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Nach dem Korankommentator [http://de.wikipedia.org/wiki/At-Tabar%C4%AB At-Tabarī] bezieht sich diese Stelle lediglich auf Unzucht (''zani'')<ref>aṭ-Ṭabarī, ''Tafsīr aṭ-Ṭabari, al-musammā Ǧāmiʿ al-bayān ʿan taʾwīl al-Qurʾān,'' 3. Auflage, Beirut 1999, Band 3, zu Sure 4:15-16; auch ''Tafsīr aṭ-Ṭabari, al-musammā Ǧāmiʿ al-bayān fī taʾwīl al-Qurʾān,'' hg. von Hānī al-Ḥāǧǧ, ʿImād Zakī al-Bārūdī und Ḫairī Saʿd, Kairo: al-Maktaba at-Taufīqiyya, o.J. (2004), Band ((nn)), Teil 4, Seite ((nn-nn)) (wird ergänzt) zu Sure 4:15-16.</ref>, also den nicht durch Heirat legitimierten Geschlechtsverkehr, während der Interpret [http://de.wikipedia.org/wiki/Sayyid_Abul_Ala_Maududi Abū l-Aʿlā Maudūdī]  die Deutung bezogen auf gleichgeschlechtliche Akte explizit ablehnt. <ref>Maudūdī, ''Tafhīmu-l-Qurʾān'' ([[Urdu]]), Band I, S. 331-333 zu 4:15-16; englische Übersetzung [16 Bände, Lahore 1967-1988]: S. Abul Aʿlā: Maudūdī, ''The Meaning of the Quran,'' volume II, English Rendering by Ch. Muhammad Akbar, hg. von Abdul Aziz Kamal, 7. Auflage, Lahore 1985, S. 103. 105 und 108.</ref> [http://de.wikipedia.org/wiki/Az-Zamachschar%C4%AB Az-Zamachscharī] stimmt der Auslegung in Bezug auf ''zani'' zu, verweist aber darauf, dass eine Minderheit der Koranausleger die "schändliche Tat" (''fāḥiša'') in Vers 15 als gleichgeschlechtichen Verkehr zwischen Frauen deuten und daher den Vers 16 als das Equivalent für Männer interpretieren <ref>az-Zamaḫšarī, ''al-Kaššāf ʿan ḥaqāʾiq at-tanzīl'', Beirut, o.J., Bd. I, zu Sure 4:15-16. Vgl. Adel Theodor Khoury, ''Der Koran. Arabisch-Deutsch'', Gütersloh 2004, S. 154: „Es geht entweder um die Unzucht bzw. den Ehebruch (so die Mehrheit der Kommentatoren) oder um die Sodomie zwischen Männern oder um Unzucht zwischen unverheirateten Männern und Frauen.“ Khourys Wortwahl ist missverständlich: Mit „[[Sodomie]]“ meint er – entgegen heutigem deutschem Sprachgebrauch – ''liwāṭ'', d.h. Analverkehr.</ref>.
Nach dem Korankommentator [http://de.wikipedia.org/wiki/At-Tabar%C4%AB At-Tabarī] bezieht sich diese Stelle lediglich auf Unzucht (''zani'')<ref>aṭ-Ṭabarī, ''Tafsīr aṭ-Ṭabari, al-musammā Ǧāmiʿ al-bayān ʿan taʾwīl al-Qurʾān,'' 3. Auflage, Beirut 1999, Band 3, zu Sure 4:15-16; auch ''Tafsīr aṭ-Ṭabari, al-musammā Ǧāmiʿ al-bayān fī taʾwīl al-Qurʾān,'' hg. von Hānī al-Ḥāǧǧ, ʿImād Zakī al-Bārūdī und Ḫairī Saʿd, Kairo: al-Maktaba at-Taufīqiyya, o.J. (2004), Band ((nn)), Teil 4, Seite ((nn-nn)) (wird ergänzt) zu Sure 4:15-16.</ref>, also den nicht durch Heirat legitimierten Geschlechtsverkehr, während der Interpret [http://de.wikipedia.org/wiki/Sayyid_Abul_Ala_Maududi Abū l-Aʿlā Maudūdī]  die Deutung bezogen auf gleichgeschlechtliche Akte explizit ablehnt. <ref>Maudūdī, ''Tafhīmu-l-Qurʾān'' ([[Urdu]]), Band I, S. 331-333 zu 4:15-16; englische Übersetzung [16 Bände, Lahore 1967-1988]: S. Abul Aʿlā: Maudūdī, ''The Meaning of the Quran,'' volume II, English Rendering by Ch. Muhammad Akbar, hg. von Abdul Aziz Kamal, 7. Auflage, Lahore 1985, S. 103. 105 und 108.</ref> [http://de.wikipedia.org/wiki/Az-Zamachschar%C4%AB Az-Zamachscharī] stimmt der Auslegung in Bezug auf ''zani'' zu, verweist aber darauf, dass eine Minderheit der Koranausleger die "schändliche Tat" (''fāḥiša'') in Vers 15 als gleichgeschlechtichen Verkehr zwischen Frauen deuten und daher den Vers 16 als das Equivalent für Männer interpretieren <ref>az-Zamaḫšarī, ''al-Kaššāf ʿan ḥaqāʾiq at-tanzīl'', Beirut, o.J., Bd. I, zu Sure 4:15-16. Vgl. Adel Theodor Khoury, ''Der Koran. Arabisch-Deutsch'', Gütersloh 2004, S. 154: „Es geht entweder um die Unzucht bzw. den Ehebruch (so die Mehrheit der Kommentatoren) oder um die Sodomie zwischen Männern oder um Unzucht zwischen unverheirateten Männern und Frauen.“ Khourys Wortwahl ist missverständlich: Mit „[[Sodomie]]“ meint er – entgegen heutigem deutschem Sprachgebrauch – ''liwāṭ'', d.h. Analverkehr.</ref>.


Zudem ist innerhalb der gegenwärtigen islamischen Theologie und unter Muslimen umstritten, ob sich diese Anweisung – wenn sie denn auf gleichgeschlechtliche Sexualkontakte anwendbar sein sollte – nur auf historisch bedingte Ausprägungen gleichgeschlechtlicher Sexualität bei den Beduinenvölkern des frühislamischen Orients bezieht oder ob sie auf sämtliche Erscheinungsformen homosexueller Lebensgestaltung in den Gesellschaften der Gegenwart übertragbar ist<ref>Wunibald Müller, ''Homosexualität – eine Herausforderung für Theologie und Seelsorge'', Mainz 1986, S. 64/65. Vgl. Andreas Ismail Mohr: „Wie steht der Koran zur Homosexualität?“, in: LSVD Berlin-Brandenburg e.V. (Hrsg.): ''Muslime unter dem Regenbogen. Homosexualität, Migration und Islam.'' Berlin: Querverlag, 2004, S. 16.</ref>. So vertritt etwa der [http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralrat_der_Muslime_in_Deutschland Zentralrat der Muslime] eine liberalere Auffassung:
Zudem ist innerhalb der gegenwärtigen islamischen Theologie und unter Muslimen umstritten ob sich diese Anweisung auf sämtliche Erscheinungsformen homosexueller Lebensgestaltung in den Gesellschaften der Gegenwart übertragbar ist oder nur auf historisch bedingte Ausprägungen gleichgeschlechtlicher Sexualität.<ref>Wunibald Müller, ''Homosexualität – eine Herausforderung für Theologie und Seelsorge'', Mainz 1986, S. 64/65. Vgl. Andreas Ismail Mohr: „Wie steht der Koran zur Homosexualität?“, in: LSVD Berlin-Brandenburg e.V. (Hrsg.): ''Muslime unter dem Regenbogen. Homosexualität, Migration und Islam.'' Berlin: Querverlag, 2004, S. 16.</ref>. So vertritt etwa der [http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralrat_der_Muslime_in_Deutschland Zentralrat der Muslime] eine liberalere Auffassung:


<blockquote> "Heutige Paare stehen nicht mehr vor der Aufgabe, möglichst viele eigene Kinder aufzuziehen, um die Gemeinschaft und das eigene Alter zu sichern; man kümmert sich mit um die Kinder des Partners aus einer früheren Ehe, man versucht, in schwierigen Zeiten seinen Job zu behalten oder einen zu finden; bemüht sich, ein paar Träume zu verwirklichen, gleichzeitig realistisch zu sein und in dem ganzen Chaos halbwegs anständig zu bleiben. All das tun viele Menschen lieber zu zweit als allein; und wieso soll es nicht mit einem Partner gleichen Geschlechts möglich sein? Eben deswegen kann ich mir so schlecht vorstellen, dass Gott etwas dagegen haben soll, wenn sich zwei Menschen lieben. Egal, wie ihre Körper aussehen. Was zählt, denke ich, ist, wie sie miteinander umgehen: ob sie ehrlich sind, vertrauensvoll, zärtlich, hilfsbereit. Das ist wichtig." <ref>[http://www.swr.de/contra/-/id=5743576/property=download/nid=7612/1y2433/Hilal+Sezgin%2C+Januar+2010.pdf Hilal Sezgin, ''Liebe und Gottgefälligkeit'', 2010]  </ref></blockquote>
<blockquote> "Heutige Paare stehen nicht mehr vor der Aufgabe, möglichst viele eigene Kinder aufzuziehen, um die Gemeinschaft und das eigene Alter zu sichern; man kümmert sich mit um die Kinder des Partners aus einer früheren Ehe, man versucht, in schwierigen Zeiten seinen Job zu behalten oder einen zu finden; bemüht sich, ein paar Träume zu verwirklichen, gleichzeitig realistisch zu sein und in dem ganzen Chaos halbwegs anständig zu bleiben. All das tun viele Menschen lieber zu zweit als allein; und wieso soll es nicht mit einem Partner gleichen Geschlechts möglich sein? Eben deswegen kann ich mir so schlecht vorstellen, dass Gott etwas dagegen haben soll, wenn sich zwei Menschen lieben. Egal, wie ihre Körper aussehen. Was zählt, denke ich, ist, wie sie miteinander umgehen: ob sie ehrlich sind, vertrauensvoll, zärtlich, hilfsbereit. Das ist wichtig." <ref>[http://www.swr.de/contra/-/id=5743576/property=download/nid=7612/1y2433/Hilal+Sezgin%2C+Januar+2010.pdf Hilal Sezgin, ''Liebe und Gottgefälligkeit'', 2010]  </ref></blockquote>
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