HEADS in Bayern: Unterschied zwischen den Versionen

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== Was ist HEADS? ==
== Was ist HEADS? ==


HEADS steht für '''H'''aft-'''E'''ntlassenen-'''A'''uskunfts-'''D'''atei-'''S'''exualstraftäter und bezeichnet nicht nur die Datei zur Erfassung der Straftäter, sondern auch die gesamte Konzeption zur Überwachung rückfallgefährdeter Sexualstraftäter in Bayern.  
HEADS steht für '''H'''aft-'''E'''ntlassenen-'''A'''uskunfts-'''D'''atei-'''S'''exualstraftäter und bezeichnet nicht nur die Datei zur Erfassung der Straftäter, sondern auch die gesamte Konzeption zur Überwachung rückfallgefährdeter Sexualstraftäter in Bayern. Als Ziele werden angegeben:
*die Reduzierung des Risikos der Begehung einer neuen Straftat bei besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern und
*der Schutz der Bevölkerung durch "•Erkennen und dauerhafte Lokalisierung dieses Personenkreises •Optimierung des Informationsflusses zwischen Justiz, Justiz- bzw. Maßregelvollzug und Polizei in Bezug auf die Täter •Erfassung der relevanten Täterinformationen in einer eigenen EDV-Anwendung (HEADS) •Informationsbewertung durch besonders geschulte Beamte •Entwicklung von eigenen Interventionsstrategien und Beratung der Basisdienststellen bei deren Umsetzung der Maßnahmen •Koordination und Dokumentation der getroffenen Maßnahmen •Verbesserung der Ermittlungsunterstützung in herausragenden Fällen schwerer Sexualdelinquenz durch gemeinsamen Einsatz von [[ViCLAS]] und HEADS (Modus-Täter-Überprüfung)“ (aus: HEADS-Konzeption vom 27.03.2009, S. 3f.).


'''Ziele''' von HEADS sind die Reduzierung des Risikos der Begehung einer neuen Straftat bei besonders rückfallgefährdeten Sexualstraftätern und der Schutz der Bevölkerung durch
'''Zielgruppe''' von HEADS sind Sexualstraftäter, die gem. § 181b StGB zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen Tötungsdelikten mit sexueller Komponente oder unklarer Motivlage zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt wurden und bei denen auf Grund der Vollverbüßung Führungsaufsicht eintritt (§ 68f. Abs. 1 Satz 1 StGB) oder die aus dem Vollzug einer stationären Maßnahme der Besserung und Sicherung (§§ 63, 64 StGB) entlassen werden müssen (§ 67d Abs. 4,5,6 StGB), bzw. bei denen es sich um Bewährungsfälle handelt, die zunächst sozialprognostisch positiv bewertet wurden, im Verlauf der Bewährung jedoch ein erhöhtes Risiko entwickelten (vgl. HEADS-Konzeption vom 27.03.2009, S.4)


• „Erkennen und dauerhafte Lokalisierung dieses Personenkreises
Die Eingruppierung von Straftätern in den von HEADS überwachten Personenkreis nehmen die zuständigen Stellen der Justiz (Führungsaufsichtsstellen) durch die Einschätzung als Risikoproband vor. Eine weitere interne Kategorisierung findet durch die polizeiliche Zentralstelle statt und widmet sich der Frage, wie intensiv eine Begleitung/Überwachung stattfinden soll. Hierbei werden die HEADS-Probanden auf Grund ihrer Täterpersönlichkeit, des Verhaltens im Straf- oder Maßregelvollzug und der Bewertung der Anlasstat(en)  in vier Kategorien unterteilt  
 
• Optimierung des Informationsflusses zwischen Justiz, Justiz- bzw. Maßregelvollzug und Polizei in Bezug auf die Täter
 
• Erfassung der relevanten Täterinformationen in einer eigenen EDV-Anwendung (HEADS)
 
• Informationsbewertung durch besonders geschulte Beamte
 
• Entwicklung von eigenen Interventionsstrategien und Beratung der Basisdienststellen bei deren Umsetzung der Maßnahmen
 
• Koordination und Dokumentation der getroffenen Maßnahmen
 
• Verbesserung der Ermittlungsunterstützung in herausragenden Fällen schwerer Sexualdelinquenz durch gemeinsamen Einsatz von [[ViCLAS]] und HEADS (Modus-Täter-Überprüfung)“
(siehe HEADS-Konzeption vom 27.03.2009, S. 3f.)
 
Die '''Zielgruppe''' von HEADS sind Sexualstraftäter, die gem. § 181b StGB zu einer Freiheitsstrafe von min. 1 Jahr oder wegen Tötungsdelikten mit sexueller Komponente oder unklarer Motivlage zu einer Freiheitsstrafe von min. 2 Jahren verurteilt wurden und
 
• bei denen auf Grund der Vollverbüßung Führungsaufsicht eintritt (§ 68f. Abs. 1 Satz 1 StGB)
 
• die aus dem Vollzug einer stationären Maßnahme der Besserung und Sicherung (§§ 63, 64 StGB) entlassen werden müssen (§ 67d Abs. 4,5,6 StGB)
 
• bei denen es sich um Bewährungsfälle handelt, die zunächst sozialprognostisch positiv bewertet wurden, im Verlauf der Bewährung jedoch ein erhöhtes Risiko entwickelten
(vgl. HEADS-Konzeption vom 27.03.2009, S.4)
 
Die Eingruppierung von Straftätern in den von HEADS überwachten Personenkreis nehmen die zuständigen Stellen der Justiz (Führungsaufsichtsstellen) durch die Einschätzung als Risikoproband vor.  
 
Eine weitere interne '''Kategorisierung''' findet durch die polizeiliche Zentralstelle statt und widmet sich der Frage, wie intensiv eine Begleitung/Überwachung stattfinden soll. Hierbei werden die HEADS-Probanden auf Grund ihrer Täterpersönlichkeit, des Verhaltens im Straf- oder Maßregelvollzug und der Bewertung der Anlasstat(en)  in vier Kategorien unterteilt.
(vgl. HEADS-Konzeption vom 27.03.2009, S.5f.)
(vgl. HEADS-Konzeption vom 27.03.2009, S.5f.)


Zum '''Verfahrensablauf''' (verkürzte Darstellung):
== Grundzüge des Vorgehens ==


Bereits vor der Entlassung eines möglichen Risikoprobanden aus dem [[Strafvollzug]] oder [[Maßregelvollzug]] informiert die jeweilige Vollstreckungsbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft. Diese prüft, ob eine tatsächliche Einstufung als Risikoproband möglich ist und gibt ihre Informationen an die Führungsaufsichtsstelle, sowie bei Vollverbüßern aus dem Strafvollzug und Entlassenen aus einer Entziehungsanstalt an die HEADS-Zentralstelle weiter (Bewährungsfälle und Entlassene aus der Maßregel sind keine Risikoprobanden und werden (zunächst) nicht in HEADS aufgenommen). Die Führungsaufsichtsstelle prüft die Eingruppierung als Risikoproband  (bei Ablehnung Information der Zentralstelle und keine Aufnahme in HEADS) und leitet ihre Ergebnisse an die HEADS-Zentralstelle weiter. Bei zunächst positiv bewerteten Bewährungsfällen, die während der Bewährung ein erhöhtes Risiko entwickeln, informiert die zuständige Bewährungshilfestelle die Staatsanwaltschaft und diese die Zentralstelle.  
Bereits vor der Entlassung eines möglichen Risikoprobanden aus dem [[Strafvollzug]] oder [[Maßregelvollzug]] informiert die jeweilige Vollstreckungsbehörde die zuständige Staatsanwaltschaft. Diese prüft, ob eine tatsächliche Einstufung als Risikoproband möglich ist und gibt ihre Informationen an die Führungsaufsichtsstelle, sowie bei Vollverbüßern aus dem Strafvollzug und Entlassenen aus einer Entziehungsanstalt an die HEADS-Zentralstelle weiter (Bewährungsfälle und Entlassene aus der Maßregel sind keine Risikoprobanden und werden (zunächst) nicht in HEADS aufgenommen). Die Führungsaufsichtsstelle prüft die Eingruppierung als Risikoproband  (bei Ablehnung Information der Zentralstelle und keine Aufnahme in HEADS) und leitet ihre Ergebnisse an die HEADS-Zentralstelle weiter. Bei zunächst positiv bewerteten Bewährungsfällen, die während der Bewährung ein erhöhtes Risiko entwickeln, informiert die zuständige Bewährungshilfestelle die Staatsanwaltschaft und diese die Zentralstelle.  
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Teil der Konzeption ist auch die Durchführung sog. „'''Runder Tische'''“ bei Sexualstraftätern, bei deren Entlassung oder während der Bewährungszeit eine abstrakte oder konkrete Gefährdung von anderen Personen zu befürchten ist. Hierbei sollen Vertreter von Justizvollzug, Führungsaufsichtsstelle, Strafvollstreckungskammer, Staatsanwaltschaft, Polizei, Bewährungshilfe und Sozial- und Kreisverwaltungsreferat gemeinsam eine koordinierte Vorgehensweise im Umgang mit dem Risikoprobanden entwickeln um so einen bestmöglichen Schutz potentieller Opfer zu erreichen. Diese „Runden Tische“ haben Modellcharakter im Raum München und sollen bei Bedarf auch in anderen Regionen eingesetzt werden.
Teil der Konzeption ist auch die Durchführung sog. „'''Runder Tische'''“ bei Sexualstraftätern, bei deren Entlassung oder während der Bewährungszeit eine abstrakte oder konkrete Gefährdung von anderen Personen zu befürchten ist. Hierbei sollen Vertreter von Justizvollzug, Führungsaufsichtsstelle, Strafvollstreckungskammer, Staatsanwaltschaft, Polizei, Bewährungshilfe und Sozial- und Kreisverwaltungsreferat gemeinsam eine koordinierte Vorgehensweise im Umgang mit dem Risikoprobanden entwickeln um so einen bestmöglichen Schutz potentieller Opfer zu erreichen. Diese „Runden Tische“ haben Modellcharakter im Raum München und sollen bei Bedarf auch in anderen Regionen eingesetzt werden.


== 2. Wie entstand HEADS? ==
== Wie entstand HEADS? ==


Am 01.10.2006 führte der Freistaat Bayern als erstes Bundesland eine Konzeption zur Überwachung von rückfallgefährdeten Sexualstraftätern ein. Die Konzeption entstand in Zusammenarbeit der Staatsministerien der Justiz und des Verbraucherschutzes, des Inneren und des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Diese Arbeitsgruppe bildete sich auf Grund des aufsehenerregenden Rückfalls des Straftäters Martin P., der nicht mal ein Jahr nach der Entlassung aus 9jähriger Haft erneut einen sexuell motivierten Mord an einem Jungen beging. Bei der Nachbereitung dieses Falles durch eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Justiz, der Bewährungshilfe, der Jugendhilfe und der Polizei, fiel der Bedarf einer besseren Zusammenarbeit der einzelnen Stellen auf und führte letztlich zur Entwicklung von HEADS.
Am 01.10.2006 führte der Freistaat Bayern als erstes Bundesland eine Konzeption zur Überwachung von rückfallgefährdeten Sexualstraftätern ein. Die Konzeption entstand in Zusammenarbeit der Staatsministerien der Justiz und des Verbraucherschutzes, des Inneren und des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Diese Arbeitsgruppe bildete sich auf Grund des aufsehenerregenden Rückfalls des Straftäters Martin P., der nicht mal ein Jahr nach der Entlassung aus 9jähriger Haft erneut einen sexuell motivierten Mord an einem Jungen beging. Bei der Nachbereitung dieses Falles durch eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Justiz, der Bewährungshilfe, der Jugendhilfe und der Polizei, fiel der Bedarf einer besseren Zusammenarbeit der einzelnen Stellen auf und führte letztlich zur Entwicklung von HEADS.
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Nach einem Jahr im Betrieb wurde das HEADS-Konzept Anfang 2008 evaluiert und anschließend überarbeitet. Ziel der Evaluation war die Feststellung der Effizienz und der Akzeptanz des Verfahrens bei den Beteiligten.  Änderungen/Präzisierungen fanden vor allem bei der Beschreibung der Zielgruppe und der Kategorisierung (Einführung einer vierten Kategorie für Sexualstraftäter bei denen die Führungsaufsicht abgelaufen ist, die sich bereits mehrere Jahre in der Datenbank von HEADS befinden und die weiterhin als rückfallgefährdet eingeschätzt werden) statt, sowie bei der Beschreibung der „Maßnahmen der regionalen Dienststellen und der Dokumentation in HEADS“. Darüber hinaus gab es eine Änderung bei der Berücksichtigung des Jugendrichters im Verfahren und der Dienststellenbezeichnung der Zentralstelle HEADS. Mit Stand 27.03.2009 wurde die überarbeitete Fassung des HEADS-Konzepts herausgegeben.
Nach einem Jahr im Betrieb wurde das HEADS-Konzept Anfang 2008 evaluiert und anschließend überarbeitet. Ziel der Evaluation war die Feststellung der Effizienz und der Akzeptanz des Verfahrens bei den Beteiligten.  Änderungen/Präzisierungen fanden vor allem bei der Beschreibung der Zielgruppe und der Kategorisierung (Einführung einer vierten Kategorie für Sexualstraftäter bei denen die Führungsaufsicht abgelaufen ist, die sich bereits mehrere Jahre in der Datenbank von HEADS befinden und die weiterhin als rückfallgefährdet eingeschätzt werden) statt, sowie bei der Beschreibung der „Maßnahmen der regionalen Dienststellen und der Dokumentation in HEADS“. Darüber hinaus gab es eine Änderung bei der Berücksichtigung des Jugendrichters im Verfahren und der Dienststellenbezeichnung der Zentralstelle HEADS. Mit Stand 27.03.2009 wurde die überarbeitete Fassung des HEADS-Konzepts herausgegeben.


== 3. Welche rechtlichen Grundlagen gibt es für HEADS? ==
== Welche rechtlichen Grundlagen gibt es für HEADS? ==


Durch die Arbeit mit HEADS nehmen die Beamten Aufgaben gem. Art. 2 Abs. 1, 3 und 4 PAG wahr. Die allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus  
Durch die Arbeit mit HEADS nehmen die Beamten Aufgaben gem. Art. 2 Abs. 1, 3 und 4 PAG wahr. Die allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus  
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Die oben genannten gesetzlichen Grundlagen stellen lediglich die wichtigsten Vorschriften im Umgang mit HEADS dar, müssen jedoch im Einzelfall überprüft und bei Bedarf durch weitere gesetzliche Vorschriften ergänzt werden.
Die oben genannten gesetzlichen Grundlagen stellen lediglich die wichtigsten Vorschriften im Umgang mit HEADS dar, müssen jedoch im Einzelfall überprüft und bei Bedarf durch weitere gesetzliche Vorschriften ergänzt werden.


== 4. Quellen ==
== Quellen ==
Konzeption "HEADS" vom 27.03.2009 (2. Auflage) mit Anlagen
Konzeption "HEADS" vom 27.03.2009 (2. Auflage) mit Anlagen (unveröffentlicht)


==5. Weblinks ==
== Weblinks ==


zu StGB: [http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/]
zu StGB: [http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/]
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