Katharina Rutschky: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Agnostikerin und '68er-in '''Katharina Rutschky ''' (25.01.1941-14. 01.2010 in Berlin) prägte den Begriff "Schwarze Pädagogik" und kritisierte Alice Schwarzer und ihren Staatsfeminismus.  
'''Katharina Rutschky''' (geboren als ''Katharina Vier'', * 25. Januar 1941 in Berlin; † 14. Januar 2010 ebenda) war eine deutsche Publizistin und Essayistin. Sie prägte den Begriff "Schwarze Pädagogik" (1977) und sah sich "als Feministin in Italien und Antifeministin in Deutschland", weil in Deutschland "das Niveau des Feminismus politisch und intellektuell über das private von Alice Schwarzer nicht hinausgekommen“ sei. 1999 kritisierte sie den Umgang des "Staatsfeminismus" mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs von Kindern als "Beschwerdekultur, mit den Männern als Adressaten und Papa Staat als Medizinmann." Schon die Studentinnen von 1968, so Rutschky, seien nicht benachteiligt gewesen, sondern von einer Freiheit gefordert, für die es in der Geschichte kein Beispiel gegeben habe: statt aber hier anzusetzen, habe man "das überholte Modell der ewig nörgelnden Ehefrau auf Politikformat gepustet.“ 1999 erhielt sie den Heinrich-Mann-Preis für Essayistik.


Die Tochter einer sozialdemokratischen Familie (SPD-Eintritt 2009) ging im Schwarzwald (Kniebis bei Freudenstadt) zur Schule, zog mit 10 Jahren mit Familie nach Kassel, wurde mit 15 Mitglied der "Falken" (Sozialistische Jugend Deutschlands), machte 1960 Abitur, studierte in Göttingen und an der FU Berlin Germanistik und Geschichte, Soziologie und Pädagogik, ging 1960 Mitglied des SDS. Ihre Lehrer waren Eberhard Lämmert, Klaus Mollenhauer, Herwig Blankertz, Dieter Claessens und der Psychoanalytiker Gerhard Maetze.


Bekannt wurde sie 1977 durch die Herausgabe einer Quellensammlung zur Pädagogik des 18. und 19. Jahrhunderts ("Schwarze Pädagogik") - ein „Abfallprodukt“ ihres nie vollendeten Promotionsprojektes „Die Konstruktion des bürgerlichen Sozialcharakters bei Jean-Jacques Rousseau“.
:"Man muß die öffentliche Diskussion um Kindesmißhandlung daraufhin überprüfen, ob der Kampf um die Anerkennung eines Problems in der öffentlichen Meinung und schließlich in der Politik, wo dann über Ressourcen entschieden wird, nicht allzusehr von den lobbyistischen Interessen bestimmter Berufszweige bestimmt wird, die sehr spezifische Vorurteile hinsichtlich angemessener Problemlösungsstrategien haben. Anders gesagt, wenn die Strafe nicht hilft, muß die Therapie, die Verwandlung aller in Betroffene und Opfer, nicht wirksamer sein" (Rutschky 1990: 72).


1986 gab sie die Doktorarbeit der Soziologin Margarete Freudenthal neu heraus. Ihre Polemik "Erregte Aufklärung. Kindesmissbrauch: Fakten und Fiktionen" (1992) kritisierte den Umgang der Frauenbewegung mit dem Thema des sexuellen Missbrauchs von Kindern („Missbrauch mit dem Missbrauch“).
2001 veröffentlichte sie ein Buch über Hunde.
Seit 1971 war Rutschky mit dem Schriftsteller Michael Rutschky verheiratet. Seit 1984 wohnte sie mit ihrem Ehemann in Berlin-Kreuzberg.
Am 30. Mai 1999 erhielt Rutschky den Heinrich-Mann-Preis für Essayistik. Sie sei „eine der wichtigsten Nachkriegsessayistinnen gewesen“, urteilte Jan Feddersen. Ihr Verhältnis zum Feminismus beschrieb sie einmal mit den beiden Sätzen: „Ist Feministin in Italien, wohin sie seit zehn Jahren reist, um sich bei den Philosophinnen der Gruppe Diotima in Verona weiterzubilden und inspirieren zu lassen. Ist Antifeministin in Deutschland, weil hier das Niveau des Feminismus politisch und intellektuell über das private von Alice Schwarzer nicht hinausgekommen ist.“
Die entschiedene Verteidigerin der 68er-Generation grenzte sich von Interpretation der 68er-Bewegung durch Wolfgang Kraushaar und Götz Aly ab.
Ina Hartwig beschrieb Rutschky als „klassische Intellektuelle […] Als Frau war sie ein Intelligenzwesen, der Aufklärung verpflichtet und daher vor allem: Mensch.“ Alan Posener zitierte nach Rutschkys Tod in der Welt unter anderem ihre Kritik am Feminismus Schwarzerscher Prägung: „Die Frauenbewegung war und ist in ihren Resten als 'Politik für Frauen' (vulgo Staatsfeminismus) eine Angelegenheit der akademisch qualifizierten Mittelklasse. Ihr Problembewusstsein reichte nur zur Etablierung einer Beschwerdekultur, mit den Männern als Adressaten und Papa Staat als Medizinmann. [...] Schon die Studentinnen von 1968 waren nicht benachteiligt, sondern von einer Freiheit gefordert, für die es in der Geschichte kein Beispiel gibt. Statt hier anzusetzen, hat man das überholte Modell der ewig nörgelnden Ehefrau auf Politikformat gepustet.“


==Veröffentlichungen==
==Veröffentlichungen==
*Erregte Aufklärung: Kindesmissbrauch: Fakten & Fiktionen. Klein, Hamburg 1992. ISBN 3-922930-05-0.
*Erregte Aufklärung: Kindesmissbrauch: Fakten & Fiktionen. Klein, Hamburg 1992.
*Emma und ihre Schwestern. Ausflüge in den real existierenden Feminismus. Hanser, München; Wien 1999, 158 S., ISBN 3-446-18766-9.
*Emma und ihre Schwestern. Ausflüge in den real existierenden Feminismus. Hanser, München; Wien 1999.
*Der Stadthund: von Menschen an der Leine. Rowohlt, Reinbek 2001. 223 S. ISBN 3-498-05758-8.
*Der Stadthund: von Menschen an der Leine. Rowohlt, Reinbek 2001.
*Deutsche Kinder-Chronik: Wunsch- und Schreckensbilder aus vier Jahrhunderten. Parkland, Köln 2003. ISBN 3-89340-042-7.
*Deutsche Kinder-Chronik: Wunsch- und Schreckensbilder aus vier Jahrhunderten. Parkland, Köln 2003.
Herausgeberin
*Schwarze Pädagogik. Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung. Herausgegeben und eingeleitet von Katharina Rutschky. 8. Aufl. München 2001 (Erstausgabe: Frankfurt am Main u.a. 1977).
*Schwarze Pädagogik. Quellen zur Naturgeschichte der bürgerlichen Erziehung. Herausgegeben und eingeleitet von Katharina Rutschky. 8. Aufl. München 2001 (Erstausgabe: Frankfurt am Main u.a. 1977).


== Literatur und Weblinks ==
== Literatur und Weblinks ==


*Iris Hanika: Nennt mich Mutter, Schwestern. Zum sechzigsten Geburtstag von Katharina Rutschky, der Entdeckerin der „Schwarzen Pädagogik“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Januar 2001, Nr. 21, S. 53.
*Iris Hanika: Nennt mich Mutter, Schwestern. Zum sechzigsten Geburtstag von Katharina Rutschky, der Entdeckerin der „Schwarzen Pädagogik“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Januar 2001, Nr. 21, S. 53.
*Ina Hartwig: Weiblicher Mensch, na und? Über Katharina Rutschky. In: Katharina Rutschky: Im Gegenteil. Politisch unkorrekte Ansichten über Frauen. Wagenbach, Berlin 2011, S. 7–10, ISBN 3-8031-2675-4.
*Ina Hartwig: Weiblicher Mensch, na und? Über Katharina Rutschky. In: Katharina Rutschky: Im Gegenteil. Politisch unkorrekte Ansichten über Frauen. Wagenbach, Berlin 2011, S. 7–10.
*Literatur von und über Katharina Rutschky im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
*Literatur von und über Katharina Rutschky im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
*Liste und Kommentar literarischer Arbeiten (Website des Soziologen Bernd Kittlaus)
*Liste und Kommentar literarischer Arbeiten (Website des Soziologen Bernd Kittlaus)
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*Ironisch, intellektuell und lebensfroh – Nachrufe in der taz vom 15. Januar 2010.
*Ironisch, intellektuell und lebensfroh – Nachrufe in der taz vom 15. Januar 2010.
*Nachruf von Thomas Schmid
*Nachruf von Thomas Schmid
http://debatte.welt.de/mitglieder/2451/Katharina%2BRutschky
*[http://debatte.welt.de/mitglieder/2451/Katharina%2BRutschky Selbstporträt auf der Homepage der Berliner Morgenpost]
Selbstporträt auf der Homepage der Berliner Morgenpost. Zit. nach *[http://leserattenforum.leserattenbuecher.de/thread.php?threadid=5302&sid=a8e7c1bca2ce97a32e23534e4fadb25b Leserattenbücher]
*[http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/sie-glaubte-an-das-zivilisierte sie glaubte an das zivilisierte]
*[http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/sie-glaubte-an-das-zivilisierte sie glaubte an das zivilisierte]
*Wege zum Glauben. Der Katholik Christian Heidrich schreibt über Bekehrungen. Will er denn auch den Leser bekehren? In: Berliner Zeitung, 25. März 2002.
*Wege zum Glauben. Der Katholik Christian Heidrich schreibt über Bekehrungen. Will er denn auch den Leser bekehren? In: Berliner Zeitung, 25. März 2002.
*Berliner Zeitung vom 15. Januar 2010: „Und kochen konnte sie auch noch. Zum Tod der Publizistin Katharina Rutschky“
*Berliner Zeitung vom 15. Januar 2010: „Und kochen konnte sie auch noch. Zum Tod der Publizistin Katharina Rutschky“
*Vgl. http://www.welt.de/print-welt/article555663/Es-ging-um-die-Kuehltruhe.html
*[http://www.welt.de/print-welt/article555663/Es-ging-um-die-Kuehltruhe.html Es ging um die Kühltruhe (Kraushaar-Kritik)]
*Vgl. http://www.taz.de/1/archiv/dossiers/dossier-revolte-und-liebe-die-68er/artikel/1/in-welcher-k-gruppe-waren-sie-denn/
*[http://www.taz.de/1/archiv/dossiers/dossier-revolte-und-liebe-die-68er/artikel/1/in-welcher-k-gruppe-waren-sie-denn/ In welcher K-Gruppe waren Sie denn? taz-Streitgespräch Götz Aly und Katharina Rutschky]
Furchtlos und unabhängig: Katharina Rutschky
 
Normdaten (Person): GND: 115573755 | LCCN: n84013211 | VIAF: 84945552 |
== Weblinks und Literatur ==
== Weblinks und Literatur ==
*[http://www.novo-magazin.de/41/novo4128.htm Rutschky, Katharina: Damen-Ohrfeige gegen Busengrapscher]
*[http://www.novo-magazin.de/41/novo4128.htm Rutschky, Katharina: Damen-Ohrfeige gegen Busengrapscher]
*[http://www.zeit.de/1990/47/wie-probleme-gemacht-werden Rutschky, Katharina (1990) Wie Probleme gemacht werden. DIE ZEIT online]
*[http://www.zeit.de/1990/47/wie-probleme-gemacht-werden Rutschky, Katharina (1990) Wie Probleme gemacht werden. DIE ZEIT online; Druckversion: Seite 71f. Nr. 47, 16.11.1990]
*[http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/sachbuch/katharina-rutschky-im-gegenteil-statt-der-frauenquote-11521884.html Statt der Frauenquote. FAZ 08.11.2011]


*[http://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_Rutschky Katharina Rutschky, in: de.wikipedia]


*[http://de.wikipedia.org/wiki/Katharina_Rutschky Katharina Rutschky, in: de.wikipedia]
== Videos ==
*[https://www.youtube.com/watch?v=bex21sP-rO4 Was war links? Unter anderen: K.R.; ab Minute 27]
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