Häusliche Gewalt: Unterschied zwischen den Versionen

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In Deutschland steht eine große Studienanzahl über Gewalt gegen Frauen in Partnerschaften einer geringen Anzahl der gegen Männer gegenüber. Die 2004 vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) veröffentliche repräsentative Studie ''„Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“'' (10 000 Befragte) erhob die Gewalterfahrungen von 16-85 Jährigen. Mindestens jede vierte Frau (25%), die in einer Partnerschaft lebt oder gelebt hat, erfuhr durch den aktuellen oder früheren Beziehungspartner ein- oder mehrmals körperliche (23 %) oder –zum Teil zusätzlich– sexuelle Übergriffe (7%). Differenziert nach der Schwere der Gewalt haben zwei Drittel dieser Frauen schwere bis sehr schwere körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlitten. Bezogen auf das Leben insgesamt kam es bei 33% der partnergewalterfahrenen Frauen zu regelmäßigen (10-mal und mehr) Übergriffen. Des Weiteren erfuhren Frauen zu 71% körperliche Gewalt in der eigenen Wohnung.  
In Deutschland steht eine große Studienanzahl über Gewalt gegen Frauen in Partnerschaften einer geringen Anzahl der gegen Männer gegenüber. Die 2004 vom Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) veröffentliche repräsentative Studie ''„Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“'' (10 000 Befragte) erhob die Gewalterfahrungen von 16-85 Jährigen. Mindestens jede vierte Frau (25%), die in einer Partnerschaft lebt oder gelebt hat, erfuhr durch den aktuellen oder früheren Beziehungspartner ein- oder mehrmals körperliche (23 %) oder –zum Teil zusätzlich– sexuelle Übergriffe (7%). Differenziert nach der Schwere der Gewalt haben zwei Drittel dieser Frauen schwere bis sehr schwere körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlitten. Bezogen auf das Leben insgesamt kam es bei 33% der partnergewalterfahrenen Frauen zu regelmäßigen (10-mal und mehr) Übergriffen. Des Weiteren erfuhren Frauen zu 71% körperliche Gewalt in der eigenen Wohnung.  
Die sekundäranalytische Studie ''"Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen"'' (BMFSFJ, 2008) zeigt Risikofaktoren wie Trennung, Trennungsabsicht oder Gewalterfahrungen in Kindheits-  und Jugendalter auf. Außerdem ist Gewalt an Frauen durch ihren männlichen Partner in allen gesellschaftlichen Schichten und unterschiedlichen ethnischen Zugehörigkeiten gegeben.
Die sekundäranalytische Studie ''„Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen“'' (BMFSFJ, 2008) zeigt Risikofaktoren wie Trennung, Trennungsabsicht oder Gewalterfahrungen in Kindheits-  und Jugendalter auf. Außerdem ist Gewalt an Frauen durch ihren männlichen Partner in allen gesellschaftlichen Schichten und unterschiedlichen ethnischen Zugehörigkeiten gegeben.


2004 wurde die nicht repräsentative Pilotstudie ''„Gewalt gegen Männer“'' (190 Befragte) veröffentlicht (BMFSFJ). Ein Viertel der in heterosexuellen Beziehungen lebenden Männer gab an, ein- oder mehrmals körperliche Gewalt durch die aktuelle oder letzte Partnerin erlebt zu haben. Diese bezogen sich vorwiegend auf leichtere Gewaltakte, wie Ohrfeigen, Beißen oder Kratzen bis hin zu Tritten oder Werfen von Gegenständen. 5% sagte aus, im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt mindestens einmal verletzt worden zu sein. Jedoch rief kein Mann die Polizei, was der Soziologe und Kriminologe Bock damit begründet, dass bereits „das bewusste Eingeständnis […] Opfer von Gewalt einer Frau (geworden) zu sein, mit der Geschlechtsrollenidentiät kaum vereinbar“ ist (2003: 27). Dieser geht von einem nahezu gleich häufigen aggressiven Verhalten der Parteien aus. Er bezieht sich dabei auf Dunkelfeldstudien, die vorwiegend mit dem umstrittenen Messinstrument der Conflict Tactics Scale (CTS) arbeiten. Ein Ergebnis verweist auf vermehrt wahrnehmbare Verletzungen der weiblichen Opfer (62%) (2003: 27).
2004 wurde die nicht repräsentative Pilotstudie ''„Gewalt gegen Männer“'' (190 Befragte) veröffentlicht. Ein Viertel der in heterosexuellen Beziehungen lebenden Männer gab an, ein- oder mehrmals körperliche Gewalt durch die aktuelle oder letzte Partnerin erlebt zu haben. Diese bezogen sich vorwiegend auf leichtere Gewaltakte, wie Ohrfeigen, Beißen oder Kratzen bis hin zu Tritten oder Werfen von Gegenständen. 5% sagte aus, im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt mindestens einmal verletzt worden zu sein(BMFSFJ 2004: 10f.). Jedoch rief kein Mann die Polizei, was der Soziologe und Kriminologe Bock damit begründet, dass bereits „das bewusste Eingeständnis […] Opfer von Gewalt einer Frau (geworden) zu sein, mit der Geschlechtsrollenidentiät kaum vereinbar“ ist (2003: 27). Dieser geht von einem nahezu gleich häufigen aggressiven Verhalten der Parteien aus. Er bezieht sich dabei auf Dunkelfeldstudien, die vorwiegend mit dem umstrittenen Messinstrument der Conflict Tactics Scale (CTS) arbeiten. Ein Ergebnis verweist auf vermehrt wahrnehmbare Verletzungen der weiblichen Opfer (62%) (2003: 27).


=== Erscheinungsformen ===
=== Erscheinungsformen ===
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* Sexuelle Gewalt, z.B. zu sexuelle Handlungen zwingen, vergewaltigen
* Sexuelle Gewalt, z.B. zu sexuelle Handlungen zwingen, vergewaltigen
* Soziale Gewalt, z.B. Kontakte verwehren, sozial isolieren, einsperren
* Soziale Gewalt, z.B. Kontakte verwehren, sozial isolieren, einsperren
* Ökonomische Gewalt, z.B. Geld einziehen, Arbeitszwang- oder verbot  
* Ökonomische Gewalt, z.B. Geld einziehen, Arbeitszwang- oder verbot.
Soziale und ökonomische Gewalt werden der psychischen Gewalt zugeordnet. Ziel ist das Gegenüber zu kontrollieren und den freien Willen einzuschränken (Gloor/Meier 2012: 19).
Soziale und ökonomische Gewalt werden der psychischen Gewalt zugeordnet. Ziel ist das Gegenüber zu kontrollieren und den freien Willen einzuschränken (Gloor/Meier 2012: 19).


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* Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.) (2008): ''Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen. Eine sekundäranalytische Auswertung zur Differenzierung von Schweregraden, Mustern, Risikofaktoren und Unterstützung nach erlebter Gewalt.'' Berlin.
* Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.) (2008): ''Gewalt gegen Frauen in Paarbeziehungen. Eine sekundäranalytische Auswertung zur Differenzierung von Schweregraden, Mustern, Risikofaktoren und Unterstützung nach erlebter Gewalt.'' Berlin.
* Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Bundesministerium der Justiz (Hg.) (2010): ''Mehr Schutz bei häuslicher Gewalt. Information zum Gewaltschutzgesetz.'' 3. Aufl. Berlin.
* Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Bundesministerium der Justiz (Hg.) (2010): ''Mehr Schutz bei häuslicher Gewalt. Information zum Gewaltschutzgesetz.'' 3. Aufl. Berlin.
* Büchler, Andrea (1998): ''Gewalt in Ehe und Partnerschaft - Polizei-, straf- und zivilrechtliche Interventionen am Beispiel des Kantons Basel-Stadt.'' Basler Studien zur Rechtswissenschaft. Reihe C: Strafrecht. Band 10. Basel. Genf. München.  
* Büchler, Andrea (1998): ''Gewalt in Ehe und Partnerschaft - Polizei-, straf- und zivilrechtliche Interventionen am Beispiel des Kantons Basel-Stadt''. Basel. Genf. München.  
*Firle, Michael;  Hoeltje, Betina; Nini, Maria (1995): ''Gewalt in Ehe und Partnerschaft - Anregungen und Vorschläge zur Beratungsarbeit mit mißhandelten Frauen.'' Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.). Köln.
*Firle, Michael;  Hoeltje, Betina; Nini, Maria (1995): ''Gewalt in Ehe und Partnerschaft - Anregungen und Vorschläge zur Beratungsarbeit mit mißhandelten Frauen.'' Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hg.). Köln.
* Gloor, Daniela; Meier, Hanna: ''Zahlen und Fakten zum Thema häusliche Gewalt'' (2010): In: Fachstelle für Gleichstellung Stadt Zürich, Frauenklinik Maternité Stadtspital Triemli Zürich, Verein Inselhof Triemli Zürich (Hg.) (2010): ''Häusliche Gewalt erkennen und richtig reagieren - Handbuch für Medizin, Pflege & Beratung.'' 2. Aufl. Bern. 17-36.
* Gloor, Daniela; Meier, Hanna: ''Zahlen und Fakten zum Thema häusliche Gewalt'' (2010): In: Fachstelle für Gleichstellung Stadt Zürich, Frauenklinik Maternité Stadtspital Triemli Zürich, Verein Inselhof Triemli Zürich (Hg.) (2010): ''Häusliche Gewalt erkennen und richtig reagieren - Handbuch für Medizin, Pflege & Beratung.'' 2. Aufl. Bern. 17-36.
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