Menschenhandel: Unterschied zwischen den Versionen

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===Polizeiarbeit===  
===Polizeiarbeit===  
2001 wurden im gesamten Bundesgebiet 273 Fälle des Menschenhandels mit 987 registrierten Opfern erfasst. Die Hälfte der Opfer war auf legalem Weg nach Deutschland gekommen, z.B. mit Touristenvisa. 24 Prozent der Opfer abgeschoben, 13 Prozent erhielten eine vorrüberge-hende Aufenthaltserlaubnis, 13 Prozent kehrten freiwillig in ihre Heimat zurück, 2 Prozent wurden in Zeugenschutzprogramme der Polizei aufgenommen und 8 Prozent blieben aus an-deren Gründen in Deutschland. Von 39 Prozent der Opfer gibt es entweder keine Auskunft über den Aufenthaltsort oder sie wurden nicht registriert. Seit 1999 sind Opfer von Menschenhandel auch befugt, am Assisted Voluntary Return Programme der International Organisation of Migration teilzunehmen, um in ihre Heimatländer zurückzukehren.  
2001 wurden im gesamten Bundesgebiet 273 Fälle des Menschenhandels mit 987 registrierten Opfern erfasst. Die Hälfte der Opfer war auf legalem Weg nach Deutschland gekommen, z.B. mit Touristenvisa. 24 Prozent der Opfer abgeschoben, 13 Prozent erhielten eine vorrüberge-hende Aufenthaltserlaubnis, 13 Prozent kehrten freiwillig in ihre Heimat zurück, 2 Prozent wurden in Zeugenschutzprogramme der Polizei aufgenommen und 8 Prozent blieben aus an-deren Gründen in Deutschland. Von 39 Prozent der Opfer gibt es entweder keine Auskunft über den Aufenthaltsort oder sie wurden nicht registriert. Seit 1999 sind Opfer von Menschenhandel auch befugt, am Assisted Voluntary Return Programme der International Organisation of Migration teilzunehmen, um in ihre Heimatländer zurückzukehren[51].
Die Polizeistatistiken über Menschenhandel können nur einen Ausschnitt des Gesamtausmaßes zeigen. Dies hat u.a. damit zu tun, dass durch die Statistik nur die Ermittlungsaktivität festgehalten wird. Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Dezernate setzen oft besondere Schwerpunkte, z.B. um  größere Verfahren auszuermitteln. Oft verlagert sich auch der Ermittlungsschwerpunkt, gerade wegen verfahrensökonomischer Gesichtspunkte, auf leichter zu beweisende Strafvorschriften (z.B. Einschleusung von Ausländern).  
In Deutschland ist Prostitution seit 1927 erlaubt, aber reglementiert. Nur in Sperrgebieten ist sie strafrechtlich verboten. Für die bei Verdacht von Menschenhandel ermittelnden Polizis-ten bedeutet das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG) von 2001 und die damit erfolgte Entkriminalisierung der Loddel, Luden, Bordellieren und Puff-mütter durch die Streichung des §180a StGB (Förderung der Prostitution), dass sie ohne einen wichtigen "Einstiegsermittlungsgrund" auskommen müssen. Durch die EU-Osterweiterung ist auch der Verdacht auf Illegalität fast ganz weggefallen.  
Die Polizeistatistiken über Menschenhandel können nur einen Ausschnitt des Gesamtausmaßes zeigen. Dies hat u.a. damit zu tun, dass durch die Statistik nur die Ermittlungsaktivität festgehalten wird. Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Dezernate setzen oft besondere Schwerpunkte, z.B. um  größere Verfahren auszuermitteln. Oft verlagert sich auch der Ermittlungsschwerpunkt, gerade wegen verfahrensökonomischer Gesichtspunkte, auf leichter zu beweisende Strafvorschriften (z.B. Einschleusung von Ausländern)[52].  
Die Hamburger Dienststelle LKA 65 hat ihre eigene Vorgehensweise entwickelt, um operative Erkenntnisse zu sammeln. Ihr Modellprojekt beinhaltet, dass eine Gruppe von Beamten der Abteilung Organisierte Kriminalität zu den Prostituierten geht, sie an den Orten trifft, an denen sie arbeiten. Die Beamten erhoffen sich so bessere Informationen über Zwangsprostitution. Sie wollen ein Vertrauensverhältnis zwischen sich und den Prostituierten aufbauen. Den Prostituierten soll klar gemacht werden, dass die Beamten gegen die Ausbeuter und nicht ge-gen die Prostituierten vorgehen wollen und dass die Polizei den Frauen – anders als vielleicht in ihren Heimatländern – helfen will. Das LKA schätzt, dass 95 Prozent der Prostituierten Zwangsprostituierte sind, also ihr Geld nicht selbst behalten können und fremdbestimmt sind.   
 
2007 ging laut LKA ungefähr die Hälfte aller Verfahren in diesem Bereich auf die Initiative der Opfer zurück. Dies widerspricht zwar der allgemeinen Annahme, dass vor allem die polizeiliche Ermittlungsarbeit zu Verfahren führe, wird aber in einer Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht zusammen mit dem Bundeskriminalamt und der Wiesbadener Kriminologischen Zentralstelle bestätigt. Diese Studie zeigt auch, dass die Erfolgsquote bei Fällen, die durch Anzeigen und Hinweise in Gang gesetzt wurden, mit 38,7 Prozent die höchste ist. Auch zeigt die Studie, dass dort, wo besondere Polizei-Dezernate eingesetzt werden, eine höhere Erfolgsquote zu verzeichnen ist. Verdeckte Ermittlungsmaßnahmen führen zu keinen höheren Erfolgsquoten.  
In Deutschland ist Prostitution seit 1927 erlaubt, aber reglementiert. Nur in Sperrgebieten ist sie strafrechtlich verboten[53]. Für die bei Verdacht von Menschenhandel ermittelnden Polizis-ten bedeutet das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (ProstG) von 2001 und die damit erfolgte Entkriminalisierung der Loddel, Luden, Bordellieren und Puff-mütter durch die Streichung des §180a StGB (Förderung der Prostitution), dass sie ohne einen wichtigen "Einstiegsermittlungsgrund" auskommen müssen. Durch die EU-Osterweiterung ist auch der Verdacht auf Illegalität fast ganz weggefallen[54].
Aber Menschenhandel ist ein internationales Problem und muss somit auch international bekämpft werden. Deshalb ist auch die Polizei in den Ursprungsländern gefragt. Doch ist dort häufig Korruption sowohl in der Verwaltung als auch bei der Polizei noch ein Problem. Aber auch die westlichen Staaten sind dagegen nicht gefeit. In den Ursprungs- oder Transitländern wird die Situation aber noch zusätzlich dadurch beeinträchtigt, dass nicht ausreichend Mittel für die Ausrüstung, die Ausbildung und die Gehälter der Ordnungs- und Sicherheitskräfte vorhanden sind.
Die Hamburger Dienststelle LKA 65 hat ihre eigene Vorgehensweise entwickelt, um operative Erkenntnisse zu sammeln. Ihr Modellprojekt beinhaltet, dass eine Gruppe von Beamten der Abteilung Organisierte Kriminalität zu den Prostituierten geht, sie an den Orten trifft, an denen sie arbeiten. Die Beamten erhoffen sich so bessere Informationen über Zwangsprostitution. Sie wollen ein Vertrauensverhältnis zwischen sich und den Prostituierten aufbauen. Den Prostituierten soll klar gemacht werden, dass die Beamten gegen die Ausbeuter und nicht ge-gen die Prostituierten vorgehen wollen und dass die Polizei den Frauen – anders als vielleicht in ihren Heimatländern – helfen will. Das LKA schätzt, dass 95 Prozent der Prostituierten Zwangsprostituierte sind, also ihr Geld nicht selbst behalten können und fremdbestimmt sind[55].   
2007 ging laut LKA ungefähr die Hälfte aller Verfahren in diesem Bereich auf die Initiative der Opfer zurück[56]. Dies widerspricht zwar der allgemeinen Annahme, dass vor allem die polizeiliche Ermittlungsarbeit zu Verfahren führe, wird aber in einer Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht zusammen mit dem Bundeskriminalamt und der Wiesbadener Kriminologischen Zentralstelle bestätigt. Diese Studie zeigt auch, dass die Erfolgsquote bei Fällen, die durch Anzeigen und Hinweise in Gang gesetzt wurden, mit 38,7 Prozent die höchste ist. Auch zeigt die Studie, dass dort, wo besondere Polizei-Dezernate eingesetzt werden, eine höhere Erfolgsquote zu verzeichnen ist. Verdeckte Ermittlungsmaßnahmen führen zu keinen höheren Erfolgsquoten[57].
Aber Menschenhandel ist ein internationales Problem und muss somit auch international bekämpft werden. Deshalb ist auch die Polizei in den Ursprungsländern gefragt. Doch ist dort häufig Korruption sowohl in der Verwaltung als auch bei der Polizei noch ein Problem. Aber auch die westlichen Staaten sind dagegen nicht gefeit. In den Ursprungs- oder Transitländern wird die Situation aber noch zusätzlich dadurch beeinträchtigt, dass nicht ausreichend Mittel für die Ausrüstung, die Ausbildung und die Gehälter der Ordnungs- und Sicherheitskräfte vorhanden sind[58].


==Fussnoten==
==Fussnoten==