Handout Strafverteidigertag 2018: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Dezember 2017 forderte der emeritierte Gießener Strafrechtler und Kriminologe Arthur Kreuzer unter der Überschrift "Reformiert endlich das Strafrecht!" in der Wochenzeitschrift "DIE ZEIT" die Rücknahme einer ganzen Reihe von Gesetzen aus der vergangenen Legislaturperiode:
Im Dezember 2017 forderte der emeritierte Gießener Strafrechtler und Kriminologe Arthur Kreuzer unter der Überschrift "Reformiert endlich das Strafrecht!" in der Wochenzeitschrift "DIE ZEIT" die Rücknahme einer ganzen Reihe von Gesetzen aus der vergangenen Legislaturperiode:
# Strafbarmachung des Eigendopings (§ 4 AntiDopG von 2015). '''Kritik''': nicht geeignet, nicht erforderlich, verfassungsrechtlich problematisch.  '''Alternative''': Verbandsstrafen. '''Antikritik''': Zeichen setzen.
# Strafbarmachung des Eigendopings (§ 4 AntiDopG von 2015). '''Kritik''': nicht geeignet, nicht erforderlich, verfassungsrechtlich problematisch.  '''Alternative''': Verbandsstrafen. '''Antikritik''': Zeichen setzen.
# Erweiterte Strafbarkeit der Beschaffung sexuell potentiell anregender Kinderbilder in [https://dejure.org/gesetze/StGB/184b.html § 184b StGB mit Strafe von 3 Monaten bis 5 Jahren Gefängnis. Nach der letzten Erweiterung (2008) um Verbreiten, Erwerb und Besitz sog. Posing-Fotos nun der Verzicht auf das Erfordernis einer Darstellung sexueller Handlungen und Strafbarkeit des Versuchs der Bilder-Beschaffung etwa von schlafenden Kindern oder entblößten Körperteilen. Für Strafbarkeit genügt das Anklicken von Pornolinks. Keine Strafbefreiung bei Rückgängigmachen des Aufrufs einer solchen Website. '''Kritik''': Unverhältnismäßigkeit, Kontraproduktivität durch Kriminalisierung massenhaften Verhaltens von Jugendlichen mit Häufung von Denunziationen unliebsamer Bekannter als absehbarer Nebenfolge.'''Alternativen''': Zurück zum status quo ante. '''Antikritik''': Schutz von Kindern vor Fotos und vor künftigen pädophilen Handlungen.  
# Erweiterte Strafbarkeit der Beschaffung sexuell potentiell anregender Kinderbilder in [https://dejure.org/gesetze/StGB/184b.html § 184b] StGB mit Strafe von 3 Monaten bis 5 Jahren Gefängnis. Nach der letzten Erweiterung (2008) um Verbreiten, Erwerb und Besitz sog. Posing-Fotos nun der Verzicht auf das Erfordernis einer Darstellung sexueller Handlungen und Strafbarkeit des Versuchs der Bilder-Beschaffung etwa von schlafenden Kindern oder entblößten Körperteilen. Für Strafbarkeit genügt das Anklicken von Pornolinks. Keine Strafbefreiung bei Rückgängigmachen des Aufrufs einer solchen Website. '''Kritik''': Unverhältnismäßigkeit, Kontraproduktivität durch Kriminalisierung massenhaften Verhaltens von Jugendlichen mit Häufung von Denunziationen unliebsamer Bekannter als absehbarer Nebenfolge.'''Alternativen''': Zurück zum status quo ante. '''Antikritik''': Schutz von Kindern vor Fotos und vor künftigen pädophilen Handlungen.  
# Strafbarkeit der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a von 2015). Klingt schon fast nach Hochverrat. In Wirklichkeit wird hier der "Versuch der Vorbereitung zur Vorbereitung einer staatsgefährdenden Handlung" - so wörtlich selbst der BGH - zu einem eigenen Tatbestand aufgepimpt. Für den BGH ist trotzdem nur der "Grenzbereich des verfassungsrechtlich Zulässigen" tangiert. '''Kritik''': feindstrafrechtlich vorverlegte Strafbarkeit. Strafbar ist schon, "wer sich anschickt, in einen Staat auszureisen, um sich dort in irgendwelchen Fähigkeiten ausbilden zu lassen" (Kreuzer), die es ihm ermöglichen, später politisch-militärische Aktionen zu unterstützen. "Bucht er online ein Flugticket, besinnt sich dann und löscht die Buchung sogleich wieder, ist das nicht mehr strafbefreiend. Ohne dass hier eine wirkliche Straftat vorliegt, will man Tatgeschehen künstlich behaupten, um Strafverfolgung und Freiheitsentzug zu ermöglichen." '''Alternative''': ordnungsbehördliches Ausreiseverbot. '''Antikritik''': Terroristische Einzeltäter müsssen effektiv gestoppt werden.
# Strafbarkeit der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a von 2015). Klingt schon fast nach Hochverrat. In Wirklichkeit wird hier der "Versuch der Vorbereitung zur Vorbereitung einer staatsgefährdenden Handlung" - so wörtlich selbst der BGH - zu einem eigenen Tatbestand aufgepimpt. Für den BGH ist trotzdem nur der "Grenzbereich des verfassungsrechtlich Zulässigen" tangiert. '''Kritik''': feindstrafrechtlich vorverlegte Strafbarkeit. Strafbar ist schon, "wer sich anschickt, in einen Staat auszureisen, um sich dort in irgendwelchen Fähigkeiten ausbilden zu lassen" (Kreuzer), die es ihm ermöglichen, später politisch-militärische Aktionen zu unterstützen. "Bucht er online ein Flugticket, besinnt sich dann und löscht die Buchung sogleich wieder, ist das nicht mehr strafbefreiend. Ohne dass hier eine wirkliche Straftat vorliegt, will man Tatgeschehen künstlich behaupten, um Strafverfolgung und Freiheitsentzug zu ermöglichen." '''Alternative''': ordnungsbehördliches Ausreiseverbot. '''Antikritik''': Terroristische Einzeltäter müsssen effektiv gestoppt werden.
# Kriminalisierung der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 von 2015). '''Kritik''': Sterbeglöckchen für die Selbstbestimmung am Lebensende. Unbestimmtes, moralisierendes Strafrecht, das auch ethisch wertvolle Sterbebegleitung unnötig in ein Dilemma zwischen strafbarer Suizidbeihilfe und strafbarer unterlassener Hilfeleistung stürzt - von der Förderung von Denunziationen seitens enttäuschter Angehöriger und von erniedrigenden polizeilichen Ermittlungen ganz zu schweigen. '''Alternative''': Strafrechtlich zurück auf den status quo ante oder liberalere Gesetzgebung wie in der Schweiz oder Holland und Belgien; problematischen Organisationen kann per Vereins- und Gewerberecht ein Riegel vorgeschoben werden. '''Antikritik''': "Problematisch kann es in Zukunft für die sehr wenigen Ärzte werden, die häufiger an einem ärztlich assistierten Suizid mitwirken. Sollten sie geschäftsmäßig handeln, schützt der Arztberuf sie nicht vor Strafverfolgung nach § 217 StGB. Sollte ein Arzt allerdings aufgrund seiner ärztlichen Spezialisierung als Palliativmediziner mit Suizidbeihilfewünschen zu tun haben und diesen dann aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall auch nachkommen wollen, führt auch das nicht zwingend zur Anwendung der neuen Strafvorschrift" (Tolmein/Radbruch 2017).  
# Kriminalisierung der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 von 2015). '''Kritik''': Sterbeglöckchen für die Selbstbestimmung am Lebensende. Unbestimmtes, moralisierendes Strafrecht, das auch ethisch wertvolle Sterbebegleitung unnötig in ein Dilemma zwischen strafbarer Suizidbeihilfe und strafbarer unterlassener Hilfeleistung stürzt - von der Förderung von Denunziationen seitens enttäuschter Angehöriger und von erniedrigenden polizeilichen Ermittlungen ganz zu schweigen. '''Alternative''': Strafrechtlich zurück auf den status quo ante oder liberalere Gesetzgebung wie in der Schweiz oder Holland und Belgien; problematischen Organisationen kann per Vereins- und Gewerberecht ein Riegel vorgeschoben werden. '''Antikritik''': "Problematisch kann es in Zukunft für die sehr wenigen Ärzte werden, die häufiger an einem ärztlich assistierten Suizid mitwirken. Sollten sie geschäftsmäßig handeln, schützt der Arztberuf sie nicht vor Strafverfolgung nach § 217 StGB. Sollte ein Arzt allerdings aufgrund seiner ärztlichen Spezialisierung als Palliativmediziner mit Suizidbeihilfewünschen zu tun haben und diesen dann aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall auch nachkommen wollen, führt auch das nicht zwingend zur Anwendung der neuen Strafvorschrift" (Tolmein/Radbruch 2017).  
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==  Massenverkehr und Massenkonsum ==
==  Massenverkehr und Massenkonsum ==
===Unfallflucht (§ 142 StGB)===
===Unfallflucht (§ 142 StGB)===
'''Gesetz''': Strafbar seit 1909 (§ 22 GFK), unter Freisler (1940) verschärft zwecks Ächtung der Feigheit des sich vom Unfallort Fliehenden (§ 139a RStGB), dann unverändert als § 142 StGB bis zu diversen Änderungen (1969 sowie Januar und Juni 1975). Gilt immer noch als reformbedürftig (Kubatta 2008). '''Kritik''': Verletzung von nemo tenetur (se ipse accusare), Bestimmtheitsgrundsatz, Schuldprinzip und Verhältnismäßigkeit.
'''Gesetz''': Strafbar seit 1909 (§ 22 GFK), unter Freisler (1940) verschärft zwecks Ächtung der Feigheit des sich vom Unfallort Fliehenden (§ 139a RStGB), dann Übernahme als § 142 StGB bis zu diversen Änderungen (1969 sowie Januar und Juni 1975), die aber den Reformbedarf nicht linderten (Kubatta 2008). '''Kritik''': Verletzung von nemo tenetur (se ipse accusare), Bestimmtheitsgrundsatz, Schuldprinzip und Verhältnismäßigkeit. Im Abschnitt über Delikte gegen die öffentliche Ordnung falsch plaziert, da in Wirklichkeit dem Schutz privater Vermögensinteressen dienend. Unfallverursacher würden sich im Nachhinein aus Angst vor Strafe nicht melden und die Geschädigten so auf ihren Kosten sitzenbleiben. '''Alternativen''': ADAC will Verzicht auf Strafverfolgung bei Bagatellschäden; VGTZ fordert Präzisierung der Wartepflicht und erweiterte Regelung zur Straffreiheit bei nachträglicher Meldung und der 56. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar (Januar 2018) fordert jedenfalls "mehr Nachsicht bei minderschweren Fällen von Unfallflucht"(FAZ 27.1.18: 5). Antikritik: '''BVerfG''' 1963: Schutzzweck ist Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche; das hat Vorrang vor dem Grundrecht des Täters.  


dsatz. Das Argument des BVerfG (1963), dass der Schutzzweck der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche Vorrang vor dem Grundrecht des Täters habe, konnte die Diskussion nicht beenden. Trotz Änderungen am 1.9.1969 und 1.1.1975 sowie 21.6.1975 wird bis heute die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt (Verletzung des Bestimmtheitsgebots oder des Schuldprinzips), ganz abgesehen von der systemwidrigen Reichweite der tätigen Reue (1.4.1998). Im Abschnitt über Delikte gegen die öffentliche Ordnung falsch plaziert, da in Wirklichkeit dem Schutz privater Vermögensinteressen dienend.


'''Alternativen'''


'''Forderungen'''
:
, war jüngst Gegenstand von Diskussionen auf dem 56. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar, wo im Januar 2018 letztlich für "mehr Nachsicht bei minderschweren Fällen von Unfallflucht" plädiert wurde.
*Der '''ADAC''' hatte gefordert, bei Bagatellschäden auf Strafverfolgung zu verzichten. Die bisherige Fassung des § 142 StB habe sich nicht bewährt. Unfallverursacher würden sich im Nachhinein aus Angst vor Strafe nicht melden und die Geschädigten so auf ihren Kosten sitzenbleiben. Der VGTZ forderte eine Präzisierung, wie lange Unfallverursacher am Unfallort warten müssen. Das nachträgliche Melden eines Unfalls müsse zudem verstärkt zu Straffreiheit führen.(FAZ v. 27.1.2018: 5: Mehr Nachsicht bei Unfallflucht gefordert.)


*'''Jan Zopfs''', Uni Mainz: Etwa eine halbe Million Verkehrsteilnehmer in Deutschland werden dadurch zu potenziellen Straftätern. Ihnen droht neben dem Verlust der Fahrerlaubnis eine Geld- oder gar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Auch dann, wenn nur Bagatellschäden entstanden sind, niemand verletzt wurde und der Verursacher sich später meldet. Das sei nicht mehr zeitgemäß und müsse reformiert werden. - Dank der modernen Kommunikationsmöglichkeiten kann fast jeder heute irgendwo anrufen und eine Meldung hinterlassen oder sich mit seinem Smartphone in ein Online-Register eintragen. Man könnte etwa eine neutrale Meldestelle einrichten, für die es eine Signatur geben müsste, mit der man sich individuell zuordnen lassen kann - zum Beispiel über die Versicherungsnummer. Und über GPS ließe sich verifizieren, ob die Angaben stimmen. Die Lösung hätte aus juristischer Sicht den Vorteil, dass sich der Verursacher nicht direkt einer Strafverfolgung aussetzen müsste, aber der Geschädigte trotzdem seinen Schaden ersetzt bekommt. Die hohen Einstellungsquoten bei Gericht zeigen, dass diese Verfahren offenbar entweder gar nicht vor Gericht gehören. Jedenfalls sollte man den großen Graubereich verkleinern, indem man den Tatbestand reformiert und vereinfacht. Die aktuellen Normen sollen Anwälten, Richtern und Staatsanwälten vor Gericht zwar die nötige Flexibilität verschaffen, tun dies aber um den Preis der Betimmtheit - aber den Verkehrsteilnehmern ist damit nicht geholfen. Außerdem wäre es sinnvoll, eine in Europa einheitliche Norm für das Verhalten nach Unfällen zu finden. In anderen Ländern gibt es andere Regelungen. Eine klare Linie mit festen Wartezeiten und festen Meldemöglichkeiten würde es für alle Beteiligten vereinfachen sowie Polizei und Justiz entlasten. Zopfs: "Viele Leute sind nach einem Unfall psychisch überfordert. Sie entfernen sich aus einer Art Fluchtinstinkt heraus. Wir müssen Unfallverursachern eine reelle Chance geben, ihren Fehler zu korrigieren. Es geht also darum, beim Unfallfluchtparagrafen ein paar Dinge anzustoßen und geradezuziehen. Die Sache zu entkriminalisieren, zu vereinfachen und effektiver zu gestalten." - Wenn jemand verletzt wird: Dann muss ich als Unfallverursacher sowieso jemanden benachrichtigen, damit die Person gerettet wird. Sonst mache ich mich der Körperverletzung durch Unterlassen strafbar. Wenn die Person stirbt, kann auch eine Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen in Betracht kommen. - In Österreich ist Fahrerflucht keine Straftat, sondern eine Verwaltungsübertretung. Der § 4 Abs 2, Abs 5 StVO besagt, dass bei einem Verkehrsunfall mit Personen– oder Sachschaden die mit einem Verkehrsunfall im ursächlichen Zusammenhang stehenden Personen die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen haben. Unterbleibt dies, begeht eine solche Person gemäß § 99 Abs 2 lit a oder Abs 3 lit b iVm § 4 StVO Fahrerflucht. Eine solche Verständigung darf nur unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. - In der Schweiz kommt Art. 92 SVG zur Anwendung: Pflichtwidriges Verhalten bei Unfall. (1) Wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt, wird mit Busse bestraft. (2) Ergreift ein Fahrzeugführer, der bei einem Verkehrsunfall einen Menschen getötet oder verletzt hat, die Flucht, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
*'''Jan Zopfs''', Uni Mainz: Etwa eine halbe Million Verkehrsteilnehmer in Deutschland werden dadurch zu potenziellen Straftätern. Ihnen droht neben dem Verlust der Fahrerlaubnis eine Geld- oder gar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Auch dann, wenn nur Bagatellschäden entstanden sind, niemand verletzt wurde und der Verursacher sich später meldet. Das sei nicht mehr zeitgemäß und müsse reformiert werden. - Dank der modernen Kommunikationsmöglichkeiten kann fast jeder heute irgendwo anrufen und eine Meldung hinterlassen oder sich mit seinem Smartphone in ein Online-Register eintragen. Man könnte etwa eine neutrale Meldestelle einrichten, für die es eine Signatur geben müsste, mit der man sich individuell zuordnen lassen kann - zum Beispiel über die Versicherungsnummer. Und über GPS ließe sich verifizieren, ob die Angaben stimmen. Die Lösung hätte aus juristischer Sicht den Vorteil, dass sich der Verursacher nicht direkt einer Strafverfolgung aussetzen müsste, aber der Geschädigte trotzdem seinen Schaden ersetzt bekommt. Die hohen Einstellungsquoten bei Gericht zeigen, dass diese Verfahren offenbar entweder gar nicht vor Gericht gehören. Jedenfalls sollte man den großen Graubereich verkleinern, indem man den Tatbestand reformiert und vereinfacht. Die aktuellen Normen sollen Anwälten, Richtern und Staatsanwälten vor Gericht zwar die nötige Flexibilität verschaffen, tun dies aber um den Preis der Betimmtheit - aber den Verkehrsteilnehmern ist damit nicht geholfen. Außerdem wäre es sinnvoll, eine in Europa einheitliche Norm für das Verhalten nach Unfällen zu finden. In anderen Ländern gibt es andere Regelungen. Eine klare Linie mit festen Wartezeiten und festen Meldemöglichkeiten würde es für alle Beteiligten vereinfachen sowie Polizei und Justiz entlasten. Zopfs: "Viele Leute sind nach einem Unfall psychisch überfordert. Sie entfernen sich aus einer Art Fluchtinstinkt heraus. Wir müssen Unfallverursachern eine reelle Chance geben, ihren Fehler zu korrigieren. Es geht also darum, beim Unfallfluchtparagrafen ein paar Dinge anzustoßen und geradezuziehen. Die Sache zu entkriminalisieren, zu vereinfachen und effektiver zu gestalten." - Wenn jemand verletzt wird: Dann muss ich als Unfallverursacher sowieso jemanden benachrichtigen, damit die Person gerettet wird. Sonst mache ich mich der Körperverletzung durch Unterlassen strafbar. Wenn die Person stirbt, kann auch eine Strafbarkeit wegen Totschlags durch Unterlassen in Betracht kommen. - In Österreich ist Fahrerflucht keine Straftat, sondern eine Verwaltungsübertretung. Der § 4 Abs 2, Abs 5 StVO besagt, dass bei einem Verkehrsunfall mit Personen– oder Sachschaden die mit einem Verkehrsunfall im ursächlichen Zusammenhang stehenden Personen die nächste Polizeidienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen haben. Unterbleibt dies, begeht eine solche Person gemäß § 99 Abs 2 lit a oder Abs 3 lit b iVm § 4 StVO Fahrerflucht. Eine solche Verständigung darf nur unterbleiben, wenn diese Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben. - In der Schweiz kommt Art. 92 SVG zur Anwendung: Pflichtwidriges Verhalten bei Unfall. (1) Wer bei einem Unfall die Pflichten verletzt, die ihm dieses Gesetz auferlegt, wird mit Busse bestraft. (2) Ergreift ein Fahrzeugführer, der bei einem Verkehrsunfall einen Menschen getötet oder verletzt hat, die Flucht, so wird er mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
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