Jugendbewährungshilfe: Unterschied zwischen den Versionen

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== '''"Die Jugendbewährungshilfe ist eine Chance, aber auch eine Herausforderung für junge Straftäter…''' ==
Die '''Jugendbewährungshilfe''' ist, in Abgrenzung zur [[Bewährungshilfe]] für Erwachsene, die '''Bewährungshilfe für straffällig gewordene Jugendliche und Heranwachsende''', die auf der Grundlage des '''Jugendgerichtsgesetzes''' (JGG) einer/m Bewährungshelfer/in unterstellt worden sind. In den meisten Bundesländern ist die Jugendbewährungshilfe keine eigenständige Institution (vgl. § 113 JGG), sondern Teil der Bewährungshilfe, die häufig ihrerseits organisatorisch in die Sozialen Dienste der Justiz eingegliedert ist (Ausnahmen: Berlin und Hamburg). Die Bewährungshelfer/innen sind i.d.R. Sozialarbeiter/innen bzw. Sozialpädagogen/innen des öffentlichen Dienstes.


Als sie gerade erst geboren war, verließ ihr Vater ihre Mutter und brach damit endgültig den Kontakt zu seiner Tochter ab. Ihre Mutter konnte in der Gesellschaft nie Fuß fassen, sie lebte von Sozialhilfe. Schon mit zehn Jahren war Mandy auf sich allein gestellt, niemand kümmerte sich um sie. So hielt sie sich nur noch auf der Straße auf, mit zwölf Jahren geriet sie an falsche Freunde. Seither hat sie eine steile kriminelle Karriere hinter sich: Schule schwänzen, Diebstahl, Körperverletzung, Drogenmissbrauch. Sieben jüngeren Jugendlichen nahm sie ihre Handys ab, um sie weiterzuverkaufen und sich vom Erlös Drogen zu kaufen. Regelmäßig prügelte sie sich, um ihren Frust abzubauen…
Die Probanden (im Alter von 14 bis 25 Jahren) sind hauptamtlichen, im Einzelfall auch ehrenamtlichen Bewährungshelfern/innen unterstellt (gem. § 24 Abs. 1 JGG). Der [[Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht]] wird durch die Jugendbewährungshilfe (in Verbindung mit der Jugendhilfe - SGB VIII)am konsequentesten und nachhaltigsten in der Justizielle Straffälligenhilfe umgesetzt.  
Sie wurde zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. Das heißt, sie steht zwei Jahre unter Bewährungsaufsicht und muss mit einem Jugendbewährungshelfer zusammenarbeiten. Um die Strafe nicht im Gefängnis absitzen zu müssen, hat die junge Frau zusätzlich richterliche Auflagen erhalten, die sie in einem bestimmten Zeitraum zu erfüllen hat. Sie ist streng an ihre Bewährungsauflagen gebunden. In ihrem Fall gehören dazu die Teilnahme an einem Anti-Gewalt-Seminar, der Nachweis des regelmäßigen Schulbesuchs und die Teilnahme an Beratungsgesprächen in einer Drogenberatung.


'''''Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung / Sonntagszeitung vom 25.9.2007, Seite 38
== Geschichte ==
Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts entstanden in Deutschland aufgrund der starken Zunahme der Jugendkriminalität die ersten Jugendgerichte. Am '''01.07.1923''' trat das '''Jugendgerichtsgesetz''' (JGG) in Kraft, in dem erstmals die anfängliche Strafaussetzung zur Bewährung gesetzlich geregelt war und sich die besondere Bewertung jugendlicher Straftäter durchsetzte. Das JGG wurde als Erziehungsstrafrecht konzipiert und das Subsidiaritätsprinzip fand Einzug in das Gesetz. Die Jugendgerichte wurden gesetzlich verankert und erstmals konnte die Vollstreckung einer Haftstrafe vom Jugendrichter zur Bewährung ausgesetzt werden. Da der/die zur Bewährung Verurteilte danach ohne Betreuung blieb, war eine hohe Misserfolgsquote die Folge. Eine Reaktion auf die Bewährungsversager war die zunehmende (Verordnung vom 28.11.1940) und später gänzliche Abschaffung der Bewährung (Reichjugendgerichtsgesetz 1943).  


'''''Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH'''''
Nach dem Ende des II. Weltkrieges, der wieder einen akuten Anstieg der Jugendkriminalität und Jugendverwahrlosung mit sich führte, berief 1949 das Hauptjugendamt Berlin eine Tagung zum "Stand und Neuordnung der Jugendgerichtsbarkeit" ein. Dort wurde u.a. die praktischen Erprobung von Bewährungshilfe mit dem Ziel ihrer gesetzlichen Fixierung gefordert. Die Schwierigkeit lag in der Sicherstellung einer hinreichenden Aufsicht. Die damalige Senatorin und Leiterin des Hauptjugendamtes initiierte daraufhin besondere Planstellen für hauptamtliche (Jugend)Bewährungshelfer. Zur Erprobung der Bewährungshilfe wurde noch vor der gesetzlichen Einführung dieser Institution der erste hauptamtliche (Jugend)Bewährungshelfer der Bundesrepublik im Oktober 1950 in Berlin tätig. 1951 begann dann aus Mitteln des Bundesjugendplans der Aufbau der Bewährungshilfe in Deutschland.  


Am '''04.08.1953''' trat die '''Neufassung des JGG''' in Kraft, welche sich wieder vorrangig an der Ent-wicklung der Jugendlichen orientierte. Es erfolgte die Wiedereinführung der Strafaussetzung zur Bewährung neben der Aussetzung des Restes der Jugendstrafe. Dies bedeutet die Einrichtung der Bewährungshilfe, die nach dem Vorbild des englischen Probationssystems (lateinisch „probare“, sich in Freiheit „bewähren“) ausgelegt wurde. Das '''Gesetz über die Bewährungshelfer für Jugendliche und Heranwachsende vom 25.11.1954''' fixierte ihre Ressortierung bei der für das Jugendwesen zuständigen Senatsverwaltung (diese Zuordnung wurde in der Gesetzesnovellierung vom Februar 2001 wieder aufgehoben; vgl. § 8 JugBewHelfG).


Mit dem '''Ersten Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes''' (1. JGGÄndG) vom '''30.08.1990''' wurden neue ambulante Maßnahmen (u.a. Betreuungsweisung gem. § 10 Abs. 1 Pkt. 5 JGG) und die regelmäßige Aussetzung zur Bewährung der Jugendstrafe bis zu 2 Jahren (§ 21 Abs. 2 JGG) festgelegt. Das '''Zweite Gesetz zur Änderung des Jugendgerichtsgesetzes''' und anderer Gesetze vom '''13.12.2007''' definierte erstmalig das ''Ziel des Jugendstrafrechts'' (§ 2 Abs. 1 JGG), das Verfahren vorrangig am '''Erziehungsgedanken''' auszurichten und damit die Vielfalt und Flexibilität des JGG auch für die Betreuungs- und Unterstellungsformen zu vergrößern.


== Funktionen und Selbstverständnis der Jugendbewährungshilfe ==
Der [[Erziehungsgedanke im Jugendstrafrecht]] bildet für die Jugendbewährungshilfe die Grundlage ihrer Tätigkeit. Ihre Arbeit ist an der, noch in der Entwicklung befindlichen Persönlichkeit des Täters orientiert. Sie steht mit den Probanden in einem sogenannten ''Zwangskontext'', der neben der ''Hilfefunktion'' (s. § 24 Abs. 3 Sätze 1 und 3 JGG) auch die ''Kontrollfunktion'' (s. § 24 Abs. 3 Satz 2; § 25 Sätze 3 und 4 JGG) beinhaltet. Ein für die Hilfebeziehung förderliches Vertrauensverhältnis ist unter diesen Bedingungen nicht einfach zu erreichen. Für einen fachlich-inhaltlichen Einfluss auf die Jugendstrafverfahren sind umfassende Kenntnisse der Entwicklungsbesonderheiten in der Jugendphase durch die Bewährungshelfer erforderlich. Die jungen – in der Entwicklung befindlichen - Probanden sollen zu einer  dauerhaften ''Veränderungsmotivation'' ihres delinquenten Verhalten befähigt und bei der Bewältigung der Alltagsprobleme im sehr dynamischen Jugendalter unterstützt werden.


== '''Grundlagen der Jugendbewährungshilfe (JBH)''' ==
Wichtige Ziele sind hierbei die '''[[Resozialisierung]]''' und die '''Vermeidung erneuter Straffälligkeit'''. Dafür benötigt die Jugendbewährungshilfe ein vielfältiges ''Netzwerk von Hilfe- und Betreuungsangeboten'', um die Probanden/innen in ihren multiplen und entwicklungstypischen Problemlagen qualifiziert unterstützen zu können. Im '''Jugendalter''' spielen die Lebensfelder '''„Eltern/Herkunftsfamilie“''', '''„Schule“''' und '''„Peergroups“''' eine herausragende Bedeutung bei der '''Identitätsbildung''' und der Bewältigung der '''Statusinkonsistenz''' junger Menschen. In Abgrenzung zur [[Bewährungshilfe]] für Erwachsene erfolgt in der Jugendbewährungshilfe vorrangig ein pädagogischer Zugang unter Einbeziehung der Erziehungsberechtigten und weiterer Bezugspersonen (§ 24 Abs. 3 JGG).
Damit das gesetzlich verankerte ''Recht der jungen Menschen auf Förderung der Entwicklung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit'' umgesetzt werden kann, bestehen unterstützende Angebote im Rahmen der '''Jugendhilfe''' (§ 2 SGB VIII), die in Kooperation mit den ''öffentlichen und freien Trägern'' von den Probanden der Jugendbewährungshilfe genutzt werden können.


Innerhalb einer Gesellschaft werden delinquente Verhaltensweisen traditionell mit Sanktionen belegt. Die Grundidee dieser Sanktion liegt in der Vermeidung von weiterem Fehlverhalten. Die Erkenntnis, dass Resozialisierungsmaßnahmen nicht zwingend intramural sein müssen, hat zur Entstehung neueren Formen der Straffälligenhilfe geführt.  
==  Grundlagen ==
Das Gericht unterstellt die Probanden i.d.R. für zwei Jahre (vgl. § 22 JGG; nachträgliche Änderung gemäß § 24 Abs. 2 JGG) der Aufsicht und Leitung eines/r haupt- oder ehrenamtlichen Bewährungshelfers/in. Die Bewährungs- oder Unterstellungszeit kann bis zu einem Höchstmaß von insgesamt vier Jahren verlängert (gemäß §§ 22 Abs. 2, 26 Abs. 2 Pkt. 2 JGG) bzw. nachträglich auf 1 Jahr (gemäß § 22 Abs. 2 JGG) verkürzt werden. In den Fällen des § 21 Abs. 2 (Strafaussetzung von mehr als einem Jahr Jugendstrafe) darf die Bewährungszeit jedoch nur bis auf zwei Jahre verkürzt werden.


In Deutschland ist die Bewährungshilfe 1953 über das Strafgesetzbuch eingeführt worden und ebenso das Jugendgerichtsgesetz (JGG), ein vom Straf- und Strafprozessrecht etwas abweichendes Sonderrecht (vgl. Stimmer 2000, S.362).
Die Jugendbewährungshilfe überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht die Einhaltung des Bewährungsplanes und (gemäß § 38 Abs. 2, S. 5 JGG in Zusammenarbeit mit der JGH) zusätzliche Weisungen und Auflagen. Dazu berichtet der/die Bewährungshelfer/in dem Gericht in festgelegten Zeitabschnitten (Erstbericht, Zwischenberichte, Schlussbericht) über den Entwicklungsverlauf der Bewährungsaufsicht (verbindliche und verlässliche Einhaltung von Terminen und Vereinbarungen, Veränderungen bzw. Stabilisierungen in den verschiedenen Lebenslagenbereichen). Diese Berichte können auch Verstöße gegen den Bewährungsplan beinhalten. Dem Gericht müssen aber nur solche Verstöße mitgeteilt werden, die als „gröblich“ und „beharrlich“ anzusehen sind (§ 25 S. 4 JGG). Das bedeutet, dass nur das dem Gericht mitgeteilt werden muss, was die Bewährung ernsthaft gefährdet; dies gilt selbst bei '''Straftaten'''. Im Schlussbericht äußert sich die Jugendbewährungshilfe zu den Fragen des Straferlasses, der Strafmakelbeseitigung oder eines möglichen Widerrufs. Die Jugendbewährungshilfe hat sich an die gesetzlichen Widerrufsgründe des  § 26 Abs. 1 JGG zu halten.
Die Bewährungshilfe für jugendliche und heranwachsende Straftäter (vgl. §1 JGG) wurde somit gesetzlich geregelt. Das JGG bestimmt den gesetzlichen Auftrag der JBH. In ihm sind neben dem Überwachungs- und dem Betreuungsauftrag zusätzlich ein Erziehungsauftrag (Erziehung statt Sühne) formuliert (vgl. §3, §10 JGG).  
Bei folgenden Urteilssprüchen durch einen Jugendrichter kommt es zur Bewährungsaufsicht und die JBH wird tätig (vgl. FHH 2000a, S.2; StVollzG 2001, S.221ff).


Die Anordnung der '''[[Führungsaufsicht]]''' (§ 7 JGG i.V.m. § 67c Abs. StGB) ist als eine ''Maßregel der Besserung und Sicherung'' im Jugendstrafrecht möglich. Tritt sie in Kraft (§§ 68 – 68g StGB), handelt es sich (im Gegensatz zur Bewährungsaufsicht) um Straftäter mit einer (überwiegend) '''ungünstigen Sozialprognose''' und einer '''erhöhten Gefährlichkeitseinschätzung'''. Hier überwiegt der Überwachungsaspekt. Die Übernahme der Führungsaufsicht durch die Jugendbewährungshilfe impliziert jedoch, dass die helfende und betreuende Funktion in diesem Kontext (§ 24 Abs. 3 JGG) ebenfalls besteht. Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Das Gericht kann die Höchstdauer abkürzen.


'''Schuldspruch:''' Die Schuld des Angeklagten steht außer Frage, aber die schädlichen Neigungen (vgl. Diemer/Schoreit/Sonnen 1995, S.196) sind nicht deutlich erkennbar 27 JGG).
Die '''Betreuungsweisung''' als eine ''Erziehungsmaßregel im Jugendstrafverfahren'' (§ 10 Abs. 1 Pkt. 5) kann neben der Jugendgerichtshilfe oder neben freien Trägern der Jugendhilfe ebenfalls von der Jugendbewährungshilfe übernommen werden. Im Gegensatz zum ''Erziehungsbeistand im Kinder- und Jugendhilfegesetz'' (§ 30 SGB VIII) dominieren im '''[[Jugendstrafrecht]]''' (neben dem Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung) die Verpflichtung und die Verbindlichkeit. Es ist ein Kontroll- und Sanktionsdruck vorhanden. In der ''Jugendhilfe'' dagegen besteht der ''Grundsatz der Freiwilligkeit'' bei der Annahme einer Hilfe gemäß § 30 SGB VIII. Im Gegensatz zu einer Bewährungsaufsicht hat der Gesetzgeber bei einer ''Weisung gemäß § 10 Abs. 1 Pkt. 5 JGG'' die ''Förderung der Erziehung'' und ''nicht die Leitung und Überwachung'' in den Vordergrund gestellt. Die Übernahme von Betreuungsweisungen durch Jugendbewährungshelfer erfordert eine hohe fachliche Differenzierung der eigenen Tätigkeit. In der Literatur wird dieser Betreuungskontext auch kritisch bewertet. Eine Betreuungsweisung wird i.d.R. für ein Jahr verhängt. Eine Verkürzung bzw. Verlängerung dieser richterlichen Weisung ist möglich 11 JGG).


== Aufgaben ==
Im Jugendstrafverfahren ist die Jugendbewährungshilfe, in Abgrenzung zur Bewährungshilfe für Erwachsene, Verfahrensbeteiligte gem. § 48 JGG.
=== vor einer (erneuten) Verurteilung ===
Begeht ein Jugendlicher oder Heranwachsender, der einem/r Jugendbewährungshelfer/in unterstellt wurde, erneut eine Straftat, welche zu einem Strafverfahren führt, kann das unterschiedliche Aufgaben nach sich ziehen. Führt die Straftat ersichtlich nicht zu einem Widerruf, kann (in Zusammenarbeit mit der JGH; vgl. § 38 Abs. 2 Satz 8 JGG) eine '''Diversionsmaßnahme''' angeregt werden. Dagegen besteht bei der Gefahr eines Widerrufs die Aufgabe im '''Aufzeigen ambulanter Handlungsalternativen''' (u.a. andere Weisungen oder Auflagen, Verlängerung der Bewährungsaufsicht und/oder –zeit, Unterstellung unter einen anderen Jugendbewährungshelfer) gegenüber der rechtlich nachrangigen Vollstreckung der Jugendstrafe.
=== nach der Verurteilung ===
Die zentrale und gesetzlich geregelte Aufgabe des/r Jugendbewährungshelfer/in ist es, den nach Jugendstrafrecht Verurteilten „helfend und betreuend zur Seite“ zu stehen (§§ 24 Abs. 3 Satz 1, 105 Abs. 1 JGG). Dies gilt bei der '''Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung''' (§§ 21 – 26a JGG), der '''Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe''' (§§ 27 – 30 JGG) und  in den '''Verfahren bei (nachträglicher) Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung''' (§§ 57 – 61b JGG). Die Bestellung erfolgt durch den Jugendrichter. (§ 25 Satz 1 JGG) für die Dauer von höchstens zwei Jahren (§ 24 Abs. 1 Satz 1 JGG). Diese Entscheidung (§ 24 Abs. 2 JGG) kann vor Ablauf der Unterstellungszeit aufgehoben oder verändert (Verlängerung bis zu vier Jahren;  Verkürzung auf ein Jahr; Unterstellung erneut anordnen) werden. Das Ziel der Hilfe und Betreuung ist eine ''Stabilisierung der Lebenssituation'' der Probanden durch das ''Erlernen neuer - nicht delinquenter - Bewältigungsfähigkeiten'' und der damit verbundenen ''Minimierung des Rückfallrisikos''. Die Jugendbewährungshelfer sollen dem Erziehungsgedanken des JGG folgend die ''Erziehung der jungen Straftäter fördern'' und möglichst ''mit den Erziehungsberechtigten zusammenarbeiten''. Das kann alle Lebenslagen der Probanden betreffen (u.a. Familie, Freundeskreis, Wohnen, Finanzen/Schulden, Suchtmittelmissbrauch, gesundheitliche oder psychische Auffälligkeiten, Aufenthaltsstatus). Der ''Aufbau einer Veränderungsbereitschaft'' und einer anhaltenden ''Veränderungsmotivation'' der Probanden sind der erste Schritt für die Entwicklung eigener normkonformer Problemlösungsstrategien. Neben der ''Unterstützungsfunktion'' besteht die ''Kontrollfunktion''. Dazu zählt die Überwachung von richterlichen Weisungen und Auflagen sowie erfolgten Zusagen und Anerbieten der Probanden. Verstöße dagegen werden dem Gericht gemeldet, soweit sie als „gröblich und beharrlich“ einzustufen sind. Der Berichtspflicht muss der/die Jugendbewährungshelfer/in nachkommen.
=== nach der Strafvollstreckung ===
Die bei der Verurteilung ohne einen Vollstreckung der Jugendstrafe bestehenden Aufgaben der Jugendbewährungshilfe sind prinzipiell auch nach einer Teilvollstreckung bzw. einer Vollverbüßung zu erbringen. Darüber hinaus ergeben sich Aufgaben im Rahmen der Haftentlassung (Entlassungsvorbereitung, Entlassung, Wiedereingliederung). Aufgrund des Zeitpunktes der Rechtskraft der Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes (§§ 88 Abs. 6 Satz 1, 22 Abs. 2 Satz 1 JGG) war die Jugendbewährungshilfe in der Vergangenheit i.d.R. selten in die Entlassungsvorbereitung einbezogen. Inzwischen wurden im Rahmen des Übergangsmanagements Kooperationsvereinbarungen zwischen den Haftanstalten und der Jugendbewährungshilfe geschlossen, um eine qualifizierte und nachhaltige Wiedereingliederung und '''[[Resozialisierung]]''' der Probanden zu ermöglichen. Darüber hinaus können Beratungs- oder Therapiemaßnahmen angeregt oder eingeleitet werden. Im Ergebnis der Tataufarbeitung sind ein Täter-Opfer-Ausgleich oder die Hinzuziehung der Schuldnerberatung möglich. Dabei erfordert das Fallmanagement der Jugendbewährungshelfer eine stabile und regelmäßige Kooperation mit anderen Fachdiensten und Hilfeeinrichtungen. Weiterhin wird eine enge und regelmäßige Kontaktdichte (alle zwei bis vier Wochen) angestrebt. Die Berichtspflicht ist für den/die Bewährungshelfer/in ebenfalls verbindlich.


'''Vorbewährung:''' Das Urteil ist eine Jugendstrafe, unklar ist, ob diese zur Bewährung ausgesetzt wird. Der Richter verschiebt die Entscheidung darüber um einige Monate 57, Abs.1 JGG).
== einzelne Rechtspositionen ==
Die Jugendbewährungshilfe hat keine Zwangsbefugnisse, aber ein '''Recht auf Zutritt''' (§ 24 Abs. 3 Satz 4 JGG) zu den Probanden, dass auch gegenüber Dritten geltend gemacht werden kann. Unter dem Blickwinkel des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes besteht auch ein '''Auskunftsrecht''' gegenüber den ''Erziehungsberechtigten'', den ''gesetzlichen Vertretern'', der ''Schule'' und den ''Ausbildern'' (§ 24 Abs. 3 Satz 5). Die rechtliche Durchsetzbarkeit ist umstritten und wird in der Literatur teilweise abgelehnt. Befinden sich die Probanden in Untersuchungshaft, besteht ein '''Recht auf Besuch und Schriftverkehr''' (§§ 93 Abs. 3, 110 Abs. 2 JGG). Die Jugendbewährungshilfe erhält auf der Grundlage ihres Tätigwerdens eine '''Ausfertigung des Urteils und des Bewährungsplanes''' 60 JGG). Sie hat das '''Recht auf Anwesenheit und Anhörung in der Hauptverhandlung''' (§§ 48 Abs. 2 Satz 1, 50 Abs. 4 Satz 1 JGG) und ein '''Anhörungsrecht''' bei allen richterlichen Entscheidungen, die mit der Aussetzung der Jugendstrafe verbunden sind (§ 58 Abs. 1 Satz 2 JGG). Ein konkretes Antragsrecht, welches bei Ablehnung eines Antrages einen Rechtsbehelf ermöglicht, gibt es bislang aber nicht.


Dagegen besteht aus beruflichen Gründen grundsätzlich '''kein [[Zeugnisverweigerungsrecht]]''' vor dem Gericht (§§ 53, 53a StPO). Der hauptamtliche Bewährungshelfer bedarf allerdings einer Aussagegenehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde (§ 54 StPO). In der Literatur wird empfohlen von einer gerichtlichen Zeugenvernehmung des/r Bewährungshelfers/in zur Vermeidung zusätzlicher Rollenkonflikte Abstand zu nehmen. In der Ausübung der Tätigkeit unterliegt der hauptamtliche  Bewährungshelfer einer '''Zweiteilung der Dienst- und Fachaufsicht'''. Es besteht die ''Dienstaufsicht seiner Anstellungsbehörde'' (§ 113 JGG) und die ''fachliche Weisungsgebundenheit an den Jugendrichter'' (§ 25 Satz 2 JGG).


'''Bewährungsaufsicht als Weisung:''' Eine Weisung, die von der JBH überwacht wird (§ 10 JGG).
== aktuelle Diskussion ==
Die ''Lebenslagen'' der jungen Menschen sind ''komplexer'' und ''vielfältiger'' geworden. Die Möglichkeiten für individuelle Lebensentwürfe können ebenso den Ausschluss aus der Gemeinschaft bedeuten, wie eine ''fehlende Teilhabe'' an gesellschaftlichen (Zugang zu Bildung und Beschäftigung) und sozialen (u.a. Rolle als Konsument) Prozessen. Dazu kommen die erschwerenden Zugänge für Hilfe- und Leistungsangebote bedürftiger junger Menschen und ihrer Erziehungsberechtigten. Gegenwärtig bilden die ''Wohnraumversorgung'' junger Straftäter sowie ihr ''Zugang zu psycho-sozialen und psychiatrischen Hilfen'' Schwerpunkte im Resozialisierungsprozess. Dagegen bestehen aktuell Ausbildungs- und Arbeits-/Beschäftigungsangebote für Probanden der Jugendbewährungshilfe. Allerdings sind auch hier Angebote für junge Menschen mit einem hohen Förderbedarf bzw. einer ausgeprägten „Schuldistanz“ noch Mangelware.


'''Jugendstrafe auf Bewährung:''' Die Haftstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt (§ 21 JGG).
Die Bemühungen bei der Entwicklung eines strukturierten '''Übergangsmanagements''' (zwischen Haft und Bewährung) zeigen inzwischen positive Wirkungen. Die entstandenen Kooperationsvereinbarungen ermöglichen eine frühzeitige Beteiligung der Jugendbewährungshilfe am Entlassungsprozess der Probanden. In den Helferkonferenzen der Haftanstalten erfolgt eine Entlassungsvorbereitung unter Beteiligung der Jugendbewährungshelfer bis zu sechs Monaten vor der offiziellen Entlassung der Probanden. Damit kann ein frühzeitiger und durchgängiger Betreuungsprozess umgesetzt werden. Rückschläge in diesem Kooperationsprozess sind nicht auszuschließen, stellen aber die Notwendigkeit einer engen Betreuung im Übergangszeitraum nicht in Frage.  


Neben den ''typischen Übergangsprozessen in der Jugendphase'' (u.a. Beendigung der Schule und Beginn des Berufslebens, Verlassen des Elternhauses oder der Betreuten Einrichtung, Aufnahme einer Partnerschaft, Übernahme einer Elternrolle, wechselnde Bezugspersonen und Freundschaften) bestehen für junge Straftäter weitere psychosoziale Konflikte (Inhaftierungen, Strafprozesse, Haftentlassungen, Folgen der Selbst- und Fremdstigmatisierung). Bei der Bewältigung kumulierender Krisen ist die Jugendbewährungshilfe eine notwendige und fachliche Ressource im Resozialisierungsprozess. Mit Hilfe einer ''„durchgehenden Betreuung“'' durch sie sollen auch künftige Beziehungsabbrüche (welche die Probanden seit frühester Kindheit immer wieder erfahren haben, und die zu einer Bindungslosigkeit und -unfähigkeit geführt haben können) während der Betreuungs- bzw. Unterstellungszeit vermieden werden.


'''Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung:''' Nach Verbüßung eines Teiles einer Jugendstrafe wird der Rest erlassen 88 JGG).
In der Arbeit der Jugendbewährungshilfe spielt auch die '''Risikoorientierung''' eine Rolle. Untersteht ein Proband der Jugendbewährungshilfe, wurde eine erste prognostische Gerichtsentscheidung hinsichtlich der Risiken der Rückfallwahrscheinlichkeit getroffen (eine andere Voraussetzung liegt bei Führungsaufsichten vor). Für die Umsetzung einer professionellen Bewährungsaufsicht 24 Abs. 3 JGG) bedarf es fachlicher Anamnesen und Diagnosen für prognostische Einschätzungen, die neben dem ''Hilfebedarf'' auch eine ''Einschätzung des Rückfallrisikos'' beinhalten.  


In den Bereichen ''Risikoorientierung und Risikomanagement'' besteht seit den letzten 15 Jahren eine intensive Fachdiskussion. Die Standpunkte reichen von „fehlender Kompetenz für die Einschätzung von Rückfallrisiken durch die Jugendbewährungshilfe“ über „Gefährdungseinschätzungen außerhalb der Lebenslagen der Probanden“ bis zu den (schon immer erfolgten) „intuitiven Risikoeinschätzungen der Fachkräfte“, welche an einem ''individuell diagnostizierten Bedarf ausgerichtete Hilfen und Kontrollen'' umsetzen. Die Besonderheit der Probanden der Jugendbewährungshilfe besteht auch darin, dass es sich um junge Menschen in einem ''alterstypischen Entwicklungsprozess (Jugendphase)'' handelt, durch deren wechselnde Phasen sich eine Zuschreibung als '''„[[Risikoproband]]“''' verbietet.


„Die Bewährungszeit darf zwei Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten.“ (StVollzG, 2001, S.223) In der Praxis wird diese Vorgabe des JGG (§ 28) häufig überschritten, wenn es zu Verstößen gegen die Bewährungsauflagen kommt, und der Jugendrichter die Verlängerung anordnet.  
== Weblinks ==
*http://www.dvjj.de/ver%C3%B6ffentlichungen/zjj/aktuell-hefte/zeitschrift-fuer-jugendkriminalrecht-jugendhilfe-zjj-32016
*https://www.berlin.de/sen/jugend/jugend/jugendkriminalitaet/
*http://www.ajsd.niedersachsen.de/wir_ueber_uns/unsere_aufgaben/96886.html
*http://www.bewaehrungshilfe-hessen.de/index.php/bewaehrungshilfe-hessen/jugendbewaehrungshilfe
*http://www.stiftung-spi.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/veroeffentlichungen/srup_lebenslagen/clearingstelle_infoblatt_55.pdf
*http://www.netzwerk-haftentlassung-berlin.de/index.php/uebergangsmanagement-in-berlin


 
== Literaturverzeichnis ==
 
*Cornel, H.: Probanden der Bewährungshilfe für Jugendliche und Heranwachsende in Berlin. In: BewHi 2000, S. 302 ff
 
*Cornel, H. u.a.: Resozialisierung, Handbuch. In: Nomos Verlagsgesellschaft, 3. Auflage, Baden-Baden 2009
== '''Entstehung/Entwicklung der JBH''' ==
*Damian, H.: Die (anfängliche) Strafaussetzung und die (nachträgliche) Aussetzung des Strafrests. In: Kerner, Hans-Jürgen (Hrsg.): Straffälligenhilfe in Geschichte und Gegenwart. Schriftenreihe der Deutschen Bewährungshilfe e.V., Forum Verlag Godesberg, Bonn 1990 S. 55-83
 
*Eisenberg, U.: Jugendgerichtsgesetz, 10. Aufl.; München 2004 (9. Aufl.  2002)
'''November 1950:''' Der Ausschuss für Innere Sicherheit des Bundesrates berät über Einführung von Bewährungshilfe.
*Köhnke, P.: Aus dem Schlusswort des Vorsitzenden Dr. Paul Köhnke auf dem 1. Deutschen Jugendgerichtstag 1909 in Berlin, In: DVJJ-Journal, Zeitschrift für Jugendkriminalrecht und Jugendhilfe, Sonderheft zur Jugendgerichtsbewegung, 3/2001
 
*Nothacker, G. In: Brühl/Deichsel/Nothacker (Hrsg.): Strafrecht und Soziale Praxis. Stuttgart, W. Kohlhammer 2005 S. 343-352
 
*Ostendorf, H.: Jugendgerichtsgesetz – Kommentar. 6. Auflage, Köln u.a., 2003 (5. Auflage 2000)
'''Januar 1951:''' Diskussion darüber, das englische „Probationsystem“ in das Deutsche Strafrecht einzuführen.
*Ostendorf, H.: Zeitenwende im Jugendkriminalrecht? Die Beschlüsse des 64. Deutschen Juristentages und die Vorschläge der DVJJ-Reformkommission. In: NK 2003 a, S. 16 ff
 
*Ostendorf, H.: Jugendstrafrecht, In: Nomos Verlagsgesellschaft, 8. Auflage, Baden-Baden 2015
 
*Schleicher, H.: Familie und Recht In: Reihe Soziale Arbeit, Fortis-Verlag, Köln 1999 S. 263-340
'''1953:''' Einführung von Bewährungshilfe in der BRD über das StGB.
*Tögel, S.: Wandel der Kriminalpolitik beim Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert in Deutschland. In: Kerner, Hans-Jürgen (Hrsg.): Straffälligenhilfe in Geschichte und Gegenwart. Schriftenreihe der Deutschen Bewährungshilfe e.V., Forum Verlag Godesberg, Bonn 1990 S. 51-54
 
'''April 1953:''' Modellversuche zur Einführung von Jugendbewährungshilfe.
 
 
'''4. August 1953:''' Das Jugendgerichtsgesetz tritt in Kraft. Die Bewährungshilfe für jugendliche Straftäter wird gesetzlich geregelt.
 
 
'''1954:''' Die Unterschiedlichkeiten und notwendigen Spezialisierungen von Jugend- und Erwachsenenbewährungshilfe werden herausgearbeitet.
 
 
 
 
 
 
== '''Zielgruppe''' ==
 
Im Strafgesetzbuch steht im Geltungsbereich der § 10 „Sondervorschriften für Jugendliche und Heranwachsende“: „Für Taten von Jugendlichen und Heranwachsenden gilt dieses Gesetz nur, soweit im Jugendgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt ist.“ (StGB, 2002, S.17)
 
In §1 des JGG ist formuliert, dass dieses gilt: „...wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die ... mit Strafe bedroht ist.“ (StVollzG, 2001, S.216).
Der § 2 definiert dann die Begriffe Jugendlicher und Heranwachsender. „Jugendlicher ist, wer zurzeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer ... achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.“ (StVollzG, 2001, S.217).
 
 
Frauen und jugendliche Mädchen werden im Vergleich zu Männern relativ selten verurteilt, besonders selten zu freiheitsentziehenden Sanktionen. (nach: Dargel 2003). Daher ist auch die Zahl der weiblichen Probanden sehr gering.
 
 
 
 
== '''Auftrag und Ziel''' ==
 
Bewährungshilfe ist als Form der tertiären Spezialprävention zu sehen. Denn unter tertiärer Kriminalprävention werden Maßnahmen verstanden, die eine erneute Straffälligkeit des individuellen Täters verhindern oder mindern sollen, also insbesondere durch spezialpräventive Sanktionierungen.
Die belastenden Lebensumstände, unklaren oder fehlenden sozialen Perspektiven der Probanden definieren den Auftrag der JBH genauer. Die JBH will die soziale Ausgrenzung aufhalten bzw. rückgängig machen.
 
Der Jugendbewährungshelfer strebt Beiträge an, die dem Klienten helfen sollen, ein straffreies Leben in sozialer Verantwortung zu führen (Haftvermeidung). Kurz aufgeführt handelt es sich um folgende Arbeitsschwerpunkte (vgl. FHH 2000a, S.4ff):
 
 
'''Stabile Arbeitsbeziehung herstellen, gestalten und beenden'''
 
 
'''Existenzsicherung und Stabilisierung der Lebenslage'''
 
 
'''Förderung von Erziehung und Integration'''
 
 
'''Doppelauftrag: Helfen und Kontrollieren'''
 
 
'''Der Bewährungshelfer steht helfend und betreuend zur Seite'''
 
 
'''Die JBH überwacht die Erfüllung von Weisungen, Auflagen, Zusagen im Einvernehmen mit dem zuständigen Jugendrichter'''
 
 
 
Ein Kommentar des JGG spricht von einem besonderen Anforderungsprofil an Jugendbewährungshelfer. Sie sollten „gut ausgebildete, erfahrene Sozialarbeiter von hoher Intelligenz, großem Idealismus, lebendiger Aktivität, echter Hilfsbereitschaft, besonderer Kontaktfähigkeit und zugleich bestimmtem wie vertrauenserweckendem Auftreten, von Festigkeit und Geduld“ (Diemer/Schoreit/Sonnen, 1995, S.247) sein.
 
Die persönliche Fallzuständigkeit des Bewährungshelfers beginnt nach schriftlicher Bestellung/Benachrichtigung durch das Gericht. Es werden Name des Klienten, Urteil, Aufenthaltsort und andere Informationen die zur Kontaktaufnahme nötig sind mitgeteilt. Ebenfalls erhält die JBH eine Benachrichtigung durch die Jugendgerichtshilfe, die vor Erteilung von Bewährungsauflagen zuständig gewesen ist. Der Bewährungshelfer wird namentlich vom Richter bestellt, und nach Ablauf der Bewährungszeit auch wieder entpflichtet. (§§ 25,29 JGG)  
 
Der zuständige Jugendrichter entscheidet während, und am Ende der Bewährungszeit darüber, ob die Bewährung erfolgreich ist/war oder ob sie widerrufen wird. Für diese schwierige Entscheidung benötigt er Informationen. Die JBH berichtet dem Richter in von ihm bestimmten Abständen über die Entwicklung des Klienten. Es herrscht ein ständiger Austausch zwischen Gericht und dem Bewährungshelfer. Die Mitarbeiter der JBH sind einzig dem Richter und ihrem Gewissen verpflichtet. Der Jugendbewährungshelfer har sehr große Ermessensspielräume. Er allein entscheidet über Ausmaß der Hilfe, Häufigkeit der Treffen und die Anforderungen an den Probanden. Der Jugendbewährungshelfer unterstützt den Klienten, die an ihn gestellten Anforderungen zu erfüllen.
 
Nach § 24 des JGG soll der Jugendbewährungshelfer die Erziehung in Zusammenarbeit mit Erziehungsberechtigten und anderen Erziehenden fördern. “Er hat bei der Ausübung seines Amtes das Recht auf Zutritt zu dem Jugendlichen.“ (StVollzG, 2001, S.222) Was praktisch bedeutet, dass er von Eltern, Schule, Ausbildenden und anderen Beteiligten Auskunft über die Lebensführung des Jugendlichen verlangen kann.  
 
Die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen, ist in der Praxis unerlässlich. Es geht darum, Zugänge zu Beratungseinrichtungen und anderen Hilfesystemen der Existenzsicherung zu schaffen, zu erleichtern, zu ermöglichen und zu begleiten.
 
 
 
 
== '''Eindruck eines Praktikanten in der JBH''' ==
 
„Zu Beginn meines Praktikums hat eine verhältnismäßig normale Gerichtsverhandlung einen bleibenden Eindruck auf mich gemacht. Zuvor hatte ich mich umfangreich mit dem Fall und dem Angeklagten, in Form eines Aktenstudiums, vertraut gemacht. Und eine vorschnelle persönliche Vorverurteilung vorgenommen! Nach dem Motto: '''Eins und ein sind zwei!'''
 
Es geschah dann folgendes:
Ein Heranwachsender steht vor dem Jugendrichter. Diesem Tag gehen einige Straftaten, Polizeikontakte und Verurteilungen voraus. Er wurde schon zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten und zu einer von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Beide wurden zur Bewährung ausgesetzt, da die Straftaten nicht einschlägig waren. Am Tag der Verhandlung geht es um eine erneute, diesmal einschlägige Straftat, diese liegt aber 14 Monate zurück.
Es handelt sich um gemeinschaftlich begangene schwere Körperverletzung.  
Anhand der Akte hatte ich gedacht, dass er jetzt ins Gefängnis geht, um eine seiner Jugendstrafen abzusitzen. Aber es kam anders!
 
Die Vorstrafe von 1 Jahr 3 Monaten wurde mit einbezogen, und in ein neues Urteil von 1 Jahr 10 Monaten umgewandelt, und diese Strafe nochmals zur Bewährung ausgesetzt. Und warum?
 
Er hat sich als bereuender Täter wirklich geschickt angestellt. Er hat sich kurze Zeit nach der Tat mit dem Opfer in Verbindung gesetzt, eine schriftliche Entschuldigung formuliert und gleich auf  Schmerzensgeldforderungen reagiert, selbstständig eine Einrichtung zur Suchtberatung (Alkohol) aufgesucht und ein Anti-Aggressivitäts-Training begonnen. Außerdem ist seine Sozialprognose heute äußerst positiv. Er lebt seit einem halben Jahr mit seiner Freundin zusammen und ist seit 10 Monaten in einer Berufsausbildung.  
 
Der Richter sagte nach der Verhandlung etwas ironisch, dass er jetzt wohl auch zur Kaste der strafunwilligen Jugendrichter gehört. '''Ergo... Eins und eins sind doch nicht immer zwei!!'''
 
Ich konnte dieses Urteil nachvollziehen, und hätte mir an diesem Tag auch kein anderes Urteil gewünscht. Eine Haftstrafe als Ultima ratio wäre unangemessen gewesen."
 
 
 
 
== '''Literaturverzeichnis:''' ==
 
'''''Dienstanweisung zur Durchführung der Jugendbewährungshilfe, Freie Hansestadt Hamburg – Amt für Jugend, November 2000'''''
 
'''''Diemer, H; Schoreit, A; Sonnen, B-R : JGG - Kommentar zum Jugendgerichtsgesetz,
'''''C.F.Müller-Verlag, Heidelberg 1995'''''
 
'''''StVollzG – Strafvollzugsgesetz: Beck-Texte im dtv, München 2001'''''
 
'''''StGB – Strafgesetzbuch: Beck-Texte im dtv, München 2002'''''
 
'''''Stimmer, Franz (Hrsg.): Lexikon der Sozialpädagogik und der Sozialarbeit, Oldenbourg
'''''Verlag, München 2000'''''
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