Menschenwürde: Unterschied zwischen den Versionen

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:"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
:"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."


Sucht man nach Beispielen für eindeutige Menschenwürde-Verletzungen, so ist der sicherste Weg das Aufspüren von Ereignissen, in denen diejenigen, die ausdrücklich zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde aufgerufen sind, diese prima facie verletzen: am ehesten wird man solche Fälle dort finden, wo Staatsorgane und Bürger typischerweise unmittelbar in Zwangsverhältnissen aufeinander treffen - also dort, wo die Polizei mit unmittelbarem Zwang gegen Bürger vorgeht. Sie hat dieses Recht in jedem Staat der Welt, aber in jedem Staat der Welt gibt es auch Gesetze, die diese prekären Begegnungen durch rechtliche Kanalisierung zu steuern und in gewisse Formen zu gießen suchen: es gibt nur bestimmte Gründe und Situationen, in denen die Polizei berechtigt ist, Gewalt anzuwenden - und auch dann nur die erlaubten Formen der Gewalt und jeweils situationsangemessen nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Sucht man nach Beispielen für eindeutige Menschenwürde-Verletzungen, so ist der sicherste Weg das Aufspüren von Ereignissen, in denen diejenigen, die ausdrücklich zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde aufgerufen sind, diese prima facie verletzen: am ehesten wird man solche Fälle dort finden, wo Staatsorgane und Bürger typischerweise unmittelbar in Zwangsverhältnissen aufeinander treffen - also dort, wo die Polizei mit unmittelbarem Zwang gegen Bürger vorgeht. Sie hat dieses Recht in jedem Staat der Welt, aber in jedem Staat der Welt gibt es auch Gesetze, die diese prekären Begegnungen durch rechtliche Kanalisierung zu steuern und in gewisse Formen zu gießen suchen: es gibt nur bestimmte Gründe und Situationen, in denen die Polizei berechtigt ist, Gewalt anzuwenden - und auch dann nur die erlaubten Formen der Gewalt und jeweils situationsangemessen nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
 
 
 
Bestimmte Personen werden als Würdenträger bezeichnet, wenn sie eine gehobene soziale Position innehaben; davon zu unterscheiden ist die Vorstellung, dass jeder Mensch ungeachtet seiner Persönlichkeit und sozialen Stellung ein Träger von "Würde" ist oder sein sollte, und zwar in dem Sinne, dass er allein aufgrund seines Mensch-Seins eine Dignität besitze, die ihn zu etwas Besonderem mache. Dieser bei Cicero auftauchende Gedanke von der menschlichen Würde als eines Wesensmerkmals der Gattung Mensch wurde im augustineischen "Gottesstaat" zu folgender Stufenordnung der Wesen. Danach sind die lebenden Wesen höher angesiedelt als die leblosen: "Unter den lebenden sind sodann die empfindenden den nicht empfindenden vorzuziehen, also die Tiere den Bäumen. Unter den empfindenden aber die vernünftigen den vernunftlosen, also die Menschen dem Vieh. Unter den vernünfigen endlich die unsterblichen den sterblichen, also die Engel den Menschen" (nach: Wetz 2011: 53).
 
den Die ''Menschenwürde'' war der Antike nicht bekannt und ist auch im Gegensatz zu dem der Menschen''rechte'' bis heute nicht von universaler Bedeutung. Nur im deutschen Verfassungsrecht spielt er - als Reaktion auf Praktiken des Nationalsozialismus - eine hervorgehobene Rolle als oberster Grundwert, auf den gleich zu Beginn des Grundgesetzes Bezug genommen wird, nämlich im ersten Satz des ersten Absatzes des ersten Artikels - mit der bekannten Formulierung "Die Würde des Menschen ist unantastbar".
 
Angriffe auf die Würde des Menschen wie seinerzeit in Nazi-Deutschland - man denke an die Rassengesetze, die Behandlung von Angeklagten vor dem Volksgerichtshof und von Internierten in den Lagern - sollte es nie wieder geben. Der im kontrafaktischen Indikativ gehaltene Satz über die Unantastbarkeit der Menschenwürde offenbart denn auch Anklänge an eine Tabuschranke, die schon der Denkmöglichkeit einer Rückkehr zu solchen Praktiken einen Riegel vorschieben möchte. Ein Tabu ist aber nur dort erforderlich, wo der Drang nach dem Verbotenen stark und kaum zu kontrollieren ist. Insofern spricht der Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" bei genauerem Hinsehen für die Wahrheit des Gegenteils von dem, was er zu behaupten scheint (vgl. Wetz 1998, Meinhof 2004).
 
Statistiken über die Verletzungen, die der Menschenwürde zugefügt werden - man könnte sie sich ähnlich vorstellen wie die Polizeilichen Kriminalstatistiken - gibt es leider nicht.
 
Insofern fehlt der Überblick über das Ausmaß des ganzen Elends. Das bewahrt womöglich nicht nur unsere Psyche vor Überflutungen mit schwer zu ertragenden Eindrücken, sondern auch die Herrschaftssysteme auf der Welt vor einem aus Mitleid und Entrüstung gespeisten Aufstand des Gewissens.


== Was sie bedeutet ==
== Was sie bedeutet ==
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