Lombrosianischer Mythos: Unterschied zwischen den Versionen

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Der '''Lombrosianische [[Mythos]]''' ist ein Begriff, der von den Soziologen [http://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_R._Lindesmith Alfred R. Lindesmith] und [[Yale Levin]] durch ihren Aufsatz ''The Lombrosian Myth in Criminology'' im Jahre 1937 geprägt wurde. Der Artikel hinterfragt die Bedeutung und Stellung des italienischen Arztes und Begründers der Kriminalanthropologie [[Cesare Lombroso]] als Gründungsvater der [[Kriminologie]] und setzt ihn in den historischen Kontext.
 
Der '''Lombrosianische [[Mythos]]''' ist ein Begriff, der von den Soziologen [[Alfred R. Lindesmith]] und [[Yale Levin]] durch ihren Aufsatz ''The Lombrosian Myth in Criminology'' im Jahre 1937 geprägt wurde. Der Artikel hinterfragt die Bedeutung und Stellung des italienischen Arztes und Begründers der Kriminalanthropologie [[Cesare Lombroso]] als Gründungsvater der [[Kriminologie]] und setzt ihn in den historischen Kontext.


== The Lombrosian Myth in Criminology ==
== The Lombrosian Myth in Criminology ==
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== Die Kritik ==
== Die Kritik ==
Obwohl Lindesmith und Levin Lombroso in ihrem Aufsatz nicht grundsätzlich eine Bedeutung für die Kriminologie versagen, erachten sie doch den Wert seiner Arbeiten für gering, und den Ruhm um seiner Person als Gründungsvater der Kriminologie für verfehlt. Der von ihnen geprägte Ausdruck des „Lombrosianischen Mythos“ wurde daher zum Inbegriff des Streites um die Gründungsmeriten dieser Wissenschaft. Brisanz erfährt der Streit dadurch, dass Cesare Lombrosos Forschungen für den - aus heutiger Sicht unhaltbaren - [[biologistischen Determinismus]] des ausgehenden 19. Jahrhunderts stehen.
Obwohl Lindesmith und Levin Lombroso in ihrem Aufsatz nicht grundsätzlich eine Bedeutung für die Kriminologie versagen, erachten sie doch den Wert seiner Arbeiten für gering, und den Ruhm um seiner Person als Gründungsvater der Kriminologie für verfehlt. Der von ihnen geprägte Ausdruck des ''Lombrosianischen Mythos'' wurde daher zum Inbegriff des Streites um die Gründungsmeriten dieser Wissenschaft. Weitere Brisanz erfährt der Streit dadurch, dass Cesare Lombrosos Forschungen für den - aus heutiger Sicht unhaltbaren - [[biologistischen Determinismus]] des ausgehenden 19. Jahrhunderts stehen.
Ein kurzer Abriss der hellsten Schlaglichter der kriminologischen Entwicklungsgeschichte und ihrem historischem Kontext können den Gegenstand des Lombrosianischen Mythos begreifbarer machen.
Eine Analyse der Studien der Wegbereiter oder eine Untersuchung der methodischen Vorgehensweise Lombrosos kann in diesem Rahmen nicht geleistet werden, vielmehr soll ein kurzer Abriss der hellsten Schlaglichter der kriminologischen Entwicklungsgeschichte in ihrem historischen Kontext den Gegenstand des ''Lombrosianischen Mythos'' begreifbarer machen und zu einer ersten Einschätzung befähigen.
   
   
== Der historische Kontext ==
== Der historische Kontext ==
=== Wegbereiter ===
=== Wegbereiter ===
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== Der Mythos Lombroso? ==
== Der Mythos Lombroso? ==
Bereits dieser kurze Abriss der hellsten Schlaglichter in der Kriminologiegeschichte zeigt, dass kriminologische Studien und Untersuchungen bereits viel älter sind als die wissenschaftliche Kriminologie selbst. Die breite Palette an Bezugswissenschaften der Kriminologie lässt dabei ihre Wegbereiter unübersichtlich und widerläufig erscheinen. Ohne Frage wurde die Entwicklungsgeschichte der Kriminologie von zahlreichen Gelehrten und  Wissenschaftlern geprägt, die allesamt und auf ihre Weise einen Beitrag für die Institutionalisierung und Konsolidierung der Kriminologie als eigenständige Wissenschaft geleistet haben, einer Wissenschaft, die nicht nur wissenschaftliche Vernunft, sondern auch menschliche Moral miteinander verbindet. (Strasser, 1980, S. 7) Dies mag letztlich der Grund dafür sein, warum keine Person in der Geschichte der Kriminologie dermaßen umstritten, kein Name dermaßen gepriesen und gleichzeitig so heftigen Angriffen ausgesetzt ist wie der Lombrosos. Auch wenn seine Lehre vom biologischem Determinismus sich an dem wissenschaftlichen Selbstverständnis der Kriminologie stößt und ihr die Diskrepanz zwischen Selbstbild und tatsächlicher Realität vor Augen führt, kein Gelehrter und Wissenschaftler vor Lombroso lieferten vollständige Gesichtspunkte und einheitliche Schilderungen vor dem Hintergrund ausreichender empirischer Grundlagen. Lombroso war der erste, der ernsthafte, systematische, dem wissenschaftlichen Standard genügende Ursachenforschung gerade aus dem Grunde betrieb, die Ursache der Kriminalität zu erhellen (Hering 1966, S. 47). Spricht nun auch viel für Lombroso als Gründungsvater der Kriminologie, so ist doch zweifellos, dass es, wie Lindesmith und Levin es hervorheben, zahllose Gelehrte vor Lombroso gab, die kriminologische Studien unternahmen. Lombroso als ''ersten Kriminologen'' zu benennen wäre vor diesem Hintergrund eine unzulässige Verkürzung der geschichtlichen Zusammenhänge – hinge aber auch ganz entscheidend von der persönlichen Definition des Kriminologiebegriffes ab.
Bereits dieser kurze Abriss der hellsten Schlaglichter in der Kriminologiegeschichte zeigt, dass kriminologische Studien und Untersuchungen bereits viel älter sind als die wissenschaftliche Kriminologie selbst. Die breite Palette an Bezugswissenschaften der Kriminologie lässt dabei ihre wegbereitenden Entwicklungen unübersichtlich und sogar widerläufig erscheinen. Ohne Frage wurde die Entwicklungsgeschichte der Kriminologie von zahlreichen Gelehrten und  Wissenschaftlern geprägt, die allesamt und auf ihre Weise einen Beitrag für die Institutionalisierung und Konsolidierung der Kriminologie als eigenständige Wissenschaft geleistet haben, einer Wissenschaft, die nicht nur wissenschaftliche Vernunft, sondern auch menschliche Moral miteinander verbindet. (Strasser, 1980, S. 7) Dies mag letztlich der Grund dafür sein, warum keine Person in der Geschichte der Kriminologie dermaßen umstritten, kein Name dermaßen gepriesen und gleichzeitig so heftigen Angriffen ausgesetzt ist wie der Lombrosos. Auch wenn seine Lehre vom biologischem Determinismus sich an dem wissenschaftlichen Selbstverständnis der Kriminologie stößt und ihr die Diskrepanz zwischen Selbstbild und tatsächlicher Realität vor Augen führt, kein Gelehrter und Wissenschaftler vor Lombroso lieferte vollständige Gesichtspunkte und einheitliche Schilderungen vor dem Hintergrund ausreichender empirischer Grundlagen. Lombroso war der erste, der ernsthafte, systematische, dem wissenschaftlichen Standard genügende Ursachenforschung gerade aus dem Grunde betrieb, die Ursache der Kriminalität zu erhellen (Hering 1966, S. 47). Spricht nun auch viel für Lombroso als Gründungsvater der Kriminologie, so ist doch zweifellos, dass es, wie Lindesmith und Levin es hervorheben, zahllose Gelehrte vor Lombroso gab, die kriminologische Studien unternahmen. Lombroso als ''ersten Kriminologen'' zu benennen wäre vor diesem Hintergrund eine unzulässige Verkürzung der geschichtlichen Zusammenhänge – hinge aber auch ganz entscheidend von der persönlichen Definition des Kriminologiebegriffes ab.


== Zitate ==
== Zitate ==
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[[Kategorie:Geschichte der Kriminologie]]
[[Kategorie:Geschichte der Kriminologie]]
[[Kategorie:Wissenschaftliches Werk]]
[[Kategorie:Wissenschaftliches Werk]]
[[Kategorie:Leistungsnachweis]]
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