Hawala-Finanzsystem: Unterschied zwischen den Versionen

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Das '''Hawala-Finanzsystem''' (arabisch: Zahlungsanweisung / Schuldüberweisung; hindi: Vertrauen) ist ein global funktionierendes alternatives Überweisungssystem, dass seine Wurzeln in der frühmittelalterlichen Handelsgesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients hat.
Das '''Hawala-Finanzsystem''' (arabisch: Zahlungsanweisung / Schuldüberweisung; hindi: Vertrauen) ist ein global funktionierendes alternatives Überweisungssystem, dass seine Wurzeln in der frühmittelalterlichen Handelsgesellschaft des Vorderen und Mittleren Orients hat.
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Die Teilnehmer in diesem Prozeß sind Kunden und Hawaladare. Die Kunden sind Personen die eine Transaktion tätigen wollen. Ein Hawaladar (auch Hawala-Intermediär, Finanzintermediär oder Händler genannt) ist ein Mitglied eines Hawala-Netzwerkes (siehe auch Abschnitt 2.3) und fungiert als Finanzmittler. Eine Person A im Ausgangsgebiet möchte Person B im Zielgebiet einen Geldbetrag überweisen. A sucht im Ausgangsgebiet Hawaladar X auf und teilt diesem den gewünschten Auszahlungsort und Überweisungsbetrag sowie den tendenziellen Auszahlungszeitpunkt mit. Der Hawaladar X übernimmt den Überweisungsbetrag von A zuzüglich einer Bearbeitungspauschale in bar. Die Bearbeitungspauschale richtet sich üblicherweise entweder nach einem Prozentsatz von dem zu transferierenden Betrag, in der Regel zwischen 0,25% und 1,25%, oder nach einer festgelegten Gebühr. Der Hawaladar X teilt Person A einen Code mit. Dieser Code wird einerseits zwischen Person A und B kommuniziert andererseits zwischen Hawaladar X und dem im Zielgebiet befindlichen Hawaladar Y zuzüglich des Auszahlungsbetrages. Der Code kann beispielsweise eine Buchstaben- oder Zahlenkombination oder ein spezieller Koranvers sein. Die Kommunikation zwischen den Personen und Hawaladaren erfolgt über vorhandene Kommunikationsmittel. Mit der Übergabe des Codes und des dazugehörigen Auszahlungsbetrages ist für den Hawaladar im Ausgangsgebiet die Transaktion abgeschlossen; eventuell notwendige und gefertigte Notizen könnten vernichtet werden. Person B sucht im Zielgebiet Hawaladar Y auf und identifiziert sich mittels Code. Y hat dem Code einen Überweisungsbetrag zugeordnet und zahlt diesen an B aus. Mit der Auszahlung des Betrages an Person B ist für den Hawaladar im Zielgebiet die Transaktion abgeschlossen; eventuell notwendige und gefertigte Notizen können vernichtet werden (vgl. Buencamino/ Gorbunov 2002: 2; Taube/Schramm 2002: 8f.).
Die Teilnehmer in diesem Prozeß sind Kunden und Hawaladare. Die Kunden sind Personen die eine Transaktion tätigen wollen. Ein Hawaladar (auch Hawala-Intermediär, Finanzintermediär oder Händler genannt) ist ein Mitglied eines Hawala-Netzwerkes (siehe auch Abschnitt 2.3) und fungiert als Finanzmittler. Eine Person A im Ausgangsgebiet möchte Person B im Zielgebiet einen Geldbetrag überweisen. A sucht im Ausgangsgebiet Hawaladar X auf und teilt diesem den gewünschten Auszahlungsort und Überweisungsbetrag sowie den tendenziellen Auszahlungszeitpunkt mit. Der Hawaladar X übernimmt den Überweisungsbetrag von A zuzüglich einer Bearbeitungspauschale in bar. Die Bearbeitungspauschale richtet sich üblicherweise entweder nach einem Prozentsatz von dem zu transferierenden Betrag, in der Regel zwischen 0,25% und 1,25%, oder nach einer festgelegten Gebühr. Der Hawaladar X teilt Person A einen Code mit. Dieser Code wird einerseits zwischen Person A und B kommuniziert andererseits zwischen Hawaladar X und dem im Zielgebiet befindlichen Hawaladar Y zuzüglich des Auszahlungsbetrages. Der Code kann beispielsweise eine Buchstaben- oder Zahlenkombination oder ein spezieller Koranvers sein. Die Kommunikation zwischen den Personen und Hawaladaren erfolgt über vorhandene Kommunikationsmittel. Mit der Übergabe des Codes und des dazugehörigen Auszahlungsbetrages ist für den Hawaladar im Ausgangsgebiet die Transaktion abgeschlossen; eventuell notwendige und gefertigte Notizen könnten vernichtet werden. Person B sucht im Zielgebiet Hawaladar Y auf und identifiziert sich mittels Code. Y hat dem Code einen Überweisungsbetrag zugeordnet und zahlt diesen an B aus. Mit der Auszahlung des Betrages an Person B ist für den Hawaladar im Zielgebiet die Transaktion abgeschlossen; eventuell notwendige und gefertigte Notizen können vernichtet werden (vgl. Buencamino/ Gorbunov 2002: 2; Taube/Schramm 2002: 8f.).


Anzumerken ist, dass es sich bei den Personen A und B auch um dieselbe Person handeln kann, welche im Ausgangsgebiet die Einzahlung tätigt und im Zielgebiet den Auszahlungsbetrag abholt. Diese spezielle Form ermöglicht überregionale Reisebewegungen ohne das Mitführen von Wertgegenständen und dient der Verschleierung von Vermögenswerten (vgl. ).
Anzumerken ist, dass es sich bei den Personen A und B auch um dieselbe Person handeln kann, welche im Ausgangsgebiet die Einzahlung tätigt und im Zielgebiet den Auszahlungsbetrag abholt. Diese spezielle Form ermöglicht überregionale Reisebewegungen ohne das Mitführen von Wertgegenständen und dient der Verschleierung von Vermögenswerten.


Die Hawala-Transaktionen können innerhalb von wenigen Minuten abgeschlossen werden und es verbleiben keine Belege oder Buchführungsaufzeichnungen über die Geldbewegungen. Innerhalb des Hawala-Netzwerkes wird zum Saldenausgleich nach dem „System der zwei Töpfe“ verfahren. Der Hawaladar im Ausgangsgebiet hat Verbindlichkeiten in Höhe des Überweisungsbetrages bei dem Hawaladar im Zielgebiet. Diese Verbindlichkeiten werden mit der nächsten Transaktion zwischen den Hawaladaren ausgeglichen. Zur Ermittlung der Guthaben oder Verbindlichkeiten beim entsprechenden Hawaladar werden die Hawaladare zumindest ihre getätigten Ein- und Auszahlungsbeträge notieren und diese bis zum Saldenausgleich aufbewahren. Ist aufgrund außergewöhnlich hohen Zahlungsanweisungen oder struktureller Besonderheiten mittelfristig kein Saldenausgleich zu erwarten, wird dieser in einem „Clearingverfahren“ zwischen den Hawaladaren herbeigeführt. Der Saldenausgleich kann beispielsweise durch Nutzung eines formalen Banken- und Finanzsystems stattfinden oder durch Überbringen per Kurier von Wertgegenständen in Form von Bargeld, Edelmetalle, Edelsteine oder Kunstobjekten. Eine Verbindung zu der vorausgegangenen Transaktion ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar und somit schwer beweisbar (vgl. Schramm/Taube 2002: 7ff.).  
Die Hawala-Transaktionen können innerhalb von wenigen Minuten abgeschlossen werden und es verbleiben keine Belege oder Buchführungsaufzeichnungen über die Geldbewegungen. Innerhalb des Hawala-Netzwerkes wird zum Saldenausgleich nach dem „System der zwei Töpfe“ verfahren. Der Hawaladar im Ausgangsgebiet hat Verbindlichkeiten in Höhe des Überweisungsbetrages bei dem Hawaladar im Zielgebiet. Diese Verbindlichkeiten werden mit der nächsten Transaktion zwischen den Hawaladaren ausgeglichen. Zur Ermittlung der Guthaben oder Verbindlichkeiten beim entsprechenden Hawaladar werden die Hawaladare zumindest ihre getätigten Ein- und Auszahlungsbeträge notieren und diese bis zum Saldenausgleich aufbewahren. Ist aufgrund außergewöhnlich hohen Zahlungsanweisungen oder struktureller Besonderheiten mittelfristig kein Saldenausgleich zu erwarten, wird dieser in einem „Clearingverfahren“ zwischen den Hawaladaren herbeigeführt. Der Saldenausgleich kann beispielsweise durch Nutzung eines formalen Banken- und Finanzsystems stattfinden oder durch Überbringen per Kurier von Wertgegenständen in Form von Bargeld, Edelmetalle, Edelsteine oder Kunstobjekten. Eine Verbindung zu der vorausgegangenen Transaktion ist für Außenstehende nicht nachvollziehbar und somit schwer beweisbar (vgl. Schramm/Taube 2002: 7ff.).  
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Zur Aufnahme in das Netzwerk ist das Bekenntnis zur Netzwerkidentität nicht ausreichend, das zukünftige Netzwerkmitglied muss zunächst in [[Sozialkapital]] investieren. Es muss sich in seiner kulturellen und religiösen Gemeinschaft eine beständige vertrauenswürdige Reputation aufbauen und die Identität leben (vgl. Sozialkapital). Das Bekenntnis und die Investitionen bedeuten die Festlegung für ein bestimmtes Netzwerk und diese ist irreversibel. Diese Irreversibilität und die somit entstandene Bindung an das Netzwerk werden als Signal für Vertrauenswürdigkeit gedeutet (vgl.
Zur Aufnahme in das Netzwerk ist das Bekenntnis zur Netzwerkidentität nicht ausreichend, das zukünftige Netzwerkmitglied muss zunächst in [[Sozialkapital]] investieren. Es muss sich in seiner kulturellen und religiösen Gemeinschaft eine beständige vertrauenswürdige Reputation aufbauen und die Identität leben (vgl. Sozialkapital). Das Bekenntnis und die Investitionen bedeuten die Festlegung für ein bestimmtes Netzwerk und diese ist irreversibel. Diese Irreversibilität und die somit entstandene Bindung an das Netzwerk werden als Signal für Vertrauenswürdigkeit gedeutet (vgl.
Coleman 98f.;  
Coleman 1988: 98f.;  


Informationen über vertragsgetreues bzw. vertragswidriges Verhalten wird über die Gemeinschaft inklusive der Hawala-Netzwerkmitglieder verbreitet. Vertragsgetreues Verhalten wird mit weiteren Transaktionen belohnt während opportunistisches Verhalten mit dem Vertrauensentzug und dem Ausschluss aus dem Netzwerk sanktioniert wird. Dieser Ausschluss kann für das betroffene Mitglied den Verlust seiner Investitionen in [[Sozialkapital]] und seiner Geschäftsgrundlage bedeuten. Des Weiteren kann auch der Ausschluss aus familiären und religiösen Gemeinschaften erfolgen.  
Informationen über vertragsgetreues bzw. vertragswidriges Verhalten wird über die Gemeinschaft inklusive der Hawala-Netzwerkmitglieder verbreitet. Vertragsgetreues Verhalten wird mit weiteren Transaktionen belohnt während opportunistisches Verhalten mit dem Vertrauensentzug und dem Ausschluss aus dem Netzwerk sanktioniert wird. Dieser Ausschluss kann für das betroffene Mitglied den Verlust seiner Investitionen in [[Sozialkapital]] und seiner Geschäftsgrundlage bedeuten. Des Weiteren kann auch der Ausschluss aus familiären und religiösen Gemeinschaften erfolgen (vgl.
Coleman 1988: 99).


Ein statuiertes Exempel dient zudem als Abschreckung für die anderen Netzwerkmitglieder und bezeugt die Glaubwürdigkeit der [[Strafandrohung]]. Die Durchsetzung der Strafandrohung kann nur erfolgen wenn das Netzwerk eine gewisse, numerisch nicht festgelegte, Mitgliederanzahl nicht übersteigt. Bei zunehmender Mitgliederzahl schwindet die Fähigkeit jedes opportunistische Verhalten zu sanktionieren und verringert somit die Glaubwürdigkeit der Strafandrohung (vgl. Schramm/Taube 2002: 15f.).
Ein statuiertes Exempel dient zudem als Abschreckung für die anderen Netzwerkmitglieder und bezeugt die Glaubwürdigkeit der [[Strafandrohung]]. Die Durchsetzung der Strafandrohung kann nur erfolgen wenn das Netzwerk eine gewisse, numerisch nicht festgelegte, Mitgliederanzahl nicht übersteigt. Bei zunehmender Mitgliederzahl schwindet die Fähigkeit jedes opportunistische Verhalten zu sanktionieren und verringert somit die Glaubwürdigkeit der Strafandrohung (vgl. Schramm/Taube 2002: 15f.).
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=Weblinks=
=Weblinks=


*[http://www.un.org/esa/desa/papers/2002/esa02dp26.pdf Buencamino, Leonides und Gorbunov, Sergei (2002): ''Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challeges for Development Finance''][Stand 16.Januar 2017]
*[http://www.un.org/esa/desa/papers/2002/esa02dp26.pdf Buencamino, Leonides und Gorbunov, Sergei (2002): ''Informal Money Transfer Systems: Opportunities and Challeges for Development Finance''][Stand 16.Januar 2017].


*[http://faculty.washington.edu/matsueda/courses/587/readings/Coleman%201988.pdf Coleman: ''Social Capital and the Creation of Human Capital''. IN: American Journal of Sociology 94 (supplement), 1988, S. 95-120]
*[http://faculty.washington.edu/matsueda/courses/587/readings/Coleman%201988.pdf Coleman, James S. (1988): ''Social Capital and the Creation of Human Capital''. IN: American Journal of Sociology 94][Stand 16.Januar 2017]


*[https://www.treasury.gov/resource-center/terrorist-illicit-finance/Documents/FinCEN-Hawala-rpt.pdf Jost/Sandhu, ''The Hawala Alternative Remittance System and its Role in Money Laundering'']
*[https://www.treasury.gov/resource-center/terrorist-illicit-finance/Documents/FinCEN-Hawala-rpt.pdf Jost/Sandhu, ''The Hawala Alternative Remittance System and its Role in Money Laundering'']
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