Guantanamo ist nicht nur der Name einer Stadt auf Kuba (sowie einer Provinz und einer Bucht), sondern auch die landläufige Bezeichnung des Gefangenenlagers, das die USA im Rahmen des War on Terror auf dem Gelände ihres Stützpunktes auf dieser Karibikinsel - der Guantanamo Bay Naval Base - einrichteten und bis heute unterhalten. Das aus mehreren Teilbereichen bestehende Gefangenenlager von Guantanamo wird von einer speziellen Task Force der US-Streitkräfte betrieben und gilt weltweit - und nicht zuletzt dem bekannten Philosophen Giorgio Agamben - als Inbegriff für das Ausgeliefertsein des Subjekts, das sich in den rechtlosen Räumen der Gegenwartsgesellschaften auf seine nackte Existenz (das "nackte Leben") reduziert sieht.

Ära Bush

Am 11.01.2001 trafen die ersten Gefangenen im Guantanamo Bay Detention Camp (auch: GTMO; Gitmo) ein. Innerhalb des Camps existierte zunächst nur eine Art Käfigstruktur namens Camp X-Ray ("Röntgenlager"), das später durch die Lager "Delta" (inkl. Echo) und "Iguana" ersetzt wurde. Nach fünf Jahren (11.01.2006) gab es rund 500 Gefangene.

  • Dass sich zwischen dem 18. und 26. August 2003 23 Gefangene zum Suizid durch Erhängen entschlossen hatten, kam erst 2005 heraus, als das Pentagon erklärte, die Gefangenen hätten den Betrieb "stören" und eine neue Gruppe von Sicherheitskräften "herausfordern" wollen. Menschenrechtsorganisationen wiesen darauf hin, dass der Vorfall sich nach der Amtsübernahme von Generalmajor Geoffrey Miller ereignet hatte, der den Auftrag erhalten hatte, mehr Informationen aus den Gefangenen herauszuholen. Der Rote Kreuz kommentierte, dass Häftlinge aufgrund der Ungewissheit über ihre Haftdauer psychisch krank seien (FAZ 26.01.05: 2; Pentagon bestätigt kollektive Suizidversuche).
  • 2009 wurde ein streng vertraulicher 43-Seiten-Bericht des Internationalen Roten Kreuzes (IKRK) vom Februar 2007 internet-öffentlich. 780 Männer waren insgesamt interniert gewesen. Sie kamen aus Dutzenden von Staaten. Im April 2009 befanden sich dort noch ca. 240 Gefangene. Die Bush-Regierung hatte 60-80 davon anklagen wollen. Weitere 60 galten z.T. seit langer Zeit nicht mehr als gefährlich und sollten freigelassen werden. 105-125 sollten ohne Anklage interniert bleiben. Militärankläger hatten 21 Anklageschriften vorbereitet. Der IKRK-Bericht betraf 14 sog. Platinum-Gefangene, mit denen Gespräche geführt worden waren, also mutmaßliche Planer von großen Attentaten einschließlich des 11.09.2001. Die 14 Gefangenen um Khalid Scheich Mohammed und Ramzi Binalshib waren vom 6.-11.10. und 4.-14.12.2006 in Guantánamo vernommen worden. Sie waren auf Geheiß von Präsident Bush im September 2006 von verschiedenen CIA-Gefängnissen nach Guantánamo geflogen worden. Das IKRK hielt die Aussagen der Gefangenen für glaubwürdig. Das IKRK kritisierte in dem Bericht die Hilfe von Medizinern bei Misshandlungen: "Die Gefangenen hätten übereinstimmend berichtet, dass medizinische Kräfte teilweise oder ständig anwesend waren, als sie von ihren Vernehmern geschlagen wurden oder ihr Kopf gegen die Wand gehämmert wurde, als sie mit den Armen an die Decke ihrer Zelle gekettet, nackt ausgezogen, in Kisten eingeschlossen sowie Hunger, extremer Kälte, lauter Musik und fortgesetztem Schlafentzug ausgesetzt wurden. Teilweise hätten die Mediziner direkt bei den Misshandlungen assistiert, etwa beim simulierten Ertränken (Waterboarding), über das drei der 14 Gefangenen berichteten" (Rüb 2009).
  • Während der Tortur von Khalid Scheich Mohammeds wurden der Sauerstoffgehalt seines Blutes und sein Puls gemessen. Mediziner drohten einem anderen Häftling, dass seine ärztliche Versorgung von seiner Zusammenarbeit mit den Vernehmungsbeamten abhänge. "In manchen Fällen habe das medizinische Personal Anweisungen gegeben, mit den „harschen“ Verhören „fortzufahren, Methoden zu korrigieren oder diese einzustellen“. Der Gefangene Wald bin Attasch berichtet, während er mit den Armen an der Decke seiner Zelle angekettet gewesen sei und sein linker Fuß den Boden kaum berührt habe (Attaschs rechter Unterschenkel wurde wegen einer früheren Verletzung amputiert), habe offenbar ein Arzt den Umfang seines Knöchels regelmäßig gemessen und das Ende der Tortur angeordnet, als die Schwellung offenbar bedrohliche Ausmaße angenommen hatte" (Rüb 2009).
  • "Übereinstimmend berichten die Gefangenen, sie hätten während ihres Fluges nach Guantánamo von den CIA-Geheimgefängnissen an unbekannten Orten, der zwischen drei und 30 Stunden gedauert habe, Windeln tragen müssen, weil sie die Toiletten nicht hätten aufsuchen dürfen. Während des gesamten Fluges seien sie angekettet sowie an Händen und Füßen gefesselt gewesen, zudem habe man ihnen die Augen verbunden und auf die Ohren schalldichte Kopfhörer gesetzt, aus denen teilweise leise Musik zu hören gewesen sei. Alle 14 Gefangenen berichteten, sie seien nach ihrer Festnahme zwischen März 2002 und Mai 2005 mehrere Tage bis zu einem Monat lang in dem betreffenden Land - in neun Fällen Pakistan - festgehalten worden, ehe man sie mehrfach zu unterschiedlichen Geheimgefängnissen an verschiedenen Orten in jeweils wohl anderen Staaten geflogen habe" (Rüb 2009).



Ära Obama

Bezug zu Deutschland

Literatur

  • Willemsen, Roger (2007) Hier spricht Guantanamo. Frankfurt: Fischer.

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