Der Begriff erläutert die kommunistische Auffassung der GUS-Staaten bezüglich der Erforderlichkeit einer kriminologischen Forschung. Die Grundidee im Kommunismus hinsichtlich des Auftretens der Kriminalität ist, dass sich diese im Laufe der Erfüllung der kommunistischen Ziele auflösen wird, da ab diesem Zeitpunkt keine Notwendigkeit der Deliktsbegehung besteht. Der Zugang zu den Ressourcen wird für alle gleich durch den Staat gewährleistet, so dass man sich keiner illegitimen Mittel bedienen muss. Die Kriminalität wurde als ein dem System Kapitalismus immanentes Problem angesehen, dass bei erfolgreichem Kommunismus von selbst verschwindet. Dem entsprechend wurde dem Fach Kriminologie keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Dies ändert sich dann jedoch in den siebziger Jahren.

sozialistische Kriminologie

Die sozialistische Kriminologie versteht sich als marxistisch-leninistische Gesellschaftswissenschaft, die sich mit dem sozialen Wesen, dem Stand, der Entwicklung und der Struktur der Kriminalität als Gesamtheit sowie mit wesentlichen Teilerscheinungen (Delikt- und Tätergruppen), mit dem Auftreten von Straftaten in bestimmten Territorien oder in einzelnen gesellschaftlichen Bereichen, den Ursachen und begünstigenden Bedingungen von Kriminalitätserscheidungen, mit der Persönlichkeit des Täters sowie mit den Grunderfordernissen der Verhütung und Bekämpfung von Strafrechtsverletzungen beschäftigt. Dabei bezog sich die sozialistische Kriminologie in der DDR insbesondere auf Erfahrungen und Ergebnisse der sowjetischen Kriminologie. Grundsätzlich ist die Kriminalität dem Sozialismus wesensfremd. Durch die fortschreitende gesellschaftliche Entwicklung steigt die Zuversicht, die Kriminalität gänzlich aus der Gesellschaftsordnung zu verdrängen. Die Bedeutung der Kriminologie für die sozialistische Kriminalistik erschließt sich über die Nutzung und Verwendung von Erkenntnissen im Hinblick auf die Durchdringung des sozialen Charakters der Kriminalität, im Hinblick auf deren Ursachen, Entwicklung und Struktur in bestimmten gesellschaftlichen Entwicklungsetappen, Lebensbereichen, Territorien, einzelnen Erscheinungsformen, Täterkategorien etc. Ihre unmittelbare Praxisrelevanz ergibt sich aus der Vermittlung von konkreten Kenntnissen über die Art und Weise des Entstehens und des Charakters von bestimmten Kriminalitätserscheinungen, über deren konkrete Ursachen, tatentschlussfördernde und -begünstigende Bedingungen, Erscheinungsbild und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen.

kriminologische Methoden