Gewaltfreie Kommunikation: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Nonviolent Communication® (NVC)''', zu Deutsch Gewaltfreie Kommunikation (GfK), ist ein '''Kommunikationsmodell''', das vom US-amerikanischen Psychologen und Rogers-Schüler  Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde. Mittlerweile ist Gewaltfreie Kommunikation weltweit eine der meistgenutzten '''Methoden zur Konfliktbearbeitung'''.
Als '''Gewaltfreie Kommunikation (GfK)''' - "Nonviolent Communication® (NVC)" - wird ein von dem US-amerikanischen Psychologen [[Marshall Rosenberg]] entwickeltes Kommunikationsmodell bezeichnet, das auch zur Konfliktlösung beim Umgang mit Delinquenz Verwendung findet ([[Restorative Justice]]). Die GfK soll Menschen in die Lage versetzen, Konflikte erfolgreich zu bearbeiten, d.h. auf eine für alle Beteiligten akzeptable Art.
Das Konzept soll Menschen in die Lage versetzen, Konflikte auf ihren Kern, die Ebene der Bedürfnisse, zurückzuführen und sie somit in einer für alle Beteiligten akzeptablen Art zu lösen. NVC versteht sich nicht als Technik, andere Menschen zu einem bestimmten Handeln zu bewegen, sondern als Grundhaltung, bei der eine wertschätzende Beziehung im Vordergrund steht, wobei die Selbstverantwortung jedes Einzelnen betont wird. Synonyme sind Einfühlsame Kommunikation, Verbindende Kommunikation und Konstruktive Kommunikation.
== Geschichte und Verbreitung ==


'''Marshall Rosenberg''' wurde 1934 in Canton, Ohio, geboren, wuchs in Detroit auf, wo er als Kind Zeuge von Rassenunruhen wurde. Diese und andere frühe Erfahrungen mit Gewalt aufgrund seiner jüdischen Herkunft beschreibt er später als Anlässe, sich fortan intensiver mit folgenden Fragen zu beschäftigen: Was geschieht genau, wenn wir die Verbindung zu unserer einfühlsamen Natur verlieren und uns schließlich gewalttätig und ausbeuterisch verhalten? Und umgekehrt, was macht es manchen Menschen möglich, selbst unter den schwierigsten Bedingungen mit ihrem einfühlsamen Wesen in Kontakt zu bleiben?
Dafür versucht die GfK, die Konflikte zunächst einmal auf ihren jeweiligen Kern zurückzuführen. Dieser Kern liegt nach Rosenberg auf der Ebene der Bedürfnisse.


1961 promovierte Rosenberg als klinischer Psychologie an der Universität in Wisconsin. Als Schüler von Carl Rogers war er zunächst in der klinischen Psychologie tätig und erkannte dabei für sich die wissenschaftlichen Einschränkungen und die sozialen Gefahren der psychiatrischen Behandlung – basierend auf einer Betrachtung des Menschen als krankhaft. Dies inspirierte ihn, nach Möglichkeiten zu suchen, Psychologie auf andere, ‚lebensdienende’ Weise zu praktizieren.
Dabei versteht sich GfK als wertschätzende, die Selbstverantwortung jedes Einzelnen betonende Grundhaltung - und weniger als eine Technik, um andere Menschen zu einem vom Akteur gewünschten Verhalten zu bewegen.
Ende der 60-er Jahre entwickelte er den Prozess der Nonviolent Communication. Diese stützt sich zwar auf Forschungen im Zusammenhang mit der von Rogers begründeten klientenzentrierten Gesprächstherapie, geht jedoch weit über den therapeutischen Rahmen hinaus, da sie für alle Menschen geeignet ist und konfliktgeladene Auseinandersetzungen in konstruktive Gespräche wandeln kann.


In den letzten 40 Jahren hat Rosenberg NVC in über 40 Ländern an Ausbilder, Schüler, Eltern, Manager, Ärzte, Psychologen, Anwälte, Friedensaktivisten, Gefangene, Polizisten und Geistliche weitergegeben. Mittlerweile gibt es auch mehrere Schulprojekte wie in Israel und USA, wo Lehrer auf diese Weise unterrichten. 1994 haben serbische Pädagoginnen und Psychologen – unterstützt von Unicef – ein dreibändiges Werk zum Erlernen gewaltfreier Kommunikation nach Rosenbergs Methode für Kindergärten und Schulen entwickelt. Rosenberg hat auch ein speziell auf Kinder zugeschnittenes Konzept des Lernens der  entwickelt. Rosenberg lehrte in Europa, Nahost, Afrika und den USA und reiste regelmäßig weltweit in Krisengebiete, um Mediationen anzubieten. Heute beschränkt sich seine persönliche Arbeit aus Altersgründen auf die USA. Er ist Mitglied des Ehrenschutzkomitees der Internationalen Koordination für die Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit für die Kinder der Welt (2001-2010).
Rosenbergs Konzept der Gewaltfreien Kommunikation - gelegentlich wird auch von "einfühlsamer", "verbindender" oder "konstruktiver" Kommunikation gesprochen - steht in der Tradition der von  [http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Rogers Carl Rogers] entwickelten [http://de.wikipedia.org/wiki/Klientenzentrierte_Psychotherapie klienten-zentrierten Gesprächstherapie] und wurde darüber hinaus auch von [http://de.wikipedia.org/wiki/Mohandas_Karamchand_Gandhi M. K. Gandhis]  hinduistischem Konzept der Gewaltfreiheit [http://de.wikipedia.org/wiki/Ahimsa Ahimsa] beeinflusst.


1984 gründete Rosenberg das '''Center for Nonviolent Communication (CNVC)''', dessen Zweck es ist, die Methode der NVC international zu verbreiten und sich für die gewaltfreie Lösung von Konflikten zu engagieren. NVC kann überall dort zum Einsatz kommen, wo kommuniziert wird und wo es Konflikte gibt. Sie ist findet deshalb Anwendung in Beratungen, Therapien, in Coaching und Mediation, sowie bei allen Arten von Verhandlungen. Organisationen und Institutionen nutzen NVC für ihre interne Kommunikation und Konfliktbearbeitung.
Aufgrund der engen Kooperation Rosenbergs mit der Bürgerrechtsbewegung in den USA der 1960er Jahren gab es auch Einflüsse anderer Kommunikationskonzepte seiner Zeit ([[Mediation]], Win-Win-Strategien).


Die Webseite [http://www.gewaltfrei-kommunizieren.de/idee.htm gewaltfrei-kommunizieren.de] erläutert die Grundidee folgendermaßen:


== Theoretischer Hintergrund ==
:"Die GFK gründet sich auf sprachliche und kommunikative Fähigkeiten, die unsere Möglichkeiten erweitern, selbst unter herausfordernden Umständen menschlich zu bleiben. Sie regt an, uns ehrlich und klar auszudrücken, dabei gleichzeitig anderen Menschen unsere respektvolle und einfühlsame Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn Mitmenschen oder auch wir selbst etwas tun, dann bewerten wir das leicht in irgendeiner Form als mehr oder weniger "gut" bzw. "schlecht". Das haben wir gelernt, weil diese Art des Umgangs in unserer Gesellschaft üblich ist und wir sie daher seit unserer Kindheit erlebt und integriert haben. Wir haben gelernt zu sehen: "Was bin ich" und "Was sind die anderen". Wir finden dann Adjektive wie: intelligent, zuvorkommend, brillant - normale Menschen eben - oder schlecht, krank, dumm, unangemessen, unsensibel, unverantwortlich, faul ... Durch dieses Denken verlieren wir zu uns selbst und/oder zu unseren Mitmenschen den Kontakt und erregen Widerstand und Ablehnung.
Die NVC steht in der Tradition der von  *[http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Rogers'''Carl Rogers'''] entwickelten *[http://de.wikipedia.org/wiki/Klientenzentrierte_Psychotherapie'''klienten-zentrierten Gesprächstherapie'''], in der das aktive Zuhören eine zentrale Rolle spielt'''Mahatma Gandhis''' Konzept der Gewaltfreiheit beeinflußte Rosenbergs Arbeit ebenfalls stark. Da Marshall B. Rosenberg eng mit der Bürgerrechtsbewegung in den USA der 1960er Jahre verbunden war, hatten auch andere in dieser Zeit entstehende Kommunikationskonzepte wie Mediation und Win-Win-Strategien Einfluss auf die NVC.


== Erläuterung des Konzepts von Rosenberg ==
:Stattdessen rät uns die GfK, uns auf folgendes zu konzentrieren:
*"Wie geht es dir (uns)" und
*"Wie geht es mir"
*"Was will ich tun, um dein Leben zu bereichern" und "Was willst du tun, um mein Leben zu bereichern", bzw.
*"Was wir tun wollen, um das Leben bereichern" und "Was andere tun wollen, das Leben zu bereichern".
 
:Das ist die einfache Idee. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf diese vier Bereiche gerichtet halten, genießen wir das Leben mehr, lieben wir die Menschen viel mehr und sie mögen uns viel lieber. Im Endeffekt bereichern wir unser Leben gegenseitig und die Spiele von Konkurrenz, Dominanz, Ausbeutung und Unterwerfung hören auf. Die GFK gründet sich auf sprachliche und kommunikative Fähigkeiten, die unsere Möglichkeiten erweitern, selbst unter herausfordernden Umständen menschlich zu bleiben. Sie regt an, uns ehrlich und klar auszudrücken, dabei gleichzeitig anderen Menschen unsere respektvolle und einfühlsame Aufmerksamkeit zu schenken."
== Konzept ==
In der NVC wird grundsätzlich angenommen, dass es sich bei jedem menschlichen Verhalten um einen Versuch handelt, ein Bedürfnis zu erfüllen. Weiterhin wird postuliert, dass alle Menschen die gleichen Bedürfnisse (allerdings in unterschiedlich starker Ausprägung) haben und nach deren Erfüllung streben. Da jedes Bedürfnis als Ausdruck des Lebens angesehen wird, sind sie nicht bewertbar, es gibt also keine „schlechten“ oder „negativen“ Bedürfnisse. Rosenberg nennt Gewalt einen tragischen Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse.  
In der NVC wird grundsätzlich angenommen, dass es sich bei jedem menschlichen Verhalten um einen Versuch handelt, ein Bedürfnis zu erfüllen. Weiterhin wird postuliert, dass alle Menschen die gleichen Bedürfnisse (allerdings in unterschiedlich starker Ausprägung) haben und nach deren Erfüllung streben. Da jedes Bedürfnis als Ausdruck des Lebens angesehen wird, sind sie nicht bewertbar, es gibt also keine „schlechten“ oder „negativen“ Bedürfnisse. Rosenberg nennt Gewalt einen tragischen Ausdruck unerfüllter Bedürfnisse.  


Da Menschen für die Erfüllung vieler Bedürfnisse als soziale Wesen voneinander abhängig sind, erhöhen gute Beziehungen zu Anderen die Chance auf Bedürfniserfüllung. Diese guten Beziehungen werden vor allem dann erreicht und erhalten, wenn eigene Bedürfnisse nicht durch gegen einen Anderen gerichtetes Verhalten, sondern durch Kooperation erfüllt werden.
Da Menschen als soziale Wesen für die Erfüllung vieler Bedürfnisse voneinander abhängig sind, erhöhen gute Beziehungen zu anderen die Chance auf Bedürfniserfüllung. Diese guten Beziehungen werden vor allem dann erreicht und erhalten, wenn eigene Bedürfnisse nicht durch gegen einen Anderen gerichtetes Verhalten, sondern durch Kooperation erfüllt werden.
Rosenberg geht davon aus, dass jeder Mensch wegen des beschriebenen Interesses an guten Beziehungen zu anderen gern bereit sei, etwas zur Erfüllung der Bedürfnisse eines anderen Menschen zu tun, sofern dies freiwillig geschehen kann.  
Rosenberg geht davon aus, dass jeder Mensch wegen des beschriebenen Interesses an guten Beziehungen zu anderen gern bereit sei, etwas zur Erfüllung der Bedürfnisse eines anderen Menschen zu tun, sofern dies freiwillig geschehen kann.  


In der NVC geht es also einerseits darum, sich eigener Bedürfnisse bewusst zu werden, diese anderen gegenüber auszudrücken und gleichzeitig zu kommunizieren, was der andere zur Erfüllung dieser Bedürfnisse beitragen könnte. Andererseits ist es das Ziel der NVC, die hinter dem Verhalten des Gegenüber stehenden Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen und festzustellen, was wir zur Erfüllung dieser Bedürfnisse und damit zu einer guten Beziehung beitragen können und wollen.  
In der NVC geht es also einerseits darum, sich eigener Bedürfnisse bewusst zu werden, diese anderen gegenüber auszudrücken und gleichzeitig zu kommunizieren, was der andere zur Erfüllung dieser Bedürfnisse beitragen könnte. Andererseits ist es das Ziel der NVC, die hinter dem Verhalten des Gegenüber stehenden Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen und festzustellen, was wir zur Erfüllung dieser Bedürfnisse und damit zu einer guten Beziehung beitragen können und wollen.  


Mittel des Erkennens von Gefühlen und Bedürfnissen ist in der NVC die ''Empathie''. Sofern es um eigene Verhalten und die dahinter stehenden Bedürfnisse geht, spricht Rosenberg von Selbstempathie.
Mittel des Erkennens von Gefühlen und Bedürfnissen ist in der NVC die [http://de.wikipedia.org/wiki/Empathie Empathie]. Sofern es um eigene Verhalten und die dahinter stehenden Bedürfnisse geht, spricht Rosenberg von Selbstempathie.


Marshall B. Rosenberg vertritt die Auffassung, dass Konflikte auf der ''Ebene der Bedürfnisse'' letztendlich immer zu lösen seien. Unvereinbarkeit könne es nur auf der ''Ebene der Strategien'' zur Bedürfniserfüllung geben.
Marshall B. Rosenberg vertritt die Auffassung, dass Konflikte auf der ''Ebene der Bedürfnisse'' letztendlich immer zu lösen seien. Unvereinbarkeit könne es nur auf der ''Ebene der Strategien'' zur Bedürfniserfüllung geben.


Rosenberg stellt zur Veranschaulichung seines Konzeptes zwei mögliche Formen zwischenmenschlicher Kommunikation gegenüber, die Nomviolent Communication und die lebensentfremdende Kommunikation .
Rosenberg stellt zur Veranschaulichung seines Konzeptes zwei mögliche Formen zwischenmenschlicher Kommunikation gegenüber, die '''Nonviolent Communication''' und die '''lebensentfremdende Kommunikation'''.


=== Lebensentfremdende Kommunikation ===
=== Lebensentfremdende Kommunikation ===
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'''1. Moralische Urteile'''
'''1. Moralische Urteile'''


Moralische Urteile unterstellen laut Rosenberg dem Gegenüber, dass er/sie schlecht und im Unrecht ist, wenn er sich entgegen der Wünsche anderer verhält. Formen moralischer Urteile sind z. B. Schuldzuweisungen, Kritik, Diagnosen und Etikettierungen in Form von Schubladendenken. Bei Verurteilungen anderer Menschen geht es um Fragen wie diese: Wer ist wie? Was ist richtig und was ist falsch?  
Moralische Urteile unterstellen dem Gegenüber, dass er/sie schlecht und im Unrecht ist, wenn er sich entgegen der Wünsche anderer verhält. Formen moralischer Urteile sind z. B. Schuldzuweisungen, Kritik, Diagnosen und Etikettierungen in Form von Schubladendenken. Bei Verurteilungen anderer Menschen geht es um Fragen wie diese: Wer ist wie? Was ist richtig und was ist falsch?  


'''2. Vergleiche'''  
'''2. Vergleiche'''  


Auch Vergleiche sind in Rosenbergs Augen eine Form von Verurteilung. Das Anstellen von Vergleichen kann das Empathie mit sich selbst und anderen blockieren.
Auch Vergleiche sind in Rosenbergs Augen eine Form von Verurteilung. Das Anstellen von Vergleichen kann die Empathie mit sich selbst und anderen blockieren.
Beispiel: Meine jüngere Schwester ist Abteilungsleiterin, während ich noch nicht einmal eine festen Job habe.
*Beispiel: Meine jüngere Schwester ist Abteilungsleiterin, während ich noch nicht einmal eine festen Job habe.


'''3. Verantwortung leugnen'''
'''3. Verantwortung leugnen'''


Die Nutzung des weit verbreiteten Wortes „müssen“, ist lt. Rosenberg eine Sprachwendung, welche die Verantwortung für Handlungen verschleiert. Der Gebrauch des Begriffs „müssen“ reduziert die Übernahme von Eigenverantwortung für persönliche Entscheidungen, Gedanken und Gefühle.  
Die Nutzung des weit verbreiteten Wortes „müssen“, ist lt. Rosenberg eine Sprachwendung, welche die Verantwortung für Handlungen verschleiert. Der Gebrauch des Begriffs „müssen“ reduziert die Übernahme von Eigenverantwortung für persönliche Entscheidungen, Gedanken und Gefühle.  
Beispiel: Ich konnte nicht pünklich kommen, weil ich schnell noch etwas erledigen mußte.
*Beispiel: Ich konnte nicht pünklich kommen, weil ich schnell noch etwas erledigen mußte.


'''4. Wünsche in Form von Forderungen formulieren'''  
'''4. Wünsche in Form von Forderungen formulieren'''  
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2.Es wird das '''Gefühl''' ausgedrückt, das die beschriebene Handlung im Beobachter auslöst.  
2.Es wird das '''Gefühl''' ausgedrückt, das die beschriebene Handlung im Beobachter auslöst.  


3.'''Gefühle''' werden innerhalb der NVC immer als Ausdruck von Bedürfnissen angesehen, so dass der nächste Schritt darin besteht, dass zu dem Gefühl gehörige Bedürfnis festzustellen und auszudrücken.
3.Gefühle werden innerhalb der NVC immer als Ausdruck von '''Bedürfnissen''' angesehen, so dass der nächste Schritt darin besteht, dass zu dem Gefühl gehörige Bedürfnis festzustellen und auszudrücken.


4.Es folgt die '''Bitte''' um eine ''konkrete Handlung''. Man kann unterscheiden zwischen einer Handlungsbitte (beispielsweise darum, die Geschirrspülmaschine auszuräumen) und einer Beziehungsbitte (beispielsweise um eine Beschreibung der eigenen Empfindungen). Der Grund für die Nichterfüllung von Handlungsbitten liegt oft auf der Beziehungsebene, so dass es in diesem Falle sinnvoll ist, zunächst eine Beziehungsbitte zu stellen. Rosenberg betont in seinem Konzept, dass Bitten sich im Gegensatz zu Wünschen immer auf die Gegenwart beziehen, also jetzt erfüllbar sind.
4.Es folgt die '''Bitte''' um eine ''konkrete Handlung''. Man kann unterscheiden zwischen einer ''Handlungsbitte'' (beispielsweise darum, die Geschirrspülmaschine auszuräumen) und einer ''Beziehungsbitte'' (beispielsweise um eine Beschreibung der eigenen Empfindungen). Der Grund für die Nichterfüllung von Handlungsbitten liegt oft auf der Beziehungsebene, so dass es in diesem Falle sinnvoll ist, zunächst eine Beziehungsbitte zu stellen. Rosenberg betont in seinem Konzept, dass Bitten sich im Gegensatz zu Wünschen immer auf die Gegenwart beziehen, also jetzt erfüllbar sind.


Rosenberg fasst die Kommunikationsart der NVC in folgendem Satz zusammen:  
Rosenberg fasst die Kommunikationsart der NVC in folgendem Satz zusammen:  
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== Kriminologische Relevanz ==
== Kriminologische Relevanz ==
   
   
In die deutsche Strafrechtspflege findet die NVC u.a. im Rahmen des [[Täter-Opfer-Ausgleich]]s Eingang. Die Betonung der Eigenverantwortung in der NVC  fördert die im TOA hervorgehobene Autonomie der Konfliktparteien.
In der deutschen Strafrechtspflege findet die NVC u.a. im Rahmen des [[Täter-Opfer-Ausgleich]]s Anwendung. Die Betonung der Eigenverantwortung in der NVC  fördert die im TOA hervorgehobene Autonomie der Konfliktparteien.


In den letzten Jahrzehnten wurden insbesondere in den USA, Europa und Australien auf der Grundlage der NVC immer wieder Trainingskurse für Inhaftierte angeboten. Auch in der weltweiten Restorativ-Justice-Arbeit wird die NCV häufig genutzt (Für Dokumentationen zu diesem Themen kontaktieren Sie bitte das CNVC.)
In den letzten Jahrzehnten wurden insbesondere in den USA, Europa und Australien auf der Grundlage der NVC immer wieder Trainingskurse für Inhaftierte angeboten. Auch in der weltweiten [[Restorative Justice|Restorative-Justice-Arbeit]] wird die NCV häufig genutzt (Für Dokumentationen zu diesem Themen kontaktieren Sie bitte das *[http://www.cnvc.org/de CNVC].)


Gegenwärtig gibt es beispielsweise in den USA, im Staat Washington, das sog. Freedom Projekt, das einerseits Trainings in NCV für Gefangene anbietet. Außerdem lernen Inhaftierte, deren Entlassung bevorsteht NVC. Gleichzeitig werden Angehörige und Kommunen, die die Gefangenen nach der Entlassung aufnehmen sollen, ebenfalls in dieser Kommunikationsweise trainiert. Die Rückkehr des Gefangenen in Familie und Kommune wird ebenfalls im Rahmen des Projektes begleitet. (genauere Informationen und Projektverifizierung siehe …)
Gegenwärtig gibt es beispielsweise in den USA, im Staat Washington, das sog. *[http://www.cnvc.org/de/about-us/projects/cnvc-freedom-project-prisons/cnvc-freedom-project-prisons Freedom Projekt], das einerseits Trainings in NCV für Gefangene anbietet. Außerdem lernen Inhaftierte, deren Entlassung bevorsteht NVC. Gleichzeitig werden Angehörige und Kommunen, die die Gefangenen nach der Entlassung aufnehmen sollen, ebenfalls in dieser Kommunikationsweise trainiert. Die Rückkehr des Gefangenen in Familie und Kommune wird ebenfalls im Rahmen des Projektes begleitet.
 
Des weiteren arbeitet das CNVC im Rahmen des *[http://www.cnvc.org/de/about-us/projects/-restorative-justice-project/cnvc-restorative-justice-project Restorative Justice Projektes] weltweit mit Initiativen auf diesem Gebiet zusammen. Ziel ist es, die NVC für die Restorativ Justice bestmöglich nutzbar zu machen. Innerhalb der letzten zwei Jahre wurden Projekte in 15 Ländern unterstützt, aktuell sind es Brasilien, Kanada die USA und England. (1)
 
== Kritik ==
 
<u>'''''Kritik an der theoretischen Konzeption der NVC'''''</u>
 
*'''gegenseitiges Aushandeln'''
Die Durchsetzung eigener Interessen ist mit Hilfe der NVC insofern nicht garantiert, als dass sich der Kommunikationspartner gegen die Ziele des Initiators entscheiden kann.
 
*'''bewertungsfreie Empathie'''
Es gibt Befürchtungen, dass der Anspruch wertungsfreier Einfühlung zum Unterdrücken von Emotionen führe.
 
*'''Grundannahmen'''
Grundsätzlich besteht die Frage, ob sich Konflikte tatsächlich  auflösen, wenn die
Ebene der dahinter liegenden Gefühle und Bedürfnisse erreicht ist.
Darüber hinaus wird kritisiert, dass der Bedürfnisbegriff im Rahmen der GFK normativ
verwendet wird, in dem Sinne, dass zwischen echten Bedürfnissen und solchen,
hinter denen andere stehen, unterschieden wird und dass  destruktive
Persönlichkeitsanteile ausgeblendet werden.
 
<u>'''''Kritik an der praktischen Anwendbarkeit der NVC'''''</u>
 
*'''Einsetzbarkeit der NVC in betriebswirtschaftlichen und politischen Kontexten'''
Es wird argumentiert, dass insbesondere in betriebswirtschaftlichen und
elementaren politischen Kontexten, bei denen es um das gemeinsame
(wirtschaftliche) Überleben oder die Verteidigung vor Angriffen von außen geht, die
NVC nicht sinnvoll einsetzbar ist, sofern schnelle Entscheidungen und die
Demonstration von Eintracht erreicht werden sollen.
 
*'''Formelhaftigkeit'''
Die NVC, insbesondere die formelhaften Sprachbeispiele, wird als steif,
unspontan und leblos kritisiert. Darüber hinaus kann die Art der Kommunikation als
manipulativ und als moralische Erpressung empfunden werden, auch wenn dies
von GFK nicht beabsichtigt ist.
 
<u>'''''Vernachlässigung bestimmter Elemente'''''</u>
 
*'''Lösungsfocussierung'''
Da es sich bei der NVC um einen prozeßorientierten Ansatz handelt, bei dem es nicht um direkte Erfüllung, sondern um Benennung und Wahrnehmen von Bedürfnissen geht, wird befürchtet, dass nicht ausreichend lösungsorientiert vorgegangen wird.
 
*'''Kommunikationsprozess'''
Es bestehen Bedenken, dass situativer Kontext, Machtverhältnisse, unausgesprochene
Werteordnungen und Ressourcen der Beteiligen evtl. nicht angemessen einbezogen werden.
Hierbei wird befürchtet, dass die NVC kompensativ wirke, indem sie gesunde
Dominanzbestrebungen, Wettbewerb um die erfolgreichere
Gesamtstrategie sowie Ressourcenorientierung und -Wertung ausblendet.
 
*'''Machtbegriff'''
Kritiker argumentieren, dass die NVC den Machtbegriff nicht einbeziehe, sondern von
einer Gleichwertigkeit der Positionen ausgehe, die im realen Leben so nicht
gegeben sei.
 
*'''Ausklammerung jeden Drucks'''
Die NVC vertritt die These, dass Druck in keiner sozialen Situation zum effektiven
Arbeiten oder harmonischen Zusammenleben beiträgt. Kritiker sehen darin die
Forderung nach einer Aufgabe etablierter autoritärer Institutionen, die
gesellschaftliche Sicherheit oder den innerbetrieblichen reibungslosen Ablauf
garantieren. Der Sie argumentieren, dass der Entzug von Ressourcen, die Darstellung  finanzieller, bzw. sozialer Konsequenzen oder die Androhung von exekutiver Gewalt
durchaus geeignet sein könne, im weitesten Sinne gewaltbereite
Gesprächspartner dazu zu bewegen, sich in Zukunft ethisch zu verhalten.


Des weiteren arbeitet das CNVC im Rahmen des Restorativ Justice Projektes weltweit mit Initiativen auf diesem Gebiet zusammen. Ziel ist es, die NVC für die Restorativ Justice bestmöglich nutzbar zu machen. Innerhalb der letzten zwei Jahre wurden Projekte in 15 Ländern unterstützt, aktuell sind es Brasilien, Kanada die USA und England. (näheres unter …)


== Literatur ==
== Literatur ==
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*Ingrid Holler und Vera Heim: Konflikt-Kiste. Konflikte erfolgreich lösen mit der Gewaltfreien Kommunikation. 1. Auflage. Junfermann, Paderborn 2005, ISBN 978-3-87387-597-5
*Ingrid Holler und Vera Heim: Konflikt-Kiste. Konflikte erfolgreich lösen mit der Gewaltfreien Kommunikation. 1. Auflage. Junfermann, Paderborn 2005, ISBN 978-3-87387-597-5


*Wayland Myers: Die Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation. 1. Auflage. Junfermann, Paderborn 2006, ISBN 978-3-87387-621-7
*Karoline I. Bitschnau: Gewaltfreie Kommunikation als relationale und soziale Kompetenz. Empirische Studie zur Qualität zwischenmenschlicher Verständigung, Diss. Uni Innsbruck 2007


*Julia Döring: Gewalt und Kommunikation. Essener Studien zur Semiotik und Kommunikationsforschung. Band 29. Shaker, Aachen 2009, ISBN 978-3-8322-8661-3


== Weblinks ==
== Weblinks ==
*[http://www.auditorium-netzwerk.de/AutorInnen/P-Q-R/Rosenberg-Marshall/Rosenberg-Marshall-Einfuehrung-in-die-Gewaltfreie-Kommunikation::1167.html Rosenberg, Marshall: Einführung in die Gewaltfreie Kommunikation, DVD 19,95 €]
* [http://www.cnvc.org/ Center for Nonviolent Communication] (englisch)
* [http://www.cnvc.org/ Center for Nonviolent Communication] (englisch)
*[http://www.tollebeziehung.de/kommunikation/ tollebeziehung.de]
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