Meinungsfreiheit: Unterschied zwischen den Versionen

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In einer knappen Entscheidung hob der Supreme Court 1969 die Bestrafung einer Person auf, die aus Protest gegen den Vietnam-Krieg die US-Flagge verbrannte. Einer der Richter erklärte damals: „Wenn es ein Grundprinzip des ersten Verfassungszusatzes gibt, ist dies das Prinzip, das der Regierung verbietet, den Ausdruck einer Idee nur aufgrund der Tatsache, dass die Gesellschaft diese Idee für beleidigend und widerwärtig hält, zu untersagen.“
In einer knappen Entscheidung hob der Supreme Court 1969 die Bestrafung einer Person auf, die aus Protest gegen den Vietnam-Krieg die US-Flagge verbrannte. Einer der Richter erklärte damals: „Wenn es ein Grundprinzip des ersten Verfassungszusatzes gibt, ist dies das Prinzip, das der Regierung verbietet, den Ausdruck einer Idee nur aufgrund der Tatsache, dass die Gesellschaft diese Idee für beleidigend und widerwärtig hält, zu untersagen.“


=== China ===
 
Andreas Ross, Meinungsfreiheit in Amerika, 16.01.15, FAZ:
 
:"Wenige Stunden nach dem Massaker bei „Charlie Hebdo“ löschte die amerikanische Bildagentur AP Images mehrere Fotos. Zunächst traf es Karikaturen des Satireblatts, kurz danach verschwand die 25 Jahre alte Abbildung des Kunstwerks „Piss Christ“ aus dem Angebot. Der amerikanische Fotograf Andres Serrano hatte 1987 ein Kruzifix in ein Glas Urin getaucht und ein Hochglanzfoto davon angefertigt; der Skandal über die von Christen als Blasphemie beschimpfte Arbeit flackert zuverlässig bei jeder Ausstellung auf. Nach dem Anschlag von Paris setzte die genossenschaftliche AP ihre Standards bei der kommerziellen Tochter durch. „Die AP versucht alles, um nicht ein Förderband für Bilder und Handlungen zu werden, die dazu dienen, Menschen auf Grundlage ihrer Religion, Rasse oder sexuellen Orientierung lächerlich zu machen oder zu provozieren“, teilte die Agentur mit. Dass man Islam, Christen- und Judentum gleich behandle, wurde einem kritischen Blogger durch die Entfernung des „Piss Christ“ bewiesen. Auch in dieser Woche rangen Amerikas Leitmedien mit „Charlies“ Provokationen. CNN filmte in der Druckerei aus bizarren Blickwinkeln, damit der (weinende) Prophet Mohammed auf dem neuen Heft nicht zu erkennen war. Eine Reporterin der „New York Times“ hatte am Sonntag miterleben dürfen, wie die überlebenden Redakteure an der Ausgabe feilten und sich auf den Titel verständigten. Ihr Bericht musste aber ohne ein Bild desselben auskommen. Das galt auch für die Nachricht über die Rekordauflage am folgenden Tag. Dafür wurde erwähnt, dass in der Mohammed-Zeichnung zweifach männliche Genitalien angedeutet seien. Der Redaktionsleiter der „Washington Post“ sah in dem aktuellen Hefttitel aus Paris dagegen nichts Beleidigendes und beschloss, anders als vorige Woche, einen Abdruck. Juristischen Rat mussten die Redakteure nicht einholen. Die Meinungsfreiheit kennt in den Vereinigten Staaten kaum Grenzen. „Hier muss man schon in ein volles Theater stürmen und fälschlich ,Feuer!‘ rufen, um den Boden des Erlaubten zu verlassen“, sagt der Verfassungsjurist Eric Rassbach. Er ist froh darüber – und sieht darin keinen Widerspruch zu seiner Arbeit als Anwalt religiöser Gruppen und Personen, die er beim „Becket-Fonds für Religionsfreiheit“ vertritt. Dessen Anwälte vertraten jüngst erfolgreich die von Baptisten gegründete Bastelladenkette Hobby Lobby, die sich weigerte, dem neuen Gesetz zu folgen und ihren Mitarbeiterinnen über die Krankenversicherung die „Pille danach“ zu bezahlen. Derzeit vertritt der „Becket Fund“ vor dem Supreme Court einen muslimischen Häftling, dem der Staat Arkansas verboten hat, sich einen kurzen Bart stehen zu lassen. „Meinungs- und Religionsfreiheit stehen nicht im Widerspruch“, sagt Rassbach dieser Zeitung. Man dürfe den Staat nicht durch Gesetze oder internationale Abkommen gegen die Verunglimpfung von Religionen zum Schiedsrichter machen: „Des einen Glaube ist des anderen Blasphemie.“ Es gebe in den Vereinigten Staaten keine nennenswerte Bewegung, die sich für entsprechende Gesetze stark machte. Es wäre auch aussichtslos. Das Oberste Gericht pflegt einen weiten Begriff der „freien Rede“. Es hat sich sogar die Auffassung zu eigen gemacht, dass das im ersten Verfassungszusatz verankerte Grundrecht es dem Kongress weitgehend verbietet, Bürgern oder Firmen Grenzen für politische Spenden zu setzen. Abtreibungskliniken müssen damit leben, dass an ihrer Schwelle für das „Recht auf Leben“ demonstriert wird. Die Mitglieder der kleinen Westboro Baptist Church aus Kansas durften vor Friedhöfen während der Beerdigungen lauthals den Tod von Soldaten im Irak bejubeln (weil Gott damit die Sünde der Homosexualität räche). Die Richter hinderten 2010 auch nicht den Prediger Terry Jones aus Florida daran, den Koran zu verbrennen. Die AP hatte schon entschieden, keine Bilder davon zu verbreiten, als Jones die Aktion absagte. Die öffentliche Ordnung, erklärt Rassbach, habe als Staatsaufgabe in Amerika nie wie in den vom Code Napoléon geprägten Ländern Europas im Mittelpunkt gestanden. Man dürfe nicht Provokationen mit Aufwiegelung verwechseln. Nur wenn jemand die Absicht verfolge, den Angehörigen einer Religion Schaden zuzufügen, sei die Justiz gefragt – ein besonderes Recht auf Schutz vor Beleidigung hätten Gläubige nicht. Selbst die Nationalsozialistische Partei Amerikas bekam vom Obersten Gericht 1977 das Recht zugebilligt, mit Hakenkreuz-Fahnen durch Skokie in Illinois zu marschieren, wo viele Holocaust-Überlebende wohnten. Die in Europa herrschenden Verbote von Symbolen totalitärer Herrschaft gelten in Amerika eher als Zeichen von Unreife. Dass zugleich die „political correctness“ gedeiht, Schmähworte verpönt sind und viele Medien ihre Rolle als Schleusenwärter des Anstands besonders ernst nehmen, könnte gerade daran liegen: Solange der Gesetzgeber nicht zwischen schützenswerter und nicht schützenswerter Rede unterscheidet, müssen die Bürger selbst Grenzen ziehen. In einem Land, das einst wegen ihres Glaubens in Europa verfolgte Siedler als Hort der Vielfalt ansahen, wissen viele Leser und Zuschauer Zurückhaltung der Medien zu schätzen. Selbst Katholiken, von denen es am meisten gibt, sind nur eine Minderheit, die lange mit Vorurteilen kämpfte. Auch die Überwindung der Rassentrennung führte der Einwanderungsnation die Folgen pauschaler Verunglimpfungen vor Augen. „Wir wissen als Gesellschaft, dass wir bei unseren Interaktionen eine gewisse Vorsicht walten lassen müssen“, resümiert Rassbach. Die Agentur AP sagt deshalb, sie wolle keinen Überbietungswettbewerb der Provokateure anheizen. Zensur sei das schon deshalb nicht, weil die Bürger heute nicht mehr von den Informationen weniger Agenturen abhingen. Tatsächlich bezeugt die alltägliche Konkurrenz um die derbste Obama-Kritik oder das schallendste Tea-Party-Bashing in Internet, Radio und Fernsehen, dass noch so bedächtige Traditionsmedien den aggressiven, von Lügen durchsetzten Meinungsstreit nicht unterdrücken könnten. Margaret Sullivan, die bei der „New York Times“ als „public editor“ für den Dialog mit Lesern zuständig ist, hat nach eigenem Bekunden nie so viele Zuschriften erhalten wie nach der Weigerung der Zeitung vorige Woche, „Charlie Hebdo“-Karikaturen nachzudrucken. Sie verteidigte den Beschluss, auch aus Sicherheitsgründen. Am Mittwoch aber ging sie auf Distanz. Das neue Titelblatt sei ein wichtiger Teil einer großen Nachrichtengeschichte. Man hätte die Leser, die es sehen wollten, nicht der Konkurrenz überlassen sollen."
 
==China ==


In China wird das Internet in großem Maßstab kontrolliert. Es gibt eine automatische Überwachungstechnik namens "Great Chinese Firewall". Unerwünschte Internetseiten (von Menschenrechtsorganisationen, Exiltibetern, ausländischen Medien oder der Falun-Gong-Gemeinde) werden immer wieder geblockt:
In China wird das Internet in großem Maßstab kontrolliert. Es gibt eine automatische Überwachungstechnik namens "Great Chinese Firewall". Unerwünschte Internetseiten (von Menschenrechtsorganisationen, Exiltibetern, ausländischen Medien oder der Falun-Gong-Gemeinde) werden immer wieder geblockt:
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