Genozid: Unterschied zwischen den Versionen

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== '''Begriff''' ==
Die systematische Vernichtung der Armenier durch die Türken zwischen 1915 und 1917 wird häufig als der erste Genozid des 20. Jahrhunderts bezeichnet [http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Armeniern], wenngleich zu diesem Zeitpunkt der Begriff des Genozids noch nicht entwickelt war. Selbst während der juristischen Aufarbeitung des Holocausts [http://de.wikipedia.org/wiki/Holocaust] in dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess von November 1945 bis April 1949 [http://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrnberger_Prozess_gegen_die_Hauptkriegsverbrecher]war der Begriff des Genozids noch kein eigenständiger Anklagepunkt und kein von den Prozeßbeteiligten einvernehmlich verwendeter Tatbestand. Allerdings war der Begriff bereits im Jahre 1944 von Raphael Lemkin in einer Monographie zu Naziverbrechen im besetzten Europa geprägt worden. Dieser hatte schon zu Beginn der 30er Jahre für eine internationale strafrechtliche Regelung für die Ausrottung von Völkern und ethnischen Gruppen plädiert, und zwar sowohl für Täter als auch Gehilfen, welche er dann im Jahre 1944 erstmals als „Genozid„ bezeichnete. Lemkin lieferte damit eine wichtige Vorarbeit für die Arbeit der Generalversammlung der Vereinten Nationen [http://de.wikipedia.org/wiki/Vereinte_Nationen], die den Genozid im Jahre 1946 zum internationalen Verbrechen erklärte und mit den Arbeiten für den Entwurf eines Abkommens zum Genozid begann.
Die systematische Vernichtung der Armenier durch die Türken zwischen 1915 und 1917 wird häufig als der erste Genozid des 20. Jahrhunderts bezeichnet [http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Armeniern], wenngleich zu diesem Zeitpunkt der Begriff des Genozids noch nicht entwickelt war. Selbst während der juristischen Aufarbeitung des Holocausts [http://de.wikipedia.org/wiki/Holocaust] in dem Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess von November 1945 bis April 1949 [http://de.wikipedia.org/wiki/N%C3%BCrnberger_Prozess_gegen_die_Hauptkriegsverbrecher]war der Begriff des Genozids noch kein eigenständiger Anklagepunkt und kein von den Prozeßbeteiligten einvernehmlich verwendeter Tatbestand. Allerdings war der Begriff bereits im Jahre 1944 von Raphael Lemkin in einer Monographie zu Naziverbrechen im besetzten Europa geprägt worden. Dieser hatte schon zu Beginn der 30er Jahre für eine internationale strafrechtliche Regelung für die Ausrottung von Völkern und ethnischen Gruppen plädiert, und zwar sowohl für Täter als auch Gehilfen, welche er dann im Jahre 1944 erstmals als „Genozid„ bezeichnete. Lemkin lieferte damit eine wichtige Vorarbeit für die Arbeit der Generalversammlung der Vereinten Nationen [http://de.wikipedia.org/wiki/Vereinte_Nationen], die den Genozid im Jahre 1946 zum internationalen Verbrechen erklärte und mit den Arbeiten für den Entwurf eines Abkommens zum Genozid begann.


== '''Definitionsversuche''' ==
=== Definitionsversuche===
Die am 9.12.1948 angenommene und 1950 in Kraft getretetene UN-Völkermord-Konvention [http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermordkonventiont] definierte schließlich in Artikel II Genozid als
Die am 9.12.1948 angenommene und 1950 in Kraft getretetene UN-Völkermord-Konvention [http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermordkonventiont] definierte schließlich in Artikel II Genozid als
“... eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe b)Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wiki/index.php?title=Genozid&action=editinnerhalb der Gruppe gerichtet sind;....... e) Gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.“
“... eine der folgenden Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: a) Tötung von Mitgliedern der Gruppe b)Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe; c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; d) Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung http://www.kriminologie.uni-hamburg.de/wiki/index.php?title=Genozid&action=editinnerhalb der Gruppe gerichtet sind;....... e) Gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe.“
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Unter Zugrundelegung der oben angeführten (juristischen) Definition werden später auch andere Massenmorde, so u.a. das Massaker an Kurden in Dersim zwischen 1937 und 1938, die Massenmorde des Khmer Rouge Regimes [http://de.wikipedia.org/wiki/Khmer_Rouge] zwischen 1975 und 1979 sowie die Anfal Kampagne gegen irakische Kurden im Jahre 1988 als Genozid eingeordnet (s. Orentlicher, S. 156-157)).
Unter Zugrundelegung der oben angeführten (juristischen) Definition werden später auch andere Massenmorde, so u.a. das Massaker an Kurden in Dersim zwischen 1937 und 1938, die Massenmorde des Khmer Rouge Regimes [http://de.wikipedia.org/wiki/Khmer_Rouge] zwischen 1975 und 1979 sowie die Anfal Kampagne gegen irakische Kurden im Jahre 1988 als Genozid eingeordnet (s. Orentlicher, S. 156-157)).


== '''Nach 1945''' ==
=== Genozide nach 1945===


[[Media:Beispiel.mp3]]
[[Media:Beispiel.mp3]]
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[[Ruanda]]
[[Ruanda]]


== Kriegsverbrechertribunale ==
=== Kriegsverbrechertribunale ===


Die Definition der Völkermordkonvention wurde auch die Grundlage der jeweiligen Tatbestände der Statute der internationalen UN-Kriegsverbrechertribunale für das ehemalige Jugoslawien [http://www.un.org/icty]  sowie für Ruanda [http://www.un.org/ictr] (Artikel 4 Absatz 2 bzw. Artikel 2 Absatz 2), des Internationalen Strafgerichtshofes [http://www.icc-cpi.int/], des (nationalen) Gesetzes zur Errichtung  der (hybriden, d.h. gemischten, mit internationalen und nationalen Richtern besetzten) Sonderkammern der Kambodschanischen Gerichte (Extraordinary Chambers of the Cambodian Courts) [http://www.eccc.gov.kh], (Artikel 4) sowie verschiedener weiterer nationaler Vorschriften, die den Tatbestand des Genozids in das jeweils nationale Strafgesetzbuch inkorporierten.
Die Definition der Völkermordkonvention wurde auch die Grundlage der jeweiligen Tatbestände der Statute der internationalen UN-Kriegsverbrechertribunale für das ehemalige Jugoslawien [http://www.un.org/icty]  sowie für Ruanda [http://www.un.org/ictr] (Artikel 4 Absatz 2 bzw. Artikel 2 Absatz 2), des Internationalen Strafgerichtshofes [http://www.icc-cpi.int/], des (nationalen) Gesetzes zur Errichtung  der (hybriden, d.h. gemischten, mit internationalen und nationalen Richtern besetzten) Sonderkammern der Kambodschanischen Gerichte (Extraordinary Chambers of the Cambodian Courts) [http://www.eccc.gov.kh], (Artikel 4) sowie verschiedener weiterer nationaler Vorschriften, die den Tatbestand des Genozids in das jeweils nationale Strafgesetzbuch inkorporierten.
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Wahrheits- und Versöhungskommissionen, die verschiedentlich alternativ oder ergänzend zur Strafjustiz als Modell für die Aufarbeitung von in der Vergangenheit begangenen Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden (für eine umfangreiche Zusammenstellung siehe ICTJ [http://www.ictj.org], beschäftigen sich in der Regel nicht mit der Frage der rechtlichen Qualifizierung dieser Verbrechen als Genozid.
Wahrheits- und Versöhungskommissionen, die verschiedentlich alternativ oder ergänzend zur Strafjustiz als Modell für die Aufarbeitung von in der Vergangenheit begangenen Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden (für eine umfangreiche Zusammenstellung siehe ICTJ [http://www.ictj.org], beschäftigen sich in der Regel nicht mit der Frage der rechtlichen Qualifizierung dieser Verbrechen als Genozid.


== '''Kriminologie und Genozid''' ==
=== Kriminologie und Genozid ===


'''Fehlen einer Kriminologie des Genozids'''
'''Fehlen einer Kriminologie des Genozids'''
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