Gnade: Unterschied zwischen den Versionen

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==Historische Entwicklung der Gnade==
==Historische Entwicklung der Gnade==
In der '''Antike''' wurden Begnadigungen meist durch einen Gottkönig oder Cäsar ausgeübt, der mit Herrschertugenden wie Menschlichkeit, Milde und Nachsicht ausgestattet war. Nach antiker Anschauung war Gnade ein Ausdruck der Güte, die in Griechenland als Philantropie und in Rom als Indulgentia oder Clementia bezeichnet wurde.  
In der '''Antike''' wurden Begnadigungen meist durch einen Gottkönig oder Cäsar ausgeübt, dem die Herrschertugenden wie Menschlichkeit, Milde und Nachsicht zugeschrieben wurden. Nach antiker Anschauung war Gnade ein Ausdruck der Güte, die in Griechenland als Philantropie und in Rom als Indulgentia oder Clementia bezeichnet wurde.  




Im '''Mittelalter''' wurde die Gnade durch das Christentum geprägt und als Ausübung der christlichen Tugend der Barmherzigkeit betrachtet. Der christliche Herrscher leitete seine Gnadengewalt aus dem göttlichen Herrschaftsauftrag ab. Im '''späten Mittelalter''' nahm die Gerichtsbarkeit den Gnadengedanken in die Ausübung der Rechtspflege auf, so dass auch nach Gnade gerichtet werden konnte. Das Richten nach Gnade erfolgte oft willkürlich, da verknüpfte Vermögensbußen dem Richter zuflossen. Mit der „Bamberger Halsgerichtsordnung“ von 1507 wurden Richteramt und Gnadenhoheit wieder getrennt.  
Im '''Mittelalter''' wurde die Gnade durch das Christentum geprägt und als Ausübung der christlichen Tugend der Barmherzigkeit betrachtet. Der christliche Herrscher leitete seine Gnadengewalt aus dem göttlichen Herrschaftsauftrag ab. Im '''späten Mittelalter''' verbreitet sich das Richten nach Gnade. Deutsche Stadtrechte erlaubten den Richtern gegen einen Geldbetrag von der verwirkten Lebens- oder Leibesstrafe abzusehen. Dies führte zu Willkür und Konflikten mit den Territorialherren. Die „Bamberger Halsgerichtsordnung“ von 1507 sollte daher das Richteramt und die Gnadenbefugnis wieder trennen.  
[[Bild:Gnade.jpg|thumb|Ablehung eines Gnadengesuchs von 1843]]
[[Bild:Gnade.jpg|thumb|Ablehnung eines Gnadengesuchs von 1843]]




Während des '''Absolutismus''' im 17. und 18. Jahrhundert war die Gnadengewalt an die Person des Souverän gebunden. Er gewährte Gnade aus Güte, persönlicher Zuneigung oder anlässlich freudiger Ereignisse (Geburten, Hochzeiten) im Herrscherhaus. Im Zeitalter der '''Aufklärung''' im 18. Jahrhundert mehrten sich die Stimmen, im Namen der Gleichheit vor dem Gesetz die Gnade abzuschaffen. Philosophen und Rechtshistoriker lehnten das Institut der Gnade ab. Teilweise glaubten sie an eine vollkommene Gesetzgebung (Humboldt, [[Cesare Beccaria|Beccaria]], Bentham) oder kritisierten die missbräuchliche Handhabung der Gnadenmacht des Souveräns (Kant, Feuerbach). Die meisten deutschen Staaten erkannten jedoch unbeeindruckt in ihren Verfassungsgesetzen das Begnadigungsrecht ausdrücklich als Recht des Staatsoberhauptes an. Den Abschluss dieser Entwicklung setzte das „Preußische Allgemeine Landrecht“ von 1794, welches die uneingeschränkte Begnadigungsbefugnis des Staatsoberhauptes zum Prinzip erhob.                 
Während des '''Absolutismus''' im 17. und 18. Jahrhundert war die Gnadengewalt an die Person des Souverän gebunden. Er gewährte Gnade aus Güte, persönlicher Zuneigung oder anlässlich freudiger Ereignisse (Geburten, Hochzeiten) im Herrscherhaus. Im Zeitalter der '''Aufklärung''' mehrten sich die Stimmen, im Namen der Gleichheit vor dem Gesetz die Gnade abzuschaffen. Philosophen und Rechtshistoriker lehnten das Institut der Gnade ab. Teilweise glaubten sie an eine vollkommene Gesetzgebung (Humboldt, [[Cesare Beccaria|Beccaria]], Bentham) oder kritisierten die missbräuchliche Handhabung der Gnadenmacht des Souveräns (Kant, Feuerbach). Unbeeindruckt davon wird mit dem "Preußischen Allgemeinen Landrecht" von 1794 wird die uneingeschränkte Begnadigungsbefugnis des Staatsoberhauptes zum Prinzip erhoben.  
                                                                   
 
In der '''konstitutionellen Monarchie''' des 19. Jahrhunderts näherte sich das Gnadenverständnis erstmals dem heutigen an. Im bundesstaatlichen Kaiserreich besaß der Kaiser in solchen Sachen Gnadenbefugnis, in denen das Reichsgericht im ersten Rechtszug entschieden hatte. Im übrigen stand die Gnadenbefugnis auf Grund der Länderverfassungen den Landesfürsten zu.  
 


Mit der  [http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/verfassung/index.html '''Weimarer Reichsverfassung'''] (WRV) von 1919 trat der Reichspräsident an die Stelle des Kaisers und übte in denjenigen Fällen die Gnadenbefugnis gem. Art. 49 Abs. 1 WRV aus, die vormals der Kaiser als Begnadigungsinstanz wahrnehmen durfte. Für die Länder ergab sich die Begnadigungskompetenz aus deren Verfassungen wobei der jeweilige Staatsminister zuständig war. Die Ausübung der Begnadigung stand im Ermessen des Trägers. Begnadigungsgründe waren u.a. das Wohlverhalten während der Haftzeit, frühere Verdienste um das Vaterland und ungerechtfertigte Härte der Strafe im Einzelfall.
Mit der  [http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/verfassung/index.html '''Weimarer Reichsverfassung'''] (WRV) von 1919 trat der Reichspräsident an die Stelle des Kaisers und übte in denjenigen Fällen die Gnadenbefugnis gem. Art. 49 Abs. 1 WRV aus, die vormals der Kaiser als Begnadigungsinstanz wahrnehmen durfte. Für die Länder ergab sich die Begnadigungskompetenz aus deren Verfassungen wobei der jeweilige Staatsminister zuständig war. Die Ausübung der Begnadigung stand im Ermessen des Trägers. Begnadigungsgründe waren u.a. das Wohlverhalten während der Haftzeit, frühere Verdienste um das Vaterland und ungerechtfertigte Härte der Strafe im Einzelfall.
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In der '''ehemaligen DDR''' gab es ebenfalls das Institut der Gnade, welches seit der Staatsgründung 1949 zentralistisch ausgeübt wurde. Das Begnadigungsrecht oblag nach Art. 107 der [http://www.documentarchiv.de/ddr/verfddr1949.html#101 Verfassung der DDR] vom 7. Oktober 1949 dem Präsidenten der Republik, wobei er von einem Ausschuss der Volkskammer beraten wurde.
In der '''ehemaligen DDR''' gab es ebenfalls das Institut der Gnade, welches seit der Staatsgründung 1949 zentralistisch ausgeübt wurde. Das Begnadigungsrecht oblag nach Art. 107 der [http://www.documentarchiv.de/ddr/verfddr1949.html#101 Verfassung der DDR] vom 7. Oktober 1949 dem Präsidenten der Republik, wobei er von einem Ausschuss der Volkskammer beraten wurde.


==Heutiges Gnadenrecht==
==Heutiges Gnadenrecht==
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