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=== Aufbau der direkten Regulierung===
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4. Sanktionen: Handlungsmuster und Reaktionen auf Abweichung von den aufgestellten Regeln müssen festgelegt werden.
4. Sanktionen: Handlungsmuster und Reaktionen auf Abweichung von den aufgestellten Regeln müssen festgelegt werden.


5. Sonderregeln: Die Vielschichtigkeit der Thematik und die Diversität der politischen Systeme bedürfen Sonderregeln, die den systemischen Determinaten und jeweiligen Besonderheiten gerecht werden.  
5. Sonderregeln: Die Vielschichtigkeit der Thematik und die Diversität der politischen Systeme bedürfen Sonderregeln, die den systemischen Determinaten und jeweiligen Besonderheiten gerecht werden (Drosz, Maciej, 2006:83).  




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Der Entwicklung des Lobbyismus folgt mit einiger zeitlicher Verzögerung die Entwicklung von gesetzlichen Rahmenbedingungen um seinen Einfluss zu regulieren. Es darf daher nicht verwundern, dass die Lobbyregulierung in einem Land, das als „Erfinder“ des Lobbyismus gilt, eine längere Tradition hat und in Teilen auch weitreichender ist, als in Deutschland.
Der Entwicklung des Lobbyismus folgt mit einiger zeitlicher Verzögerung die Entwicklung von gesetzlichen Rahmenbedingungen um seinen Einfluss zu regulieren. Es darf daher nicht verwundern, dass die Lobbyregulierung in einem Land, das als „Erfinder“ des Lobbyismus gilt, eine längere Tradition hat und in Teilen auch weitreichender ist, als in Deutschland.
In den Vereinigten Staaten gehen die Versuche, verbandliche Einflussnahme auf die Politik zu reglementieren, bis in das frühe 20. Jahrhundert zurück. Der jüngste Versuch ist der „Lobby Disclosure Act“ von 1995, eine Weiterentwicklung des „Federal Regulation of Lobbying Act“ von 1946.
In den Vereinigten Staaten gehen die Versuche, verbandliche Einflussnahme auf die Politik zu reglementieren, bis in das frühe 20. Jahrhundert zurück Hrebenar 1997:271). Der jüngste Versuch ist der „Lobby Disclosure Act“ von 1995, eine Weiterentwicklung des „Federal Regulation of Lobbying Act“ von 1946.
In der Bundesrepublik existiert seit 1972 eine sogenannte „Öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern“, die beim Deutschen Bundestag geführt wird. In diese Liste haben sich auf der Basis von Freiwilligkeit Verbände und Verbandsvertreter einzutragen, die in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages gehört werden wollen. Die Verbände haben dafür formelle Daten, wie Mitgliederzahl, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Interessenbereich und die Namen der Lobbyisten am Parlamentssitz anzugeben. Eine Offenlegungspflicht von finanziellen Zuwendungen, dem konkreten Gegenstand der Einflussnahme oder der Adressaten der Lobbytätigkeit, wie es der Lobbying Disclosure Act in den USA fordert, existiert in Deutschland nicht. Mögliche Gründe für die weniger strengen Regulierungen für Lobbyismustätigkeiten in Deutschland mag zum einen die geringere Bedeutung des Deutschen Bundestages als Ziel für Lobbyismus im Gegensatz zum Kongress in den USA und zum anderen der Tatsache geschuldet sein, dass die Bundesrepublik bisher von Skandalen hinsichtlich ausufernder Einflussnahme verschont wurde. Ob letzterer Aspekt nicht gerade einer fehlenden Offenlegungspflicht für lobbyistische Tätigkeiten geschuldet ist, bleibt ungewiss.
In der Bundesrepublik existiert seit 1972 eine sogenannte „Öffentliche Liste über die Registrierung von Verbänden und deren Vertretern“, die beim Deutschen Bundestag geführt wird. In diese Liste haben sich auf der Basis von Freiwilligkeit Verbände und Verbandsvertreter einzutragen, die in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages gehört werden wollen. Die Verbände haben dafür formelle Daten, wie Mitgliederzahl, Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Interessenbereich und die Namen der Lobbyisten am Parlamentssitz anzugeben. Eine Offenlegungspflicht von finanziellen Zuwendungen, dem konkreten Gegenstand der Einflussnahme oder der Adressaten der Lobbytätigkeit, wie es der Lobbying Disclosure Act in den USA fordert, existiert in Deutschland nicht. Mögliche Gründe für die weniger strengen Regulierungen für Lobbyismustätigkeiten in Deutschland mag zum einen die geringere Bedeutung des Deutschen Bundestages als Ziel für Lobbyismus im Gegensatz zum Kongress in den USA und zum anderen der Tatsache geschuldet sein, dass die Bundesrepublik bisher von Skandalen hinsichtlich ausufernder Einflussnahme verschont wurde. Ob letzterer Aspekt nicht gerade einer fehlenden Offenlegungspflicht für lobbyistische Tätigkeiten geschuldet ist, bleibt ungewiss.
Nicht nur bei der Regulierung auf der Lobbyistenseite, sondern auch auf Seiten der Vorschriften für Abgeordnete fallen zwischen den USA und Deutschland große Unterschiede auf. Durch den „Ethics in Government Act“ ist die Höhe der Zusatzeinkünfte für Kongressabgeordnete in den USA auf 15% der Höhe der Diäten beschränkt. Für den Wechsel in eine Lobbytätigkeit nach dem Ausscheiden aus dem politischen Amt besteht in den Vereinigten Staaten eine Abkühlungsfrist von einem Jahr. In Deutschland existiert eine derartige Abkühlungsfrist nicht, weder für Abgeordnete noch für politische Beamte. Die Höhe der Zusatzeinkünfte für Bundestagsabgeordnete ist nicht beschränkt, auch wenn die „ [...] Ausübung des Mandats [...] im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages“ stehen soll.  Bezüge aus Nebentätigkeiten müssen seit der Novellierung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 2005 pauschaliert offengelegt werden. Gegen diese Offenlegungspflicht richtete sich teils heftiger Widerstand aus Reihen der Parlamentarier.
Nicht nur bei der Regulierung auf der Lobbyistenseite, sondern auch auf Seiten der Vorschriften für Abgeordnete fallen zwischen den USA und Deutschland große Unterschiede auf. Durch den „Ethics in Government Act“ ist die Höhe der Zusatzeinkünfte für Kongressabgeordnete in den USA auf 15% der Höhe der Diäten beschränkt. Für den Wechsel in eine Lobbytätigkeit nach dem Ausscheiden aus dem politischen Amt besteht in den Vereinigten Staaten eine Abkühlungsfrist von einem Jahr. In Deutschland existiert eine derartige Abkühlungsfrist nicht, weder für Abgeordnete noch für politische Beamte. Die Höhe der Zusatzeinkünfte für Bundestagsabgeordnete ist nicht beschränkt, auch wenn die „ [...] Ausübung des Mandats [...] im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Bundestages“ stehen soll.  Bezüge aus Nebentätigkeiten müssen seit der Novellierung des Abgeordnetengesetzes im Jahre 2005 pauschaliert offengelegt werden (Rendelfs 2003:339). Gegen diese Offenlegungspflicht richtete sich teils heftiger Widerstand aus Reihen der Parlamentarier.


In Deutschland stellen die in der Verfassung verankerten politischen Parteien eine herausragende Besonderheit dar. Sie erfüllen in Deutschland eine wichtige Rolle bei der Bündelung von Partikularinteressen und dienen der Interessenartikulation großer Bevölkerungsgruppen. Die insgesamt korporatistisch und überwiegend auf Konsens bedachten Strukturen in Deutschland müssen bei der Betrachtung der Thematik ebenfalls berücksichtigt werden. Der Bundestag als Arbeitsparlament, in dem die parteiübergreifende Ausschussarbeitet überwiegt, ist seltener das Ziel von Lobbyisten als sein US-amerikanisches Pendant. Das personalisierte Verhältniswahlrecht führt zu einer insgesamt schwachen Wahlkreisbindung und regionalen Verbundenheit der Parlamentarier.In Deutschland wird der Verlauf der einzelnen Karrieren durch den Listenplatz und somit auch durch die Institution der Parteien bestimmt. Einen weiteren wesentlichen Faktor stellt die in Deutschland weniger restriktiv ausfallende Gewaltenteilung dar. Das jeweilige Kabinett, also die Exekutive, ist in der Regel auch mit Bundestagsmandaten ausgestattet und somit ebenfalls Teil der Legislative.  
In Deutschland stellen die in der Verfassung verankerten politischen Parteien eine herausragende Besonderheit dar. Sie erfüllen in Deutschland eine wichtige Rolle bei der Bündelung von Partikularinteressen und dienen der Interessenartikulation großer Bevölkerungsgruppen. Die insgesamt korporatistisch und überwiegend auf Konsens bedachten Strukturen in Deutschland müssen bei der Betrachtung der Thematik ebenfalls berücksichtigt werden. Der Bundestag als Arbeitsparlament, in dem die parteiübergreifende Ausschussarbeitet überwiegt, ist seltener das Ziel von Lobbyisten als sein US-amerikanisches Pendant. Das personalisierte Verhältniswahlrecht führt zu einer insgesamt schwachen Wahlkreisbindung und regionalen Verbundenheit der Parlamentarier.In Deutschland wird der Verlauf der einzelnen Karrieren durch den Listenplatz und somit auch durch die Institution der Parteien bestimmt. Einen weiteren wesentlichen Faktor stellt die in Deutschland weniger restriktiv ausfallende Gewaltenteilung dar. Das jeweilige Kabinett, also die Exekutive, ist in der Regel auch mit Bundestagsmandaten ausgestattet und somit ebenfalls Teil der Legislative.  
Zusammenfassend kann man sagen, dass in Deutschland nur ein geringes Problembewusstsein bzw. kein Konzept vorhanden ist, um dem Phänomen des Lobbyismus adäquat zu begegnen. Die Gründe hierfür mögen in den korporatistischen Strukturen liegen, die in der Vergangenheit keinen Platz für professionellen Lobbyismus ließen. Der mit Globalisierungseffekten und dem Aufbrechen von nationalen Mikrokosmen verbundene Wandel hin zu einer zunehmend pluralistischen Struktur bewirkt ein regelrechtes Regulierungsvakuum auf diesem Bereich.   
Zusammenfassend kann man sagen, dass in Deutschland nur ein geringes Problembewusstsein bzw. kein Konzept vorhanden ist, um dem Phänomen des Lobbyismus adäquat zu begegnen. Die Gründe hierfür mögen in den korporatistischen Strukturen liegen, die in der Vergangenheit keinen Platz für professionellen Lobbyismus ließen. Der mit Globalisierungseffekten und dem Aufbrechen von nationalen Mikrokosmen verbundene Wandel hin zu einer zunehmend pluralistischen Struktur bewirkt ein regelrechtes Regulierungsvakuum auf diesem Bereich.   




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== Literatur ==
== Literatur ==


Drosz, Maciej: Lobbying-Regulierung im Europäischen Vergleich, In: Public Affairs Manager Bd.2, Berlin/Brüssel 2006.


Hrebenar, Ronald J.: Interest Group Politics in America – Third Edition, New York 1997.
Hrebenar, Ronald J.: Interest Group Politics in America – Third Edition, New York 1997.
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