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*Was treibt Polizisten zu ihrem Handeln? | *Was treibt Polizisten zu ihrem Handeln? | ||
Ausgangspunkt der Studie sind Rechtsbrüche durch die Polizei, welche von Schlägen bis hin zu Tötungen reichen (S. 13 f.). | |||
Gegenstand der Untersuchung ist nur die Schutzpolizei. Die Autorin begründet diese Wahl damit, dass die Schutzpolizei für „einen großen Teil der Menschenrechtsverletzungen und Tötungen verantwortlich" sei (S. 67). Gesucht wird nach "Gewalt" (Tötungen, Folter und andere körperliche Gewalteinwirkungen; vgl. S. 339). | Gegenstand der Untersuchung ist nur die Schutzpolizei. Die Autorin begründet diese Wahl damit, dass die Schutzpolizei für „einen großen Teil der Menschenrechtsverletzungen und Tötungen verantwortlich" sei (S. 67). Gesucht wird nach "Gewalt" (Tötungen, Folter und andere körperliche Gewalteinwirkungen; vgl. S. 339). | ||
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*Befragung von Polizisten in den Hauptstädten der drei südamerikanischen Staaten in offenen Interviews und mit Fragebögen. | *Befragung von Polizisten in den Hauptstädten der drei südamerikanischen Staaten in offenen Interviews und mit Fragebögen. | ||
Problematisch bei der Erforschung der lateinamerikanischen Polizei ist nicht klar definierbare Trennlinie zwischen „Normalität und Devianz“, da sich „Normalität sich in der Alltagspraxis konstruiert“ (S. 8). Ein großes Problem für das Aufdecken von Straftaten, begangen durch die Polizisten, sind die für die Bevölkerung unklaren Bedeutungen von Gewalt. Bestimmte Handlungen, wie die Anwendung von Elektroschocks, werden nicht als solche angesehen (S. 337). | |||
Gewisse Probleme berichtet die Autorin hinsichtlich des Feldzugangs. Es war für die Forscher wichtig, nicht mit (bei der Polizei häufig unbeliebten) Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen verwechselt zu werden. Der Zugang wurde an die Möglichkeit gekoppelt, auch der Perspektive der Polizeiführung Rechnung zu tragen: sie entschied zum Beispiel darüber, welche Reviere an der Forschung teilnahmen und wirkte auch bei der Erstellung des Fragenkatalogs mit. Angesichts der Probleme mit Befragten - einerseits Verschwiegenheit und andererseits Tendenz zu sozial erwünschten Antworten (auch aus Sorge vor Verletzung der Anonymität der Antworten durch die Polizeiführung) - erforderte die Durchführung der Interviews ein hohes Maß an Versiertheit der Befrager (S. 74, 87). | Gewisse Probleme berichtet die Autorin hinsichtlich des Feldzugangs. Es war für die Forscher wichtig, nicht mit (bei der Polizei häufig unbeliebten) Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen verwechselt zu werden. Der Zugang wurde an die Möglichkeit gekoppelt, auch der Perspektive der Polizeiführung Rechnung zu tragen: sie entschied zum Beispiel darüber, welche Reviere an der Forschung teilnahmen und wirkte auch bei der Erstellung des Fragenkatalogs mit. Angesichts der Probleme mit Befragten - einerseits Verschwiegenheit und andererseits Tendenz zu sozial erwünschten Antworten (auch aus Sorge vor Verletzung der Anonymität der Antworten durch die Polizeiführung) - erforderte die Durchführung der Interviews ein hohes Maß an Versiertheit der Befrager (S. 74, 87). | ||
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Zudem sollen Säuberungen von Vierteln staatliche Macht demonstrieren (S. 50 f.). | Zudem sollen Säuberungen von Vierteln staatliche Macht demonstrieren (S. 50 f.). | ||
PROVEA berichtet von körperlicher staatlicher Gewalt in Gewahrsam und bei Verhaftung (bspw. Einsatz des Vagabundengesetzes (seit 1997 aufgehoben) bei Großrazzien (S. 46)). Dabei schlagen, misshandeln, foltern Polizisten Verdächtige, verabreichen ihnen Elektroschocks oder führen Scheinhinrichtungen durch (Amnesty International, 2000). | PROVEA berichtet von körperlicher staatlicher Gewalt in Gewahrsam und bei Verhaftung (bspw. Einsatz des Vagabundengesetzes (seit 1997 aufgehoben) bei Großrazzien (S. 46)). Dabei schlagen, misshandeln, foltern Polizisten Verdächtige, verabreichen ihnen Elektroschocks oder führen Scheinhinrichtungen durch (Amnesty International, 2000). Polizisten in Venezuela sind in der Unterschicht verankert und ihr brutales Vorgehen wird von Teilen der Bevölkerung (Mittel- und Oberschicht ) toleriert und gilt so als Normalität (S. 369, 63). In Caracas ist die Gewalt durch die Polizei sozial erwünscht, da so gegen die Grundkriminalität vorgegangen wird und sich die Menschen dankbar für zum Beispiel die Erschießung von Gangmitgliedern zeigen (S. 216). | ||
Venezolanische Polizisten sprechen in den Interviews sehr frei über Auseinandersetzungen mit Verdächtigen und ihr eigenes gewalttätiges Vorgehen. Ursächlich für die Offenheit ist das Unwissen über Gesetzesbrüche, als auch der soziale Prozess Gewalthandeln als alltäglich und normal anzusehen (S. 223, 243). | Venezolanische Polizisten sprechen in den Interviews sehr frei über Auseinandersetzungen mit Verdächtigen und ihr eigenes gewalttätiges Vorgehen. Ursächlich für die Offenheit ist das Unwissen über Gesetzesbrüche, als auch der soziale Prozess Gewalthandeln als alltäglich und normal anzusehen (S. 223, 243). | ||
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== Diskussion == | == Diskussion == | ||
Bolivien und Chile befinden sich bezüglich des polizeilichen Gewaltniveaus zwischen der BRD (niedriges Gewaltniveau) und Venezuela (hohes Gewaltniveau), wobei Bolivien etwas weniger körperliche Gewalt und Folter und Chile etwas weniger Tötungen aufweist (S. 340). | Bolivien und Chile befinden sich bezüglich des polizeilichen Gewaltniveaus zwischen der BRD (niedriges Gewaltniveau) und Venezuela (hohes Gewaltniveau), wobei Bolivien etwas weniger körperliche Gewalt und Folter und Chile etwas weniger Tötungen aufweist (S. 340). | ||
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Venezuela und Bolivien einen: Drohungen gegen Menschenrechtsorganisationen, willkürliche Verhaftungen sowie Gewalt gegen Unterprivilegierte und Menschen mit geringem Machtpotential, wie Studenten und Rekruten (S. 53). | Venezuela und Bolivien einen: Drohungen gegen Menschenrechtsorganisationen, willkürliche Verhaftungen sowie Gewalt gegen Unterprivilegierte und Menschen mit geringem Machtpotential, wie Studenten und Rekruten (S. 53). | ||
Die BRD dient als Vergleich und Kontrast zu den südamerikanischen Ländern (S. 63). | |||
Es wurden die Polizisten der Hauptstädte befragt, da sich Probleme durch steigenden Kriminalitätsdruck sowie zunehmende Verstädterung und Verarmung hier ansammeln (S. 63 f.). Dabei stehen die Bürger des Landes meist im direkten Kontakt zur Schutzpolizei und sie repräsentiert die Polizei am stärksten. Weiterhin zeigen Statistiken, dass Schutzpolizisten für | |||
Opfer der Polizeigewalt in Lateinamerika sind meist intellektuelle Oppositionelle und untere Schichten, die keine entsprechenden Mittel besitzen, um die Öffentlichkeit über ihre Verhältnisse zu informieren (S. 63). | |||
== Das Gewaltmonopol der Polizei == | == Das Gewaltmonopol der Polizei == | ||
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Aus den gewonnenen Informationen kann geschlossen werden, dass die Ländermerkmale in Beziehung zur Gewalt durch ihre Polizei stehen, sich also eher länderspezifisch verhalten (vgl. S. 363). | Aus den gewonnenen Informationen kann geschlossen werden, dass die Ländermerkmale in Beziehung zur Gewalt durch ihre Polizei stehen, sich also eher länderspezifisch verhalten (vgl. S. 363). | ||
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