Gnade: Unterschied zwischen den Versionen

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Abzugrenzen ist die Gnade von der '''Amnestie'''. Während die Gnade eine auf den Einzelfall bezogene Entscheidung darstellt, gilt die Amnestie, die durch formelles Gesetz erlassen wird, für ein unbestimmte Vielzahl von Personen. '''Abolition''' ist die Niederschlagung eines anhängigen Ermittlungs- oder Strafverfahrens für den Einzelfall; heute besser bekannt unter der Begrifflichkeit des Absehens von Strafe, die nur noch in ihrer verrechtlichten Ausprägung ([http://bundesrecht.juris.de/stpo/__153.html §§ 153 ff. StPO]) Anwendung findet.
Abzugrenzen ist die Gnade von der '''Amnestie'''. Während die Gnade eine auf den Einzelfall bezogene Entscheidung darstellt, gilt die Amnestie, die durch formelles Gesetz erlassen wird, für ein unbestimmte Vielzahl von Personen. '''Abolition''' ist die Niederschlagung eines anhängigen Ermittlungs- oder Strafverfahrens für den Einzelfall; heute besser bekannt unter der Begrifflichkeit des Absehens von Strafe, die nur noch in ihrer verrechtlichten Ausprägung ([http://bundesrecht.juris.de/stpo/__153.html §§ 153 ff. StPO]) Anwendung findet.


===Gnadenverfahren===
===Gnadenverfahren===
In den Gnadenordnungen ist das Verfahren in Gnadensachen ausführlich geregelt. Im Allgemeinen obliegt der Staatsanwaltschaft die Entgegennahme von Gnadengesuchen und die Vorbereitung der Entscheidung. Antragsberechtigt ist jedermann. Ein Gnadenakt bedarf nach überwiegender Ansicht nicht der Zustimmung des Verurteilten. Gnadensachen sind grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Die Gnadenbehörde kann alle notwendigen Ermittlungen unverzüglich vorzunehmen, um die Angaben im Gesuch zu überprüfen und die gegenwärtigen  persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu prüfen. Es besteht kein Anspruch auf Akteneinsichtsrecht für den Verurteilten. Im Falle einer ablehnenden Gnadenentscheidung kann keine gerichtliche Nachprüfung vorgenommen werden.
In den Gnadenordnungen ist das Verfahren in Gnadensachen ausführlich geregelt. Die Masse der Gnadengesuche wird kraft Delegation von den Ministern oder im Falle der Weiterleitung von den nachgeordneten Behörden entschieden. Im Bereich des strafrechtlichen Gnadenrechts haben die Gnadenbehörden die Gnadensache meist bis zur Entscheidungsreife vorzubereiten und können in gewissen Grenzen die Gnadenerweise auch erteilen (Ausnahmen: Berlin, Hamburg, Saarland, Schleswig-Holstein). Gnadenbehörde meint die Vollstreckungsbehörden i.S. von §451 StPO und ihre Leiter. Gnadenbehörden sind auch die Gnadenstellen in '''Nordrhein-Westfalen''', die organisatorisch bei den Landgerichten angegliedert und mit Gnadenbeauftragten besetzt wurden. Im Land '''Berlin''' hat der Senat in bestimmten Fällen einen Ausschuß für Gnadensachen zu hören, dessen Votum der Senat zu berücksichtigen hat. Im Saarland besteht seit 1948 eine Kommission für Gnadensachen. Diese nimmt zu jeder Gnadensache Stellung in Form eines Gutachtens für die Begnadigungsbefugten.


Die Gnadenbehörde nimmt die Gnadengesuche entgegen und bereitet die Entscheidung vor. Antragsberechtigt ist jedermann. Ein Gnadenakt bedarf nach überwiegender Ansicht nicht der Zustimmung des Verurteilten. Gnadensachen sind grundsätzlich vertraulich zu behandeln. Die Gnadenbehörde kann alle notwendigen Ermittlungen unverzüglich vorzunehmen, um die Angaben im Gesuch zu überprüfen und die gegenwärtigen  persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu prüfen. Es besteht kein Anspruch auf Akteneinsichtsrecht für den Verurteilten.




===Gnadengründe===
===Gnadengründe und Gnadenwürdigkeit===
Die Gnadenordnungen der einzelnen Bundesländer umschreiben das Gnadenverfahren. Über das Wesen der Gnade oder Begnadigungskriterien treffen sie wenig bzw. allgemeine Aussagen. Lediglich die Reichsgnadenordnung von 1935, welche heute noch im Bund, in Hamburg, in Bremen und im Saarland gilt, bietet Richtlinien für die Motivation einer Gnadenentscheidung, insbesondere für eine Strafaussetzung zur Bewährung (§ 21 Reichsgnadenordung).
Die Gnadenordnungen treffen wenig bzw. allgemeine Aussagen über das Wesen der Gnade oder Begnadigungskriterien. Die Reichsgnadenordnung von 1935, welche heute noch im Bund, in Hamburg, in Bremen und im Saarland gilt, bietet Richtlinien für die Motivation einer Gnadenentscheidung, insbesondere für eine Strafaussetzung zur Bewährung (§ 21 Reichsgnadenordung).


Gesichtspunkte die einen Gnadenerweis begründen können, finden sich beispielsweise in der [http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/niedersachsen_recht.cgi?chosenIndex=Dummy_nv_6&xid=2577202,15 Gnadenordnung des Landes Niedersachsen]:
Gesichtspunkte die einen Gnadenerweis begründen können, finden sich beispielsweise in der [http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/niedersachsen_recht.cgi?chosenIndex=Dummy_nv_6&xid=2577202,15 Gnadenordnung des Landes Niedersachsen]:
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Früher wurde die Gnade auch als Akt der Großmut verstanden, mit der der Herrscher sein Wohlwollen, seine Gunst oder sein Mitleid zum Ausdruck brachte. Das lag daran, dass das Gnadenrecht der umfassenden oft religiös begründeten Herrscherlegitimation entsprang. Auch die Barmherzigkeit, Vergebung und Liebe stellen im Rechtsstaat keine Gnadengründe mehr dar.
Früher wurde die Gnade auch als Akt der Großmut verstanden, mit der der Herrscher sein Wohlwollen, seine Gunst oder sein Mitleid zum Ausdruck brachte. Das lag daran, dass das Gnadenrecht der umfassenden oft religiös begründeten Herrscherlegitimation entsprang. Auch die Barmherzigkeit, Vergebung und Liebe stellen im Rechtsstaat keine Gnadengründe mehr dar.


===Gnadenwürdigkeit===
In der Literatur wird neben den Gnadengründen auch die Gnadenwürdigkeit diskutiert auch wenn diese den Gnadenordnungen und dem Bundesverfassungsgericht zufolge keine Voraussetzung für einen Gnadenerweis darstellt. Die Gnadenwürdigkeit ist gegeben, wenn Persönlichkeit und Charakter des Gesuchstellers, sein Verhalten und seine Lebensführung im Strafverfahren und nach der Tat vermuten lassen, er sei zur Einsicht gekommen und fähig in Zukunft ein geordnetes und rechtstreues Leben zu führen. Die Begnadigungsbehörde muss zu der Überzeugung gelangen, dem Verurteilten könne eine günstige Prognose gestellt werden.
In der Literatur wird neben den Gnadengründen auch die Gnadenwürdigkeit diskutiert auch wenn diese den Gnadenordnungen und dem Bundesverfassungsgericht zufolge keine Voraussetzung für einen Gnadenerweis darstellt. Die Gnadenwürdigkeit ist gegeben, wenn Persönlichkeit und Charakter des Gesuchstellers, sein Verhalten und seine Lebensführung im Strafverfahren und nach der Tat vermuten lassen, er sei zur Einsicht gekommen und fähig in Zukunft ein geordnetes und rechtstreues Leben zu führen. Die Begnadigungsbehörde muss zu der Überzeugung gelangen, dem Verurteilten könne eine günstige Prognose gestellt werden.


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