Menschenwürde: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Begriff der '''Menschenwürde''' kann zweierlei bezeichnen: ein angeborenes ''Wesensmerkmal'' eines jeden Menschen, das vollkommen unabhängig ist von seinen Eigenschaften, seinem Verhalten und seiner sozialen Stellung und/oder einen ''Gestaltungsauftrag'', demzufolge Würde nicht von vornherein mitgegeben, sondern z.B. anzustreben, zu ermöglichen, zu verdienen und zu bewahren ist. Als Gestaltungsauftrag kann sich der Begriff der Menschenwürde entweder an jede einzelne Person richten - sie stellt dann einen Aufruf zu Selbststeuerung, Selbsterziehung und Selbstachtung dar (= der Mensch soll so leben, dass er seine persönliche Würde schützt, erhält und nicht preisgibt, indem er sich etwas "würdelos" oder "unwürdig" verhält) - oder aber an Dritte. Als Dritte kommen die Mitmenschen in Betracht (niemand soll andere Menschen entwürdigend behandeln), vor allem aber, wegen seiner überlegenen Machtmittel und der damit einhergehenden Missbrauchsrisiken, der Staat. An den Staat als Sozialstaat richtet sich der Gestaltungsauftrag zur Schaffung von gesellschaftlichen Verhältnissen, die es auch den Armen und Benachteiligten erlauben, ein menschenwürdiges Leben zu führen. An den Staat als Rechtsstaat richtet sich der Gestaltungsauftrag, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen (vgl. Wetz 2005, 2011).
Der Begriff der '''Menschenwürde''' enthält denjenigen der [[Würde]] und verweist auf einen achtungsgebietenden Habitus, der aus Selbsterziehung, Impulskontrolle und ethischer Prinzipienfestigkeit entwickelt werden kann und zu dessen Bedingungen der Möglichkeit die Scham als Schutz-Affekt gegenüber dem Rückfall auf das unkultivierte Körperliche gehört. Gezwungenermaßen und unter dem Blick der Anderen seine ''leibliche Souveränität'' (Thomas Fuchs) einzubüßen - das ist Verletzung der Würde.


:''Dementsprechend gehört zu den massivsten Verletzungen der Würde nicht die Gewaltanwendung als solche, sondern die demütigende Brechung der leiblichen Souveränität, wie sie vor allem durch Vergewaltigung oder durch die Folter erreicht wird. Solche Würdeverletzungen wirken in besonderer Weise beschämend und nahhaltig traumatisierend. Sie durchbrechen die Barrieren der Intimität und reduzieren das Opfer auf seine nackte Körperlichkeit, ohne ihm eine Möglichkeit zu lassen, seine Würde in seinem Leib darzustellen. Ähnlich entwürdigende Wirkung hatten frühere Strafen wie der Pranger oder die Kreuzigung, die den Delinquenten in beschämender Weise zur Schau stellten. Aus jüngster Zeit ist die Folger durch erzwungene Einnahme sexueller Posen zu trauriger Berühmtheit gelangt. Solche Verfahren berauben die Opfer ihrer leiblichen Souveränität und zwingen sie auf demütigende Weise in ihre Körperlichkeit zurück'' (Fuchs 2008: 210).
Der Begriff der Menschenwürde kann zweierlei bezeichnen: ein angeborenes ''Wesensmerkmal'' eines jeden Menschen, das vollkommen unabhängig ist von seinen Eigenschaften, seinem Verhalten und seiner sozialen Stellung und/oder einen ''Gestaltungsauftrag'', demzufolge Würde nicht von vornherein mitgegeben, sondern z.B. anzustreben, zu ermöglichen, zu verdienen und zu bewahren ist. Als Gestaltungsauftrag kann sich der Begriff der Menschenwürde entweder an jede einzelne Person richten - sie stellt dann einen Aufruf zu Selbststeuerung, Selbsterziehung und Selbstachtung dar (= der Mensch soll so leben, dass er seine persönliche Würde schützt, erhält und nicht preisgibt, indem er sich etwas "würdelos" oder "unwürdig" verhält) - oder aber an Dritte. Als Dritte kommen die Mitmenschen in Betracht (niemand soll andere Menschen entwürdigend behandeln), vor allem aber, wegen seiner überlegenen Machtmittel und der damit einhergehenden Missbrauchsrisiken, der Staat. An den Staat als Sozialstaat richtet sich der Gestaltungsauftrag zur Schaffung von gesellschaftlichen Verhältnissen, die es auch den Armen und Benachteiligten erlauben, ein menschenwürdiges Leben zu führen. An den Staat als Rechtsstaat richtet sich der Gestaltungsauftrag, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen (vgl. Wetz 2005, 2011).
== Menschenwürde als weltanschaulich neutraler Begriff ==
Im weltanschaulich neutralen Staat definiert sich die Würde des Menschen vor allem über dessen Rechte, nämlich die (sich auf die wichtigsten allgemeinmenschlichen Interessen beziehenden)
Im weltanschaulich neutralen Staat definiert sich die Würde des Menschen vor allem über dessen Rechte, nämlich die (sich auf die wichtigsten allgemeinmenschlichen Interessen beziehenden)
#Abwehrrechte, die dem Schutz des Einzelnen vor willkürlichen Eingriffen durch den Staat dienen und dessen Zwangsgewalt begrenzen sollen (Recht auf Leben und individuelle Selbstbestimmung, Gleichheit vor dem Gesetz sowie Religions- und Weltanschuungsfreiheit)
#Abwehrrechte, die dem Schutz des Einzelnen vor willkürlichen Eingriffen durch den Staat dienen und dessen Zwangsgewalt begrenzen sollen (Recht auf Leben und individuelle Selbstbestimmung, Gleichheit vor dem Gesetz sowie Religions- und Weltanschuungsfreiheit)
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