Kriminalität: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Kriminologie als anwendungsbezogene Bedarfsforschung benötigt die Werkzeuge, respektive Module der Kriminalitätstheorien. Denken wir nur an die biologischen Theorien (Evolutionstheorie, Neuronale Hirnforschung), die biosozialen Theorien (Chromosomen-Studien, Zwillingsforschung), die Kontrolltheorien (Bindungstheorien), Persönlichkeitstheorien (Psychoanalyse), an die Sozialstrukturellen Konzepte (Anomietheorien, Entwicklungsbezogene Kriminologie, an die multifaktoriellen Kriminalitätstheorien, Neutralisationstechniken, Sozialisationstheorien, Subkulturtheorie) und die vielen anderen.
Die Kriminologie als anwendungsbezogene Bedarfsforschung benötigt die Werkzeuge, respektive Module der Kriminalitätstheorien. Denken wir nur an die biologischen Theorien (Evolutionstheorie, Neuronale Hirnforschung), die biosozialen Theorien (Chromosomen-Studien, Zwillingsforschung), die Kontrolltheorien (Bindungstheorien), Persönlichkeitstheorien (Psychoanalyse), an die Sozialstrukturellen Konzepte (Anomietheorien, Entwicklungsbezogene Kriminologie, an die multifaktoriellen Kriminalitätstheorien, Neutralisationstechniken, Sozialisationstheorien, Subkulturtheorie) und die vielen anderen.
Da sich die Phänomenbereiche der Kriminalität ständig wandeln, werden die Anforderungen an die Kriminologie stets differenzierter. (Liebl 2004)
Da sich die Phänomenbereiche der Kriminalität ständig wandeln, werden die Anforderungen an die Kriminologie stets differenzierter. (Liebl 2004)
Eine allgemeine Theorie der Kriminalität, so meinen viele Kriminologen, würde sowohl an der prinzipiellen Unvereinbarkeit der erkenntnistheoretischen Prämissen gegenwärtiger Erklärungsansätze (von der Anomietheorie bis zum Labeling) als auch an der Unvergleichbarkeit der unter Strafe gestellten Delikte (vom Ladendiebstahl bis zum Völkermord) scheitern. Und manche sehen darin gar nicht einmal ein Problem, weil sie die aktuelle „fragmentation of crimonology“ (Ericson und Carriere 1996) sowieso vorziehen. In postmoderner Skepsis gegenüber „Wahrheit“, Wissenschaft“ und „objektiver Erkenntnis“, in denen sie nicht mehr als die Mythen einer „Großen Erklärung“ sehen, plädieren sie dafür, jeglichen „Anspruch auf eine wie auch immer geartete Wissenschaftlichkeit“ aufzugeben und dem herrschenden Diskurs über Kriminalität und Kontrolle „originelle Neubeschreibungen“ entgegen zu setzen (vgl. Kreissl 1996: 34-36; siehe auch Henry und Milovanovic 1996 zu ihrem Programm des „replacement discourse“). Hinzu kommt, dass man selbst dort, wo man von der Möglichkeit und Wünschbarkeit einer „general theory of crime“ ausgeht, dem eigenen Anspruch of nicht genügt und sich unter Ausklammerung der gesamtgesellschaftlichen Dimension dann doch wieder auf die bloße Erklärung kriminellen Handelns – also auf die Mikroperspektive – beschränkt (vgl. z.B. Gottfredson und Hirschi 1990; Tittle 1995). „Allgemein“ sollte eine Theorie aber sinnvoller weise erst dann genannt werden, wenn sie neben der Begehung von Delikten auch die makro-perspektivisch zu analysierenden Voraussetzungen und Folgen von Kriminalität als Handlung in den Blick nimmt, von der Rechtssetzung bis zum Kriminalitätsdiskurs. „Die Kriminalität der Gesellschaft“ (Krasmann 2003) – das ist ein komplexes Ensemble von Akteuren und Handlungen, von Institutionen und Bewegungen, von sozialen Netzen und rechtlichen Regeln, von Machtverhältnissen und Konflikten, aber auch von Gefühlen, Phantasien, Symbolen, Diskursen und Geschichten der unterschiedlichsten Art, in dem sich jedes Element letztlich nur in seinem und durch seinem Kontext begreifen lässt. Eine wirklich allgemeine kriminologische Theorie, d.h. eine Theorie, deren Hauptzweck darin gesehen wird, zu einem besseren Verständnis des Gesamtphänomens der Kriminalität beizutragen, sollte deshalb auf jeden Fall breit genug angelegt sein, um alle genannten (und überhaupt alle für diese Aufgabe relevanten) Phänomene berücksichtigen zu können. (Hess, Henner / Scheerer, Sebastian, 2004)


== Literatur ==
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