Kokain - eine harte Droge?: Unterschied zwischen den Versionen

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Unstreitig verändert die Einnahme von psychoaktiven Drogen das Wachbewusstsein des Konsumenten. Doch was genau passiert, das hängt von drei Faktoren ab: von Art und Menge der eingenommenen Wirkstoffe (drug), von den Erwartungen des Konsumenten (set) und vom sozialräumlichen Kontext des Konsums (setting).  
Unstreitig verändert die Einnahme von psychoaktiven Drogen das Wachbewusstsein des Konsumenten. Doch was genau passiert, das hängt von drei Faktoren ab: von Art und Menge der eingenommenen Wirkstoffe (drug), von den Erwartungen des Konsumenten (set) und vom sozialräumlichen Kontext des Konsums (setting).  


Die Rede von der harten Droge (z.B. "Kokain macht schnell süchtig") tut so, als entscheide sich Wohl und Wehe des Konsumenten durch die Wahl der Droge, also durch ihre chemische Zusammensetzung. Das ist jedoch nicht der Fall. Entscheidend ist der Umgang des Konsumenten mit der Droge. Wenn ein Kranker anlässlich einer großen Operation tagelang erhebliche Mengen Opiate bekommt, wird er - wegen seiner Erwartungen und des speziellen sozialräumlichen Kontextes - mit größter Wahrscheinlichkeit trotzdem nicht opiatabhängig. Wenn ein Landwirt im Dorfkrug regelmäßig jeden Sonntag nach der Kirche einen Schnaps und ein Bier trinkt, sich sonst aber von Alkohol fernhält, dann ist die Suchtgefahr trotz der potenten Droge ("Schnaps") minimal.  
Die Rede von der harten Droge (z.B. "Kokain macht schnell süchtig") unterstellt einen sehr viel einfacheren und fremdbestimmten Wirkungszusammenhang. Sie tut so, als entscheide sich Wohl und Wehe des Konsumenten allein durch die Wahl der Droge, also durch ihre chemische Zusammensetzung. Das ist jedoch verkehrt.  


Einige Suchtforscher sehen es deshalb als müßig an, über die Frage zu streiten, welche Drogen hart und welche weich seien. Wichtiger sei der Umgang mit den Substanzen: man könne angeblich weiche Drogen auch "hart" gebrauchen und angeblich harte Drogen auch  
Entscheidend ist der Umgang des Konsumenten mit der Droge. Wenn ein Kranker anlässlich einer großen Operation tagelang erhebliche Mengen Opiate bekommt, wird er - wegen seiner Erwartungen und des speziellen sozialräumlichen Kontextes - mit größter Wahrscheinlichkeit trotzdem nicht opiatabhängig. Wenn ein Landwirt im Dorfkrug regelmäßig jeden Sonntag nach der Kirche einen Schnaps und ein Bier trinkt, sich sonst aber von Alkohol fernhält, dann ist die Suchtgefahr trotz der potenten Droge ("Schnaps") minimal.
"weich".  
 
Einige Suchtforscher halten deshalb wenig von der Unterscheidung zwischen angeblich harten und angeblich weichen Drogen, halten aber viel von der Unterscheidung zwischen einem weichen und einem harten Konsum von Drogen: entscheidend ist nicht, welche Droge man nimmt, sondern wie man mit ihr umgeht. Man kann angeblich weiche Drogen auch "hart" gebrauchen und angeblich harte Drogen auch "weich".  


Ist ein solcher "weicher" Konsum bei Opiaten und Kokain möglich? Pädagogik und Justiz verfolgen beide dasselbe Ziel: sie wollen die Öffentlichkeit vor den Gefahren der Drogen durch deren Dramatisierung und Dämonisierung bewahren. Doch wissenschaftliche Untersuchungen beweisen eindeutig: die Vorstellung von der Übermacht der Drogen über den menschlichen Willen ist eine Verallgemeinerung von Minderheitsphänomenen. Im Regelfall dominieren die Konsumenten der Drogen die Substanzen und nicht umgekehrt. So wie die meisten Konsumenten von Alkohol ihren Konsum in ein reguläres, normales und sozial produktives Leben einbauen - Bier zum Feierabend, Wein zu festlichen Gelegenheiten - während eine Minderheit von Alkoholkonsumenten die Kontrolle über Art und Umfang des Konsums verliert und sich und andere erheblichen Risiken aussetzt, so vermögen auch die meisten Kokaingebraucher ihren Konsum zu kontrollieren und nach einer Phase der Faszination und gelegentlicher Übertreibungen auch wieder auf ein normales Maß zurückzuschrauben, bzw. ganz einzustellen. Dass Kokain-Konsumenten so erhebiche Probleme mit ihrem Konsum bekommen, dass sie in ambulante oder stationäre ärztliche Behandlung müssen, ist ausgesprochen selten.  
Ist ein solcher "weicher" Konsum bei Opiaten und Kokain möglich? Pädagogik und Justiz verfolgen beide dasselbe Ziel: sie wollen die Öffentlichkeit vor den Gefahren der Drogen durch deren Dramatisierung und Dämonisierung bewahren. Doch wissenschaftliche Untersuchungen beweisen eindeutig: die Vorstellung von der Übermacht der Drogen über den menschlichen Willen ist eine Verallgemeinerung von Minderheitsphänomenen. Im Regelfall dominieren die Konsumenten der Drogen die Substanzen und nicht umgekehrt. So wie die meisten Konsumenten von Alkohol ihren Konsum in ein reguläres, normales und sozial produktives Leben einbauen - Bier zum Feierabend, Wein zu festlichen Gelegenheiten - während eine Minderheit von Alkoholkonsumenten die Kontrolle über Art und Umfang des Konsums verliert und sich und andere erheblichen Risiken aussetzt, so vermögen auch die meisten Kokaingebraucher ihren Konsum zu kontrollieren und nach einer Phase der Faszination und gelegentlicher Übertreibungen auch wieder auf ein normales Maß zurückzuschrauben, bzw. ganz einzustellen. Dass Kokain-Konsumenten so erhebiche Probleme mit ihrem Konsum bekommen, dass sie in ambulante oder stationäre ärztliche Behandlung müssen, ist ausgesprochen selten.  
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