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„Verurteilte und Urteilende- die ganze Rechtsordnung bleibt darauf angewiesen, das eine Gnade erfahrbar bleibt, die das Recht achtet, ihm aber nicht unterworfen ist.“ | |||
<div align="right">Richard von Weizsäcker, 1986</div> | |||
Gnade kann unter verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden. Sie greift in die Gebiete des Rechts, der Theologie und der Philosophie. Dieser Artikel beleuchtet das Institut der Gnade bezogen auf das deutsche Strafrechtssystem. | |||
==Begriff== | |||
Der deutsche Begriff Gnade ist von dem althochdeutschen Wort ''ginada'' hergeleitet, welches als „göttliches Erbarmen“ übersetzt werden kann. Sprachgeschichtlich ist es zudem mit dem germanischen Wortstamm ''neth'' verwandt, was soviel bedeutet wie Hilfe und Schutz. | |||
Die Gnade, wie sie historisch gewachsen ist, ist die menschliche und moralische Komponente des Rechts und umschließt die Milde, das Verzeihen, Vergeben und Vergessen. | |||
Von Rechtsphilosophen und Teilen der Literatur wird sie als Institut aufgefasst, welches als Wiedergutmachung von Irrtümern und zur Korrektur von Mängeln der menschlichen Gerechtigkeit dient. | |||
Im umfassenden Sinne bedeutet Begnadigung Gunstbezeugung oder Vorteilsgewährung durch einen Träger hoheitlicher Gewalt. Im Rechtssinne meint dies die Freistellung eines Einzelnen von den durch rechtskräftiges Urteil festgestellten [[Strafe|Strafen]] und Nebenfolgen. | |||
==Heutiges Gnadenwesen== | ==Heutiges Gnadenwesen== | ||
===Kompetenzverteilung=== | ===Kompetenzverteilung=== | ||
Es ist zwischen der Kompetenz des Bundes und der Kompetenz der Länder zu differenzieren, wobei die Begnadigungskompetenzen nebeneinander stehen | Es ist zwischen der Kompetenz des Bundes und der Kompetenz der Länder zu differenzieren, wobei die Begnadigungskompetenzen nebeneinander stehen. | ||
'''Begnadigung auf Bundesebene''' | '''Begnadigung auf Bundesebene''' | ||
Nach [http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_60.html Art. 60 Abs. 2 GG] übt der Bundespräsident die Begnadigungsbefugnis für den Bund aus, diese kann er auf andere Behörden übertragen. In seiner [http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gno/gesamt.pdf Anordnung über die Ausübung des Begnadigungsrechts des Bundes vom 5. Oktober 1965] wird die Übertragung der Befugnisse näher geregelt. Fälle von außerordentlicher Bedeutung hat sich der Bundespräsident vorbehalten, ansonsten hat er die Gnadenbefugnis in Strafsachen des Bundes | Nach [http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_60.html Art. 60 Abs. 2 GG] übt der Bundespräsident die Begnadigungsbefugnis für den Bund aus, diese kann er auf andere Behörden übertragen. In seiner [http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gno/gesamt.pdf Anordnung über die Ausübung des Begnadigungsrechts des Bundes vom 5. Oktober 1965] wird die Übertragung der Befugnisse näher geregelt. Fälle von außerordentlicher Bedeutung hat sich der Bundespräsident vorbehalten, ansonsten hat er die Gnadenbefugnis in Strafsachen des Bundes an den Bundesminister der Justiz übertragen. Die strafrechtliche Gnadenzuständigkeit des Bundes umfasst die Strafsachen, in denen im ersten Rechtszug in Ausübung der Strafgerichtsbarkeit des Bundes entschieden worden ist ([http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/_452.html § 452 StPO]). Vorraussetzung ist, dass eine in §§ 120, 74 a GVG abschließend aufgezählte Straftat abgeurteilt worden ist. Weiterhin steht dem Bund das Begnadigungsrecht in jenen Strafsachen zu, in denen der Bundesgerichtshof im ersten Rechtszug entschieden hat. | ||
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Dem [http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__452.html § 452 Satz 2 StPO] zufolge stehen alle Strafsachen, die nicht im ersten Rechtszug in die Gerichtsbarkeit des Bundes fallen, den Ländern zu. In den Verfassungen der Länder wird das Begnadigungsrecht meist den Ministerpräsidenten zugesprochen, im Saarland der Landesregierung und in Berlin, Bremen und Hamburg dem Senat. Die Länder haben ihre Gnadenbefugnis größtenteils auf die Justizminister delegiert, welche wiederum durch Verwaltungsvorschriften nachfolgende Justizorgane wie den Generalstaatsanwalt und die Leitenden Oberstaatsanwälte ermächtigt haben. | Dem [http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__452.html § 452 Satz 2 StPO] zufolge stehen alle Strafsachen, die nicht im ersten Rechtszug in die Gerichtsbarkeit des Bundes fallen, den Ländern zu. In den Verfassungen der Länder wird das Begnadigungsrecht meist den Ministerpräsidenten zugesprochen, im Saarland der Landesregierung und in Berlin, Bremen und Hamburg dem Senat. Die Länder haben ihre Gnadenbefugnis größtenteils auf die Justizminister delegiert, welche wiederum durch Verwaltungsvorschriften nachfolgende Justizorgane wie den Generalstaatsanwalt und die Leitenden Oberstaatsanwälte ermächtigt haben. | ||
Kritiker dieser Delegation vertreten den Standpunkt, die ermächtigten Staatsanwälte seien voreingenommen und nehmen als Organ der Strafverfolgungsbehörde eine ausgesprochene Parteistellung ein. Dem wird entgegnet, dass dies eine Verkennung der Grundlagen des Strafprozessrechtes bedeutet. [http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__160. | Kritiker dieser Delegation vertreten den Standpunkt, die ermächtigten Staatsanwälte seien voreingenommen und nehmen als Organ der Strafverfolgungsbehörde eine ausgesprochene Parteistellung ein. Dem wird entgegnet, dass dies eine Verkennung der Grundlagen des Strafprozessrechtes bedeutet. Der [http://www.gesetze-im-internet.de/stpo/__160.html § 160 Abs. 2 StPO] bestimmt deutlich, dass die Staatsanwaltschaft nicht nur die zur Belastung sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln hat. | ||
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