Kriminalitätsfurcht: Unterschied zwischen den Versionen

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==Befunde==
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Die Frage nach Kriminalitätsfurcht gehört heute zum Standard kriminalitätsbezogener Studien. Darüber hinaus sind jedoch auch Untersuchungen an verschiedenen Bevölkerungsgruppen unter sehr spezifischen Fragestellungen vorgenommen worden. Untersuchte Gruppen waren beispielsweise Jugendliche, alte Menschen oder Ostdeutsche. Häufige Fragestellungen beziehen sich auf Furchtunterschiede in Abhängigkeit von Opfererfahrungen, von gesellschaftlichen Umbrüchen oder von Lebensstilen (Boers 1991; Frevel 1998).  
Die Frage nach Kriminalitätsfurcht gehört heute zum Standard kriminalitätsbezogener Studien. Darüber hinaus sind jedoch auch Untersuchungen an verschiedenen Bevölkerungsgruppen unter sehr spezifischen Fragestellungen vorgenommen worden. Untersuchte Gruppen waren beispielsweise Jugendliche, alte Menschen oder Ostdeutsche, in jüngerer Zeit auch Angehörige verschiedener Milieus. Häufige Fragestellungen beziehen sich auf Furchtunterschiede in Abhängigkeit von Opfererfahrungen, von gesellschaftlichen Umbrüchen oder von Lebensstilen (Boers 1991; Frevel 1998).  


Die Vorstellung, nachts unterwegs zu sein, löst allgemein deutlich mehr Furcht aus als andere Situationen. Diese Furcht hat Kriminalitätsbezug und richtet sich auf Straßenkriminalität, nicht auf mögliche Gefahren zu Hause oder am Arbeitsplatz.
Die Vorstellung, nachts unterwegs zu sein, löst allgemein deutlich mehr Furcht aus als andere Situationen. Diese Furcht hat Kriminalitätsbezug und richtet sich auf Straßenkriminalität, nicht auf mögliche Gefahren zu Hause oder am Arbeitsplatz. Wiederholt wurde ein Einfluss des Urbanisierungsgrades auf das Ausmaß an Kriminalitätsfurcht festgestellt. Auch eine vorangegangene Viktimisierung kann Furcht auslösen. Eine ausschlaggebende Rolle spielt dabei die Art des Delikts, dessen Opfer jemand geworden ist (Deliktspezifität). Furchtauslösend sind vor allem gewaltsame und bedrohliche Ereignisse wie Raub, Körperverletzung oder Vergewaltigung, aber auch Wohnungseinbruch. Eine weitere Rolle spielt die Zeit: je weiter eine Viktimisierung zurückliegt, desto mehr sinkt das Furchtniveau ab. Als gesichert gilt, dass Frauen das höchste Maß an Kriminalitätsfurcht aufweisen. Widersprüchlich ist jedoch die Befundlage in Bezug auf alte Menschen. Auf sie trifft das Kriminalität-Furcht-Paradox offenbar nicht grundsätzlich zu.


Es gibt einen Zusammenhang zwischen vorangegangener Viktimisierung und Kriminalitätsfurcht. Eine ausschlaggebende Rolle spielt dabei die Art des Delikts, dessen Opfer jemand geworden ist (Deliktspezifität). Furchtauslösend sind vor allem gewaltsame und bedrohliche Ereignisse wie Raub, Körperverletzung oder Vergewaltigung, aber auch Wohnungseinbruch. Eine weitere Rolle spielt die Zeit: je weiter eine Viktimisierung zurückliegt, desto mehr sinkt das Furchtniveau ab.
Untersuchungen nach der Wende zeigten einen starken Anstieg der Kriminalitätsfurcht bei den Ostdeutschen. Das Niveau der Unsicherheit lag einige Zeit deutlich über dem der Westdeutschen, hat sich aber mittlerweile an das Westniveau angeglichen. Das zeigt, entgegen früherer Annahmen, daß Kriminalitätsfurcht nicht grundsätzlich steigt, sondern auch rückläufig sein kann. Eine erhöhte Kriminalitätsfurcht weisen zumindest im Westen v.a. Ausländer, geringer Gebildete und Ärmere auf. Neuere Ansätze, die Milieus und Lebensstile in ihre Analysen mit einbeziehen, gelangen zu der Auffassung, dass hier ein Mangel an sozialen, ökonomischen und normativen Ressourcen als Vulnerabilitätsfaktoren einen Einfluss auf die Entstehung von Kriminalitätsfurcht haben dürfte. Anders gestalten sich Milieus und Furchtverteilungen im Osten. Dies wird auf die Wende mit ihren normativen, sozialen u.a. Umbrüchen zurückgeführt, die spezifische Bewältigungsmuster nach sich zogen und so vorübergehend für eine erhöhte Furcht sorgten.
 
Wiederholt wurde ein positiver Zusammenhang zwischen dem Urbanisierungsgrad und dem Ausmaß an Kriminalitätsfurcht festgestellt.
 
Als gesichert gilt, dass Frauen das höchste Maß an Kriminalitätsfurcht aufweisen. Widersprüchlich ist jedoch die Befundlage in Bezug auf alte Menschen. Auf sie trifft das Kriminalität-Furcht-Paradox offenbar nicht grundsätzlich zu.
 
Untersuchungen nach der Wende zeigten einen starken Anstieg der Kriminalitätsfurcht bei den Ostdeutschen. Das Niveau der Unsicherheit lag einige Zeit deutlich über dem der Westdeutschen, hat sich aber mittlerweile an das Westniveau angeglichen. Das zeigt, entgegen früherer Annahmen, daß Kriminalitätsfurcht nicht grundsätzlich steigt, sondern auch rückläufig sein kann.
 
Ausländer, geringer Gebildete und Ärmere weisen eine erhöhte Kriminalitätsfurcht auf. Neuere Ansätze, die Milieus und Lebensstile auf ihre Unterschiede hin untersuchen, gelangen überwiegend zu der Auffassung, dass soziale, ökonomische und normative Ressourcenschwäche als Vulnerabilitätsfaktoren einen Einfluss auf die Entstehung von Kriminalitätsfurcht haben.


==Zusammenhänge mit anderen Begriffen==
==Zusammenhänge mit anderen Begriffen==
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