Kritik der Polizei bei Walter Benjamin und Giorgio Agamben: Unterschied zwischen den Versionen

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Benjamins Auseinandersetzung mit der Institution der Polizei nimmt in seinem Text lediglich eine Seite ein (vgl. Benjamin 1991: 189f.). Dennoch ist sie von entscheidender Bedeutung für die Argumentation innerhalb des Essays. Die Polizei dient als das Beispiel um im Bereich der rechtserhaltenden Gewalt Benjamins These der „Nichtfixierbarkeit von Zweck und Mittel“ (Honneth 2011: 203) zu bestätigen. Dabei stellt sie für ihn die „markanteste Instanz einer rechtserhaltenden Gewalt dar, weil sie mit der Erlaubnis zur Verwendung gewaltförmiger Mittel die Aufrechterhaltung der rechtlichen Ordnung zu gewährleisten hat“ (ebd.). Neben Benjamins Hauptkritikpunkt an der Polizei, die Vermischung von rechtsetzender und rechtserhaltender Gewalt (1.3.1) benennt er zwei weitere Aspekte: Polizeirecht und die Polizei in der Demokratie (1.3.2 und 1.3.3).
Benjamins Auseinandersetzung mit der Institution der Polizei nimmt in seinem Text lediglich eine Seite ein (vgl. Benjamin 1991: 189f.). Dennoch ist sie von entscheidender Bedeutung für die Argumentation innerhalb des Essays. Die Polizei dient als das Beispiel um im Bereich der rechtserhaltenden Gewalt Benjamins These der „Nichtfixierbarkeit von Zweck und Mittel“ (Honneth 2011: 203) zu bestätigen. Dabei stellt sie für ihn die „markanteste Instanz einer rechtserhaltenden Gewalt dar, weil sie mit der Erlaubnis zur Verwendung gewaltförmiger Mittel die Aufrechterhaltung der rechtlichen Ordnung zu gewährleisten hat“ (ebd.). Neben Benjamins Hauptkritikpunkt an der Polizei, die Vermischung von rechtsetzender und rechtserhaltender Gewalt (1.3.1) benennt er zwei weitere Aspekte: Polizeirecht und die Polizei in der Demokratie (1.3.2 und 1.3.3).


==== '''Trennung der rechtsetzenden und rechtserhaltenden Gewalt in der Polizei aufgehoben''' ====
==== '''Vermischung von rechtsetzender und rechtserhaltender Gewalt''' ====
Ausgangspunkt der Kritik Benjamins ist seine These, dass in der Institution der Polizei die „Trennung von rechtsetzender und rechtserhaltender Gewalt aufgehoben“ sei (Benjamin 1991: 189). In ebendieser Einrichtung des modernen Staates bestehe zwischen den beiden Gewaltarten, so Benjamin, eine „widernatürliche Verbindung“ in Form einer „gespenstischen“ Vermischung (vgl. ebd.). Er bezeichnet diese Gegebenheit – die Aufhebung der Trennung der beiden Gewaltformen – als das „Schmachvolle“ der Polizeibehörde (ebd.).  
Ausgangspunkt der Kritik Benjamins ist seine These, dass in der Institution der Polizei die „Trennung von rechtsetzender und rechtserhaltender Gewalt aufgehoben“ sei (Benjamin 1991: 189). In ebendieser Einrichtung des modernen Staates bestehe zwischen den beiden Gewaltarten, so Benjamin, eine „widernatürliche Verbindung“ in Form einer „gespenstischen“ Vermischung (vgl. ebd.). Er bezeichnet diese Gegebenheit – die Aufhebung der Trennung der beiden Gewaltformen – als das „Schmachvolle“ der Polizeibehörde (ebd.).  
Für Benjamin ist die Polizei eine „Gewalt zu Rechtszwecken“, das heißt mit dem Ziel der Rechtserhaltung. Zugleich aber habe sie die „Befugnis, diese [Rechtszwecke] in weiten Grenzen selbst zu setzen“ (ebd.). Mit anderen Worten: Dass die Polizei die Erhaltung des Rechts zur Aufgabe hat, ist nach Benjamin ihr wesentliches Merkmal und folglich evident. Um diesen Auftrag zu erfüllen, verfügt sie über die rechtliche Garantie, in konkreten Situationen Gewalt anwenden zu dürfen. Auf diese Weise ist die Institution der Polizei als Mittel zur Sicherung von Gesetzen und damit Rechtszwecken bestimmt. Ergo nimmt sie die vermittelnde Rolle zwischen allgemeinen, schriftlich fixierten Gesetzen und der Anwendung und Umsetzung dieser Gesetze in einer konkreten Situation ein. Als dieses Mittelglied „zwischen der Allgemeinheit des Gesetztes und der Singularität der vorgefundenen Situation“, kann die Polizei „nicht einfach passiv das fertige Gesetz anwenden, sondern muss selbst aktiv-interpretierend tätig werden“ (Loick 2012: 185). Durch dieses aktive Interpretieren einer Rechtslage, die „niemals klar genug ist, […] behält polizeiliches Agieren immer eine Dimension eigenständiger Entscheidung“ (Loick 2012: 186). Innerhalb dieser Dimension agiert die Polizei demnach als eine rechtsetzende Gewalt, weil sie nach eigenem Ermessen Rechtszwecke setzen und modifizieren kann, die sie dann im Anschluss mit rechtlich zugestandenen Mitteln erhält. Die Grenze zwischen Rechtsetzung und Rechtserhaltung verschwindet. Demgemäß kommt Benjamin zu dem Schluss, dass die eindeutige Trennung zwischen Gewalt zur Setzung von Rechtszwecken und gewaltförmigen Mitteln zur Erhaltung dieser Zwecke in der Institution der Polizei aufgehoben sei.  
Für Benjamin ist die Polizei eine „Gewalt zu Rechtszwecken“, das heißt mit dem Ziel der Rechtserhaltung. Zugleich aber habe sie die „Befugnis, diese [Rechtszwecke] in weiten Grenzen selbst zu setzen“ (ebd.). Mit anderen Worten: Dass die Polizei die Erhaltung des Rechts zur Aufgabe hat, ist nach Benjamin ihr wesentliches Merkmal und folglich evident. Um diesen Auftrag zu erfüllen, verfügt sie über die rechtliche Garantie, in konkreten Situationen Gewalt anwenden zu dürfen. Auf diese Weise ist die Institution der Polizei als Mittel zur Sicherung von Gesetzen und damit Rechtszwecken bestimmt. Ergo nimmt sie die vermittelnde Rolle zwischen allgemeinen, schriftlich fixierten Gesetzen und der Anwendung und Umsetzung dieser Gesetze in einer konkreten Situation ein. Als dieses Mittelglied „zwischen der Allgemeinheit des Gesetztes und der Singularität der vorgefundenen Situation“, kann die Polizei „nicht einfach passiv das fertige Gesetz anwenden, sondern muss selbst aktiv-interpretierend tätig werden“ (Loick 2012: 185). Durch dieses aktive Interpretieren einer Rechtslage, die „niemals klar genug ist, […] behält polizeiliches Agieren immer eine Dimension eigenständiger Entscheidung“ (Loick 2012: 186). Innerhalb dieser Dimension agiert die Polizei demnach als eine rechtsetzende Gewalt, weil sie nach eigenem Ermessen Rechtszwecke setzen und modifizieren kann, die sie dann im Anschluss mit rechtlich zugestandenen Mitteln erhält. Die Grenze zwischen Rechtsetzung und Rechtserhaltung verschwindet. Demgemäß kommt Benjamin zu dem Schluss, dass die eindeutige Trennung zwischen Gewalt zur Setzung von Rechtszwecken und gewaltförmigen Mitteln zur Erhaltung dieser Zwecke in der Institution der Polizei aufgehoben sei.  
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==== '''Der Zusammenhang zwischen Souverän und Polizei und die Folgen für das Verhältnis von Gewalt und Recht''' ====
==== '''Der Eingang des Souveräns in die Gestalt der Polizei''' ====
Giorgio Agambens untersuchungsleitende These ist „der endgültige Eingang der Souveränität in die Gestalt der Polizei“ (Agamben 2001: 99). Er formuliert sie gleich zu Beginn seines Textes Souveräne Polizei. Diese Entwicklung glaubt er an der historischen Gegebenheit des [http://de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Golfkrieg Zweiten Golfkriegs] auszumachen. Demnach sei das [http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsv%C3%B6lkerrecht Kriegsrecht] als „Polizeioperation“ (ebd.) ausgeübt worden. Dabei stellt diese konkrete Situation für ihn im Bezug auf das Verhältnis von Souverän und Polizei keine Ausnahme sondern vielmehr ein wesentliches und strukturelles Merkmal dar. Agamben stellt fest, dass die Polizei, entgegen der allgemeinen Ansicht, „die in ihr eine rein administrative Funktion der Vollstreckung des Rechts sieht“ (Agamben 2001: 99), vielmehr ein Ort ist, an dem Gewalt und Recht vertauscht würden/zusammen fielen? Am Beispiel der Figur des im [http://de.wikipedia.org/wiki/Altes_Rom Alten Rom] regierenden Konsuls und des [http://de.wikipedia.org/wiki/Liktor Liktors], dem Vollstrecker der Todesurteile, zeigt er die nicht zufällige Nähe zwischen Souverän und Gewalt auf (ebd.). Da der Souverän das Recht setzt – notfalls auch mit Gewalt – manifestiert sich in seiner Person der Zusammenhang von Recht und Gewalt.  
Giorgio Agambens untersuchungsleitende These ist „der endgültige Eingang der Souveränität in die Gestalt der Polizei“ (Agamben 2001: 99). Er formuliert sie gleich zu Beginn seines Textes Souveräne Polizei. Diese Entwicklung glaubt er an der historischen Gegebenheit des [http://de.wikipedia.org/wiki/Zweiter_Golfkrieg Zweiten Golfkriegs] auszumachen. Demnach sei das [http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsv%C3%B6lkerrecht Kriegsrecht] als „Polizeioperation“ (ebd.) ausgeübt worden. Dabei stellt diese konkrete Situation für ihn im Bezug auf das Verhältnis von Souverän und Polizei keine Ausnahme sondern vielmehr ein wesentliches und strukturelles Merkmal dar. Agamben stellt fest, dass die Polizei, entgegen der allgemeinen Ansicht, „die in ihr eine rein administrative Funktion der Vollstreckung des Rechts sieht“ (Agamben 2001: 99), vielmehr ein Ort ist, an dem Gewalt und Recht vertauscht würden/zusammen fielen? Am Beispiel der Figur des im [http://de.wikipedia.org/wiki/Altes_Rom Alten Rom] regierenden Konsuls und des [http://de.wikipedia.org/wiki/Liktor Liktors], dem Vollstrecker der Todesurteile, zeigt er die nicht zufällige Nähe zwischen Souverän und Gewalt auf (ebd.). Da der Souverän das Recht setzt – notfalls auch mit Gewalt – manifestiert sich in seiner Person der Zusammenhang von Recht und Gewalt.  
Eine gleiche Nähe sieht er zwischen Souverän und Polizei: Um die [http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentliche_Sicherheit_und_Ordnung öffentliche Sicherheit und Ordnung] zu wahren, unterscheide die Polizei in jedem Einzelfall neu, wie sie handelt und setzt so selbst Recht. Dadurch bilde sich eine "Zone der Unterscheidungslosigkeit zwischen Gewalt und Recht“(vgl. Agamben 2001: 100). Herrscht kein Unterschied mehr zwischen Gewalt und Recht, spricht Agamben vom Ausnahmezustand, "die Polizei bewegt sich sozusagen immer in einem solchen >Ausnahmezustand<"(ebd.).   
Eine gleiche Nähe sieht er zwischen Souverän und Polizei: Um die [http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96ffentliche_Sicherheit_und_Ordnung öffentliche Sicherheit und Ordnung] zu wahren, unterscheide die Polizei in jedem Einzelfall neu, wie sie handelt und setzt so selbst Recht. Dadurch bilde sich eine "Zone der Unterscheidungslosigkeit zwischen Gewalt und Recht“(vgl. Agamben 2001: 100). Herrscht kein Unterschied mehr zwischen Gewalt und Recht, spricht Agamben vom Ausnahmezustand, "die Polizei bewegt sich sozusagen immer in einem solchen >Ausnahmezustand<"(ebd.).   
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Auch Walter Benjamin attestiert in seinem Essay der rechtserhaltenden Gewalt – und damit implizit der Polizei – einen drohenden Charakter (vgl. Benjamin 1991: 188). Er differenziert dabei zwischen Drohung und Abschreckung. Im Gegensatz zur Abschreckung, zu der eine Bestimmtheit gehöre, sei die Drohung der rechtserhaltenden Gewalt unbestimmt und in diesem Sinne allgegenwärtig (ebd.).  
Auch Walter Benjamin attestiert in seinem Essay der rechtserhaltenden Gewalt – und damit implizit der Polizei – einen drohenden Charakter (vgl. Benjamin 1991: 188). Er differenziert dabei zwischen Drohung und Abschreckung. Im Gegensatz zur Abschreckung, zu der eine Bestimmtheit gehöre, sei die Drohung der rechtserhaltenden Gewalt unbestimmt und in diesem Sinne allgegenwärtig (ebd.).  


==== '''Kriminalisierung des Souveräns''' ====
==== '''Die Kriminalisierung des Souveräns''' ====
Der „endgültige Eingang der Souverenität in die Gestalt der Polizei“ (Agamben 20012: 99) macht für Agamben neben dem drohenden Charakter auch die „Kriminalisierung des Gegners“ erforderlich. Zur Veranschaulichung seines Aspektes unterscheidet er zwischen der Situation vor Ende des Ersten Weltkrieges und die Zeit danach. Dabei bezieht er sich bei der Beschreibung der Zustands bis Ende des Ersten Weltkrieges auf [http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Schmitt Carl Schmitt]. Demnach sei es nich möglich gewesen, über die Herrscher eines verfeindeten Staates als Kriminelle zu urteilen. Dieses Prinzip par in par non habet iurisdictionem sieht Schmitt im [http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4isches_Recht Europäischen Recht] verankert.So habe auch eine Kriegserklärung bis dahin nicht die Aufhebung dieses Prinzips bedeutet – somit fand der Konflikt gegen einen „als gleichwertig anerkannten Feind nach präzisen Regeln“ statt (Agamben 2001: 101).  
Der „endgültige Eingang der Souverenität in die Gestalt der Polizei“ (Agamben 20012: 99) macht für Agamben neben dem drohenden Charakter auch die „Kriminalisierung des Gegners“ erforderlich. Zur Veranschaulichung seines Aspektes unterscheidet er zwischen der Situation vor Ende des Ersten Weltkrieges und die Zeit danach. Dabei bezieht er sich bei der Beschreibung der Zustands bis Ende des Ersten Weltkrieges auf [http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Schmitt Carl Schmitt]. Demnach sei es nich möglich gewesen, über die Herrscher eines verfeindeten Staates als Kriminelle zu urteilen. Dieses Prinzip par in par non habet iurisdictionem sieht Schmitt im [http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4isches_Recht Europäischen Recht] verankert.So habe auch eine Kriegserklärung bis dahin nicht die Aufhebung dieses Prinzips bedeutet – somit fand der Konflikt gegen einen „als gleichwertig anerkannten Feind nach präzisen Regeln“ statt (Agamben 2001: 101).  
Konnte demnach also kein „souveräner Staat über einen anderen zu Gericht sitzen“ (ebd.)  
Konnte demnach also kein „souveräner Staat über einen anderen zu Gericht sitzen“ (ebd.)  
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=== '''Über die Art der Kritik an Polizei und Rechtsstaat''' ===
=== '''Über die Art der Kritik an Polizei und Rechtsstaat''' ===
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==== '''Kritik der Polizei als eine Kritik der Rechtsordnung als Ganzes oder der Souveränität''' ====
==== '''Kritik der Polizei als Kritik der Rechtsordnung''' ====
Sowohl Walter Benjamin in seinem Essay Zur Kritik der Gewalt als auch Giorgio Agamben in dem Text Souveräne Polizei formulieren keine für sich allein stehende Kritik an der Polizei. In beiden Fällen ist diese eingebettet in den Rahmen einer fundamentalen Kritik an der Rechtsordnung. Obwohl die Beispiele, auf die Benjamin und Agamben Bezug nehmen, aus unterschiedlichen Zeitkontexten stammen, ermöglicht ihre grundlegende Kritik ein gemeinsam geteiltes pessimistisches Fazit.  
Sowohl Walter Benjamin in seinem Essay Zur Kritik der Gewalt als auch Giorgio Agamben in dem Text Souveräne Polizei formulieren keine für sich allein stehende Kritik an der Polizei. In beiden Fällen ist diese eingebettet in den Rahmen einer fundamentalen Kritik an der Rechtsordnung. Obwohl die Beispiele, auf die Benjamin und Agamben Bezug nehmen, aus unterschiedlichen Zeitkontexten stammen, ermöglicht ihre grundlegende Kritik ein gemeinsam geteiltes pessimistisches Fazit.  
In seinem Essay bestätigt Benjamin mithilfe der Überlegungen zur Polizei seine Hauptthese im Bereich der rechtserhaltenden Gewalt. Auf diese Weise verfolgt er sein Ziel einer „Kritik des Rechts im Ganzen“ (Honneth 2011: 209, vgl. Saar 2006; Marcuse 1975). Benjamins radikale Kritik der Rechtsordnung geht in seiner Argumentation über in eine grundsätzliche „Infragestellung der gesellschaftlichen und geschichtlichen Mächte“ (Saar 2006: 116) seiner Zeit. Auch Agambens Polizeikritik ist ein einzelnes Fragment seiner grundlegenden Kritik an der Souveränität. Er stellt in seinem Text die strukturellen und wesentlichen Zusammenhänge zwischen Souverän und Polizei sowie Recht und Gewalt dar. Gegenstand seiner Kritik ist dementsprechend bereits deren strukturelle und latente Beziehung – nicht erst ihr Zusammenfallen in der Ununterscheidbarkeit des Ausnahmezustandes (vgl. Loick 2012: 230).
In seinem Essay bestätigt Benjamin mithilfe der Überlegungen zur Polizei seine Hauptthese im Bereich der rechtserhaltenden Gewalt. Auf diese Weise verfolgt er sein Ziel einer „Kritik des Rechts im Ganzen“ (Honneth 2011: 209, vgl. Saar 2006; Marcuse 1975). Benjamins radikale Kritik der Rechtsordnung geht in seiner Argumentation über in eine grundsätzliche „Infragestellung der gesellschaftlichen und geschichtlichen Mächte“ (Saar 2006: 116) seiner Zeit. Auch Agambens Polizeikritik ist ein einzelnes Fragment seiner grundlegenden Kritik an der Souveränität. Er stellt in seinem Text die strukturellen und wesentlichen Zusammenhänge zwischen Souverän und Polizei sowie Recht und Gewalt dar. Gegenstand seiner Kritik ist dementsprechend bereits deren strukturelle und latente Beziehung – nicht erst ihr Zusammenfallen in der Ununterscheidbarkeit des Ausnahmezustandes (vgl. Loick 2012: 230).
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