Guantanamo: Unterschied zwischen den Versionen

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Das auch zu Verhörzwecken benutzte Echo-Lager [http://en.wikipedia.org/wiki/Camp_Echo Camp Echo] ist ein ausgelagerter Teil des Delta-Lagers und dient der Einzelhaft von "hochwertigen" Gefangenen und unter anderem auch der Haft derjenigen, über deren weiteres Schicksal Militärkommissionsverhandlungen auf dem Lagergelände entscheiden sollen. Es erlaubt Kontakt zwischen Anwälten und Gefangenen in der Nähe ihrer Zellen: [http://en.wikipedia.org/wiki/Camp_Echo "The eight feet by ten feet (2.4 m by 3 m) concrete buildings have windows in the doors, and are air-conditioned. The cell side contains a toilet and a cot. The visitor side contains a table and chairs."]  
Das auch zu Verhörzwecken benutzte Echo-Lager [http://en.wikipedia.org/wiki/Camp_Echo Camp Echo] ist ein ausgelagerter Teil des Delta-Lagers und dient der Einzelhaft von "hochwertigen" Gefangenen und unter anderem auch der Haft derjenigen, über deren weiteres Schicksal Militärkommissionsverhandlungen auf dem Lagergelände entscheiden sollen. Es erlaubt Kontakt zwischen Anwälten und Gefangenen in der Nähe ihrer Zellen: [http://en.wikipedia.org/wiki/Camp_Echo "The eight feet by ten feet (2.4 m by 3 m) concrete buildings have windows in the doors, and are air-conditioned. The cell side contains a toilet and a cot. The visitor side contains a table and chairs."]  


== Aufnahmen und Entlassungen ==
== (Fehl-) Klassifikationen ==
*Vier Jahre nach Lagereröffnung gab es dort rund 500 Gefangene.
*Vier Jahre nach Lagereröffnung - am 11.01.2006 - befanden sich rund 500 Gefangene im Lager. Während der Bush-Ära wurden insgesamt 537 Gefangene in ihre Heimatländer oder Drittländer überstellt. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Obama im Januar 2009 konnten 67 Gefangene das Lager verlassen. Anfang Mai 2011 sassen noch 172 ein.  
*In der Bush-Ära wurden 537 Gefangene in ihre Heimatländer oder Drittländer überstellt.  
*Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Obama im Januar 2009 konnten 67 Gefangene das Lager verlassen. Von den 172 verbliebenen gelten 130 als weiterhin "gefährlich".


== Fehleinschätzungen ==
*Die ersten 20 Ankömmlingen galten zunächst als "die schlimmsten der Schlimmen". Das war ein Irrtum. Nachdem der erste von ihnen schon nach 9 Monaten sang- und klanglos wieder freigelassen wurde, befanden sich im Mai 2011 nur noch 12 der ersten 20 im Lager. Ob sie jemals eine Anklage sehen werden, ist zweifelhaft.
*Die ersten 20 Ankömmlingen galten zunächst als "die schlimmsten der Schlimmen". Nach 9 Monaten wurde der erste von ihnen freigelassen. Es folgten sieben weitere. Im Mai 2011 sind noch 12 im Lager. An dem Grad ihrer Gefährlichkeit bestehen mehr Zweifel als zu Anfang.  


*Die sogenannten "schmutzigen 30" unter den ersten 300 Ankömmlingen im Röntgen-Lager galten als "innerer Führungszirkel" von Al Q'aida um bin Laden und Al Zawahiri. Die in den Tora-Bora-Bergen Festgenommenen waren vielleicht aber auch nur zufällig dort gewesen. Jedenfalls wurden 10 von ihnen bereits ohne Verfahren entlassen.
*Die sogenannten "schmutzigen 30" unter den ersten 300 Ankömmlingen im Röntgen-Lager galten als "innerer Führungszirkel" von Al Q'aida um bin Laden und Al Zawahiri. Die in den Tora-Bora-Bergen Festgenommenen waren vielleicht aber auch nur zufällig dort gewesen. Jedenfalls wurden 10 von ihnen ohne Verfahren entlassen - die Informationen über die restlichen sind von unklarer Qualität.


*Die Gefangeneneinschätzungen durch das Guantanamo-Personal, die sog. Detainee Assessments, belegen nach den Worten des Murat-Kurnaz-Anwalts Bernhard Docke "Ignoranz, Inkompetenz und Willkür". Geheimdienstliche Vermutungen und Irrtümer wurden wie zuverlässige staatsanwaltliche Erkenntnisse behandelt: der Gefangene Salih al-Qarani mit der Häftlingsnummer US9CD-000269 wurde als aktives Mitglied einer Londoner Qaida-Zelle bezeichnet, obwohl er zum Zeitpunkt der vermuteten Aktivitäten erst 11 Jahre alt war. In einem anderen Papier ist von einer "Bremer Zelle" die Rede, von der die deutschen Behörden nie etwas gehört hatten. Anschuldigungen gegen 255 Gefangene beruhten allein auf den Aussagen von 8 Mitgefangenen (Goetz 2011: 93, 95).
*Die Gefangeneneinschätzungen durch das Guantanamo-Personal, die sog. Detainee Assessments, belegen nach den Worten des Murat-Kurnaz-Anwalts Bernhard Docke "Ignoranz, Inkompetenz und Willkür". Geheimdienstliche Vermutungen und Irrtümer wurden wie zuverlässige staatsanwaltliche Erkenntnisse behandelt: der Gefangene Salih al-Qarani mit der Häftlingsnummer US9CD-000269 wurde als aktives Mitglied einer Londoner Qaida-Zelle bezeichnet, obwohl er zum Zeitpunkt der vermuteten Aktivitäten erst 11 Jahre alt war. In einem anderen Papier ist von einer "Bremer Zelle" die Rede, von der die deutschen Behörden nie etwas gehört hatten. Anschuldigungen gegen 255 Gefangene beruhten allein auf den Aussagen von 8 Mitgefangenen (Goetz 2011: 93, 95).
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== Suizid, Folter ==
== Haftbedingungen ==
*Nach der Amtsübernahme durch Generalmajor Geoffrey Miller, der mehr Informationen aus den Gefangenen herausholen sollte, entschlossen sich zwischen dem 18. und 26. August 2003 23 Gefangene zum Suizid durch Erhängen. Als das 2005 bekannt wurde, erklärte das Pentagon, die Gefangenen hätten den Betrieb "stören" und das neue Personal "herausfordern" wollen. Menschenrechtsorganisationen hielten Foltermethoden für ursächlich (FAZ 26.01.05: 2).
*Nach der Amtsübernahme durch Generalmajor Geoffrey Miller, der mehr Informationen aus den Gefangenen herausholen sollte, entschlossen sich zwischen dem 18. und 26. August 2003 23 Gefangene zum Suizid durch Erhängen. Als das 2005 bekannt wurde, erklärte das Pentagon, die Gefangenen hätten den Betrieb "stören" und das neue Personal "herausfordern" wollen. Menschenrechtsorganisationen hielten Foltermethoden für ursächlich (FAZ 26.01.05: 2).


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"Übereinstimmend berichten die Gefangenen, sie hätten während ihres Fluges nach Guantánamo von den CIA-Geheimgefängnissen an unbekannten Orten, der zwischen drei und 30 Stunden gedauert habe, Windeln tragen müssen, weil sie die Toiletten nicht hätten aufsuchen dürfen. Während des gesamten Fluges seien sie angekettet sowie an Händen und Füßen gefesselt gewesen, zudem habe man ihnen die Augen verbunden und auf die Ohren schalldichte Kopfhörer gesetzt, aus denen teilweise leise Musik zu hören gewesen sei. Alle 14 Gefangenen berichteten, sie seien nach ihrer Festnahme zwischen März 2002 und Mai 2005 mehrere Tage bis zu einem Monat lang in dem betreffenden Land - in neun Fällen Pakistan - festgehalten worden, ehe man sie mehrfach zu unterschiedlichen Geheimgefängnissen an verschiedenen Orten in jeweils wohl anderen Staaten geflogen habe" (Rüb 2009).
"Übereinstimmend berichten die Gefangenen, sie hätten während ihres Fluges nach Guantánamo von den CIA-Geheimgefängnissen an unbekannten Orten, der zwischen drei und 30 Stunden gedauert habe, Windeln tragen müssen, weil sie die Toiletten nicht hätten aufsuchen dürfen. Während des gesamten Fluges seien sie angekettet sowie an Händen und Füßen gefesselt gewesen, zudem habe man ihnen die Augen verbunden und auf die Ohren schalldichte Kopfhörer gesetzt, aus denen teilweise leise Musik zu hören gewesen sei. Alle 14 Gefangenen berichteten, sie seien nach ihrer Festnahme zwischen März 2002 und Mai 2005 mehrere Tage bis zu einem Monat lang in dem betreffenden Land - in neun Fällen Pakistan - festgehalten worden, ehe man sie mehrfach zu unterschiedlichen Geheimgefängnissen an verschiedenen Orten in jeweils wohl anderen Staaten geflogen habe" (Rüb 2009).


=== Ära Obama ===
== Ära Obama ==
*Bei seinem Amtsantritt dekretierte Obama die Schließung von Guantanamo binnen eines Jahres. Prozesse gegen Häftlinge sollten vor einem Bundesgericht in New York stattfinden. Der US-Kongress verhinderte die Prozesse in New York und setzte durch, dass die Prozesse vor Militärkommissionen im Lager stattfinden sollten. Noch 2011 sollen im Lager Prozesse gegen Chalid Scheich Mohammed und Ramzi Binalshibh sowie drei Mitangeklagte beginnen. Gegen weitere 25 Insassen wird ebenfalls über Prozesse nachgedacht. 49 Insassen würde man am liebsten ohne Prozess lebenslang wegsperren. Rund 90 würde man gerne entlassen, wenn sich eine Aufnahmemöglichkeit fände.
*Bei seinem Amtsantritt dekretierte Obama die Schließung von Guantanamo binnen eines Jahres. Prozesse gegen Häftlinge sollten vor einem Bundesgericht in New York stattfinden. Der US-Kongress verhinderte die Prozesse in New York und setzte durch, dass die Prozesse vor Militärkommissionen im Lager stattfinden sollten. Noch 2011 sollen im Lager Prozesse gegen Chalid Scheich Mohammed und Ramzi Binalshibh sowie drei Mitangeklagte beginnen. Gegen weitere 25 Insassen wird ebenfalls über Prozesse nachgedacht. 49 Insassen würde man am liebsten ohne Prozess lebenslang wegsperren. Rund 90 würde man gerne entlassen, wenn sich eine Aufnahmemöglichkeit fände.


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