Lobbycontrol: Unterschied zwischen den Versionen

400 Bytes hinzugefügt ,  10:26, 11. Mär. 2010
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 25: Zeile 25:
Die kriminologische Relevanz des Phänomens Lobbyismus ergibt sich aus seiner exponierten Rolle für den politischen Normsetzungsprozess.
Die kriminologische Relevanz des Phänomens Lobbyismus ergibt sich aus seiner exponierten Rolle für den politischen Normsetzungsprozess.
Lobbyismus nimmt mittelbaren Einfluss auf  das Gesetzgebungsverfahren und ist daher auch mitverantwortlich für die Kriminalisierung/Entkriminalisierung von Verhaltensweisen.  
Lobbyismus nimmt mittelbaren Einfluss auf  das Gesetzgebungsverfahren und ist daher auch mitverantwortlich für die Kriminalisierung/Entkriminalisierung von Verhaltensweisen.  
Lobbyisten definieren Themeninhalte, mit denen sich die Politik beschäftigt. Von Lobbyisten initierte Aktionen und Kampagnen führen bei großen Teilen der Bevölkerung häufig zu einem subjektiv empfundenen Handlungs- bzw. Regulierungsbedürfniss, welchem durch die politischen Entscheidungsträger regelmäßig mit Aktionismus begegnet wird. Nach Schetsche gibt es dabei immer Akteure, die sich zur Verbreitung ihrer Problemdeutung bestimmter Strategien bedienen,  um ihr Interesse durchzusetzen [[(Schetsche 1996: 87)]]. Zu diesen Strategien zählt auch der Lobbyismus. Ein weiteres kriminologisch relevantes Themenfeld ergibt sich aber auch aus der Anfälligkeit zahlreicher politischer Akteure für Korruptionsdelikte. Es ist allerdings unterkomplex, die kriminologische Relevanz des Lobbyismus und dessen Regulierung und Kontrolle auf die häufig feststellbare Nähe zu Korruptionsdelikten zu beschränken. Wie beschrieben ist die Rolle des Lobbyismus wesentlich elementarer und vielschichtiger.  
Lobbyisten definieren Themeninhalte, mit denen sich die Politik beschäftigt. Von Lobbyisten initierte Aktionen und Kampagnen führen bei großen Teilen der Bevölkerung häufig zu einem subjektiv empfundenen Handlungs- bzw. Regulierungsbedürfniss, welchem durch die politischen Entscheidungsträger regelmäßig mit Aktionismus begegnet wird. Nach Schetsche gibt es dabei immer Akteure, die sich zur Verbreitung ihrer Problemdeutung bestimmter Strategien bedienen,  um ihr Interesse durchzusetzen [[(Schetsche 1996: 87)]]. Zu diesen Strategien zählt auch der Lobbyismus. Ein weiteres kriminologisch relevantes Themenfeld ergibt sich aber auch aus der Anfälligkeit zahlreicher politischer Akteure für Korruptionsdelikte. Es ist allerdings unterkomplex, die kriminologische Relevanz des Lobbyismus und dessen Regulierung und Kontrolle auf die häufig feststellbare Nähe zu Korruptionsdelikten zu beschränken. Wie oben beschrieben ist die Rolle des Lobbyismus wesentlich elementarer und vielschichtiger.  


== Lobby-Regulierung ==
== Lobby-Regulierung ==


Das Phänomen des Lobbyismus und dessen Regulierung kann nie ohne die jeweilig vorherrschenden politischen und systemischen Bedingungen in einem  Staat betrachtet werden. Wie eingangs beschrieben hat der Lobbyismus als Mittel zur Partizipation am politischen Prozess eine wichtige Bedeutung.
Es fällt auf, dass die Maßnahmen zur Regulierung der eigentlichen Entwicklung und Etablierung des Lobbyismus in einigem zeitlichen Abstand folgen. Die Aufdeckung von Skandalen und Missständen führen sukzessive zu einem wachsenden Problembewusstsein und zu einer zunehmenden Regulierung.
 
===Indirekte Regulierung===
===Indirekte Regulierung===


Zeile 57: Zeile 60:
==Lobbyregulierung im Vergleich: USA und Deutschland ==
==Lobbyregulierung im Vergleich: USA und Deutschland ==


Das Phänomen des Lobbyismus und dessen Regulierung kann nie ohne die jeweilig vorherrschenden politischen und systemischen Bedingungen betrachtet werden. Im Mutterland des Lobbyismus besteht  In Deutschland stellen die politischen Parteien eine herausragende Besonderheit dar. Die in der Verfassung verankerten Parteien erfüllen in Deutschland eine wichtige Rolle bei der Bündelung von Partikularinteressen und dienen der Interessenartikulation großer Bevölkerungsgruppen. Die insgesamt korporatistisch und überwiegend auf Konsens bedachten Strukturen in Deutschland sind für die Betrachtung der Thematik ebenfalls wichtig. Der Bundestag als Arbeitsparlament, in dem die parteiübergreifende Ausschussarbeitet überwiegt, ist seltener das Ziel von Lobbyisten als sein us-amerikanisches Pendant. Das personalisierte Verhältniswahlrecht führt zu einer insgesamt schwachen Wahlkreisbindung und regionalen Verbundenheit der Parlamentarier.In Deutschland wird der Verlauf der einzelnen Karrieren durch den Listenplatz und somit auch durch die Institution der Parteien bestimmt. Einen weiteren wesentlichen Faktor stellt die in Deutschland weniger restriktiv ausfallende Gewaltenteilung dar. Das jeweilige Kabinett, also die Exekutive, ist in der Regel auch mit Bundestagsmandaten ausgestattet und somit ebenfalls Teil der Legislative.  
  In Deutschland stellen die politischen Parteien eine herausragende Besonderheit dar. Die in der Verfassung verankerten Parteien erfüllen in Deutschland eine wichtige Rolle bei der Bündelung von Partikularinteressen und dienen der Interessenartikulation großer Bevölkerungsgruppen. Die insgesamt korporatistisch und überwiegend auf Konsens bedachten Strukturen in Deutschland sind für die Betrachtung der Thematik ebenfalls wichtig. Der Bundestag als Arbeitsparlament, in dem die parteiübergreifende Ausschussarbeitet überwiegt, ist seltener das Ziel von Lobbyisten als sein us-amerikanisches Pendant. Das personalisierte Verhältniswahlrecht führt zu einer insgesamt schwachen Wahlkreisbindung und regionalen Verbundenheit der Parlamentarier.In Deutschland wird der Verlauf der einzelnen Karrieren durch den Listenplatz und somit auch durch die Institution der Parteien bestimmt. Einen weiteren wesentlichen Faktor stellt die in Deutschland weniger restriktiv ausfallende Gewaltenteilung dar. Das jeweilige Kabinett, also die Exekutive, ist in der Regel auch mit Bundestagsmandaten ausgestattet und somit ebenfalls Teil der Legislative.  


Zusammenfassend kann man sagen, dass in Deutschland nur ein geringes Problembewusstsein bzw. kein Konzept vorhanden ist, um dem Phänomen des Lobbyismus adäquat zu begegnen. Die Gründe hierfür mögen in den korporatistischen Strukturen liegen, die in der Vergangenheit keinen Platz für professionellen Lobbyismus ließen. Der mit Globalisierungseffekten und dem Aufbrechen von nationalen Mikrokosmen verbundene Wandel hin zu einer zunehmend pluralistischen Struktur bewirkt ein regelrechtes Regulierungsvakuum auf diesem Bereich.   
Zusammenfassend kann man sagen, dass in Deutschland nur ein geringes Problembewusstsein bzw. kein Konzept vorhanden ist, um dem Phänomen des Lobbyismus adäquat zu begegnen. Die Gründe hierfür mögen in den korporatistischen Strukturen liegen, die in der Vergangenheit keinen Platz für professionellen Lobbyismus ließen. Der mit Globalisierungseffekten und dem Aufbrechen von nationalen Mikrokosmen verbundene Wandel hin zu einer zunehmend pluralistischen Struktur bewirkt ein regelrechtes Regulierungsvakuum auf diesem Bereich.   
55

Bearbeitungen