Hypo Real Estate: Unterschied zwischen den Versionen

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== Geschichte ==
== Geschichte ==


Gegen Jahresende 2007 hieß es noch, dass die HRE aus der US-Immobilienkrise "gestärkt hervorgegangen" sei. Tatsächlich hatte sich die Bilanzsumme gegenüber 2006 von 161 auf 400 Mia. Euro erhöht. Am 15.01.2008 fiel die HRE-Aktie dann um 35%. Das war der größte Tagesverlust einer DAX-Akite. Die HRE hatte eine außerordentliche Abschreibung über 390 Mio. Euro auf US-CDOs bekannt gegeben. Es folgten vertrauliche Krisengespräche mit Banken und Staatsvertretern. Für die Öffentlichkeit überraschend musste die HRE im September 2008 Existenzprobleme wegen Refinanzierungsschwierigkeiten der Depfa dementieren - angeblich ging es um ein Volumen von über 600 Mia. Euro.  
Nachdem die Bilanzsumme im Jahre 2007 gegenüber dem Vorjahr von 161 auf 400 Mia. Euro gestiegen war, erklärte der Vorstandsvorsitzende der HRE Ende 2007, dass die HRE aus der US-Immobilienkrise der vergangenen Monate "gestärkt hervorgegangen" sei. Im Januar 2008 musste die HRE dann eine außerordentliche Abschreibung über 390 Mio. Euro auf US-CDOs bekannt machen. Der Aktienkurs fiel um 35% - das war der größte Tages-Kursverlust einer DAX-Aktie.
Daraufhin veranlasste die Bankenaufsicht (BaFin) eine vorgezogene Prüfung der HRE-Gruppe. Am 06.02.08 beauftragte sie die Bundesbank, ab dem 18.02.08 die in München ansässigen Tochterunternehmen der HRE – die Hypo Real Estate Bank AG und die Hypo Real Estate International AG – zu überprüfen. Am 25.02.08 ordnete sie zudem die Prüfung der DEPFA Deutsche Pfandbrief AG in Frankfurt am Main. Die Prüfung in München dauerte bis zum 04.04.08; die Prüfung in Dublin dauerte vom 27.02.-12.03.08. Die damals geltenden deutschen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) erlaubten der BaFin allerdings ausdrücklich nicht die Prüfung der Liquidität dieses „systemrelevanten“ Finanzkonstrukts. Auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion antwortete die Bundesregierung, dass die deutsche Rechtslage ebenso wie die damals geltende EU-Richtlinie (Bankenrichtlinie 2000/48/EG) und die Kapitaladäquanzrichtlinie (2006/49/EG) in der Lückenhaftigkeit übereinstimmten: „Auch auf EU-Ebene ist eine umfangreiche Überwachung von Finanzholding-Gesellschaften NICHT vorgeschrieben.
Im Februar und März 2008 ließ die Bankenaufsicht BaFin die in München ansässigen Tochterunternehmen der HRE – die Hypo Real Estate Bank AG und die Hypo Real Estate International AG – sowie die DEPFA Deutsche Pfandbrief AG in Frankfurt am Main und die Depfa in Dublin überprüfen. Die damals geltenden deutschen Bestimmungen des Kreditwesengesetzes (KWG) erlaubten der BaFin allerdings ausdrücklich nicht die Prüfung der Liquidität dieses „systemrelevanten“ Finanzkonstrukts. Ähnlich unvollkommen waren die damals geltende EU-Richtlinie (Bankenrichtlinie 2000/48/EG) und die Kapitaladäquanzrichtlinie (2006/49/EG).


Die BaFin hatte schon im Frühjahr 2007 das Bundesfinanzministerium auf diese Aufsichtslücke (in der die HRE operierte) aufmerksam gemacht. Es hatte gefordert, auch Finanzholdings voll unter die Aufsicht der BaFin zu stellen. Erst ein nochmaliger Vorstoß der BaFin führte zur Aktivität des Ministeriums. Das war allerdings zu spät: nämlich Mitte Februar 2009 und im Rahmen der Fortentwicklung des Pfandbriefrechts. Der deutsche Finanzminister hatte zunächst behauptet, dass die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin in Irland (Ausland) überhaupt nicht prüfen dürfe. Sie sei entweder darauf angewiesen, dass die irische Bankenaufsicht Informationen zur Verfügung stelle, oder aber die HRE-Holding freiwillig Auskunft erteile: „Wenn eine Bank wie die Depfa in Irland in Schwierigkeiten gerät und die HRE in sehr ernste Schwierigkeiten bringt, kann die deutsche Bankenaufsicht überhaupt nicht eingreifen. Das unterliegt der irischen Aufsicht. Deshalb muss es auch darum gehen, die Bankenaufsicht in Europa zu verbessern“ (Steinbrück: Handelsblatt am 9.10.2008). Das Bundesbank-Prüfungs-Team untersuchte bei der Depfa u.a. das Geschäftsmodell, das darin bestand, die Vergabe langfristiger Kredite durch die Aufnahme kurzfristiger Darlehen zu finanzieren. Der Gewinn ergab sich aus dem Zinsunterschied zwischen den unterschiedlichen Laufzeiten.
Seit dem Frühjahr 2007 hatte die BaFin dem Bundesfinanzministerium wiederholt vorgeschlagen, die Aufsichtslücke, in der die HRE operierte, zu schließen und Finanzholdings voll unter BaFin-Aussicht zu stellen. Der deutsche Finanzminister hatte das zunächst abgelehnt. Die deutsche Aufsichtsbehörde BaFin könne im Ausland überhaupt nicht prüfen: sie sei entweder auf freiwillige Informationen der HRE-Holding oder der irischen Bankenaufsicht angewiesen: "Wenn eine Bank wie die Depfa in Irland in Schwierigkeiten gerät und die HRE in sehr ernste Schwierigkeiten bringt, kann die deutsche Bankenaufsicht überhaupt nicht eingreifen. Das unterliegt der irischen Aufsicht. Deshalb muss es auch darum gehen, die Bankenaufsicht in Europa zu verbessern" (Steinbrück: Handelsblatt am 9.10.2008). Diese Lücke wurde im Februar 2009 durch die Fortentwicklung des Pfandbriefrechts geschlossen.  


Am 15. März verfassten die Banker einen Zwischenbericht, der zwei Tage später an die BaFin versandt wurde. Der Depfa-Abschlussbericht selbst wurde dann knapp drei Monate später, am 27. Juni 2008, der BaFin zugestellt.[27] Wie es im Abschlussbericht der Prüfer heißt, wurde bei der irischen Bank eine „umfangreiche, kurzfristige unbesicherte Refinanzierung“ festgestellt und auf die daraus resultierenden „schwerwiegenden Folgen“ hingewiesen. Kurz: Wenn die kurzfristige Refinanzierung plötzlich ins Stocken kommen sollte, wäre die HRE insolvent.[28]
Die Banken-Prüfer schickten am 17.03.2008 einen Zwischenbericht an die BaFin. Am 27.06.2008 wurde der BaFin der Depfa-Abschlussbericht zugestellt. Bei der irischen Bank wurde eine „umfangreiche, kurzfristige unbesicherte Refinanzierung“ festgestellt; man wies auf die daraus resultierenden „schwerwiegenden Folgen“ hin. Der Prüfbericht listete insgesamt 49 Verstöße gegen „das ordnungsgemäße Betreiben der Geschäfte und die Funktionsfähigkeit des Risikomanagements“ auf – darunter 12 der Kategorie „gewichtige“ Beanstandungen und 29 „mittelschwere“. In einem Begleitschreiben zu diesem Bericht wiesen die Prüfer darauf hin, dass die „teilweise gravierenden Feststellungen insbesondere im Bereich Risikomanagement (...) nicht toleriert werden können.“ Der Abschlussbericht ging am 18. August 2008 im Bundesfinanzministerium ein. Er wurde dort jedoch angeblich vom Sachbearbeiter abgelegt und weder der Leitungsebene noch dem Bundesfinanzminister vorgelegt.


Der Prüfbericht listete insgesamt 49 Verstöße gegen „das ordnungsgemäße Betreiben der Geschäfte und die Funktionsfähigkeit des Risikomanagements“ auf – darunter 12 der Kategorie „gewichtige“ Beanstandungen und 29 „mittelschwere“. In einem Begleitschreiben zu diesem Bericht wiesen die Prüfer darauf hin, dass die „teilweise gravierenden Feststellungen insbesondere im Bereich Risikomanagement (...) nicht toleriert werden können.“ [29]
==== Erster Krisengipfel ====
Für die Öffentlichkeit überraschend musste die HRE im September 2008 Existenzprobleme wegen Refinanzierungsschwierigkeiten der Depfa dementieren - angeblich ging es um ein Volumen von über 600 Mia. Euro.  


Der Abschlussbericht ging am 18. August 2008 im Bundesfinanzministerium ein. Er wurde dort jedoch angeblich vom Sachbearbeiter abgelegt und weder der Leitungsebene noch dem Bundesfinanzminister vorgelegt.[30]
==== Erster Krisengipfel ====
Am 29. September 2008 einigten sich Jochen Sanio, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, Martin Blessing von der Commerzbank, Josef Ackermann von der Deutschen Bank und Klaus-Peter Müller vom Bundesverband deutscher Banken darauf, der Hypo Real Estate eine Ausfallbürgschaft zur Verfügung zu stellen. [31] [32] Das Finanzministerium teilte im Anschluss an den Krisengipfel mit, dass die HRE nicht vom Markt verschwinden solle, jedoch ihre Töchter an eine Zweckgesellschaft abgeben müsse.[33][34]
Am 29. September 2008 einigten sich Jochen Sanio, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, Martin Blessing von der Commerzbank, Josef Ackermann von der Deutschen Bank und Klaus-Peter Müller vom Bundesverband deutscher Banken darauf, der Hypo Real Estate eine Ausfallbürgschaft zur Verfügung zu stellen. [31] [32] Das Finanzministerium teilte im Anschluss an den Krisengipfel mit, dass die HRE nicht vom Markt verschwinden solle, jedoch ihre Töchter an eine Zweckgesellschaft abgeben müsse.[33][34]


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