Die Agnostikerin und '68er-in Katharina Rutschky (25.01.1941-14. 01.2010 in Berlin) prägte den Begriff "Schwarze Pädagogik" und kritisierte Alice Schwarzer und ihren Staatsfeminismus.

Die Tochter einer sozialdemokratischen Familie (SPD-Eintritt 2009) ging im Schwarzwald (Kniebis bei Freudenstadt) zur Schule, zog mit 10 Jahren mit Familie nach Kassel, wurde mit 15 Mitglied der "Falken" (Sozialistische Jugend Deutschlands), machte 1960 Abitur, studierte in Göttingen und an der FU Berlin Germanistik und Geschichte, Soziologie und Pädagogik, ging 1960 Mitglied des SDS. Ihre Lehrer waren Eberhard Lämmert, Klaus Mollenhauer, Herwig Blankertz, Dieter Claessens und der Psychoanalytiker Gerhard Maetze.

Bekannt wurde sie 1977 durch die Herausgabe einer Quellensammlung zur Pädagogik des 18. und 19. Jahrhunderts ("Schwarze Pädagogik") - ein „Abfallprodukt“ ihres nie vollendeten Promotionsprojektes „Die Konstruktion des bürgerlichen Sozialcharakters bei Jean-Jacques Rousseau“.

1986 gab sie die Doktorarbeit der Soziologin Margarete Freudenthal neu heraus. Ihre Polemik "Erregte Aufklärung. Kindesmissbrauch: Fakten und Fiktionen" (1992) kritisierte den Umgang der Frauenbewegung mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs von Kindern („Missbrauch mit dem Missbrauch“).

2001 veröffentlichte sie ein Buch über Hunde.

Seit 1971 war Rutschky mit dem Schriftsteller Michael Rutschky verheiratet. Seit 1984 wohnte sie mit ihrem Ehemann in Berlin-Kreuzberg.

Am 30. Mai 1999 erhielt Rutschky den Heinrich-Mann-Preis für Essayistik. Sie sei „eine der wichtigsten Nachkriegsessayistinnen gewesen“, urteilte Jan Feddersen. Ihr Verhältnis zum Feminismus beschrieb sie einmal mit den beiden Sätzen: „Ist Feministin in Italien, wohin sie seit zehn Jahren reist, um sich bei den Philosophinnen der Gruppe Diotima in Verona weiterzubilden und inspirieren zu lassen. Ist Antifeministin in Deutschland, weil hier das Niveau des Feminismus politisch und intellektuell über das private von Alice Schwarzer nicht hinausgekommen ist.“

Die entschiedene Verteidigerin der 68er-Generation grenzte sich von Interpretation der 68er-Bewegung durch Wolfgang Kraushaar und Götz Aly ab.

Ina Hartwig beschrieb Rutschky als „klassische Intellektuelle […] Als Frau war sie ein Intelligenzwesen, der Aufklärung verpflichtet und daher vor allem: Mensch.“ Alan Posener zitierte nach Rutschkys Tod in der Welt unter anderem ihre Kritik am Feminismus Schwarzerscher Prägung: „Die Frauenbewegung war und ist in ihren Resten als 'Politik für Frauen' (vulgo Staatsfeminismus) eine Angelegenheit der akademisch qualifizierten Mittelklasse. Ihr Problembewusstsein reichte nur zur Etablierung einer Beschwerdekultur, mit den Männern als Adressaten und Papa Staat als Medizinmann. [...] Schon die Studentinnen von 1968 waren nicht benachteiligt, sondern von einer Freiheit gefordert, für die es in der Geschichte kein Beispiel gibt. Statt hier anzusetzen, hat man das überholte Modell der ewig nörgelnden Ehefrau auf Politikformat gepustet.“

Veröffentlichungen

  • Erregte Aufklärung: Kindesmissbrauch: Fakten & Fiktionen. Klein, Hamburg 1992. ISBN 3-922930-05-0.
  • Emma und ihre Schwestern. Ausflüge in den real existierenden Feminismus. Hanser, München; Wien 1999, 158 S., ISBN 3-446-18766-9.
  • Der Stadthund: von Menschen an der Leine. Rowohlt, Reinbek 2001. 223 S. ISBN 3-498-05758-8.
  • Deutsche Kinder-Chronik: Wunsch- und Schreckensbilder aus vier Jahrhunderten. Parkland, Köln 2003. ISBN 3-89340-042-7.

Herausgeberin

  • Schwarze Pädagogik. Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung. Herausgegeben und eingeleitet von Katharina Rutschky. 8. Aufl. München 2001 (Erstausgabe: Frankfurt am Main u.a. 1977).


Literatur und Weblinks

  • Iris Hanika: Nennt mich Mutter, Schwestern. Zum sechzigsten Geburtstag von Katharina Rutschky, der Entdeckerin der „Schwarzen Pädagogik“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Januar 2001, Nr. 21, S. 53.
  • Ina Hartwig: Weiblicher Mensch, na und? Über Katharina Rutschky. In: Katharina Rutschky: Im Gegenteil. Politisch unkorrekte Ansichten über Frauen. Wagenbach, Berlin 2011, S. 7–10, ISBN 3-8031-2675-4.
  • Literatur von und über Katharina Rutschky im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Liste und Kommentar literarischer Arbeiten (Website des Soziologen Bernd Kittlaus)
  • Nachruf in der Berliner Zeitung vom 15. Januar 2010
  • Nachruf in der Frankfurter Rundschau vom 16. Januar 2010
  • Kurt Scheel: Zum 60. Geburtstag von Katharina Rutschky
  • Sammlung von Artikeln von Katharina Rutschky
  • Gespräch in „Chrismon“ (Version vom 22. August 2010 im Internet Archive)
  • „Jaja, sie hat ihre Verdienste – aber welche?“, Rutschky-Rezension zu Alice Schwarzer in der Berliner Zeitung vom 16. Juni 2007
  • Ironisch, intellektuell und lebensfroh – Nachrufe in der taz vom 15. Januar 2010.
  • Nachruf von Thomas Schmid

http://debatte.welt.de/mitglieder/2451/Katharina%2BRutschky Selbstporträt auf der Homepage der Berliner Morgenpost. Zit. nach *Leserattenbücher

Furchtlos und unabhängig: Katharina Rutschky Normdaten (Person): GND: 115573755 | LCCN: n84013211 | VIAF: 84945552 |

Weblinks und Literatur