Menschenhandel: Unterschied zwischen den Versionen

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In den neuen § 233 wurden aus dem § 234 (Menschenraub) die Tatbestände des Verbringens „in Sklaverei, Leibeigenschaft“ übernommen und um die Tatbestandsmerkmale „Schuldknechtschaft“ und „Beschäftigung … zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer stehen, welche die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben“(§ 233 Abs. 1).
In den neuen § 233 wurden aus dem § 234 (Menschenraub) die Tatbestände des Verbringens „in Sklaverei, Leibeigenschaft“ übernommen und um die Tatbestandsmerkmale „Schuldknechtschaft“ und „Beschäftigung … zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer stehen, welche die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit ausüben“(§ 233 Abs. 1).


==5 Maßnahmen gegen Menschenhandel==
== Maßnahmen gegen Menschenhandel==
===5.1 Repressive und präventive Maßnahmen===
===Repressive und präventive Maßnahmen===
Auch wenn in den internationalen Abkommen regelmäßig auf Präventionsmaßnahmen verwiesen wird, wird repressiven Maßnahmen gewöhnlich der Vorzug gegeben. Zu diesen Maßnahmen zählen u.a. eine schärfere Gangart in der Strafverfolgung: mehr Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen, Verbesserung Methoden, Großoffensiven mit internationaler Kooperation. Hinzu kommen staatliche Zeugenschutzprogramme für einstige Mitglieder krimineller Organisationen, der Einsatz von Undercover-Agenten, Einbindung nachrichtendienstlicher Erkenntnismethoden und die Einführung neuer Straftatbestände.  
Auch wenn in den internationalen Abkommen regelmäßig auf Präventionsmaßnahmen verwiesen wird, wird repressiven Maßnahmen gewöhnlich der Vorzug gegeben. Zu diesen Maßnahmen zählen u.a. eine schärfere Gangart in der Strafverfolgung: mehr Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen, Verbesserung Methoden, Großoffensiven mit internationaler Kooperation. Hinzu kommen staatliche Zeugenschutzprogramme für einstige Mitglieder krimineller Organisationen, der Einsatz von Undercover-Agenten, Einbindung nachrichtendienstlicher Erkenntnismethoden und die Einführung neuer Straftatbestände.  
Im Unterschied zu repressiven Maßnahmen sind präventive Maßnahmen nachhaltig. Ihre Ergebnisse sind aber für gewöhnlich nicht sofort sichtbar. Repressive Maßnahmen führen zu sofort sichtbaren Erfolgen. Sie behandeln aber nur die Symptome und nicht die Ursachen. Repressive und präventive Maßnahmen sollten parallel eingesetzt werden.
Im Unterschied zu repressiven Maßnahmen sind präventive Maßnahmen nachhaltig. Ihre Ergebnisse sind aber für gewöhnlich nicht sofort sichtbar. Repressive Maßnahmen führen zu sofort sichtbaren Erfolgen. Sie behandeln aber nur die Symptome und nicht die Ursachen. Repressive und präventive Maßnahmen sollten parallel eingesetzt werden.


===5.2 Opferzeugen===
===Opferzeugen===
Menschenhandel ist ein Kontrolldelikt. Es gibt generelle wenige Anzeigen von Opfern. Deshalb sind Ermittlungsmaßnahmen besonders wichtig. Für ihren Erfolg sind Opferzeugen entscheidend. Problematisch ist hier jedoch, dass zwar mit einer aufenthaltsrechtlichen Duldung der Aussagewille steigt, doch der Wille zur Aussage als Voraussetzung für die Duldung gilt. Annette Louise Herz empfiehlt, bei Menschenhandelsverfahren frühzeitig mit Fachberatungsstellen für Opfer zusammenzuarbeiten. Auch sollte den Opfern ein Rechtsbeistand zur Seite gestellt werden. So könne die Aussagebereitschaft der Opferzeugen positiv beeinflusst werden. Trotz einer gewöhnlich offiziell geregelten Kooperation von Dienststellen und Fachberatungsstellen werde nicht immer zu den Fachberatungsstellen Kontakt aufgenommen. Eine Erklärung hierfür sei, so Herz, die begrenzten Kapazitäten der Fachberatungsstellen sowie fehlendes Engagement der Sachbearbeiter. Gewöhnlich werde der Rechtsbeistand erst nach dem Einschalten der Fachberatungsstelle hinzugezogen. In Hamburg ist die nicht-staatliche Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel e.V. tätig.
Menschenhandel ist ein Kontrolldelikt. Es gibt generelle wenige Anzeigen von Opfern. Deshalb sind Ermittlungsmaßnahmen besonders wichtig. Für ihren Erfolg sind Opferzeugen entscheidend. Problematisch ist hier jedoch, dass zwar mit einer aufenthaltsrechtlichen Duldung der Aussagewille steigt, doch der Wille zur Aussage als Voraussetzung für die Duldung gilt. Annette Louise Herz empfiehlt, bei Menschenhandelsverfahren frühzeitig mit Fachberatungsstellen für Opfer zusammenzuarbeiten. Auch sollte den Opfern ein Rechtsbeistand zur Seite gestellt werden. So könne die Aussagebereitschaft der Opferzeugen positiv beeinflusst werden. Trotz einer gewöhnlich offiziell geregelten Kooperation von Dienststellen und Fachberatungsstellen werde nicht immer zu den Fachberatungsstellen Kontakt aufgenommen. Eine Erklärung hierfür sei, so Herz, die begrenzten Kapazitäten der Fachberatungsstellen sowie fehlendes Engagement der Sachbearbeiter. Gewöhnlich werde der Rechtsbeistand erst nach dem Einschalten der Fachberatungsstelle hinzugezogen. In Hamburg ist die nicht-staatliche Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel e.V. tätig.


===5.3 Polizeiarbeit===  
===Polizeiarbeit===  
2001 wurden im gesamten Bundesgebiet 273 Fälle des Menschenhandels mit 987 registrierten Opfern erfasst. Die Hälfte der Opfer war auf legalem Weg nach Deutschland gekommen, z.B. mit Touristenvisa. 24 Prozent der Opfer abgeschoben, 13 Prozent erhielten eine vorrüberge-hende Aufenthaltserlaubnis, 13 Prozent kehrten freiwillig in ihre Heimat zurück, 2 Prozent wurden in Zeugenschutzprogramme der Polizei aufgenommen und 8 Prozent blieben aus an-deren Gründen in Deutschland. Von 39 Prozent der Opfer gibt es entweder keine Auskunft über den Aufenthaltsort oder sie wurden nicht registriert. Seit 1999 sind Opfer von Menschenhandel auch befugt, am Assisted Voluntary Return Programme der International Organisation of Migration teilzunehmen, um in ihre Heimatländer zurückzukehren.  
2001 wurden im gesamten Bundesgebiet 273 Fälle des Menschenhandels mit 987 registrierten Opfern erfasst. Die Hälfte der Opfer war auf legalem Weg nach Deutschland gekommen, z.B. mit Touristenvisa. 24 Prozent der Opfer abgeschoben, 13 Prozent erhielten eine vorrüberge-hende Aufenthaltserlaubnis, 13 Prozent kehrten freiwillig in ihre Heimat zurück, 2 Prozent wurden in Zeugenschutzprogramme der Polizei aufgenommen und 8 Prozent blieben aus an-deren Gründen in Deutschland. Von 39 Prozent der Opfer gibt es entweder keine Auskunft über den Aufenthaltsort oder sie wurden nicht registriert. Seit 1999 sind Opfer von Menschenhandel auch befugt, am Assisted Voluntary Return Programme der International Organisation of Migration teilzunehmen, um in ihre Heimatländer zurückzukehren.  
Die Polizeistatistiken über Menschenhandel können nur einen Ausschnitt des Gesamtausmaßes zeigen. Dies hat u.a. damit zu tun, dass durch die Statistik nur die Ermittlungsaktivität festgehalten wird. Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Dezernate setzen oft besondere Schwerpunkte, z.B. um  größere Verfahren auszuermitteln. Oft verlagert sich auch der Ermittlungsschwerpunkt, gerade wegen verfahrensökonomischer Gesichtspunkte, auf leichter zu beweisende Strafvorschriften (z.B. Einschleusung von Ausländern).  
Die Polizeistatistiken über Menschenhandel können nur einen Ausschnitt des Gesamtausmaßes zeigen. Dies hat u.a. damit zu tun, dass durch die Statistik nur die Ermittlungsaktivität festgehalten wird. Die Dunkelziffer ist sehr hoch. Dezernate setzen oft besondere Schwerpunkte, z.B. um  größere Verfahren auszuermitteln. Oft verlagert sich auch der Ermittlungsschwerpunkt, gerade wegen verfahrensökonomischer Gesichtspunkte, auf leichter zu beweisende Strafvorschriften (z.B. Einschleusung von Ausländern).