Kontrollierter Heroinkonsum: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Nachtrag: social supply; minimally commercial supply ===
Wissenschaftliche Studien der letzten Zeit zeigen, dass ein wesentlicher Teil des Endverbrauchermarkts für illegale Drogen nicht den gewöhnlichen Prinzipien von Profiterzielung bzw. -maximierung folgt. Das betrifft auch einen nicht unerheblichen Teil der entgeltlichen Weitergabe, die als social supply, bzw. als minimally commercial supply mit geringen Risikoaufschlägen, bzw. geringen Profiten zwecks Eigenbedarfsdeckung stattfindet:
(104) „Diese Praktiken sind offenbar wesentlich durch die Bedingungen der Drogenprohibition bedingt: Angesichts der grundsätzlich eingeschränkten Verfügbarkeit der Substanzen existiert eine hohe Bereitschaft von Konsumierenden, sich gegenseitig ‚auszuhelfen‘, sei es durch Gratiskonsum, Schenkungen, ‚Sammelbestellungen‘ oder Kleinsthandel.
Rechtlich gesehen handelt es sich bei derartigen Aktivitäten, sofern dabei Geld gegen Drogen ausgetauscht wird, ausnahmslos um  Handel mit Btm, der ohne weiteres
(105)  als strafverschärfender, gewerbsmäßiger Handel‘ (BtMG, 2013) ausgelegt werden kann, da die Definitionen hierfür recht weit gegriffen sind (...). Insbesondere die ‚geringe Menge‘, bei der Verfahren folgenlos eingestellt werden können, wird dabei bereits bei ‚Sammelbestellungen‘ für nur wenige Personen leicht überschritten. ... Stellt man das Mindeststrafmaß für ‚nicht geringe Mengen‘ (das z.B. auch bei einem Social Supplier, der mehrere regelmäßige … versorgen würde, relativ leicht erreicht würde) beispielsweise dem für gefährliche Körperverletzung gegenüber (sechs Monate, in minder schweren Fällen drei Monate …) so entsteht angesichts der oben beschriebenen Modalitäten der Handelsaktivität der Eindruck einer gewissen Unverhältnismäßigkeit. Es ist schlichtweg kein Grund dafür denkbar, weshalb ein niemanden schädigendes Drogendelikt, durch das sich auch niemand nennenswert finanziell bereichert, härter bestraft werden sollte als ein schweres Gewaltdelikt. Die Kriminalisierung insbesondere junger Drogenkonsumierender sendet ohnehin bereits bedenkliche Signale aus, die nicht gerade das Vertrauen in den Rechtsstaat fördern, insbesondere angesichts der Willkürlichkeit, in der das BtMG von unterschiedlichen Richter/inne/n in unterschiedlichen Regionen angewendet wird (und praktisch nach dem Zufallsprinzip schwere Beschädigungen von Lebensläufen ansonsten gesetzeskonformer junger Menschen zur Folge hat). Das gilt in verschärftem Maße auch für das Ausmaß der Bestrafung von nicht-profitorientiertem Drogenhandel, das daher dringend zu überdenken ist.“
*Aus: Werse, B. (2014): Wie kriminell sind 'Social Supplier' - Ergebnisse zum Drogenkleinsthandel aus zwei empirischen Studien. Rausch? Wiener Zeitschrift für Suchttherapie, 3 (2): 98-106 (104-105).
*Siehe auch: Coomber, R. & Moyle, L. (2014) Beyond drug dealing: Developing and extending the concept of ‚social supply‘ of illicit drugs to ‚minimally commercial supply‘. Drugs: Education, Prevention, and Policy 21 (2) 157-164.
==Literatur==
==Literatur==
Brecher, EM and the Editors of Consumer Reports Magazine  (1972) The Consumers Union Report on Licit and Illicit Drugs, Chapter 5: Some Eminent Narcotic Addicts. Boston: Little, Brown & Co. (101-114)
Brecher, EM and the Editors of Consumer Reports Magazine  (1972) The Consumers Union Report on Licit and Illicit Drugs, Chapter 5: Some Eminent Narcotic Addicts. Boston: Little, Brown & Co. (101-114)
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