gesellschaft. Hierbei stellt [[''Leslie T. Wilkins'']] in seinem Buch: ''"Social deviance: social policy, action and research"'' eine Reaktionsverkettung zwischen der medialen Berichterstattung, der gesellschaftlichen Reaktion und dem Anstieg von Devianz her. <ref> Wilkins, Leslie T.:'' A general Theory of Deviance'' In: Social deviance: social policy, action and research, 1964, London Travistock, Kap.4, S.45-104 </ref>


=== Öffentlichkeit ===
=== Öffentlichkeit ===
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Um von einer moralischen Panik zu sprechen muss die Öffentlichkeit ihre Besorgnis über das Verhalten einer Gruppe ausdrücken. Nicht alle Medienberichte lösen eine moralische Panik aus. Eine zentrale Voraussetzung besteht darin, dass innerhalb der Gesellschaft eine Unsicherheit und ein damit einhergehendes, latentes Potenzial zum Ausbruch einer extremen Befürchtung bereits existieren.<ref name= "Actors in the Drama of the Moral Panic"> Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman:''Actors in the Drama of the Moral Panic'' In: ''Moral Panics: the social construction of deviance'', 1994, Blackwell Publishing, Malden, S.24-28 </ref>  
Um von einer moralischen Panik zu sprechen muss die Öffentlichkeit ihre Besorgnis über das Verhalten einer Gruppe ausdrücken. Nicht alle Medienberichte lösen eine moralische Panik aus. Eine zentrale Voraussetzung besteht darin, dass innerhalb der Gesellschaft eine Unsicherheit und ein damit einhergehendes, latentes Potenzial zum Ausbruch einer extremen Befürchtung bereits existieren.<ref name= "Actors in the Drama of the Moral Panic"> Goode, Erich/ Ben- Yehuda Nachman:''Actors in the Drama of the Moral Panic'' In: ''Moral Panics: the social construction of deviance'', 1994, Blackwell Publishing, Malden, S.24-28 </ref>  


=== [[Polizei]] und [[gerichtlich]]e [[Instanz]]en ===
=== [[Polizei]] und [[gerichtlich]]e [[Instanz]]en ===
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Im öffentlichen und medialen [[Diskurs]] wird eine Unterbindung und stärkere Kontrolle von dem als bedrohlich deklarierten Verhalten gefordert. Polizei und rechtliche Instanzen gelten dabei als effektive Akteure um das abweichende Verhalten zu unterbinden und ein Gefühl der Kontrolle zu erzeugen. Die Forderungen und der erhöhte Einsatz von polizeilichen sowie gerichtlichen Maßnahmen können Strukturen einer [[Kultur der sozialen Kontrolle]] etablieren.<ref name="social control"> Cohen Stanley,''Reaction: The rescue and Remedy Phase''In: Folk Devils and Moral Panics, 2002, Routledge, London, S.59-119)</ref> Nach Cohen ist die Reaktion einer Kultur der Kontrolle in drei Elementen geteilt: Diffusion, Eskalation und Innovation.
Im öffentlichen und medialen [[Diskurs]] wird eine Unterbindung und stärkere Kontrolle von dem als bedrohlich deklarierten Verhalten gefordert. Polizei und rechtliche Instanzen gelten dabei als effektive Akteure um das abweichende Verhalten zu unterbinden und ein Gefühl der Kontrolle zu erzeugen. Die Forderungen und der erhöhte Einsatz von polizeilichen sowie gerichtlichen Maßnahmen können Strukturen einer [[Kultur der sozialen Kontrolle]] etablieren.<ref name="social control"> Cohen Stanley,''Reaction: The rescue and Remedy Phase''In: Folk Devils and Moral Panics, 2002, Routledge, London, S.59-119)</ref> Nach Cohen ist die Reaktion einer Kultur der Kontrolle in drei Elementen geteilt: Diffusion, Eskalation und Innovation.


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=== Politik und Gesetzgeber===
=== Politik und Gesetzgeber===
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Stanley Cohen stellt in seinem Buch ''"Folk Devils and Moral Panics"'' fest, dass Politiker ein ausgeprägtes Interesse an Störungen bzw. Unruhen in ihren eigenen Wahlkreisen zeigen. Dies kommt oftmals in der öffentlichen Verständigung zwischen den Politikern und betroffenen Personen aus der Bevölkerung zum Ausdruck. Im Fall von ''Clacton'' wurden beispielsweise Berichte über Gespräche zwischen lokalen Politikern und Personen aus der Bevölkerung an das Innenministerium gesendet. Daraufhin erhielt die Diskussion über die Thematik Einzug in das britische Unterhaus und wurde somit auf nationaler politischer Ebene diskutiert.<ref name= "Actors in the Drama of the Moral Panic"/>  Debatten in diesem politischen Rahmen können zu Gesetzesveränderungen führen. Die Rolle der Politiker besteht zudem darin, sich auf der Seite der ''Guten'' zu positionieren. ''"Politicians and other groups alligned themselves against a devil and on the side of angels (...)“''.<ref name="Actors in the Drama of the Moral Panic" />
Stanley Cohen stellt in seinem Buch ''"Folk Devils and Moral Panics"'' fest, dass Politiker ein ausgeprägtes Interesse an Störungen bzw. Unruhen in ihren eigenen Wahlkreisen zeigen. Dies kommt oftmals in der öffentlichen Verständigung zwischen den Politikern und betroffenen Personen aus der Bevölkerung zum Ausdruck. Im Fall von ''Clacton'' wurden beispielsweise Berichte über Gespräche zwischen lokalen Politikern und Personen aus der Bevölkerung an das Innenministerium gesendet. Daraufhin erhielt die Diskussion über die Thematik Einzug in das britische Unterhaus und wurde somit auf nationaler politischer Ebene diskutiert.<ref name= "Actors in the Drama of the Moral Panic"/>  Debatten in diesem politischen Rahmen können zu Gesetzesveränderungen führen. Die Rolle der Politiker besteht zudem darin, sich auf der Seite der ''Guten'' zu positionieren. ''"Politicians and other groups alligned themselves against a devil and on the side of angels (...)“''.<ref name="Actors in the Drama of the Moral Panic" />


=== Soziale Bewegungen ===
=== Soziale Bewegungen ===
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Moralische Panik kann die Entstehung von Kampagnen und Aktionsgruppen hervorrufen. Diese Gruppen bilden sich aus der Bevölkerung heraus und werden auch als ''[[moral entrepeneurs]]'' <ref> Becker, Howard S.: ''Outsiders: Studies in the Sociology of Deviance'', 1963, New York Free Press S.147 </ref> bezeichne. Diese Gruppen bewerten die bereits existierende Rechtsmittel zur Unterbindung des devianten Verhaltens als ineffektiv. In ihrer Organisation und Entstehung werden sie auch als ''[[geminal social movements]]'', sogenannte ''[[Grasswurzelbewegungen]]'' aufgefasst.<ref name="Actors in the Drama of the Moral Panic" />
Moralische Panik kann die Entstehung von Kampagnen und Aktionsgruppen hervorrufen. Diese Gruppen bilden sich aus der Bevölkerung heraus und werden auch als ''[[moral entrepeneurs]]'' <ref> Becker, Howard S.: ''Outsiders: Studies in the Sociology of Deviance'', 1963, New York Free Press S.147 </ref> bezeichne. Diese Gruppen bewerten die bereits existierende Rechtsmittel zur Unterbindung des devianten Verhaltens als ineffektiv. In ihrer Organisation und Entstehung werden sie auch als ''[[geminal social movements]]'', sogenannte ''[[Grasswurzelbewegungen]]'' aufgefasst.<ref name="Actors in the Drama of the Moral Panic" />


== weitere Merkmale ==
== weitere Merkmale ==
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Zwei weitere Aspekte deuten darüber hinaus auf das Vorhandensein einer moralische Panik hin: die Bestimmung sogenannter "folk devils" und die Existenz einer "[[Katastrophenmentalität]]".
Zwei weitere Aspekte deuten darüber hinaus auf das Vorhandensein einer moralische Panik hin: die Bestimmung sogenannter "folk devils" und die Existenz einer "[[Katastrophenmentalität]]".


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== Erklärungsansätze ==
== Erklärungsansätze ==
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Für das Auftreten einer moralischen Panik existieren mehrere Erklärungsansätze aus unterschiedlichen Theorieperspektiven.  
Für das Auftreten einer moralischen Panik existieren mehrere Erklärungsansätze aus unterschiedlichen Theorieperspektiven.  
* [[Risikogesellschaft]]
* [[Risikogesellschaft]]
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==Kritik==
==Kritik==
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Die Validität des theoretischen Konzeptes der moralischen Panik bleibt von kritischer Seite her nicht unangefochten.  
Die Validität des theoretischen Konzeptes der moralischen Panik bleibt von kritischer Seite her nicht unangefochten.  
Breite Kritik streute [[P.A.J. Waddington]] im Jahr 1986 in seinem Artikel ''"Mugging as a moral panic: a question of proportion"''.<ref name="Waddington">Waddington,  P.A.J.: ''Mugging as a moral panic: a question of proportion'', In:  The british Journal of 37,(2), 1986, S. 245-59 </ref> Darin greift er die Argumentation der Autoren des Buches [["Policing the Crisis"]] <ref> Hall, S./ Critcher, C. / Jefferson, T./ Clarke, J./ Roberts, B : 'Policing the Crisis: Mugging, The State and Law and Order, 1978, London: Macmillan </ref> an. Die Argumentation geht darauf zurück, dass die herrschenden Eliten in Großbrittanien kriminelle Überfälle als dermaßen bedrohlich deklarierten damit sich daraus eine moralische Panik entwickeln würde. Die Panik diente dem Zweck die Bevölkerung von der damaligen ökonomischen Krise abzulenken. Darüber hinaus bezeichnet Waddington moralische Panik eher als ein polemisches denn analytisches Konzept. <ref name="Waddington"/> Er geht darauf ein, dass der Begriff der moralischen Panik nicht gelten kann, da der Aspekt der Proportionalität auf nicht messbare Bedingungen zurückzuführen ist. Dadurch würde kein valides Kriterium bestehen, welches eine gültige Aussage über das zeitliche Auftreten einer moralischen Panik wiedergeben könnte. Waddington äußert sich dazu folgendermaßen: ''"The ´principial difficulty` of the moral panic is in „establishing the comparison between the scale of the problem and the scale of response to it (…)."'' <ref name=Waddington/>
Breite Kritik streute [[P.A.J. Waddington]] im Jahr 1986 in seinem Artikel ''"Mugging as a moral panic: a question of proportion"''.<ref name="Waddington">Waddington,  P.A.J.: ''Mugging as a moral panic: a question of proportion'', In:  The british Journal of 37,(2), 1986, S. 245-59 </ref> Darin greift er die Argumentation der Autoren des Buches [["Policing the Crisis"]] <ref> Hall, S./ Critcher, C. / Jefferson, T./ Clarke, J./ Roberts, B : 'Policing the Crisis: Mugging, The State and Law and Order, 1978, London: Macmillan </ref> an. Die Argumentation geht darauf zurück, dass die herrschenden Eliten in Großbrittanien kriminelle Überfälle als dermaßen bedrohlich deklarierten damit sich daraus eine moralische Panik entwickeln würde. Die Panik diente dem Zweck die Bevölkerung von der damaligen ökonomischen Krise abzulenken. Darüber hinaus bezeichnet Waddington moralische Panik eher als ein polemisches denn analytisches Konzept. <ref name="Waddington"/> Er geht darauf ein, dass der Begriff der moralischen Panik nicht gelten kann, da der Aspekt der Proportionalität auf nicht messbare Bedingungen zurückzuführen ist. Dadurch würde kein valides Kriterium bestehen, welches eine gültige Aussage über das zeitliche Auftreten einer moralischen Panik wiedergeben könnte. Waddington äußert sich dazu folgendermaßen: ''"The ´principial difficulty` of the moral panic is in „establishing the comparison between the scale of the problem and the scale of response to it (…)."'' <ref name=Waddington/>
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==Literatur==
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'''Zur Theorie und Bedeutung'''
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